https://sustainabilitymethods.org/api.php?action=feedcontributions&user=Imi&feedformat=atomSustainability Methods - User contributions [en]2024-03-29T11:32:13ZUser contributionsMediaWiki 1.33.0https://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7362History of Methods (German)2023-10-15T15:15:29Z<p>Imi: /* Weitere Infos */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
<br />
[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging'''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
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[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
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Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg der Methoden.<br />
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[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die [https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Kritische Theorie] kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und [[Glossary|Kulturen]] in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Hinterfragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne von kritischer Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und [[Geographical Information Systems|Satelliten]] und die Anerkennung von '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' Raumschiff Erde]' erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
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Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften ([[Glossary|Journals]]) und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
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== Weitere Infos ==<br />
Manche der verlinkten Ressourcen sind auf englisch, hier kann eine Übersetzungsplattform Ihrer Wahl helfen, sie zugänglicher zu machen.<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
* [https://plato.stanford.edu/ The Stanford Encyclopedia of Philosophy] ist eine tolle Ressource für Recherchen die Philosophie betreffend.<br />
* Harari, Yuval Noah. 2014. "Sapiens: A Brief History of Humankind", in deutscher Übersetzung: "Eine kurze Geschichte der Menschheit"<br />
* Graeber, David. Wengrow, David. 2021. "The Dawn of Everything. A New History of Humanity", in deutscher Übersetzung: "Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit"<br />
* Durant, Will. 1926. "The Story of Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Die großen Denker: Die Geschichte der Philosophie von Plato bis Nietzsche"<br />
* Russel, Bertrand. 1946. "A History of Western Philosophy"<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7359History of Methods (German)2023-10-09T12:07:19Z<p>Imi: /* Aufklärung - Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
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'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
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==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
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Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
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Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
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Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging'''.<br />
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==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
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'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
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[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
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Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
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[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
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Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg der Methoden.<br />
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[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die [https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Kritische Theorie] kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und [[Glossary|Kulturen]] in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
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Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Hinterfragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne von kritischer Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und [[Geographical Information Systems|Satelliten]] und die Anerkennung von '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' Raumschiff Erde]' erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
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Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften ([[Glossary|Journals]]) und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
Manche der verlinkten Ressourcen sind auf englisch, hier kann eine Übersetzungsplattform Ihrer Wahl helfen, sie zugänglicher zu machen.<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
* [https://plato.stanford.edu/ The Stanford Encyclopedia of Philosophy] ist eine tolle Ressource für Recherchen die Philosophie betreffend.<br />
* Harari, Yuval Noah. 2014. "Sapiens: A Brief History of Humankind", in deutscher Übersetzung: "Eine kurze Geschichte der Menschheit"<br />
* Graeber, David. Wengrow, David. 2021. "The Dawn of Everything. A New History of Humanity", in deutscher Übersetzung: "Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit"<br />
* Durant, Will. 1926. "The Story of Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Die großen Denker: Die Geschichte der Philosophie von Plato bis Nietzsche"<br />
* Russel, Bertrand. 1946. "A History of Western Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Philosophie des Abendlandes. Ihr Zusammenhang mit der politischen und der sozialen Entwicklung"<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7358History of Methods (German)2023-10-09T12:06:04Z<p>Imi: /* Antike - Beobachten und Verstehen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging'''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
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[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
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Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
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[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
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Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
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==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
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[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
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==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die [https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Kritische Theorie] kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und [[Glossary|Kulturen]] in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
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Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Hinterfragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne von kritischer Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und [[Geographical Information Systems|Satelliten]] und die Anerkennung von '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' Raumschiff Erde]' erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
<br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften ([[Glossary|Journals]]) und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
Manche der verlinkten Ressourcen sind auf englisch, hier kann eine Übersetzungsplattform Ihrer Wahl helfen, sie zugänglicher zu machen.<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
* [https://plato.stanford.edu/ The Stanford Encyclopedia of Philosophy] ist eine tolle Ressource für Recherchen die Philosophie betreffend.<br />
* Harari, Yuval Noah. 2014. "Sapiens: A Brief History of Humankind", in deutscher Übersetzung: "Eine kurze Geschichte der Menschheit"<br />
* Graeber, David. Wengrow, David. 2021. "The Dawn of Everything. A New History of Humanity", in deutscher Übersetzung: "Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit"<br />
* Durant, Will. 1926. "The Story of Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Die großen Denker: Die Geschichte der Philosophie von Plato bis Nietzsche"<br />
* Russel, Bertrand. 1946. "A History of Western Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Philosophie des Abendlandes. Ihr Zusammenhang mit der politischen und der sozialen Entwicklung"<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7357History of Methods (German)2023-10-09T12:03:28Z<p>Imi: /* Weitere Infos */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
<br />
[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
<br />
Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die [https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Kritische Theorie] kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und [[Glossary|Kulturen]] in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
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Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Hinterfragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne von kritischer Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und [[Geographical Information Systems|Satelliten]] und die Anerkennung von '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' Raumschiff Erde]' erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
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==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
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Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
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Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften ([[Glossary|Journals]]) und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
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== Weitere Infos ==<br />
Manche der verlinkten Ressourcen sind auf englisch, hier kann eine Übersetzungsplattform Ihrer Wahl helfen, sie zugänglicher zu machen.<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
* [https://plato.stanford.edu/ The Stanford Encyclopedia of Philosophy] ist eine tolle Ressource für Recherchen die Philosophie betreffend.<br />
* Harari, Yuval Noah. 2014. "Sapiens: A Brief History of Humankind", in deutscher Übersetzung: "Eine kurze Geschichte der Menschheit"<br />
* Graeber, David. Wengrow, David. 2021. "The Dawn of Everything. A New History of Humanity", in deutscher Übersetzung: "Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit"<br />
* Durant, Will. 1926. "The Story of Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Die großen Denker: Die Geschichte der Philosophie von Plato bis Nietzsche"<br />
* Russel, Bertrand. 1946. "A History of Western Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Philosophie des Abendlandes. Ihr Zusammenhang mit der politischen und der sozialen Entwicklung"<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7356History of Methods (German)2023-10-09T12:03:03Z<p>Imi: /* Weitere Infos */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
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'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
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==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
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Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die [https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Kritische Theorie] kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und [[Glossary|Kulturen]] in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Hinterfragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne von kritischer Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und [[Geographical Information Systems|Satelliten]] und die Anerkennung von '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' Raumschiff Erde]' erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
<br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften ([[Glossary|Journals]]) und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
Manche der verlinkten Ressourcen sind auf englisch, hier kann eine Übersetzungsplattform Ihrer Wahl helfen, sie zugänglicher zu machen.<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
* * [https://plato.stanford.edu/ The Stanford Encyclopedia of Philosophy] ist eine tolle Ressource für Recherchen die Philosophie betreffend.<br />
* Harari, Yuval Noah. 2014. "Sapiens: A Brief History of Humankind", in deutscher Übersetzung: "Eine kurze Geschichte der Menschheit"<br />
* Graeber, David. Wengrow, David. 2021. "The Dawn of Everything. A New History of Humanity", in deutscher Übersetzung: "Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit"<br />
* Durant, Will. 1926. "The Story of Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Die großen Denker: Die Geschichte der Philosophie von Plato bis Nietzsche"<br />
* Russel, Bertrand. 1946. "A History of Western Philosophy", in deutscher Übersetzung: "Philosophie des Abendlandes. Ihr Zusammenhang mit der politischen und der sozialen Entwicklung"<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7355History of Methods (German)2023-10-09T11:45:35Z<p>Imi: /* Internet und Computer - Die neue Wissenschaft der Vernetzung */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
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Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
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Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
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==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
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'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
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[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
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Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
<br />
Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die [https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Kritische Theorie] kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und [[Glossary|Kulturen]] in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Hinterfragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne von kritischer Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und [[Geographical Information Systems|Satelliten]] und die Anerkennung von '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' Raumschiff Erde]' erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
<br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften ([[Glossary|Journals]]) und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
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== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7354History of Methods (German)2023-10-09T11:40:13Z<p>Imi: /* Nach den Kriegen - Der Aufstieg von Agency */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
<br />
[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
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[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
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Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
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==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
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[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
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==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die [https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Kritische Theorie] kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und [[Glossary|Kulturen]] in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
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Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Hinterfragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne von kritischer Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und [[Geographical Information Systems|Satelliten]] und die Anerkennung von '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' Raumschiff Erde]' erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
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==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods&diff=7353History of Methods2023-10-09T11:37:45Z<p>Imi: /* After the Wars - The Rise Of Agency */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' The German version of this entry can be found here: [[History of Methods (German)]]<br />
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'''In short:''' This entry provides an overview on the history of scientific methodology through the ages. Where did science come from, and which influences and changes occurred until now?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antiquity - ''Observe And Understand'' ====<br />
'''With the rise of language, and much later with the invention of writing, we witnessed the dawn of human civilisation.''' Communicating experience and knowledge is considered to be one of the most pivotal steps that led to the formation of societies. Once we moved from being hunters and gatherers into larger and more complex [[Glossary|cultures]] that lived in cities, a surplus in food production allowed for some privileged people to preoccupy themselves with other goals than the mere safeguarding of their daily survival. This led to the blossoming of early cultures across the globe, many of which with tremendous developments in terms of agriculture, engineering and architecture. The rise of urban cultures East and West led to a new line of inquiry and ultimately also a new line of thinking, most notably in civilizations such as the [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Vedic], the [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou] period, early Persian culture, and - often most recognised in the West - Ancient Greece. <br />
<br />
[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristotle (384 - 322 BC).''' Source: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Greece is often in the focus because we consider it the birthplace of modern democracy, despite only a small privileged elite actually being considered citizens. Though these privileged were only few, we owe [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] and [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] and many others the foundation of Western Philosophy. '''Empirical inquiry did not weigh down thinking yet, hence much of the thinking of Greek philosophy was lofty but free from the burden of real world inquiry.''' There were connections between philosophical thinking and the real world - you might remember [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] from school - yet much later philosophy and the rest of science would be vastly disconnected. Early accounts such as the scriputures of [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodotus] give testimony of the history of this age, and represent one of the earliest accounts of a systematic description of geography and culture. Early mathematics paved the way for more fundamental approaches, and [[Survey Research|surveys]] were a common part of the governance at the time. Hence many approaches that we would consider scientific methods were already being utilised, but not so much for scientific inquiry as for a direct purpose of benefit that was not necessarily associated with scientific knowledge production.<br />
<br />
Eastern cultures often had a comparably early development of philosophies, with [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confucius]' work as well as the [https://www.britannica.com/topic/Veda Vedas] and the [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali] canon as testimony of the continuous cultural influence that is comparable to Greek philosophy in the West, and even links East and West ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha Questions of King Milinda]). Equally did many Eastern empires use methods such as census and survey as measures of governance, and many other notable approaches that would later contribute to the formation of scientific methods. '''Law was an early testimony of the necessity of rules and norms in human societies.''' Consequently, [[Legal Research]] can be seen as one of the earliest forms of inquiry that translated systematic inquiry and analysis directly to the real world.<br />
<br />
Between the ancients and the medieval times there is a somewhat blurry gap, with the fall of the Roman Empire in the West, the expansion of the Mongol empire in the East, and the occupation of much of India by Muslim empires as notable elements of [[Glossary|change]]. All this triggered not only an enormous cultural change, but more importantly an increasing exchange, leading to schools of thought that became increasingly connected through writing, and also often in thinking. '''Logic is an example of a branch of philosophy that linked the ancients (Plato, Confucius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/ Buddha]) with the philosophy of the enlightenment.''' This was an important precondition in medieval times for a systematic line of thinking, triggering or further developing pragmatic, analytic and sceptic approaches, among others. Logic as a part of philosophy provided the basis for a clear set of terms and rhetoric within inquiry, and would later become even more important with regards to rationality. The early need for a clear wording was thus deeply rooted in philosophy, highlighting the importance of this domain until today. <br />
<br />
Many concrete steps brought us closer to the concrete application of scientific methods, among them - notably - the approach of controlled testing by the Arabian mathematician and astronomer [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Emerging from the mathematics of antiquity and combining this with the generally rising investigation of physics, Alhazen was the first to manipulate [[Field_experiments|experimental conditions]] in a systematic sense, thereby paving the way towards the scientific method, which would emerge centuries later. Alhazen is also relevant because he could be considered a polymath, highlighting the rise of more knowledge that actually enabled such characters, but still being too far away from the true formation of the diverse canon of [[Design Criteria of Methods|scientific disciplines]], which would probably have welcomed him as an expert on one matter or the other. Of course Alhazen stands here only as one of many that formed the rise of science in '''the Islamic world during medieval times, which can be seen as a cradle of Western science, and also as a continuity from the antiquity, when in Europe much of the immediate Greek and Roman heritage was lost.'''<br />
<br />
==== Before Enlightenment - ''Measure And Solve'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Mercator world map.''' Source: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
'''Another breakthrough that was also rooted in geometry was the compilation of early trade maps.''' While many European maps were detailed but surely not on scale ([https://warnke.web.leuphana.de/hyperimage/EbsKart/index.html#O9999/ Ebstorfer Weltkarte]), early maps still enabled a supra-regional trade. The real breakthrough was the [[Geographical Information Systems|Mercator map]], which was - restricted to the knowledge at the time - the first map that facilitated a clear navigation across the oceans, enabling colonialism and Western dominions and domination of the world. This is insofar highly relevant for methods because it can be argued that the surplus from the colonies and distant countries was one of the main drivers of the thriving of the European colonial rulers, their economies and consequently, their science. A direct link can be made between the [[Normativity of Methods|inequalities]] that were increased by colonialism and the thriving of Western science, including the development of scientific methods.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|'''Invention of the printing press'''. Source: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
With a rising number of texts being available through the [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg invention of printing], the long known method of [[Hermeneutics]], which enabled deep and systematic analysis of writing, was one of the first methods to grow. A link can be made to translations and interpretations of the Bible, and many other religious discourses are indeed not different from deep text analysis and the derivation of interpretations. Hermeneutics clearly go a step further, and hence are one of the earliest and to date still most important scientific methods. [[Thought Experiments]] were another line of thinking that started to emerge more rapidly. By focussing on ''What if'' questions, scientists considered all sorts of questions to derive patterns of even law of nature ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) and also directed their view into the future. Thought experiments were in an informal way known since the antiquity, yet during medieval times these assumptions became a trigger to question much of what was supposedly known. Through experiments they became early starting points for more systematic experimentation. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Source: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
It was [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon] who ultimately moved out of this dominance of thinking and called for the importance of empirical inquiry. '''By observing nature and its phenomena, we are able to derive conclusions based on the particular.''' Bacon is thus often coined to be the father of 'the scientific method', an altogether misleading term, as there are many scientific methods. However, empiricism, meaning the empirical investigation of phenomena and the derivation of results or even rules triggered a scientific revolution, and also a specialization of different scientific branches. While Leonardo da Vinci (1452-1519) had been a polymath less than a century ago, Bacon (1561-1626) triggered an increase in empirical inquiry that led to the deeper formation of scientific disciplines. Many others contributed to this development: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] claimed that human knowledge builds on experience, and [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] propelled this into skepticism, casting the spell of doubt on anything that is rooted in belief or dogma. By questioning long standing knowledge, science kicked in - among other things - the door of god himself, a circumstance that is too large to be presented here in any sense. What is important however is that - starting from the previous age of diverse approaches to knowledge - the combination of empiricism on the one end, and the associated philosophical developments on the other end, the age of reason had dawned.<br />
<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''A timeline of major breakthroughs in science.''' Source: own]]<br />
<br />
==== Enlightenment - ''Pathways To Scientific Disciplines'' ====<br />
The age of reason triggered - among many other changes - the development of scientific disciplines much further as ever before. Scientific inquiry was enabled by an increasing influx of resources from the colonies, and biology, medicine, mathematics, astronomy, physics and so much more prospered. '''Early inquiries into these disciplines had often existed since centuries if not millennia, but now knowledge got explored at an exponential pace.''' Much of it was descriptive at first, including what would be considered natural history today. Yet, the early inquiries into the systematical determination and differentiation of organisms ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) laid the foundation of many other concepts. It was again the colonies that triggered a surplus, this time in basic material to generate more insight. Darwins theory, after all, would have been impossible without specimen samples from his journeys. While some thus looked into the natural world, other branches of science investigated society, and the first truly systematic case studies were designed in medicine. Hence we moved from experiments as a means of observation into [[Experiments|experimental inquiry]], paving the road to 20th century [[Experiments_and_Hypothesis_Testing|hypothesis testing]]. This demanded the testing of the observational outcome, a phenomenon that equally challenged scientists in astronomy. There, just as in experiments, it was recognized that although they tried to be diligent and use the latest available optical tools, there could still be an error that needed to be estimated. This constituted a true application opportunity for statistics, leading to the rise of [[Category:Quantitative|quantitative]] methods. <br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Correlations can be deceitful.''' Source: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] Probability was the core underlying principle, or in other words, the statistical answer to the question whether something was truly by chance, or if there was a statistical relation. Under the growing economies, more and more numbers surfaced, and building on the Dutch resolution of double book keeping, questions arose whether there were patterns to be found in the data. Could crop outcome of cotton predict its market value later in the year? And would crop failures be clearly linked to famines, or could this be compensated? '''Statistical [[Correlations|correlations]] were able to relate to variables, and to find if one is related to the other, or if the two are unrelated.''' This triggered a hefty move of utilitarianism from philosophy into economics, which is one of the core disciplines up until today. Much can be said about the calculation of utility, [[Big problems for later|but this is beyond the point here]]. In science, learned academies grew everywhere, and universities thrived, also because of the economic paradigm of a growth-focused and consumption-orientated baseline that emerged, and more and more knowledge emerged to criticize and question this [[Glossary|paradigm]]. This triggered what is often called the age of reason, when empiricism became basically untamed, and the depth of inquiry led to disciplines that started to entrench themselves into even deeper sub-disciplines. The impact on societies was severe. Mechanization, new approaches in agriculture, the rise of modern medicine, an increasingly refined biology and the developments in chemistry are testimony of the physical world being ever more in the focus of science. The general lines of philosophical thinking - reason, social contract and utilitarianism - became partly uncoupled from philosophy, and developed for better or worse to become distinct disciplines such as psychology, social science, political science, cultural studies and economics. We thus observe a deviance of empirical sciences from the previously all-encompassing philosophy. Hence empiricism was on the rise, and with it a pronounced shift in science and society.<br />
<br />
==== After the Wars - ''The Rise Of [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Out of societal, economic, technological and other developments, there emerged almost consequently a counterpoint. This was already rooted in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] and his assumption of the priority of reason, and [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] made a vital step towards a critical perspective. He developed philosophy from an inquiry of views of the world towards an agenda to create change, which was mainly focussed on the economic system. '''All this cascaded into the tremendous changes of the 20th century, which are almost too much to comprehend.''' It could however be concluded that the disaster of the two World Wars, the recognition of the inequalities of the colonial system, and the focus on the injustices is associated with emancipation, discrimination and racism. [[https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/ Critical theory]] can be seen as a landmark development, where the structures and conditions of societies and [[Glossary|culture]]s are taken into the focus.<br />
<br />
This triggered two general developments. First, there was a general and necessary increase in the questioning of society and science in a sense of critical theory, which needs to play a central role at least until these problems are solved. Second, the critical perspective triggered a recognition of the need to differentiate the creation of knowledge, which ultimately translated into severe methodological developments of taking people deeper into the methodological focus ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography]]). The rising number of approaches in statistics led to more and more disciplines (social science, ecology, psychology) and sub-disciplines. A prominent example is psychology which utilized the [[ANOVA]] as the main analysis tool for the psychological experiment. Interviews emerged in the 1960 as one of the main tools of deep social inquiry. [[Scenario Planning]] allowed for the systematic creation of different futures. [[Grounded Theory]] unlocked a more inductive view of the world. [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Network thinking and system theory]] emerged to take interaction and complexities of the world into account. And [[Geographical Information Systems|satellites]] and the recognition of '[https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth%20'spaceship%20earth' spaceship earth]' unlocked a new global perspective on our planet. [[Meta-Analysis]] allowed for a ''supra'' perspective to integrate the diversity of different results, and [https://www.simplypsychology.org/kuhn-paradigm.html Kuhn] even proclaimed a perspective how science emerges as a whole. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] rejected the dogma of science altogether, which was a vital step towards a critical perspective on methods. '''All the while, disciplines branched into ever smaller disciplines, fields and sub-disciplines etc.'''<br />
<br />
==== Internet and Computers - ''The New Science Of Interconnectedness'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Different Disciplinary Approaches'''. Source: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Out of the general recognition that novel paradigms need to be developed or identified because of the flaws of the current system, and equally out of the recognition of the importance of new forms of knowledge, a new mode of science emerged, calling for a critical reflection and an integration of science and society. With an increasing recognition of the complexity of the problems humankind faces, it became clear that one single discipline would not be able to approximate the necessary solutions. '''Instead, the disciplines would need to collaborate, which is no small thing to ask.''' Opposing lines of thinking, different foci, incompatible languages, after all a competition for limited resources and attention, and schools of thinking that claim superiority in their importance - all these are no building blocks of scientific collaboration. Yet all these problems are negligible compared to the challenge to create a joined knowledge production between science and society. Science kept a partly arrogant distance from society, or at least much of science avoided a direct interaction. Interviews, observations, maybe interactions were already familiar approaches. Joined problem framing and mutual learning from science and society posed a radical new mode of research, and we are only starting to shift the underlying paradigms that formed science since centuries. [[Transdisciplinarity|Trandisciplinary]] research thus emerged as a new mode of research, and an inclusive, reflexive and solution-oriented path that transcends trenches in science, and also between science and society. <br />
<br />
This radical development coincides with yet another revolution that shattered science, namely the digital age. '''Computers allowed for faster calculation and novel methodological approaches.''' The internet fueled new sources and forms of knowledge, and the associated new forms of communication triggered an exchange between researchers at an unprecedented pace. All means of electronic communication, online [[Glossary|journals]] and the fact that many researchers today have their own computer led to an exponential increase in scientific collaboration. While this sometimes also supports opportunism and a shift to quantity instead of quality in research, it is undeniable that today much of scientific information is not further away from us than the click of a mouse. Technology cannot be an end in itself, but as a means to an end it enables today an exponential pace of research, which manifested itself most illustratively in the Corona crisis. The global community of researchers united in their utmost strength, and the speed and diversity of knowledge creation is unprecedented in the history of our civilization. Never before has there been more interaction between the latest scientific inquiry or results and society.<br />
<br />
== Additional Information ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html More information] on Kuhn's theory of scientific paradigm shifts.<br />
* [https://plato.stanford.edu/ The Stanford Encyclopedia of Philosophy] is a great source for any inquiry related to philosophy.<br />
* Harari, Yuval Noah. 2014. "Sapiens: A Brief History of Humankind"<br />
* Graeber, David. Wengrow, David. 2021. "The Dawn of Everything. A New History of Humanity"<br />
* Durant, Will. 1926. "The Story of Philosophy"<br />
* Russel, Bertrand. 1946. "A History of Western Philosophy"<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]<br />
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The [[Table_of_Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7352History of Methods (German)2023-10-09T11:22:08Z<p>Imi: /* Aufklärung - Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
<br />
Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für [[Experiments and Hypothesis Testing (German)|Hypothesentests]] im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das geht hier über das Thema hinaus]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete. Es entsteht immer mehr Wissen, um dieses [[Glossary|Paradigma]] zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die Kritische Theorie kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und Kulturen in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Befragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne einer kritischen Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und Satelliten und die Anerkennung von [https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth 'Raumschiff Erde'] erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und Kuhn verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7351History of Methods (German)2023-10-09T11:11:52Z<p>Imi: /* Vor der Aufklärung - Messen und Lösen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
<br />
[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als das man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und von Europa fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen den [[Normativity of Methods|Ungleichheiten]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
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[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
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Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
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==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für Hypothesentests im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das werde ich sicher nicht hier tun]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete, und es entsteht immer mehr Wissen, um dieses Paradigma zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
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==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die Kritische Theorie kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und Kulturen in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
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Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Befragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne einer kritischen Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und Satelliten und die Anerkennung von [https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth 'Raumschiff Erde'] erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und Kuhn verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
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==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
----<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=7350History of Methods (German)2023-10-09T11:02:09Z<p>Imi: /* Antike - Beobachten und Verstehen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren [[Glossary|Kulturen]] übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den [https://www.britannica.com/place/India/Early-Vedic-period Veden], der [https://www.britannica.com/topic/Zhou-dynasty Zhou]-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
<br />
[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl dort tatsächlich nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wurde. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des [https://www.britannica.com/biography/Herodotus-Greek-historian Herodot] geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die [https://www.britannica.com/topic/Veda Veden] und der [https://www.britannica.com/topic/Tipitaka Pali-Kanon] von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist und diese sogar verbindet ([https://www.britannica.com/topic/Milinda-panha die Fragen des Königs Milinda]). Ebenso nutzten viele östliche Reiche nicht nur Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Mittel zur Regierungsführung sondern auch viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch islamische Reiche als bemerkenswerte Elemente des [[Glossary|Wandels]] gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch im Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen, das solche Charaktere ermöglichte, unterstreicht. Dies ist aber immer noch sehr weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen der [[Normativity of Methods|Normativität der Methoden]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
<br />
Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für Hypothesentests im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das werde ich sicher nicht hier tun]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete, und es entsteht immer mehr Wissen, um dieses Paradigma zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die Kritische Theorie kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und Kulturen in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Befragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne einer kritischen Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und Satelliten und die Anerkennung von [https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth 'Raumschiff Erde'] erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und Kuhn verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
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Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
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== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Causality_and_correlation_(German)&diff=6605Causality and correlation (German)2022-03-23T17:08:55Z<p>Imi: /* Der Aufstieg der Korrelationen */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Causality and correlation]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br/><br />
<br />
== Korrelative Zusammenhänge ==<br />
'''Korrelationen können uns sagen, ob zwei Variablen miteinander in Beziehung stehen.''' Eine Korrelation sagt uns jedoch nicht, was sie bedeutet. Dies ist wichtig zu beachten, da viele Korrelationen berechnet werden, aber es liegt an uns, diese Beziehungen zu interpretieren. <br />
<br />
Es liegt potenziell in unserer normativen Kapazität, [[Experiments and Hypothesis Testing|Hypothesen]] abzuleiten, aber es kann auch wirkungsvoll sein, keine Hypothesen abzuleiten und einen rein [[:Category:Inductive|induktiven]] Ansatz für eine Korrelation zu haben. Wir leben in einer Welt der großen Datenmengen, und das in zunehmendem Maße. Es gibt eine Fülle von Informationen, und sie wächst buchstäblich von Minute zu Minute. Während die [[History of Methods|Aufklärung und dann die Moderne]] eine Welt der Wissenschaft auf der Grundlage der Macht der Hypothese aufbauten, war diese Wissenschaft auch begrenzt. Wir wissen heute, dass der mächtige Schritt, eine Hypothese aufzustellen, nur einen Teil des Bildes bietet, und mächtige Erfindungen und Fortschritte kamen durch Induktion. Viele Fortschritte in der Wissenschaft beruhten auf [https://en.wikipedia.org/wiki/Inductive_reasoning#History induktiven Ansätze]. Man denke nur an [https://explorable.com/history-of-antibiotics Antibiotika], deren Entdeckung ein reiner Zufall war. <br />
<br />
Mit der Vorhersagekraft von Korrelationen und dem Aufstieg des [[Machine Learning|maschinellen Lernens]] und den damit verbundenen, viel komplexeren Ansätzen brach eine neue Welt an. Heute basieren Vorhersagen auf einfachen Korrelationen und der Erkennung von Leistungsmustern in der Fülle der Daten, mit denen wir konfrontiert sind. Obwohl ein Großteil der eigentlichen Mathematik sehr viel komplizierter ist, sind [https://www.repricerexpress.com/amazons-algorithm-a9/ Vorschläge prominenter Online-Shops] zu dem, was Sie vielleicht als nächstes kaufen möchten - im Prinzip - ausgefeilte Ausarbeitungen von Korrelationen. Wir verstehen nicht, warum bestimmte Leute, die eine Sache kaufen, auch eine andere Sache kaufen, aber das Aufzeigen dieser Beziehung erhöht den Umsatz. Natürlich ist die Welt komplizierter, und wieder einmal können diese Modelle glücklicherweise nicht alles erklären. Ich weiß selbst, dass ich vor der totalen Vorhersage der Maschinen sicher bin, solange mein [https://medium.com/s/story/spotifys-discover-weekly-how-machine-learning-finds-your-new-music-19a41ab76efe Musikdienst mir vorschlägt,] Oasis - die schlimmste Beleidigung für mich - zu hören. <br />
Dennoch, mit der Vorhersagekraft kommt einmal mehr eine große Verantwortung, und wir werden sehen, wie Korrelationen und ihre Vorhersagekraft es uns ermöglichen werden, mehr Theorien auf der Grundlage unserer induktiven Perspektive auf Daten abzuleiten. Durch die Digitalisierung der Daten ist viel zu lernen, aber es liegt immer noch an uns, die Korrelationen zu interpretieren. Es wird sehr schwer sein, dies einer Maschine beizubringen, daher liegt es in unserer Verantwortung, die Datenanalyse durch Schlussfolgerungen zu interpretieren. <br />
<br />
==== Der Aufstieg der Korrelationen ====<br />
Angetrieben durch die allgemeine Entwicklung der Wissenschaft während der Aufklärung begannen sich die Zahlen anzuhäufen. Die zunehmenden technologischen Möglichkeiten, immer mehr Informationen zu messen, speichern diese Informationen nur langsam, und die Menschen begannen sich zu fragen, ob diese Zahlen zu etwas führen könnten. Die wachsenden Zahlen hatten unterschiedliche Quellen, einige stammten aus der Wissenschaft, wie der [https://en.wikipedia.org/wiki/Least_squares#The_method Astronomie] oder anderen Zweigen der [https://en.wikipedia.org/wiki/Regression_toward_the_mean#History Naturwissenschaften]. Andere prominente Zahlenquellen stammten aus dem Ingenieurwesen, und sogar andere aus der Wirtschaft, zum Beispiel durch die [https://en.wikipedia.org/wiki/Bookkeeping#History doppelte Buchhaltung]. Dank der gemeinsamen Anstrengungen von [https://www.britannica.com/biography/Adrien-Marie-Legendre Adrien-Marie Legendre] und [https://www.britannica.com/biography/Carl-Friedrich-Gauss Carl Friedrich Gauß] bot die Mathematik den ersten Ansatz, eine Datenzeile mit einer anderen in Beziehung zu setzen - die Methode der kleinsten Quadrate.<br />
<br />
'''Wie hängt eine kontinuierliche Variable mit einer anderen zusammen?''' Die Büchse der Pandora wurde geöffnet, und es tauchten Fragen auf. [https://en.wikipedia.org/wiki/Econometrics Ökonom*innen] waren die ersten, die die [[Regression Analysis|Regressionsanalyse]] in größerem Maßstab einsetzten, indem sie alle möglichen wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren miteinander in Beziehung setzten und so ein immer komplexeres Controlling, Management und vielleicht sogar Verständnis für statistische Zusammenhänge aufbauten. Das [https://www.investopedia.com/terms/g/gdp.asp Bruttoinlandsprodukt] (BIP) wurde für einige Zeit zu einer Art [https://www.nature.com/news/development-time-to-leave-gdp-behind-1.14499 Lieblings-]Spielzeug für viele Ökonom*innen, und Wachstum wurde zu einem Kernziel vieler Analysen, um die Politik zu informieren. Was die Leute im Grunde taten, war die Frage, wie eine Variable mit einer anderen Variable zusammenhängt. <br />
<br />
'''Erhöht eine gute Ernährung die Lebenserwartung?'''<br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.38.48.png|thumb|400px|center|Es gibt eine '''positive Korrelation zwischen Ernährung und Lebenserwartung''' weltweit. Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br/><br />
'''Hängt eine höhere Lebenserwartung mit der landwirtschaftlichen Fläche eines Landes zusammen?'''<br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.51.34.png|thumb|400px|center|Es gibt '''keinen Zusammenhang zwischen Lebenserwartung und der nationalen landwirtschaftlichen Fläche''' Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br/><br />
'''Korreliert ein höheres Einkommen mit höheren CO2-Emissionen?''' <br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.30.35.png|thumb|400px|center|Es gibt eine '''positive Korrelation zwischen Wohlstand und CO2-Emissionen. Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br />
==== Wichtige Elemente von Korrelationen ====<br />
Es gibt einige zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung und dem Lesen von Korrelationen. Diese können immer dann von Interesse sein, wenn man den Korrelationskoeffizienten zur Hand hat - zum Beispiel in einer Statistiksoftware - oder wenn man ein Korrelationsdiagramm sieht.<br />
<br />
'''1) Ist die Beziehung zwischen zwei Variablen positiv oder negativ?''' Wenn eine Variable zunimmt und die andere ebenfalls zunimmt, haben wir eine positive ("+") Korrelation. Dies trifft auch zu, wenn beide Variablen abnehmen. Zum Beispiel führt eine größere Körpergröße zu einem signifikanten Anstieg des [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3534609/ Körpergewichts]. Wenn hingegen eine Variable zunimmt und die andere abnimmt, ist die Korrelation negativ ("-"): Zum Beispiel ist die Beziehung zwischen "Pizza gegessen" und "Pizza übrig" negativ. Je mehr Pizzastücke gegessen werden, desto weniger Stücke sind noch da. Diese Richtung der Beziehung sagt viel darüber aus, wie zwei Variablen logisch miteinander verbunden sein könnten. Der normative Wert einer positiven oder negativen Beziehung hat in der Regel starke Implikationen, insbesondere wenn beide Richtungen theoretisch möglich sind. Deshalb ist es wichtig, die Richtung einer korrelativen Beziehung interpretieren zu können. <br />
<br />
'''2) Ist der Korrelationskoeffizient klein oder groß?''' Der Korrelationskoeffizient kann zwischen -1 und +1 liegen und ist ein wichtiges Maß für die Bewertung der Stärke einer statistischen Beziehung. Datenpunkte können in einem [[Correlation_Plots#Scatter_Plot|scatter plot]] stark streuen oder es kann eine eher lineare Beziehung bestehen - und alles dazwischen. Ein Beispiel für eine perfekte positive Korrelation (mit einem Korrelationskoeffizienten ''r'' von +1) ist die Beziehung zwischen der Temperatur in [[To_Rule_And_To_Measure#Celsius_vs_Fahrenheit_vs_Kelvin|Celsius und Fahrenheit]]. Dies sollte nicht überraschen, da Fahrenheit als 32 + 1,8° C definiert ist. Daher ist ihre Beziehung vollkommen linear, was zu einem so starken Korrelationskoeffizienten führt. Wir können also sagen, dass 100 % der Temperaturschwankungen in Fahrenheit durch die Temperatur in Celsius erklärt werden.<br />
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Andererseits kann es vorkommen, dass die Daten zweier Variablen in einem Streudiagramm weit verstreut sind und kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden kann. Der Korrelationskoeffizient ''r'' liegt dann vielleicht bei 0,1 oder 0,2. In diesem Fall kann man davon ausgehen, dass keine starke Beziehung zwischen den beiden Variablen besteht und dass die eine Variable die andere nicht erklärt. <br />
<br />
Je höher der Korrelationskoeffizient einer Beziehung ist, desto mehr Bedeutung haben diese Beziehungen, so könnte man argumentieren. Wenn die Punkte wie Sterne am Himmel verteilt sind, dann ist die Beziehung wahrscheinlich nicht signifikant und interessant. Natürlich ist dies nicht ganz verallgemeinerbar, aber es stimmt auf jeden Fall, dass eine neutrale Beziehung nur aussagt, dass die Beziehung keine Bedeutung hat. Gleichzeitig können auch schwächere Beziehungen wichtige erste Einblicke in die Daten geben, und wenn zwei Variablen irgendeine Art von Beziehung aufweisen, ist es gut, die Stärke zu kennen. Wenn man übt, die Stärke einer Korrelation schnell zu erfassen, wird man sehr schnell in der Lage sein, Beziehungen in Daten zu verstehen. Diese Fähigkeit ist für jeden wichtig, der sich für die Annäherung von Fakten durch quantitative Daten interessiert. <br />
<br />
'''3) Was erklärt die Beziehung zwischen zwei Variablen?''' <br />
Dies ist bereits eine fortgeschrittene Fähigkeit, die eher mit der Regressionsanalyse zusammenhängt. Wenn Sie also die Stärke einer Korrelation und ihre Richtung untersucht haben, sind Sie im Allgemeinen gut gerüstet. Aber manchmal ändern sich diese Maße in verschiedenen Teilen der Daten. <br />
<br />
Um dies zu veranschaulichen, betrachten wir das Beispiel des prozentualen Anteils der in der [https://ourworldindata.org/employment-in-agriculture?source=post_page--------------------------- Landwirtschaft] arbeitenden Menschen in den einzelnen Ländern. Weltweit gibt es bei Menschen mit niedrigem Einkommen (<5000 Dollar/Jahr) eine große Variabilität in Bezug auf die Beschäftigung in der Landwirtschaft: die Hälfte der Bevölkerung des Tschad arbeitet in der Landwirtschaft, während es in Simbabwe nur 10 % sind. Bei einem Einkommen von mehr als 15.000 Dollar/Jahr gibt es jedoch kaum Schwankungen beim Prozentsatz der Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten: er ist immer sehr niedrig. Würde man dies grafisch darstellen, so würde man sehen, dass die Datenpunkte in den unteren x-Werten (mit x als Einkommen) eher breit gestreut sind, in den höheren Einkommensbereichen (= x-Werte) jedoch linearer verteilt sind. Dies hat Gründe, und es gibt wahrscheinlich eine oder mehrere Variablen, die diese Variabilität erklären. Vielleicht gibt es andere Faktoren, die einen stärkeren Einfluss auf den Anteil der Landwirte in den unteren Einkommensgruppen haben als in den höheren Einkommensgruppen, wo das Einkommen ein guter Prädiktor ist. <br />
<br />
Eine Korrelationsanalyse hilft uns, solche Schwankungen in der Datenbeziehung zu erkennen, und wir sollten die Korrelationskoeffizienten und die Richtung der Beziehung für verschiedene Teile der Daten betrachten. Oft gibt es eine stärkere Beziehung in Teilen des Datensatzes und eine schwächere Beziehung in anderen Teilen des Datensatzes. Diese Unterschiede sind wichtig, da sie auf zugrunde liegende Einflussvariablen oder Faktoren hindeuten, die wir noch nicht verstanden haben.<br />
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[[File:Correlation coefficient examples.png|600px|thumb|center|'''Beispiele für unterschiedliche Korrelationskoeffizienten.''' Source: Wikipedia, Kiatdd, CC BY-SA 3.0]]<br />
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== Kausalität ==<br />
Wie soll man hier Anfang und Ende finden?<br />
<br />
'''Kausalität ist eines der am meisten missbrauchten und missverstandenen Konzepte in der Statistik.''' Dabei ist es der Kern der Tatsache, dass alle Statistiken normativen Charakter haben. Während viele Dinge kausal miteinander verbunden sein können, sind es viele nicht. Das Problem besteht darin, dass wir uns wünschen, dass bestimmte Dinge kausal miteinander verbunden sind, während wir wollen, dass andere Dinge nicht kausal miteinander verbunden sind. Diese Verwirrung hat viele Wurzeln und erstreckt sich über so unbändige Bereiche wie Glauben, Psychologie, Kultur, soziale Konstrukte und so weiter. Kausalität kann alles sein, was an der Statistik gut ist, und sie kann ebenso alles sein, was an der Statistik falsch ist. Mit anderen Worten: Sie kann alles sein, was an uns Menschen gut ist, aber sie kann auch die Ursache für alles sein, was bei uns falsch ist.<br />
<br />
Was ist attraktiv an der Kausalität? Die Menschen suchen nach Erklärungen, und diese ständige Suche ist wahrscheinlich einer der Bausteine unserer Zivilisation. Die Menschen suchen nach Gründen, um Phänomene und Muster zu erklären, oft mit dem Ziel der Vorhersage. Wenn ich einen Kausalzusammenhang verstanden habe, kann ich vielleicht mehr über die Zukunft wissen und davon profitieren, entweder auf diese Zukunft vorbereitet zu sein oder zumindest richtig reagieren zu können. <br />
<br />
Das Problem mit der Kausalität besteht darin, dass sowohl verschiedene Wissenschaftszweige als auch verschiedene philosophische Strömungen unterschiedliche Erklärungen für Kausalität haben, und es gibt eine aufregende Vielfalt von Theorien über Kausalität. Lassen Sie uns das Thema systematisch angehen.<br />
<br />
==== Die ''high road'' und die ''low road of causality'' ====<br />
Nehmen wir den ersten Extremfall: die Theorie, dass Störche die Babys bringen. Offensichtlich ist dies nicht wahr. Einen kausalen Zusammenhang zwischen diesen beiden herzustellen, ist offensichtlich ein Fehler. Nehmen wir nun den anderen Extremfall: Sie fallen eine Treppe hinunter und brechen sich beim Sturz das Bein. Es besteht offensichtlich eine Form des Kausalzusammenhangs zwischen diesen beiden Handlungen, nämlich dass Sie sich beim Sturz die Treppe das Bein gebrochen haben. Dies erfordert jedoch bereits ein gewisses Maß an Abstraktion, einschließlich der Annahme, dass Sie es waren, der die Treppe hinuntergefallen ist, dass Sie Ihr Bein verdreht oder mit genügend Kraft auf eine Treppe geschlagen haben, dass Sie nicht zu schwach waren, um dem Aufprall standzuhalten usw. Es gibt also eine sehr detaillierte Kette von Ereignissen, die sich abspielt, wenn Sie anfangen, das Gleichgewicht zu verlieren, und sich das Bein brechen. Unser Verstand vereinfacht dies in "weil ich die Treppe hinuntergefallen bin, habe ich mir das Bein gebrochen". Natürlich geben wir weder der Person, die die Treppe gebaut hat, noch unseren Eltern die Schuld dafür, dass sie uns in diese Welt gebracht haben, wo wir uns dann das Bein gebrochen haben. Diese Dinge stehen nicht in kausalem Zusammenhang. <br />
<br />
Aber stellen Sie sich nun vor, dass der Bauarbeiter die Treppe nicht richtig konstruiert hat und dass eine Treppe etwas höher ist als die andere. Wir behaupten nun, dass es die Schuld des Bauarbeiters ist. Wie viel höher muss diese eine Treppe jedoch sein, damit wir nicht uns selbst die Schuld geben, sondern dem Bauarbeiter? Sie haben den Punkt verstanden.<br />
<br />
'''Kausalität ist eine Konstruktion, die sich in unserem Kopf abspielt.''' Wir schaffen ein abstraktes Weltbild, und in diesem abstrakten Weltbild entwerfen wir eine Version der Wirklichkeit, die vereinfacht genug ist, um beispielsweise zukünftige Ereignisse zu erklären, aber es ist nicht zu einfach, da wir damit nichts Bestimmtes oder kleinere Gruppen von Ereignissen erklären könnten. <br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|thumb|left|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious Correlations]]]<br />
<br />
Kausalität ist also eine Abstraktion, die auf [[Why_statistics_matters#Occam.27s_razor|''Occam's Razor'']] folgt, schlage ich vor. Und da wir alle unsere eigene Version von Ockhams Rasiermesser im Kopf haben, sind wir oft anderer Meinung, wenn es um Kausalität geht. Ich glaube, das hängt nur damit zusammen, dass sich bei der Analyse alles auflöst. Wenn wir irgendeinen Zusammenhang zwischen Ereignissen analysieren, dann kann sich auch der kausale Zusammenhang auflösen oder irrelevant werden. Letztendlich ist die Kausalität eine Wahl. <br />
<br />
Nehmen wir das Beispiel von [https://sciencebasedmedicine.org/evidence-in-medicine-correlation-and-causation/ medizinischen Studien], wo die meisten Studien auf einem korrelativen Design aufbauen und testen, wie zum Beispiel die Einnahme von Ibuprofen gegen Erkältung helfen kann. Wenn ich Kopfschmerzen habe und Ibuprofen einnehme, kann es mir in den meisten Fällen helfen. Aber verstehe ich, wie es mir hilft? Ich verstehe vielleicht einige Teile davon, aber auf zellulärer Ebene verstehe ich es nicht wirklich. Es gibt wieder eine gewisse Abstraktionsebene.<br />
<br />
Was jetzt für die Kausalität am relevantesten ist, ist die bloße Tatsache, dass eine Sache durch eine andere Sache erklärt werden kann. Wir müssen nicht alles in allen Einzelheiten verstehen, und ich habe oben bereits gesagt, dass dies letztlich sehr schwer für uns wäre. Stattdessen müssen wir verstehen, ob das Wegnehmen der einen Sache verhindert, dass die andere Sache geschieht. Wenn ich nicht die Treppe hinuntergegangen wäre, hätte ich mir nicht das Bein gebrochen. <br />
<br />
Seit Aristoteles und seiner Frage "Was ist seine Natur?" nervt uns die Knappheit der wahren Kausalität oder tiefen Kausalität. Ich schlage vor, dass es eine '''high road of causality''' und eine '''low road of causality''' gibt. Die ''high road'' ermöglicht es uns, alles darüber zu erklären, wie zwei Dinge oder Phänomene miteinander verbunden sind. Obwohl ich dies ablehne, halten ihn viele Denkschulen für sehr relevant. Ich für meinen Teil bevorzuge die ''low road'': Ist eine Sache oder ein Phänomen kausal mit einer anderen Sache oder einem anderen Phänomen verbunden; wenn ich das eine wegnehme, wird das andere nicht geschehen. Das bedeutet automatisch, dass ich Kompromisse eingehen muss, wie viel ich von der Welt verstehe. <br />
<br />
Ich schlage vor, dass wir nicht alles verstehen müssen. Unsere Vorfahren haben nicht wirklich verstanden, warum es in einem Gebiet mit vielen Raubtieren zum Tod führen kann, wenn man im Dunkeln ohne Fackel und Waffe - oder besser noch in einer größeren Gruppe - hinausgeht. Es genügte ihnen, zu wissen, dass sie in der Nacht in Sicherheit sein würden. Das genügt mir auch.<br />
<br />
==== Einfache und komplexe Kausalität ====<br />
Versuchen wir, die kausalen Zusammenhänge Schritt für Schritt zu verstehen. Zu diesem Zweck können wir kurz zwei Arten von kausalen Beziehungen unterscheiden.<br />
<br />
Statistische Korrelationen implizieren Kausalität, wenn eine Variable (A) aktiv durch eine Variable (B) getrieben wird. Wenn B weggenommen oder verändert wird, verändert sich auch A oder wird nicht mehr vorhanden. Diese Beziehung gehört zu den am häufigsten bekannten Beziehungen in der Statistik, aber sie hat gewisse Probleme. In erster Linie können zwei Variablen kausal miteinander verbunden sein, aber die Beziehung kann schwach sein. [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23775705 Zink] kann sicherlich gegen die Erkältung helfen, aber es ist nicht garantiert, dass Zink uns heilen wird. Es ist eine schwache kausale Korrelation. <br />
<br />
Zweitens kann eine kausale Beziehung der Variablen A und B mit einer Variablen C und weiteren Variablen D, E, F usw. interagieren. In diesem Fall sprechen viele Menschen von komplexen Beziehungen. Komplexe Beziehungen können kausal sein, aber sie sind dennoch komplex, und [[Agency, Complexity and Emergence (German)|diese Komplexität kann Menschen verwirren]]. Schließlich können statistische Beziehungen durch Bias, Beschränkungen der Stichprobengröße und viele andere Herausforderungen, mit denen die Statistik konfrontiert ist, beeinflusst werden. Diese Herausforderungen sind bekannt, zunehmend untersucht, aber oft nicht lösbar.<br />
<br />
==== Struktur ins Chaos bringen: Normativität und Plausibilität ====<br />
[[File:Black swan.jpg|thumb|right|Schwäne sind vermutlich das bekannte Beispiel für eine Universaltheorie, die durch ein Gegenbeispiel widerlegt werden kann. Sind alle Schwäne wei? Es mag trivial erscheinen, aber der schwarze Schwan repräsentiert [https://www.youtube.com/watch?v=XlFywEtLZ9w Karl Popper's Falsifizierung|, ein wichtiges Prinzip wissenschaftlicher Arbeit.]]<br />
Ausgehend von dem Gedanken, dass unser Verstand umherwandert, um kausale Zusammenhänge zu finden, und dann mit [[Experiments and hypothesis|Experimenten und Hypothesen]] als mächtige Werkzeuge, begannen Wissenschaftler damit, Theorien abzuleiten und zu revidieren, die auf Versuchsanordnungen basierten. Manchmal war es auch umgekehrt, da viele Theorien erst später durch Beobachtung oder wissenschaftliche Experimente bewiesen wurden. Nachdem die Kausalität durch wissenschaftliche Theorien erklärt worden war, entstand eine Kombination, die unter vielen anderen Dingen zu physikalischen Gesetzen, gesellschaftlichen Paradigmen und psychologischen Modellen führte. <br />
<br />
Die Plausibilität begann ihre Herrschaft als ein Schlüsselkriterium der modernen Wissenschaft. Plausibilität bedeutet grundsätzlich, dass Beziehungen nur dann kausal sein können, wenn die Beziehungen nicht nur wahrscheinlich, sondern auch [https://justinhohn.typepad.com/blog/2013/01/milton-friedmans-thermostat-analogy.html vernünftig] sind. Um die Wahrscheinlichkeit kümmert sich die Statistik. Aber es ist der menschliche Verstand, der die Vernunft aus den Daten ableitet, was die Kausalität zu einem zutiefst normativen Akt macht. Kontrafaktische Theorien können später unsere Kausalität widerlegen, weshalb wir keine absolute Wahrheit kennen können, aber wir können uns ihr annähern. Unsere Annahmen können auch später noch falsifiziert werden.<br />
<br />
So weit, so gut. Es ist erwähnenswert, dass Aristoteles einige interessante metaphysische Ansätze zur Kausalität hatte, ebenso wie Buddhisten und Hindus. Wir werden [[Big problems for later| diese hier der Einfachheit halber ignorieren]].<br />
<br />
==== Hume's Kriterien für Kausalität ====<br />
[[File:David Hume.jpg|thumb|300px|left|'''David Hume''']]<br />
Es scheint offensichtlich, aber eine notwendige Bedingung für Kausalität ist die zeitliche Ordnung (Neumann 2014, S.74-78). Zeitliche Kausalketten können als Beziehungen definiert werden, in denen eine Wirkung eine Ursache hat. Ein Ereignis A kann direkt auf eine Handlung B folgen. Mit anderen Worten, A wird durch B verursacht. Wir denken oft, dass wir solche Kausalbeziehungen in einer zeitlichen Kette verwurzelt sehen. Die komplexe Debatte über [https://www.cdc.gov/vaccinesafety/concerns/autism.html Impfungen und Autismus] kann als ein solches Beispiel angesehen werden. Die Impfgegner sind der Meinung, dass der Autismus durch Impfungen verursacht wurde, während Mediziner argumentieren, dass der Ausbruch von Autismus lediglich zur gleichen Zeit stattfand, wie die Impfungen als Teil des notwendigen Schutzes unserer Gesellschaft vorgenommen werden. Der zeitliche Zusammenhang wird in diesem Fall als reiner Zufall angesehen. Viele solcher zeitlichen Beziehungen werden daher angenommen, aber unser Verstand täuscht uns oft, da wir uns täuschen lassen wollen. Wir wollen Ordnung im Chaos, und für viele Menschen ist Kausalität Glückseligkeit. Die Geschichte versucht oft, Kausalitäten zu finden, doch wie einst behauptet wurde, wird die Geschichte von den Siegreichen geschrieben, d.h. sie ist subjektiv. Ein Modell zu haben, das die eigene Realität erklärt - danach suchen viele heute, und eine Art zeitliche Kausalkette zu haben, scheint eine der Sehnsüchte vieler Menschen zu sein. Wissenschaftliche Experimente wurden erfunden, um solche Kausalitäten zu testen, und die menschliche Gesellschaft entwickelte sich. Heute scheint es nahezu unmöglich zu sein, nichts über die Schwerkraft zu wissen - in gewissem Sinne wissen wir das alle, ja - aber die ersten physikalischen Experimente haben uns geholfen, dies zu beweisen. So half uns das wissenschaftliche Experiment, die zeitliche Kausalität zu erforschen, und [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3835968/ medizinische Studien] können als eine der am stärksten vorangetriebenen Fortsetzungen davon angesehen werden.<br />
<br />
Wir können jedoch auf Hume aufbauen, der in seiner Abhandlung über die menschliche Natur die drei unten erwähnten Kriterien benannte. Um seine Worte zu paraphrasieren: Die Kausalität ist in Raum und Zeit zusammenhängend, die Ursache liegt vor der Wirkung, und es besteht eine ständige Verbindung zwischen Ursache und Wirkung. Es lohnt sich, auch die anderen von ihm erwähnten Kriterien zu betrachten.<br />
<br />
1. Hume behauptet, dass die gleiche Ursache immer die gleiche Wirkung hervorruft. In der Statistik weist dies auf das Kriterium der Reproduzierbarkeit hin, das eines der Rückgrate des wissenschaftlichen Experiments ist. Dies mag in Zeiten von Einzelfallstudien als schwierig angesehen werden, unterstreicht aber gleichzeitig, dass der Wert solcher Studien eindeutig relevant, aber nach diesem Kriterium begrenzt ist.<br />
<br />
2. Wenn mehrere Objekte denselben Effekt hervorrufen, muss es darüber hinaus ein verbindendes Kriterium unter ihnen geben, das den Effekt verursacht. Ein gutes Beispiel dafür sind Gewichte auf einer Waage. Mehrere Gewichte können addiert werden, um die gleiche - gegenläufige - Wirkung zu erzielen. Man müsste eine hohe Anzahl von Federn stapeln, um die gleiche Wirkung zu erzielen wie, sagen wir, 50 kg Gewicht (und es wäre bedauerlich für die Vögel). Auch dies ist für die moderne Wissenschaft von großer Bedeutung, da die Suche nach einheitlichen Kriterien bei den Datenmengen, die wir heutzutage oft analysieren, ein Schlüsselziel ist.<br />
<br />
3. Wenn zwei Objekte eine unterschiedliche Wirkung haben, muss es einen Grund geben, der den Unterschied erklärt. Diese dritte Annahme von Hume ist eine direkte Konsequenz aus der zweiten. Was Faktoren vereint, kann wichtig sein, aber ebenso wichtig kann sein, was Faktoren unterscheidet. Dies ist oft der Grund, warum wir glauben, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen zwei Dingen gibt, obwohl es eindeutig keinen gibt. Stellen Sie sich vor, eine böse Person gibt Ihnen koffeinfreien Kaffee, während Sie an Koffein gewöhnt sind. Die Wirkung könnte schwerwiegend sein, und es ist klar, dass das Koffein in dem Kaffee, der Sie aufweckt, diesen Kaffee von dem entkoffeinierten Kaffee unterscheidet. <br />
<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kausalität ein Chaos in unseren Gehirnen ist. '''Wir täuschen uns öfter über die Kausalität, als wir denken, unser Gehirn ist fest verdrahtet, Verbindungen zu finden, und lässt sich oft zur Annahme einer Kausalität verleiten.'''. Gleichermaßen wollen wir oft die Kausalität vernachlässigen, wenn sie eindeutig eine Tatsache ist. Wir irren uns also recht oft. Bleiben Sie im Zweifelsfall bei [https://statisticsbyjim.com/basics/causation/ Hume] und den oben genannten Kriterien. Sich bei der Analyse von Korrelationen auf diese zu verlassen, erfordert am Ende des Tages einfach Übung.<br />
----<br />
[[Category:Statistics]]<br />
<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Causality_and_correlation_(German)&diff=6604Causality and correlation (German)2022-03-23T17:08:31Z<p>Imi: /* Der Aufstieg der Korrelationen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Causality and correlation]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br/><br />
<br />
== Korrelative Zusammenhänge ==<br />
'''Korrelationen können uns sagen, ob zwei Variablen miteinander in Beziehung stehen.''' Eine Korrelation sagt uns jedoch nicht, was sie bedeutet. Dies ist wichtig zu beachten, da viele Korrelationen berechnet werden, aber es liegt an uns, diese Beziehungen zu interpretieren. <br />
<br />
Es liegt potenziell in unserer normativen Kapazität, [[Experiments and Hypothesis Testing|Hypothesen]] abzuleiten, aber es kann auch wirkungsvoll sein, keine Hypothesen abzuleiten und einen rein [[:Category:Inductive|induktiven]] Ansatz für eine Korrelation zu haben. Wir leben in einer Welt der großen Datenmengen, und das in zunehmendem Maße. Es gibt eine Fülle von Informationen, und sie wächst buchstäblich von Minute zu Minute. Während die [[History of Methods|Aufklärung und dann die Moderne]] eine Welt der Wissenschaft auf der Grundlage der Macht der Hypothese aufbauten, war diese Wissenschaft auch begrenzt. Wir wissen heute, dass der mächtige Schritt, eine Hypothese aufzustellen, nur einen Teil des Bildes bietet, und mächtige Erfindungen und Fortschritte kamen durch Induktion. Viele Fortschritte in der Wissenschaft beruhten auf [https://en.wikipedia.org/wiki/Inductive_reasoning#History induktiven Ansätze]. Man denke nur an [https://explorable.com/history-of-antibiotics Antibiotika], deren Entdeckung ein reiner Zufall war. <br />
<br />
Mit der Vorhersagekraft von Korrelationen und dem Aufstieg des [[Machine Learning|maschinellen Lernens]] und den damit verbundenen, viel komplexeren Ansätzen brach eine neue Welt an. Heute basieren Vorhersagen auf einfachen Korrelationen und der Erkennung von Leistungsmustern in der Fülle der Daten, mit denen wir konfrontiert sind. Obwohl ein Großteil der eigentlichen Mathematik sehr viel komplizierter ist, sind [https://www.repricerexpress.com/amazons-algorithm-a9/ Vorschläge prominenter Online-Shops] zu dem, was Sie vielleicht als nächstes kaufen möchten - im Prinzip - ausgefeilte Ausarbeitungen von Korrelationen. Wir verstehen nicht, warum bestimmte Leute, die eine Sache kaufen, auch eine andere Sache kaufen, aber das Aufzeigen dieser Beziehung erhöht den Umsatz. Natürlich ist die Welt komplizierter, und wieder einmal können diese Modelle glücklicherweise nicht alles erklären. Ich weiß selbst, dass ich vor der totalen Vorhersage der Maschinen sicher bin, solange mein [https://medium.com/s/story/spotifys-discover-weekly-how-machine-learning-finds-your-new-music-19a41ab76efe Musikdienst mir vorschlägt,] Oasis - die schlimmste Beleidigung für mich - zu hören. <br />
Dennoch, mit der Vorhersagekraft kommt einmal mehr eine große Verantwortung, und wir werden sehen, wie Korrelationen und ihre Vorhersagekraft es uns ermöglichen werden, mehr Theorien auf der Grundlage unserer induktiven Perspektive auf Daten abzuleiten. Durch die Digitalisierung der Daten ist viel zu lernen, aber es liegt immer noch an uns, die Korrelationen zu interpretieren. Es wird sehr schwer sein, dies einer Maschine beizubringen, daher liegt es in unserer Verantwortung, die Datenanalyse durch Schlussfolgerungen zu interpretieren. <br />
<br />
==== Der Aufstieg der Korrelationen ====<br />
Angetrieben durch die allgemeine Entwicklung der Wissenschaft während der Aufklärung begannen sich die Zahlen anzuhäufen. Die zunehmenden technologischen Möglichkeiten, immer mehr Informationen zu messen, speichern diese Informationen nur langsam, und die Menschen begannen sich zu fragen, ob diese Zahlen zu etwas führen könnten. Die wachsenden Zahlen hatten unterschiedliche Quellen, einige stammten aus der Wissenschaft, wie der [https://en.wikipedia.org/wiki/Least_squares#The_method Astronomie] oder anderen Zweigen der [https://en.wikipedia.org/wiki/Regression_toward_the_mean#History Naturwissenschaften]. Andere prominente Zahlenquellen stammten aus dem Ingenieurwesen, und sogar andere aus der Wirtschaft, zum Beispiel durch die [https://en.wikipedia.org/wiki/Bookkeeping#History doppelte Buchhaltung]. Dank der gemeinsamen Anstrengungen von [https://www.britannica.com/biography/Adrien-Marie-Legendre Adrien-Marie Legendre] und [https://www.britannica.com/biography/Carl-Friedrich-Gauss Carl Friedrich Gauß] bot die Mathematik den ersten Ansatz, eine Datenzeile mit einer anderen in Beziehung zu setzen - die Methode der kleinsten Quadrate.<br />
<br />
'''Wie hängt eine kontinuierliche Variable mit einer anderen zusammen?''' Die Büchse der Pandora wurde geöffnet, und es tauchten Fragen auf. [https://en.wikipedia.org/wiki/Econometrics Ökonomen*innen] waren die ersten, die die [[Regression Analysis|Regressionsanalyse]] in größerem Maßstab einsetzten, indem sie alle möglichen wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren miteinander in Beziehung setzten und so ein immer komplexeres Controlling, Management und vielleicht sogar Verständnis für statistische Zusammenhänge aufbauten. Das [https://www.investopedia.com/terms/g/gdp.asp Bruttoinlandsprodukt] (BIP) wurde für einige Zeit zu einer Art [https://www.nature.com/news/development-time-to-leave-gdp-behind-1.14499 Lieblings-]Spielzeug für viele Ökonom*innen, und Wachstum wurde zu einem Kernziel vieler Analysen, um die Politik zu informieren. Was die Leute im Grunde taten, war die Frage, wie eine Variable mit einer anderen Variable zusammenhängt. <br />
<br />
'''Erhöht eine gute Ernährung die Lebenserwartung?'''<br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.38.48.png|thumb|400px|center|Es gibt eine '''positive Korrelation zwischen Ernährung und Lebenserwartung''' weltweit. Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br/><br />
'''Hängt eine höhere Lebenserwartung mit der landwirtschaftlichen Fläche eines Landes zusammen?'''<br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.51.34.png|thumb|400px|center|Es gibt '''keinen Zusammenhang zwischen Lebenserwartung und der nationalen landwirtschaftlichen Fläche''' Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br/><br />
'''Korreliert ein höheres Einkommen mit höheren CO2-Emissionen?''' <br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.30.35.png|thumb|400px|center|Es gibt eine '''positive Korrelation zwischen Wohlstand und CO2-Emissionen. Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br />
==== Wichtige Elemente von Korrelationen ====<br />
Es gibt einige zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung und dem Lesen von Korrelationen. Diese können immer dann von Interesse sein, wenn man den Korrelationskoeffizienten zur Hand hat - zum Beispiel in einer Statistiksoftware - oder wenn man ein Korrelationsdiagramm sieht.<br />
<br />
'''1) Ist die Beziehung zwischen zwei Variablen positiv oder negativ?''' Wenn eine Variable zunimmt und die andere ebenfalls zunimmt, haben wir eine positive ("+") Korrelation. Dies trifft auch zu, wenn beide Variablen abnehmen. Zum Beispiel führt eine größere Körpergröße zu einem signifikanten Anstieg des [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3534609/ Körpergewichts]. Wenn hingegen eine Variable zunimmt und die andere abnimmt, ist die Korrelation negativ ("-"): Zum Beispiel ist die Beziehung zwischen "Pizza gegessen" und "Pizza übrig" negativ. Je mehr Pizzastücke gegessen werden, desto weniger Stücke sind noch da. Diese Richtung der Beziehung sagt viel darüber aus, wie zwei Variablen logisch miteinander verbunden sein könnten. Der normative Wert einer positiven oder negativen Beziehung hat in der Regel starke Implikationen, insbesondere wenn beide Richtungen theoretisch möglich sind. Deshalb ist es wichtig, die Richtung einer korrelativen Beziehung interpretieren zu können. <br />
<br />
'''2) Ist der Korrelationskoeffizient klein oder groß?''' Der Korrelationskoeffizient kann zwischen -1 und +1 liegen und ist ein wichtiges Maß für die Bewertung der Stärke einer statistischen Beziehung. Datenpunkte können in einem [[Correlation_Plots#Scatter_Plot|scatter plot]] stark streuen oder es kann eine eher lineare Beziehung bestehen - und alles dazwischen. Ein Beispiel für eine perfekte positive Korrelation (mit einem Korrelationskoeffizienten ''r'' von +1) ist die Beziehung zwischen der Temperatur in [[To_Rule_And_To_Measure#Celsius_vs_Fahrenheit_vs_Kelvin|Celsius und Fahrenheit]]. Dies sollte nicht überraschen, da Fahrenheit als 32 + 1,8° C definiert ist. Daher ist ihre Beziehung vollkommen linear, was zu einem so starken Korrelationskoeffizienten führt. Wir können also sagen, dass 100 % der Temperaturschwankungen in Fahrenheit durch die Temperatur in Celsius erklärt werden.<br />
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Andererseits kann es vorkommen, dass die Daten zweier Variablen in einem Streudiagramm weit verstreut sind und kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden kann. Der Korrelationskoeffizient ''r'' liegt dann vielleicht bei 0,1 oder 0,2. In diesem Fall kann man davon ausgehen, dass keine starke Beziehung zwischen den beiden Variablen besteht und dass die eine Variable die andere nicht erklärt. <br />
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Je höher der Korrelationskoeffizient einer Beziehung ist, desto mehr Bedeutung haben diese Beziehungen, so könnte man argumentieren. Wenn die Punkte wie Sterne am Himmel verteilt sind, dann ist die Beziehung wahrscheinlich nicht signifikant und interessant. Natürlich ist dies nicht ganz verallgemeinerbar, aber es stimmt auf jeden Fall, dass eine neutrale Beziehung nur aussagt, dass die Beziehung keine Bedeutung hat. Gleichzeitig können auch schwächere Beziehungen wichtige erste Einblicke in die Daten geben, und wenn zwei Variablen irgendeine Art von Beziehung aufweisen, ist es gut, die Stärke zu kennen. Wenn man übt, die Stärke einer Korrelation schnell zu erfassen, wird man sehr schnell in der Lage sein, Beziehungen in Daten zu verstehen. Diese Fähigkeit ist für jeden wichtig, der sich für die Annäherung von Fakten durch quantitative Daten interessiert. <br />
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'''3) Was erklärt die Beziehung zwischen zwei Variablen?''' <br />
Dies ist bereits eine fortgeschrittene Fähigkeit, die eher mit der Regressionsanalyse zusammenhängt. Wenn Sie also die Stärke einer Korrelation und ihre Richtung untersucht haben, sind Sie im Allgemeinen gut gerüstet. Aber manchmal ändern sich diese Maße in verschiedenen Teilen der Daten. <br />
<br />
Um dies zu veranschaulichen, betrachten wir das Beispiel des prozentualen Anteils der in der [https://ourworldindata.org/employment-in-agriculture?source=post_page--------------------------- Landwirtschaft] arbeitenden Menschen in den einzelnen Ländern. Weltweit gibt es bei Menschen mit niedrigem Einkommen (<5000 Dollar/Jahr) eine große Variabilität in Bezug auf die Beschäftigung in der Landwirtschaft: die Hälfte der Bevölkerung des Tschad arbeitet in der Landwirtschaft, während es in Simbabwe nur 10 % sind. Bei einem Einkommen von mehr als 15.000 Dollar/Jahr gibt es jedoch kaum Schwankungen beim Prozentsatz der Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten: er ist immer sehr niedrig. Würde man dies grafisch darstellen, so würde man sehen, dass die Datenpunkte in den unteren x-Werten (mit x als Einkommen) eher breit gestreut sind, in den höheren Einkommensbereichen (= x-Werte) jedoch linearer verteilt sind. Dies hat Gründe, und es gibt wahrscheinlich eine oder mehrere Variablen, die diese Variabilität erklären. Vielleicht gibt es andere Faktoren, die einen stärkeren Einfluss auf den Anteil der Landwirte in den unteren Einkommensgruppen haben als in den höheren Einkommensgruppen, wo das Einkommen ein guter Prädiktor ist. <br />
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Eine Korrelationsanalyse hilft uns, solche Schwankungen in der Datenbeziehung zu erkennen, und wir sollten die Korrelationskoeffizienten und die Richtung der Beziehung für verschiedene Teile der Daten betrachten. Oft gibt es eine stärkere Beziehung in Teilen des Datensatzes und eine schwächere Beziehung in anderen Teilen des Datensatzes. Diese Unterschiede sind wichtig, da sie auf zugrunde liegende Einflussvariablen oder Faktoren hindeuten, die wir noch nicht verstanden haben.<br />
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[[File:Correlation coefficient examples.png|600px|thumb|center|'''Beispiele für unterschiedliche Korrelationskoeffizienten.''' Source: Wikipedia, Kiatdd, CC BY-SA 3.0]]<br />
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== Kausalität ==<br />
Wie soll man hier Anfang und Ende finden?<br />
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'''Kausalität ist eines der am meisten missbrauchten und missverstandenen Konzepte in der Statistik.''' Dabei ist es der Kern der Tatsache, dass alle Statistiken normativen Charakter haben. Während viele Dinge kausal miteinander verbunden sein können, sind es viele nicht. Das Problem besteht darin, dass wir uns wünschen, dass bestimmte Dinge kausal miteinander verbunden sind, während wir wollen, dass andere Dinge nicht kausal miteinander verbunden sind. Diese Verwirrung hat viele Wurzeln und erstreckt sich über so unbändige Bereiche wie Glauben, Psychologie, Kultur, soziale Konstrukte und so weiter. Kausalität kann alles sein, was an der Statistik gut ist, und sie kann ebenso alles sein, was an der Statistik falsch ist. Mit anderen Worten: Sie kann alles sein, was an uns Menschen gut ist, aber sie kann auch die Ursache für alles sein, was bei uns falsch ist.<br />
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Was ist attraktiv an der Kausalität? Die Menschen suchen nach Erklärungen, und diese ständige Suche ist wahrscheinlich einer der Bausteine unserer Zivilisation. Die Menschen suchen nach Gründen, um Phänomene und Muster zu erklären, oft mit dem Ziel der Vorhersage. Wenn ich einen Kausalzusammenhang verstanden habe, kann ich vielleicht mehr über die Zukunft wissen und davon profitieren, entweder auf diese Zukunft vorbereitet zu sein oder zumindest richtig reagieren zu können. <br />
<br />
Das Problem mit der Kausalität besteht darin, dass sowohl verschiedene Wissenschaftszweige als auch verschiedene philosophische Strömungen unterschiedliche Erklärungen für Kausalität haben, und es gibt eine aufregende Vielfalt von Theorien über Kausalität. Lassen Sie uns das Thema systematisch angehen.<br />
<br />
==== Die ''high road'' und die ''low road of causality'' ====<br />
Nehmen wir den ersten Extremfall: die Theorie, dass Störche die Babys bringen. Offensichtlich ist dies nicht wahr. Einen kausalen Zusammenhang zwischen diesen beiden herzustellen, ist offensichtlich ein Fehler. Nehmen wir nun den anderen Extremfall: Sie fallen eine Treppe hinunter und brechen sich beim Sturz das Bein. Es besteht offensichtlich eine Form des Kausalzusammenhangs zwischen diesen beiden Handlungen, nämlich dass Sie sich beim Sturz die Treppe das Bein gebrochen haben. Dies erfordert jedoch bereits ein gewisses Maß an Abstraktion, einschließlich der Annahme, dass Sie es waren, der die Treppe hinuntergefallen ist, dass Sie Ihr Bein verdreht oder mit genügend Kraft auf eine Treppe geschlagen haben, dass Sie nicht zu schwach waren, um dem Aufprall standzuhalten usw. Es gibt also eine sehr detaillierte Kette von Ereignissen, die sich abspielt, wenn Sie anfangen, das Gleichgewicht zu verlieren, und sich das Bein brechen. Unser Verstand vereinfacht dies in "weil ich die Treppe hinuntergefallen bin, habe ich mir das Bein gebrochen". Natürlich geben wir weder der Person, die die Treppe gebaut hat, noch unseren Eltern die Schuld dafür, dass sie uns in diese Welt gebracht haben, wo wir uns dann das Bein gebrochen haben. Diese Dinge stehen nicht in kausalem Zusammenhang. <br />
<br />
Aber stellen Sie sich nun vor, dass der Bauarbeiter die Treppe nicht richtig konstruiert hat und dass eine Treppe etwas höher ist als die andere. Wir behaupten nun, dass es die Schuld des Bauarbeiters ist. Wie viel höher muss diese eine Treppe jedoch sein, damit wir nicht uns selbst die Schuld geben, sondern dem Bauarbeiter? Sie haben den Punkt verstanden.<br />
<br />
'''Kausalität ist eine Konstruktion, die sich in unserem Kopf abspielt.''' Wir schaffen ein abstraktes Weltbild, und in diesem abstrakten Weltbild entwerfen wir eine Version der Wirklichkeit, die vereinfacht genug ist, um beispielsweise zukünftige Ereignisse zu erklären, aber es ist nicht zu einfach, da wir damit nichts Bestimmtes oder kleinere Gruppen von Ereignissen erklären könnten. <br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|thumb|left|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious Correlations]]]<br />
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Kausalität ist also eine Abstraktion, die auf [[Why_statistics_matters#Occam.27s_razor|''Occam's Razor'']] folgt, schlage ich vor. Und da wir alle unsere eigene Version von Ockhams Rasiermesser im Kopf haben, sind wir oft anderer Meinung, wenn es um Kausalität geht. Ich glaube, das hängt nur damit zusammen, dass sich bei der Analyse alles auflöst. Wenn wir irgendeinen Zusammenhang zwischen Ereignissen analysieren, dann kann sich auch der kausale Zusammenhang auflösen oder irrelevant werden. Letztendlich ist die Kausalität eine Wahl. <br />
<br />
Nehmen wir das Beispiel von [https://sciencebasedmedicine.org/evidence-in-medicine-correlation-and-causation/ medizinischen Studien], wo die meisten Studien auf einem korrelativen Design aufbauen und testen, wie zum Beispiel die Einnahme von Ibuprofen gegen Erkältung helfen kann. Wenn ich Kopfschmerzen habe und Ibuprofen einnehme, kann es mir in den meisten Fällen helfen. Aber verstehe ich, wie es mir hilft? Ich verstehe vielleicht einige Teile davon, aber auf zellulärer Ebene verstehe ich es nicht wirklich. Es gibt wieder eine gewisse Abstraktionsebene.<br />
<br />
Was jetzt für die Kausalität am relevantesten ist, ist die bloße Tatsache, dass eine Sache durch eine andere Sache erklärt werden kann. Wir müssen nicht alles in allen Einzelheiten verstehen, und ich habe oben bereits gesagt, dass dies letztlich sehr schwer für uns wäre. Stattdessen müssen wir verstehen, ob das Wegnehmen der einen Sache verhindert, dass die andere Sache geschieht. Wenn ich nicht die Treppe hinuntergegangen wäre, hätte ich mir nicht das Bein gebrochen. <br />
<br />
Seit Aristoteles und seiner Frage "Was ist seine Natur?" nervt uns die Knappheit der wahren Kausalität oder tiefen Kausalität. Ich schlage vor, dass es eine '''high road of causality''' und eine '''low road of causality''' gibt. Die ''high road'' ermöglicht es uns, alles darüber zu erklären, wie zwei Dinge oder Phänomene miteinander verbunden sind. Obwohl ich dies ablehne, halten ihn viele Denkschulen für sehr relevant. Ich für meinen Teil bevorzuge die ''low road'': Ist eine Sache oder ein Phänomen kausal mit einer anderen Sache oder einem anderen Phänomen verbunden; wenn ich das eine wegnehme, wird das andere nicht geschehen. Das bedeutet automatisch, dass ich Kompromisse eingehen muss, wie viel ich von der Welt verstehe. <br />
<br />
Ich schlage vor, dass wir nicht alles verstehen müssen. Unsere Vorfahren haben nicht wirklich verstanden, warum es in einem Gebiet mit vielen Raubtieren zum Tod führen kann, wenn man im Dunkeln ohne Fackel und Waffe - oder besser noch in einer größeren Gruppe - hinausgeht. Es genügte ihnen, zu wissen, dass sie in der Nacht in Sicherheit sein würden. Das genügt mir auch.<br />
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==== Einfache und komplexe Kausalität ====<br />
Versuchen wir, die kausalen Zusammenhänge Schritt für Schritt zu verstehen. Zu diesem Zweck können wir kurz zwei Arten von kausalen Beziehungen unterscheiden.<br />
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Statistische Korrelationen implizieren Kausalität, wenn eine Variable (A) aktiv durch eine Variable (B) getrieben wird. Wenn B weggenommen oder verändert wird, verändert sich auch A oder wird nicht mehr vorhanden. Diese Beziehung gehört zu den am häufigsten bekannten Beziehungen in der Statistik, aber sie hat gewisse Probleme. In erster Linie können zwei Variablen kausal miteinander verbunden sein, aber die Beziehung kann schwach sein. [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23775705 Zink] kann sicherlich gegen die Erkältung helfen, aber es ist nicht garantiert, dass Zink uns heilen wird. Es ist eine schwache kausale Korrelation. <br />
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Zweitens kann eine kausale Beziehung der Variablen A und B mit einer Variablen C und weiteren Variablen D, E, F usw. interagieren. In diesem Fall sprechen viele Menschen von komplexen Beziehungen. Komplexe Beziehungen können kausal sein, aber sie sind dennoch komplex, und [[Agency, Complexity and Emergence (German)|diese Komplexität kann Menschen verwirren]]. Schließlich können statistische Beziehungen durch Bias, Beschränkungen der Stichprobengröße und viele andere Herausforderungen, mit denen die Statistik konfrontiert ist, beeinflusst werden. Diese Herausforderungen sind bekannt, zunehmend untersucht, aber oft nicht lösbar.<br />
<br />
==== Struktur ins Chaos bringen: Normativität und Plausibilität ====<br />
[[File:Black swan.jpg|thumb|right|Schwäne sind vermutlich das bekannte Beispiel für eine Universaltheorie, die durch ein Gegenbeispiel widerlegt werden kann. Sind alle Schwäne wei? Es mag trivial erscheinen, aber der schwarze Schwan repräsentiert [https://www.youtube.com/watch?v=XlFywEtLZ9w Karl Popper's Falsifizierung|, ein wichtiges Prinzip wissenschaftlicher Arbeit.]]<br />
Ausgehend von dem Gedanken, dass unser Verstand umherwandert, um kausale Zusammenhänge zu finden, und dann mit [[Experiments and hypothesis|Experimenten und Hypothesen]] als mächtige Werkzeuge, begannen Wissenschaftler damit, Theorien abzuleiten und zu revidieren, die auf Versuchsanordnungen basierten. Manchmal war es auch umgekehrt, da viele Theorien erst später durch Beobachtung oder wissenschaftliche Experimente bewiesen wurden. Nachdem die Kausalität durch wissenschaftliche Theorien erklärt worden war, entstand eine Kombination, die unter vielen anderen Dingen zu physikalischen Gesetzen, gesellschaftlichen Paradigmen und psychologischen Modellen führte. <br />
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Die Plausibilität begann ihre Herrschaft als ein Schlüsselkriterium der modernen Wissenschaft. Plausibilität bedeutet grundsätzlich, dass Beziehungen nur dann kausal sein können, wenn die Beziehungen nicht nur wahrscheinlich, sondern auch [https://justinhohn.typepad.com/blog/2013/01/milton-friedmans-thermostat-analogy.html vernünftig] sind. Um die Wahrscheinlichkeit kümmert sich die Statistik. Aber es ist der menschliche Verstand, der die Vernunft aus den Daten ableitet, was die Kausalität zu einem zutiefst normativen Akt macht. Kontrafaktische Theorien können später unsere Kausalität widerlegen, weshalb wir keine absolute Wahrheit kennen können, aber wir können uns ihr annähern. Unsere Annahmen können auch später noch falsifiziert werden.<br />
<br />
So weit, so gut. Es ist erwähnenswert, dass Aristoteles einige interessante metaphysische Ansätze zur Kausalität hatte, ebenso wie Buddhisten und Hindus. Wir werden [[Big problems for later| diese hier der Einfachheit halber ignorieren]].<br />
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==== Hume's Kriterien für Kausalität ====<br />
[[File:David Hume.jpg|thumb|300px|left|'''David Hume''']]<br />
Es scheint offensichtlich, aber eine notwendige Bedingung für Kausalität ist die zeitliche Ordnung (Neumann 2014, S.74-78). Zeitliche Kausalketten können als Beziehungen definiert werden, in denen eine Wirkung eine Ursache hat. Ein Ereignis A kann direkt auf eine Handlung B folgen. Mit anderen Worten, A wird durch B verursacht. Wir denken oft, dass wir solche Kausalbeziehungen in einer zeitlichen Kette verwurzelt sehen. Die komplexe Debatte über [https://www.cdc.gov/vaccinesafety/concerns/autism.html Impfungen und Autismus] kann als ein solches Beispiel angesehen werden. Die Impfgegner sind der Meinung, dass der Autismus durch Impfungen verursacht wurde, während Mediziner argumentieren, dass der Ausbruch von Autismus lediglich zur gleichen Zeit stattfand, wie die Impfungen als Teil des notwendigen Schutzes unserer Gesellschaft vorgenommen werden. Der zeitliche Zusammenhang wird in diesem Fall als reiner Zufall angesehen. Viele solcher zeitlichen Beziehungen werden daher angenommen, aber unser Verstand täuscht uns oft, da wir uns täuschen lassen wollen. Wir wollen Ordnung im Chaos, und für viele Menschen ist Kausalität Glückseligkeit. Die Geschichte versucht oft, Kausalitäten zu finden, doch wie einst behauptet wurde, wird die Geschichte von den Siegreichen geschrieben, d.h. sie ist subjektiv. Ein Modell zu haben, das die eigene Realität erklärt - danach suchen viele heute, und eine Art zeitliche Kausalkette zu haben, scheint eine der Sehnsüchte vieler Menschen zu sein. Wissenschaftliche Experimente wurden erfunden, um solche Kausalitäten zu testen, und die menschliche Gesellschaft entwickelte sich. Heute scheint es nahezu unmöglich zu sein, nichts über die Schwerkraft zu wissen - in gewissem Sinne wissen wir das alle, ja - aber die ersten physikalischen Experimente haben uns geholfen, dies zu beweisen. So half uns das wissenschaftliche Experiment, die zeitliche Kausalität zu erforschen, und [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3835968/ medizinische Studien] können als eine der am stärksten vorangetriebenen Fortsetzungen davon angesehen werden.<br />
<br />
Wir können jedoch auf Hume aufbauen, der in seiner Abhandlung über die menschliche Natur die drei unten erwähnten Kriterien benannte. Um seine Worte zu paraphrasieren: Die Kausalität ist in Raum und Zeit zusammenhängend, die Ursache liegt vor der Wirkung, und es besteht eine ständige Verbindung zwischen Ursache und Wirkung. Es lohnt sich, auch die anderen von ihm erwähnten Kriterien zu betrachten.<br />
<br />
1. Hume behauptet, dass die gleiche Ursache immer die gleiche Wirkung hervorruft. In der Statistik weist dies auf das Kriterium der Reproduzierbarkeit hin, das eines der Rückgrate des wissenschaftlichen Experiments ist. Dies mag in Zeiten von Einzelfallstudien als schwierig angesehen werden, unterstreicht aber gleichzeitig, dass der Wert solcher Studien eindeutig relevant, aber nach diesem Kriterium begrenzt ist.<br />
<br />
2. Wenn mehrere Objekte denselben Effekt hervorrufen, muss es darüber hinaus ein verbindendes Kriterium unter ihnen geben, das den Effekt verursacht. Ein gutes Beispiel dafür sind Gewichte auf einer Waage. Mehrere Gewichte können addiert werden, um die gleiche - gegenläufige - Wirkung zu erzielen. Man müsste eine hohe Anzahl von Federn stapeln, um die gleiche Wirkung zu erzielen wie, sagen wir, 50 kg Gewicht (und es wäre bedauerlich für die Vögel). Auch dies ist für die moderne Wissenschaft von großer Bedeutung, da die Suche nach einheitlichen Kriterien bei den Datenmengen, die wir heutzutage oft analysieren, ein Schlüsselziel ist.<br />
<br />
3. Wenn zwei Objekte eine unterschiedliche Wirkung haben, muss es einen Grund geben, der den Unterschied erklärt. Diese dritte Annahme von Hume ist eine direkte Konsequenz aus der zweiten. Was Faktoren vereint, kann wichtig sein, aber ebenso wichtig kann sein, was Faktoren unterscheidet. Dies ist oft der Grund, warum wir glauben, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen zwei Dingen gibt, obwohl es eindeutig keinen gibt. Stellen Sie sich vor, eine böse Person gibt Ihnen koffeinfreien Kaffee, während Sie an Koffein gewöhnt sind. Die Wirkung könnte schwerwiegend sein, und es ist klar, dass das Koffein in dem Kaffee, der Sie aufweckt, diesen Kaffee von dem entkoffeinierten Kaffee unterscheidet. <br />
<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kausalität ein Chaos in unseren Gehirnen ist. '''Wir täuschen uns öfter über die Kausalität, als wir denken, unser Gehirn ist fest verdrahtet, Verbindungen zu finden, und lässt sich oft zur Annahme einer Kausalität verleiten.'''. Gleichermaßen wollen wir oft die Kausalität vernachlässigen, wenn sie eindeutig eine Tatsache ist. Wir irren uns also recht oft. Bleiben Sie im Zweifelsfall bei [https://statisticsbyjim.com/basics/causation/ Hume] und den oben genannten Kriterien. Sich bei der Analyse von Korrelationen auf diese zu verlassen, erfordert am Ende des Tages einfach Übung.<br />
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[[Category:Statistics]]<br />
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The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Causality_and_correlation_(German)&diff=6603Causality and correlation (German)2022-03-23T17:07:20Z<p>Imi: /* Der Aufstieg der Korrelationen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Causality and correlation]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br/><br />
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== Korrelative Zusammenhänge ==<br />
'''Korrelationen können uns sagen, ob zwei Variablen miteinander in Beziehung stehen.''' Eine Korrelation sagt uns jedoch nicht, was sie bedeutet. Dies ist wichtig zu beachten, da viele Korrelationen berechnet werden, aber es liegt an uns, diese Beziehungen zu interpretieren. <br />
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Es liegt potenziell in unserer normativen Kapazität, [[Experiments and Hypothesis Testing|Hypothesen]] abzuleiten, aber es kann auch wirkungsvoll sein, keine Hypothesen abzuleiten und einen rein [[:Category:Inductive|induktiven]] Ansatz für eine Korrelation zu haben. Wir leben in einer Welt der großen Datenmengen, und das in zunehmendem Maße. Es gibt eine Fülle von Informationen, und sie wächst buchstäblich von Minute zu Minute. Während die [[History of Methods|Aufklärung und dann die Moderne]] eine Welt der Wissenschaft auf der Grundlage der Macht der Hypothese aufbauten, war diese Wissenschaft auch begrenzt. Wir wissen heute, dass der mächtige Schritt, eine Hypothese aufzustellen, nur einen Teil des Bildes bietet, und mächtige Erfindungen und Fortschritte kamen durch Induktion. Viele Fortschritte in der Wissenschaft beruhten auf [https://en.wikipedia.org/wiki/Inductive_reasoning#History induktiven Ansätze]. Man denke nur an [https://explorable.com/history-of-antibiotics Antibiotika], deren Entdeckung ein reiner Zufall war. <br />
<br />
Mit der Vorhersagekraft von Korrelationen und dem Aufstieg des [[Machine Learning|maschinellen Lernens]] und den damit verbundenen, viel komplexeren Ansätzen brach eine neue Welt an. Heute basieren Vorhersagen auf einfachen Korrelationen und der Erkennung von Leistungsmustern in der Fülle der Daten, mit denen wir konfrontiert sind. Obwohl ein Großteil der eigentlichen Mathematik sehr viel komplizierter ist, sind [https://www.repricerexpress.com/amazons-algorithm-a9/ Vorschläge prominenter Online-Shops] zu dem, was Sie vielleicht als nächstes kaufen möchten - im Prinzip - ausgefeilte Ausarbeitungen von Korrelationen. Wir verstehen nicht, warum bestimmte Leute, die eine Sache kaufen, auch eine andere Sache kaufen, aber das Aufzeigen dieser Beziehung erhöht den Umsatz. Natürlich ist die Welt komplizierter, und wieder einmal können diese Modelle glücklicherweise nicht alles erklären. Ich weiß selbst, dass ich vor der totalen Vorhersage der Maschinen sicher bin, solange mein [https://medium.com/s/story/spotifys-discover-weekly-how-machine-learning-finds-your-new-music-19a41ab76efe Musikdienst mir vorschlägt,] Oasis - die schlimmste Beleidigung für mich - zu hören. <br />
Dennoch, mit der Vorhersagekraft kommt einmal mehr eine große Verantwortung, und wir werden sehen, wie Korrelationen und ihre Vorhersagekraft es uns ermöglichen werden, mehr Theorien auf der Grundlage unserer induktiven Perspektive auf Daten abzuleiten. Durch die Digitalisierung der Daten ist viel zu lernen, aber es liegt immer noch an uns, die Korrelationen zu interpretieren. Es wird sehr schwer sein, dies einer Maschine beizubringen, daher liegt es in unserer Verantwortung, die Datenanalyse durch Schlussfolgerungen zu interpretieren. <br />
<br />
==== Der Aufstieg der Korrelationen ====<br />
Angetrieben durch die allgemeine Entwicklung der Wissenschaft während der Aufklärung begannen sich die Zahlen anzuhäufen. Die zunehmenden technologischen Möglichkeiten, immer mehr Informationen zu messen, speichern diese Informationen nur langsam, und die Menschen begannen sich zu fragen, ob diese Zahlen zu etwas führen könnten. Die wachsenden Zahlen hatten unterschiedliche Quellen, einige stammten aus der Wissenschaft, wie der [https://en.wikipedia.org/wiki/Least_squares#The_method Astronomie] oder anderen Zweigen der [https://en.wikipedia.org/wiki/Regression_toward_the_mean#History Naturwissenschaften]. Andere prominente Zahlenquellen stammten aus dem Ingenieurwesen, und sogar andere aus der Wirtschaft, zum Beispiel durch die [https://en.wikipedia.org/wiki/Bookkeeping#History doppelte Buchhaltung]. Dank der gemeinsamen Anstrengungen von [https://www.britannica.com/biography/Adrien-Marie-Legendre Adrien-Marie Legendre] und [https://www.britannica.com/biography/Carl-Friedrich-Gauss Carl Friedrich Gauß] bot die Mathematik den ersten Ansatz, eine Datenzeile mit einer anderen in Beziehung zu setzen - die Methode der kleinsten Quadrate.<br />
<br />
'''Wie hängt eine kontinuierliche Variable mit einer anderen zusammen?''' Die Büchse der Pandora wurde geöffnet, und es tauchten Fragen auf. [https://en.wikipedia.org/wiki/Econometrics Ökonomen] waren die ersten, die die [[Regression Analysis|Regressionsanalyse]] in größerem Maßstab einsetzten, indem sie alle möglichen wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren miteinander in Beziehung setzten und so ein immer komplexeres Controlling, Management und vielleicht sogar Verständnis für statistische Zusammenhänge aufbauten. Das [https://www.investopedia.com/terms/g/gdp.asp Bruttoinlandsprodukt] (BIP) wurde für einige Zeit zu einer Art [https://www.nature.com/news/development-time-to-leave-gdp-behind-1.14499 Lieblings-]Spielzeug für viele Ökonom*innen, und Wachstum wurde zu einem Kernziel vieler Analysen, um die Politik zu informieren. Was die Leute im Grunde taten, war die Frage, wie eine Variable mit einer anderen Variable zusammenhängt. <br />
<br />
'''Erhöht eine gute Ernährung die Lebenserwartung?'''<br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.38.48.png|thumb|400px|center|Es gibt eine '''positive Korrelation zwischen Ernährung und Lebenserwartung''' weltweit. Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br/><br />
'''Hängt eine höhere Lebenserwartung mit der landwirtschaftlichen Fläche eines Landes zusammen?'''<br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.51.34.png|thumb|400px|center|Es gibt '''keinen Zusammenhang zwischen Lebenserwartung und der nationalen landwirtschaftlichen Fläche''' Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br/><br />
'''Korreliert ein höheres Einkommen mit höheren CO2-Emissionen?''' <br />
[[File:Bildschirmfoto 2019-10-18 um 10.30.35.png|thumb|400px|center|Es gibt eine '''positive Korrelation zwischen Wohlstand und CO2-Emissionen. Quelle: [https://www.gapminder.org/tools/ gapminder.org]]]<br />
<br />
==== Wichtige Elemente von Korrelationen ====<br />
Es gibt einige zentrale Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung und dem Lesen von Korrelationen. Diese können immer dann von Interesse sein, wenn man den Korrelationskoeffizienten zur Hand hat - zum Beispiel in einer Statistiksoftware - oder wenn man ein Korrelationsdiagramm sieht.<br />
<br />
'''1) Ist die Beziehung zwischen zwei Variablen positiv oder negativ?''' Wenn eine Variable zunimmt und die andere ebenfalls zunimmt, haben wir eine positive ("+") Korrelation. Dies trifft auch zu, wenn beide Variablen abnehmen. Zum Beispiel führt eine größere Körpergröße zu einem signifikanten Anstieg des [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3534609/ Körpergewichts]. Wenn hingegen eine Variable zunimmt und die andere abnimmt, ist die Korrelation negativ ("-"): Zum Beispiel ist die Beziehung zwischen "Pizza gegessen" und "Pizza übrig" negativ. Je mehr Pizzastücke gegessen werden, desto weniger Stücke sind noch da. Diese Richtung der Beziehung sagt viel darüber aus, wie zwei Variablen logisch miteinander verbunden sein könnten. Der normative Wert einer positiven oder negativen Beziehung hat in der Regel starke Implikationen, insbesondere wenn beide Richtungen theoretisch möglich sind. Deshalb ist es wichtig, die Richtung einer korrelativen Beziehung interpretieren zu können. <br />
<br />
'''2) Ist der Korrelationskoeffizient klein oder groß?''' Der Korrelationskoeffizient kann zwischen -1 und +1 liegen und ist ein wichtiges Maß für die Bewertung der Stärke einer statistischen Beziehung. Datenpunkte können in einem [[Correlation_Plots#Scatter_Plot|scatter plot]] stark streuen oder es kann eine eher lineare Beziehung bestehen - und alles dazwischen. Ein Beispiel für eine perfekte positive Korrelation (mit einem Korrelationskoeffizienten ''r'' von +1) ist die Beziehung zwischen der Temperatur in [[To_Rule_And_To_Measure#Celsius_vs_Fahrenheit_vs_Kelvin|Celsius und Fahrenheit]]. Dies sollte nicht überraschen, da Fahrenheit als 32 + 1,8° C definiert ist. Daher ist ihre Beziehung vollkommen linear, was zu einem so starken Korrelationskoeffizienten führt. Wir können also sagen, dass 100 % der Temperaturschwankungen in Fahrenheit durch die Temperatur in Celsius erklärt werden.<br />
<br />
Andererseits kann es vorkommen, dass die Daten zweier Variablen in einem Streudiagramm weit verstreut sind und kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden kann. Der Korrelationskoeffizient ''r'' liegt dann vielleicht bei 0,1 oder 0,2. In diesem Fall kann man davon ausgehen, dass keine starke Beziehung zwischen den beiden Variablen besteht und dass die eine Variable die andere nicht erklärt. <br />
<br />
Je höher der Korrelationskoeffizient einer Beziehung ist, desto mehr Bedeutung haben diese Beziehungen, so könnte man argumentieren. Wenn die Punkte wie Sterne am Himmel verteilt sind, dann ist die Beziehung wahrscheinlich nicht signifikant und interessant. Natürlich ist dies nicht ganz verallgemeinerbar, aber es stimmt auf jeden Fall, dass eine neutrale Beziehung nur aussagt, dass die Beziehung keine Bedeutung hat. Gleichzeitig können auch schwächere Beziehungen wichtige erste Einblicke in die Daten geben, und wenn zwei Variablen irgendeine Art von Beziehung aufweisen, ist es gut, die Stärke zu kennen. Wenn man übt, die Stärke einer Korrelation schnell zu erfassen, wird man sehr schnell in der Lage sein, Beziehungen in Daten zu verstehen. Diese Fähigkeit ist für jeden wichtig, der sich für die Annäherung von Fakten durch quantitative Daten interessiert. <br />
<br />
'''3) Was erklärt die Beziehung zwischen zwei Variablen?''' <br />
Dies ist bereits eine fortgeschrittene Fähigkeit, die eher mit der Regressionsanalyse zusammenhängt. Wenn Sie also die Stärke einer Korrelation und ihre Richtung untersucht haben, sind Sie im Allgemeinen gut gerüstet. Aber manchmal ändern sich diese Maße in verschiedenen Teilen der Daten. <br />
<br />
Um dies zu veranschaulichen, betrachten wir das Beispiel des prozentualen Anteils der in der [https://ourworldindata.org/employment-in-agriculture?source=post_page--------------------------- Landwirtschaft] arbeitenden Menschen in den einzelnen Ländern. Weltweit gibt es bei Menschen mit niedrigem Einkommen (<5000 Dollar/Jahr) eine große Variabilität in Bezug auf die Beschäftigung in der Landwirtschaft: die Hälfte der Bevölkerung des Tschad arbeitet in der Landwirtschaft, während es in Simbabwe nur 10 % sind. Bei einem Einkommen von mehr als 15.000 Dollar/Jahr gibt es jedoch kaum Schwankungen beim Prozentsatz der Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten: er ist immer sehr niedrig. Würde man dies grafisch darstellen, so würde man sehen, dass die Datenpunkte in den unteren x-Werten (mit x als Einkommen) eher breit gestreut sind, in den höheren Einkommensbereichen (= x-Werte) jedoch linearer verteilt sind. Dies hat Gründe, und es gibt wahrscheinlich eine oder mehrere Variablen, die diese Variabilität erklären. Vielleicht gibt es andere Faktoren, die einen stärkeren Einfluss auf den Anteil der Landwirte in den unteren Einkommensgruppen haben als in den höheren Einkommensgruppen, wo das Einkommen ein guter Prädiktor ist. <br />
<br />
Eine Korrelationsanalyse hilft uns, solche Schwankungen in der Datenbeziehung zu erkennen, und wir sollten die Korrelationskoeffizienten und die Richtung der Beziehung für verschiedene Teile der Daten betrachten. Oft gibt es eine stärkere Beziehung in Teilen des Datensatzes und eine schwächere Beziehung in anderen Teilen des Datensatzes. Diese Unterschiede sind wichtig, da sie auf zugrunde liegende Einflussvariablen oder Faktoren hindeuten, die wir noch nicht verstanden haben.<br />
<br />
[[File:Correlation coefficient examples.png|600px|thumb|center|'''Beispiele für unterschiedliche Korrelationskoeffizienten.''' Source: Wikipedia, Kiatdd, CC BY-SA 3.0]]<br />
<br><br />
<br />
<br />
== Kausalität ==<br />
Wie soll man hier Anfang und Ende finden?<br />
<br />
'''Kausalität ist eines der am meisten missbrauchten und missverstandenen Konzepte in der Statistik.''' Dabei ist es der Kern der Tatsache, dass alle Statistiken normativen Charakter haben. Während viele Dinge kausal miteinander verbunden sein können, sind es viele nicht. Das Problem besteht darin, dass wir uns wünschen, dass bestimmte Dinge kausal miteinander verbunden sind, während wir wollen, dass andere Dinge nicht kausal miteinander verbunden sind. Diese Verwirrung hat viele Wurzeln und erstreckt sich über so unbändige Bereiche wie Glauben, Psychologie, Kultur, soziale Konstrukte und so weiter. Kausalität kann alles sein, was an der Statistik gut ist, und sie kann ebenso alles sein, was an der Statistik falsch ist. Mit anderen Worten: Sie kann alles sein, was an uns Menschen gut ist, aber sie kann auch die Ursache für alles sein, was bei uns falsch ist.<br />
<br />
Was ist attraktiv an der Kausalität? Die Menschen suchen nach Erklärungen, und diese ständige Suche ist wahrscheinlich einer der Bausteine unserer Zivilisation. Die Menschen suchen nach Gründen, um Phänomene und Muster zu erklären, oft mit dem Ziel der Vorhersage. Wenn ich einen Kausalzusammenhang verstanden habe, kann ich vielleicht mehr über die Zukunft wissen und davon profitieren, entweder auf diese Zukunft vorbereitet zu sein oder zumindest richtig reagieren zu können. <br />
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Das Problem mit der Kausalität besteht darin, dass sowohl verschiedene Wissenschaftszweige als auch verschiedene philosophische Strömungen unterschiedliche Erklärungen für Kausalität haben, und es gibt eine aufregende Vielfalt von Theorien über Kausalität. Lassen Sie uns das Thema systematisch angehen.<br />
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==== Die ''high road'' und die ''low road of causality'' ====<br />
Nehmen wir den ersten Extremfall: die Theorie, dass Störche die Babys bringen. Offensichtlich ist dies nicht wahr. Einen kausalen Zusammenhang zwischen diesen beiden herzustellen, ist offensichtlich ein Fehler. Nehmen wir nun den anderen Extremfall: Sie fallen eine Treppe hinunter und brechen sich beim Sturz das Bein. Es besteht offensichtlich eine Form des Kausalzusammenhangs zwischen diesen beiden Handlungen, nämlich dass Sie sich beim Sturz die Treppe das Bein gebrochen haben. Dies erfordert jedoch bereits ein gewisses Maß an Abstraktion, einschließlich der Annahme, dass Sie es waren, der die Treppe hinuntergefallen ist, dass Sie Ihr Bein verdreht oder mit genügend Kraft auf eine Treppe geschlagen haben, dass Sie nicht zu schwach waren, um dem Aufprall standzuhalten usw. Es gibt also eine sehr detaillierte Kette von Ereignissen, die sich abspielt, wenn Sie anfangen, das Gleichgewicht zu verlieren, und sich das Bein brechen. Unser Verstand vereinfacht dies in "weil ich die Treppe hinuntergefallen bin, habe ich mir das Bein gebrochen". Natürlich geben wir weder der Person, die die Treppe gebaut hat, noch unseren Eltern die Schuld dafür, dass sie uns in diese Welt gebracht haben, wo wir uns dann das Bein gebrochen haben. Diese Dinge stehen nicht in kausalem Zusammenhang. <br />
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Aber stellen Sie sich nun vor, dass der Bauarbeiter die Treppe nicht richtig konstruiert hat und dass eine Treppe etwas höher ist als die andere. Wir behaupten nun, dass es die Schuld des Bauarbeiters ist. Wie viel höher muss diese eine Treppe jedoch sein, damit wir nicht uns selbst die Schuld geben, sondern dem Bauarbeiter? Sie haben den Punkt verstanden.<br />
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'''Kausalität ist eine Konstruktion, die sich in unserem Kopf abspielt.''' Wir schaffen ein abstraktes Weltbild, und in diesem abstrakten Weltbild entwerfen wir eine Version der Wirklichkeit, die vereinfacht genug ist, um beispielsweise zukünftige Ereignisse zu erklären, aber es ist nicht zu einfach, da wir damit nichts Bestimmtes oder kleinere Gruppen von Ereignissen erklären könnten. <br />
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[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|thumb|left|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious Correlations]]]<br />
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Kausalität ist also eine Abstraktion, die auf [[Why_statistics_matters#Occam.27s_razor|''Occam's Razor'']] folgt, schlage ich vor. Und da wir alle unsere eigene Version von Ockhams Rasiermesser im Kopf haben, sind wir oft anderer Meinung, wenn es um Kausalität geht. Ich glaube, das hängt nur damit zusammen, dass sich bei der Analyse alles auflöst. Wenn wir irgendeinen Zusammenhang zwischen Ereignissen analysieren, dann kann sich auch der kausale Zusammenhang auflösen oder irrelevant werden. Letztendlich ist die Kausalität eine Wahl. <br />
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Nehmen wir das Beispiel von [https://sciencebasedmedicine.org/evidence-in-medicine-correlation-and-causation/ medizinischen Studien], wo die meisten Studien auf einem korrelativen Design aufbauen und testen, wie zum Beispiel die Einnahme von Ibuprofen gegen Erkältung helfen kann. Wenn ich Kopfschmerzen habe und Ibuprofen einnehme, kann es mir in den meisten Fällen helfen. Aber verstehe ich, wie es mir hilft? Ich verstehe vielleicht einige Teile davon, aber auf zellulärer Ebene verstehe ich es nicht wirklich. Es gibt wieder eine gewisse Abstraktionsebene.<br />
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Was jetzt für die Kausalität am relevantesten ist, ist die bloße Tatsache, dass eine Sache durch eine andere Sache erklärt werden kann. Wir müssen nicht alles in allen Einzelheiten verstehen, und ich habe oben bereits gesagt, dass dies letztlich sehr schwer für uns wäre. Stattdessen müssen wir verstehen, ob das Wegnehmen der einen Sache verhindert, dass die andere Sache geschieht. Wenn ich nicht die Treppe hinuntergegangen wäre, hätte ich mir nicht das Bein gebrochen. <br />
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Seit Aristoteles und seiner Frage "Was ist seine Natur?" nervt uns die Knappheit der wahren Kausalität oder tiefen Kausalität. Ich schlage vor, dass es eine '''high road of causality''' und eine '''low road of causality''' gibt. Die ''high road'' ermöglicht es uns, alles darüber zu erklären, wie zwei Dinge oder Phänomene miteinander verbunden sind. Obwohl ich dies ablehne, halten ihn viele Denkschulen für sehr relevant. Ich für meinen Teil bevorzuge die ''low road'': Ist eine Sache oder ein Phänomen kausal mit einer anderen Sache oder einem anderen Phänomen verbunden; wenn ich das eine wegnehme, wird das andere nicht geschehen. Das bedeutet automatisch, dass ich Kompromisse eingehen muss, wie viel ich von der Welt verstehe. <br />
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Ich schlage vor, dass wir nicht alles verstehen müssen. Unsere Vorfahren haben nicht wirklich verstanden, warum es in einem Gebiet mit vielen Raubtieren zum Tod führen kann, wenn man im Dunkeln ohne Fackel und Waffe - oder besser noch in einer größeren Gruppe - hinausgeht. Es genügte ihnen, zu wissen, dass sie in der Nacht in Sicherheit sein würden. Das genügt mir auch.<br />
<br />
==== Einfache und komplexe Kausalität ====<br />
Versuchen wir, die kausalen Zusammenhänge Schritt für Schritt zu verstehen. Zu diesem Zweck können wir kurz zwei Arten von kausalen Beziehungen unterscheiden.<br />
<br />
Statistische Korrelationen implizieren Kausalität, wenn eine Variable (A) aktiv durch eine Variable (B) getrieben wird. Wenn B weggenommen oder verändert wird, verändert sich auch A oder wird nicht mehr vorhanden. Diese Beziehung gehört zu den am häufigsten bekannten Beziehungen in der Statistik, aber sie hat gewisse Probleme. In erster Linie können zwei Variablen kausal miteinander verbunden sein, aber die Beziehung kann schwach sein. [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23775705 Zink] kann sicherlich gegen die Erkältung helfen, aber es ist nicht garantiert, dass Zink uns heilen wird. Es ist eine schwache kausale Korrelation. <br />
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Zweitens kann eine kausale Beziehung der Variablen A und B mit einer Variablen C und weiteren Variablen D, E, F usw. interagieren. In diesem Fall sprechen viele Menschen von komplexen Beziehungen. Komplexe Beziehungen können kausal sein, aber sie sind dennoch komplex, und [[Agency, Complexity and Emergence (German)|diese Komplexität kann Menschen verwirren]]. Schließlich können statistische Beziehungen durch Bias, Beschränkungen der Stichprobengröße und viele andere Herausforderungen, mit denen die Statistik konfrontiert ist, beeinflusst werden. Diese Herausforderungen sind bekannt, zunehmend untersucht, aber oft nicht lösbar.<br />
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==== Struktur ins Chaos bringen: Normativität und Plausibilität ====<br />
[[File:Black swan.jpg|thumb|right|Schwäne sind vermutlich das bekannte Beispiel für eine Universaltheorie, die durch ein Gegenbeispiel widerlegt werden kann. Sind alle Schwäne wei? Es mag trivial erscheinen, aber der schwarze Schwan repräsentiert [https://www.youtube.com/watch?v=XlFywEtLZ9w Karl Popper's Falsifizierung|, ein wichtiges Prinzip wissenschaftlicher Arbeit.]]<br />
Ausgehend von dem Gedanken, dass unser Verstand umherwandert, um kausale Zusammenhänge zu finden, und dann mit [[Experiments and hypothesis|Experimenten und Hypothesen]] als mächtige Werkzeuge, begannen Wissenschaftler damit, Theorien abzuleiten und zu revidieren, die auf Versuchsanordnungen basierten. Manchmal war es auch umgekehrt, da viele Theorien erst später durch Beobachtung oder wissenschaftliche Experimente bewiesen wurden. Nachdem die Kausalität durch wissenschaftliche Theorien erklärt worden war, entstand eine Kombination, die unter vielen anderen Dingen zu physikalischen Gesetzen, gesellschaftlichen Paradigmen und psychologischen Modellen führte. <br />
<br />
Die Plausibilität begann ihre Herrschaft als ein Schlüsselkriterium der modernen Wissenschaft. Plausibilität bedeutet grundsätzlich, dass Beziehungen nur dann kausal sein können, wenn die Beziehungen nicht nur wahrscheinlich, sondern auch [https://justinhohn.typepad.com/blog/2013/01/milton-friedmans-thermostat-analogy.html vernünftig] sind. Um die Wahrscheinlichkeit kümmert sich die Statistik. Aber es ist der menschliche Verstand, der die Vernunft aus den Daten ableitet, was die Kausalität zu einem zutiefst normativen Akt macht. Kontrafaktische Theorien können später unsere Kausalität widerlegen, weshalb wir keine absolute Wahrheit kennen können, aber wir können uns ihr annähern. Unsere Annahmen können auch später noch falsifiziert werden.<br />
<br />
So weit, so gut. Es ist erwähnenswert, dass Aristoteles einige interessante metaphysische Ansätze zur Kausalität hatte, ebenso wie Buddhisten und Hindus. Wir werden [[Big problems for later| diese hier der Einfachheit halber ignorieren]].<br />
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==== Hume's Kriterien für Kausalität ====<br />
[[File:David Hume.jpg|thumb|300px|left|'''David Hume''']]<br />
Es scheint offensichtlich, aber eine notwendige Bedingung für Kausalität ist die zeitliche Ordnung (Neumann 2014, S.74-78). Zeitliche Kausalketten können als Beziehungen definiert werden, in denen eine Wirkung eine Ursache hat. Ein Ereignis A kann direkt auf eine Handlung B folgen. Mit anderen Worten, A wird durch B verursacht. Wir denken oft, dass wir solche Kausalbeziehungen in einer zeitlichen Kette verwurzelt sehen. Die komplexe Debatte über [https://www.cdc.gov/vaccinesafety/concerns/autism.html Impfungen und Autismus] kann als ein solches Beispiel angesehen werden. Die Impfgegner sind der Meinung, dass der Autismus durch Impfungen verursacht wurde, während Mediziner argumentieren, dass der Ausbruch von Autismus lediglich zur gleichen Zeit stattfand, wie die Impfungen als Teil des notwendigen Schutzes unserer Gesellschaft vorgenommen werden. Der zeitliche Zusammenhang wird in diesem Fall als reiner Zufall angesehen. Viele solcher zeitlichen Beziehungen werden daher angenommen, aber unser Verstand täuscht uns oft, da wir uns täuschen lassen wollen. Wir wollen Ordnung im Chaos, und für viele Menschen ist Kausalität Glückseligkeit. Die Geschichte versucht oft, Kausalitäten zu finden, doch wie einst behauptet wurde, wird die Geschichte von den Siegreichen geschrieben, d.h. sie ist subjektiv. Ein Modell zu haben, das die eigene Realität erklärt - danach suchen viele heute, und eine Art zeitliche Kausalkette zu haben, scheint eine der Sehnsüchte vieler Menschen zu sein. Wissenschaftliche Experimente wurden erfunden, um solche Kausalitäten zu testen, und die menschliche Gesellschaft entwickelte sich. Heute scheint es nahezu unmöglich zu sein, nichts über die Schwerkraft zu wissen - in gewissem Sinne wissen wir das alle, ja - aber die ersten physikalischen Experimente haben uns geholfen, dies zu beweisen. So half uns das wissenschaftliche Experiment, die zeitliche Kausalität zu erforschen, und [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3835968/ medizinische Studien] können als eine der am stärksten vorangetriebenen Fortsetzungen davon angesehen werden.<br />
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Wir können jedoch auf Hume aufbauen, der in seiner Abhandlung über die menschliche Natur die drei unten erwähnten Kriterien benannte. Um seine Worte zu paraphrasieren: Die Kausalität ist in Raum und Zeit zusammenhängend, die Ursache liegt vor der Wirkung, und es besteht eine ständige Verbindung zwischen Ursache und Wirkung. Es lohnt sich, auch die anderen von ihm erwähnten Kriterien zu betrachten.<br />
<br />
1. Hume behauptet, dass die gleiche Ursache immer die gleiche Wirkung hervorruft. In der Statistik weist dies auf das Kriterium der Reproduzierbarkeit hin, das eines der Rückgrate des wissenschaftlichen Experiments ist. Dies mag in Zeiten von Einzelfallstudien als schwierig angesehen werden, unterstreicht aber gleichzeitig, dass der Wert solcher Studien eindeutig relevant, aber nach diesem Kriterium begrenzt ist.<br />
<br />
2. Wenn mehrere Objekte denselben Effekt hervorrufen, muss es darüber hinaus ein verbindendes Kriterium unter ihnen geben, das den Effekt verursacht. Ein gutes Beispiel dafür sind Gewichte auf einer Waage. Mehrere Gewichte können addiert werden, um die gleiche - gegenläufige - Wirkung zu erzielen. Man müsste eine hohe Anzahl von Federn stapeln, um die gleiche Wirkung zu erzielen wie, sagen wir, 50 kg Gewicht (und es wäre bedauerlich für die Vögel). Auch dies ist für die moderne Wissenschaft von großer Bedeutung, da die Suche nach einheitlichen Kriterien bei den Datenmengen, die wir heutzutage oft analysieren, ein Schlüsselziel ist.<br />
<br />
3. Wenn zwei Objekte eine unterschiedliche Wirkung haben, muss es einen Grund geben, der den Unterschied erklärt. Diese dritte Annahme von Hume ist eine direkte Konsequenz aus der zweiten. Was Faktoren vereint, kann wichtig sein, aber ebenso wichtig kann sein, was Faktoren unterscheidet. Dies ist oft der Grund, warum wir glauben, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen zwei Dingen gibt, obwohl es eindeutig keinen gibt. Stellen Sie sich vor, eine böse Person gibt Ihnen koffeinfreien Kaffee, während Sie an Koffein gewöhnt sind. Die Wirkung könnte schwerwiegend sein, und es ist klar, dass das Koffein in dem Kaffee, der Sie aufweckt, diesen Kaffee von dem entkoffeinierten Kaffee unterscheidet. <br />
<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kausalität ein Chaos in unseren Gehirnen ist. '''Wir täuschen uns öfter über die Kausalität, als wir denken, unser Gehirn ist fest verdrahtet, Verbindungen zu finden, und lässt sich oft zur Annahme einer Kausalität verleiten.'''. Gleichermaßen wollen wir oft die Kausalität vernachlässigen, wenn sie eindeutig eine Tatsache ist. Wir irren uns also recht oft. Bleiben Sie im Zweifelsfall bei [https://statisticsbyjim.com/basics/causation/ Hume] und den oben genannten Kriterien. Sich bei der Analyse von Korrelationen auf diese zu verlassen, erfordert am Ende des Tages einfach Übung.<br />
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[[Category:Statistics]]<br />
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The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=6531History of Methods (German)2022-02-28T22:48:43Z<p>Imi: /* Internet und Computer - Die neue Wissenschaft der Vernetzung */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
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'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
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==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren Kulturen übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den Veden, der Zhou-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wird. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des Herodot geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die Veden und der Pali-Kanon von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist. Ebenso nutzten viele östliche Reiche Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Maß der Regierungsführung und viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch den Islam als bemerkenswerte Elemente des Wandels gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch durch das Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen unterstreicht, das solche Charaktere ermöglichte, aber immer noch zu weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt ist, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen der [[Normativity of Methods|Normativität der Methoden]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
<br />
Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für Hypothesentests im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das werde ich sicher nicht hier tun]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete, und es entsteht immer mehr Wissen, um dieses Paradigma zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die Kritische Theorie kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und Kulturen in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Befragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne einer kritischen Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und Satelliten und die Anerkennung von [https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth 'Raumschiff Erde'] erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und Kuhn verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forscher*innen in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher*innen heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher*innen ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=6530History of Methods (German)2022-02-28T22:44:44Z<p>Imi: /* Aufklärung - Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
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'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
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==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren Kulturen übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den Veden, der Zhou-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wird. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des Herodot geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die Veden und der Pali-Kanon von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist. Ebenso nutzten viele östliche Reiche Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Maß der Regierungsführung und viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch den Islam als bemerkenswerte Elemente des Wandels gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch durch das Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen unterstreicht, das solche Charaktere ermöglichte, aber immer noch zu weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt ist, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen der [[Normativity of Methods|Normativität der Methoden]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
<br />
Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für Hypothesentests im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler*innen in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
<br />
[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das werde ich sicher nicht hier tun]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete, und es entsteht immer mehr Wissen, um dieses Paradigma zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die Kritische Theorie kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und Kulturen in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Befragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne einer kritischen Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und Satelliten und die Anerkennung von [https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth 'Raumschiff Erde'] erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und Kuhn verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forschern in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
----<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=6529History of Methods (German)2022-02-28T22:30:37Z<p>Imi: /* Vor der Aufklärung - Messen und Lösen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren Kulturen übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den Veden, der Zhou-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
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[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wird. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des Herodot geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
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Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die Veden und der Pali-Kanon von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist. Ebenso nutzten viele östliche Reiche Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Maß der Regierungsführung und viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
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Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch den Islam als bemerkenswerte Elemente des Wandels gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch durch das Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
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Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen unterstreicht, das solche Charaktere ermöglichte, aber immer noch zu weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt ist, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
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==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
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'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche (Gewalt-)Herrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen der [[Normativity of Methods|Normativität der Methoden]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
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[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
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Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler*innen alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
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[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
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Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
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==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für Hypothesentests im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
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[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das werde ich sicher nicht hier tun]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete, und es entsteht immer mehr Wissen, um dieses Paradigma zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
<br />
==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die Kritische Theorie kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und Kulturen in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
<br />
Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Befragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne einer kritischen Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und Satelliten und die Anerkennung von [https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth 'Raumschiff Erde'] erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und Kuhn verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
<br />
==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
<br />
Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forschern in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
<br />
== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=History_of_Methods_(German)&diff=6528History of Methods (German)2022-02-28T22:26:35Z<p>Imi: /* Antike - Beobachten und Verstehen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[History of Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag bietet einen Überblick über die Geschichte der wissenschaftlichen Methodik im Wandel der Zeitalter. Woher kam die Wissenschaft und welche Einflüsse und Veränderungen gab es bis heute?<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
==== Antike - ''Beobachten und Verstehen'' ====<br />
'''Mit dem Aufkommen der Sprache und viel später mit der Erfindung der Schrift wurden wir Zeug*innen des Anbeginns der menschlichen Zivilisation.''' Die schriftliche Vermittlung von Erfahrungen und Wissen gilt als einer der wichtigsten Schritte hin zur Bildung von Gesellschaften. Als wir von Jäger*innen und Sammler*innen zu größeren und komplexeren Kulturen übergingen, die in Städten lebten, erlaubte ein Überschuss in der Nahrungsmittelproduktion einigen privilegierten Menschen, sich mit anderen Zielen als der bloßen Sicherung ihres täglichen Überlebens zu beschäftigen. Dies führte zum Aufblühen früher Kulturen auf der ganzen Welt, viele davon mit enormen Entwicklungen in Landwirtschaft, Technik und Architektur. Der Aufstieg der städtischen Kulturen in Ost und West führte zu einer neuen Forschungsrichtung und letztlich auch zu einer neuen Denkweise, vor allem in Zivilisationen wie den Veden, der Zhou-Periode, der frühen persischen Kultur und - im Westen oft am meisten anerkannt - im antiken Griechenland. <br />
<br />
[[File:1200px-Aristotle_Altemps_Inv8575.jpg|300px|thumb|'''Aristoteles (384 - 322 v. Chr.).''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Aristoteles Wikipedia]]]<br />
Griechenland steht oft im Mittelpunkt, weil wir es als Geburtsort der modernen Demokratie betrachten, obwohl nur eine kleine privilegierte Elite tatsächlich als Bürger*innen betrachtet wird. Obwohl diese Privilegierten nur wenige waren, verdanken wir [https://plato.stanford.edu/entries/aristotle-politics/ Aristotle], [https://plato.stanford.edu/entries/socrates/ Socrates] und [https://plato.stanford.edu/entries/plato/ Plato] und vielen anderen die Gründung der westlichen Philosophie. '''Empirische Forschung belastete das Denken noch nicht, daher war ein Großteil des Denkens der griechischen Philosophie erhaben, aber frei von der Last der Untersuchung der realen Welt.''' Es gab Verbindungen zwischen philosophischem Denken und der realen Welt - Sie erinnern sich vielleicht an [https://plato.stanford.edu/entries/pythagoras/ Pythagoras] aus der Schulzeit - doch viel später würden Philosophie und der Rest der Wissenschaft in hohem Maße voneinander getrennt sein. Frühe Berichte wie die Schriften des Herodot geben Zeugnis von der Geschichte dieses Zeitalters und stellen einen der frühesten Berichte über eine systematische Beschreibung von Geographie und Kultur dar. Die frühe Mathematik ebnete den Weg für grundlegendere Ansätze, und [[Survey|Umfragen]] waren damals ein üblicher Teil der Staatsführung. Daher wurden bereits viele Ansätze, die wir als wissenschaftliche Methoden betrachten würden, genutzt, jedoch weniger für wissenschaftliche Untersuchungen als vielmehr für einen direkten Nutzen, der nicht unbedingt mit der wissenschaftlichen Wissensproduktion verbunden war.<br />
<br />
Östliche Kulturen hatten oft eine vergleichsweise frühe Entwicklung von Philosophien, wobei das Werk des [https://plato.stanford.edu/entries/confucius/ Confuzius] sowie die Veden und der Pali-Kanon von einem kontinuierlichen kulturellen Einfluss zeugen, der mit der griechischen Philosophie im Westen vergleichbar ist. Ebenso nutzten viele östliche Reiche Methoden wie Volkszählung und Vermessung als Maß der Regierungsführung und viele andere bemerkenswerte Ansätze, die später zur Herausbildung wissenschaftlicher Methoden beitragen sollten. '''Das Recht war ein frühes Zeugnis für die Notwendigkeit von Regeln und Normen in menschlichen Gesellschaften.''' Folglich kann [[Legal Research|Rechtsforschung]] als eine der frühesten Formen der Untersuchung angesehen werden, die systematische Untersuchungen und Analysen direkt in die reale Welt übertrug.<br />
<br />
Zwischen der Antike und dem Mittelalter klafft eine etwas verschwommene Lücke, wobei der Fall des Römischen Reiches im Westen, die Expansion des Mongolischen Reiches im Osten und die Besetzung eines großen Teils Indiens durch den Islam als bemerkenswerte Elemente des Wandels gelten. All dies löste nicht nur einen enormen kulturellen Wandel aus, sondern, was noch wichtiger ist, einen zunehmenden Austausch, der zu Gedankenschulen führte, die durch das Schreiben und oft auch durch das Denken immer enger miteinander verbunden wurden. '''Die Logik ist ein Beispiel für einen Zweig der Philosophie, der die Alten (Platon, Konfuzius, [https://plato.stanford.edu/entries/buddha/theBuddha Buddha]) mit der Philosophie der Aufklärung verband.''' Dies war im Mittelalter eine wichtige Voraussetzung für eine systematische Denkweise, die u.a. pragmatische, analytische und skeptische Ansätze auslöste oder weiterentwickelte. Die Logik als Teil der Philosophie bildete die Grundlage für eine klare Begriffsbildung und Rhetorik in der Forschung, die später im Hinblick auf die Rationalität noch an Bedeutung gewinnen sollte. Das frühe Bedürfnis nach einer klaren Formulierung war also tief in der Philosophie verwurzelt, was die Bedeutung dieses Bereichs bis heute verdeutlicht. <br />
<br />
Viele konkrete Schritte brachten uns der konkreten Anwendung wissenschaftlicher Methoden näher, darunter - insbesondere - der Ansatz des kontrollierten Testens durch den arabischen Mathematiker und Astronomen [https://www.britannica.com/biography/Ibn-al-Haytham Alhazen (a.k.a. Ibn al-Haytham]). Aus der Mathematik der Antike hervorgegangen und diese mit der allgemein aufkommenden Erforschung der Physik verbindend, war Alhazen der erste, der [[Field experiments|Versuchsbedingungen]] in einem systematischen Sinne manipulierte und damit den Weg zu der wissenschaftlichen Methode ebnete, die Jahrhunderte später aufkommen sollte. Alhazen ist auch deshalb relevant, weil er als Universalgelehrter betrachtet werden kann, was den Aufstieg von mehr Wissen unterstreicht, das solche Charaktere ermöglichte, aber immer noch zu weit von der wahren Bildung des vielfältigen Kanons der [[Design Criteria of Methods|Designkriterien für Methoden]] wissenschaftlichen Disziplinen entfernt ist, die ihn wahrscheinlich als Experten auf dem einen oder anderen Gebiet begrüßt hätten. Natürlich steht Alhazen hier nur als einer von vielen, die den Aufstieg der Wissenschaft über '''die islamische Welt im Mittelalter, die als Wiege der westlichen Wissenschaft angesehen werden kann, und auch als eine Kontinuität von den Eskapaden, als in Europa viel vom unmittelbaren griechischen und römischen Erbe verloren ging''.<br />
<br />
==== Vor der Aufklärung - ''Messen und Lösen'' ====<br />
[[File:Normal_Mercator_map_85deg.jpg|thumb|300px|left|'''Die Mercator-Weltkarte.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Mercator-Projektion Wikipedia]]] <br />
<br />
'''Ein weiterer Durchbruch, der auch in der Geometrie wurzelte, war die Erstellung von frühen Handelskarten.''' Während viele europäische Karten zwar detailliert, aber sicher nicht maßstabsgetreu waren (Ebstorfer Weltkarte), ermöglichten frühe Karten dennoch einen überregionalen Handel. Der wirkliche Durchbruch war die [[Geographical Information Systems|Mercator-Karte]], die - beschränkt auf das damalige Wissen - die erste Karte war, die eine klare Navigation über die Ozeane ermöglichte und damit Kolonialismus und westliche Herrschaft und Weltherrschaft ermöglichte. Dies ist insofern von hoher methodischer Relevanz, als man argumentieren kann, dass der Überschuss aus den Kolonien und fernen Ländern eine der Haupttriebkräfte für das Gedeihen der europäischen Kolonialherren, ihrer Wirtschaft und damit auch ihrer Wissenschaft war. Es kann eine direkte Verbindung zwischen der [[Normativity of Methods|Normativität der Methoden]], die durch den Kolonialismus verstärkt wurde, und dem Gedeihen der westlichen Wissenschaft, einschließlich der Entwicklung wissenschaftlicher Methoden, hergestellt werden.<br />
<br />
[[File:printing-press-2.jpg|300px|thumb|left|''' Die Erfindung des Buchdrucks'''. Quelle: [[https://www.ecosia.org/images?q=history.com+printing+press#id=9035447589536EF73753D35837F1AE4C604B80A1 history.com]]]] <br />
<br />
Mit einer steigenden Zahl von Texten, die durch die [https://www.britannica.com/biography/Johannes-Gutenberg Erfindung des Buchdrucks] verfügbar wurden, war die seit langem bekannte Methode der [[Hermeneutics|Hermeneutik]], die eine tiefe und systematische Analyse der Schrift ermöglichte, eine der ersten Methoden, die sich entwickelte. Es kann eine Verbindung zu Übersetzungen und Interpretationen der Bibel hergestellt werden, und viele andere religiöse Diskurse unterscheiden sich in der Tat nicht von einer tiefen Textanalyse und der Ableitung von Interpretationen. Die Hermeneutik geht eindeutig einen Schritt weiter und ist daher eine der frühesten und bis heute wichtigsten wissenschaftlichen Methoden. [[Thought experiments|Gedankenexperimente]] waren eine weitere Denkrichtung, die sich schneller herauszubilden begann. Indem sie sich auf "Was-wäre-wenn"-Fragen konzentrierten, betrachteten die Wissenschaftler alle möglichen Fragen, um sogar Muster in Naturgesetzen abzuleiten ([https://plato.stanford.edu/entries/galileo/ Galileo]) und richteten ihren Blick auch in die Zukunft. Gedankenexperimente waren seit der Antike auf informelle Weise bekannt, doch im Mittelalter wurden diese Annahmen zum Auslöser, vieles von dem, was angeblich bekannt war, in Frage zu stellen. Durch Experimente wurden sie zu frühen Ansatzpunkten für spätere systematischere Experimente. <br />
<br />
[[File:Somer_Francis_Bacon.jpg|thumb|300px|'''Francis Bacon.''' Quelle: [https://de.wikipedia.org/wiki/Francis_Bacon Wikipedia]]] <br />
<br />
Es war [https://plato.stanford.edu/entries/francis-bacon/ Francis Bacon], der sich letztlich aus dieser Dominanz des Denkens herausbewegte und die Bedeutung der empirischen Untersuchung einforderte. '''Indem wir die Natur und ihre Phänomene beobachten, sind wir in der Lage, Schlussfolgerungen aus dem Besonderen abzuleiten.''' Bacon wird daher oft als der Vater der "wissenschaftlichen Methode" bezeichnet, ein völlig irreführender Begriff, da es viele wissenschaftliche Methoden gibt. Der Empirismus, d.h. die empirische Untersuchung von Phänomenen und die Ableitung von Ergebnissen oder gar Regeln, löste jedoch eine wissenschaftliche Revolution, aber auch eine Spezialisierung verschiedener Wissenschaftszweige aus. Während Leonardo da Vinci (1452-1519) noch vor weniger als einem Jahrhundert ein Universalgelehrter gewesen war, löste Bacon (1561-1626) eine Zunahme der empirischen Untersuchung aus, die zu einer tieferen Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen führte. Viele andere trugen zu dieser Entwicklung bei: [https://plato.stanford.edu/entries/locke/ Locke] behauptete, dass menschliches Wissen auf Erfahrung aufbaut, und [https://plato.stanford.edu/entries/hume/ Hume] trieb dies in die Skepsis und zog alles in Zweifel, was in Glauben oder Dogmen wurzelt. Indem die Wissenschaft langjähriges Wissen in Frage stellte, trat sie - unter anderem - die Tür zu Gott selbst ein, ein Umstand, der zu groß ist, um hier in irgendeiner Weise dargestellt zu werden. Wichtig ist jedoch, dass - ausgehend von der vorangegangenen Epoche der unterschiedlichen Zugänge zum Wissen - durch die Kombination von Empirie auf der einen Seite und den damit verbundenen philosophischen Entwicklungen auf der anderen Seite - das Zeitalter der Vernunft angebrochen war.<br />
[[File:Timeline of methods V2.jpg|600px|frame|center|'''Eine Zeitlinie wichtiger wissenschaftlicher Durchbrüche.''' Quelle: eigene Darstellung]]<br />
<br />
==== Aufklärung - ''Wege zu wissenschaftlichen Disziplinen'' ====<br />
Das Zeitalter der Vernunft hat - neben vielen anderen Veränderungen - die Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplinen viel weiter vorangetrieben als je zuvor. Wissenschaftliche Forschung wurde durch einen zunehmenden Zustrom von Ressourcen aus den Kolonien ermöglicht, und Biologie, Medizin, Mathematik, Astronomie, Physik und vieles mehr gediehen. '''Frühe Untersuchungen in diesen Disziplinen gab es oft schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, aber jetzt wurde das Wissen in einem exponentiellen Tempo erforscht.''' Vieles davon war anfangs beschreibend, auch das, was man heute als Naturgeschichte bezeichnen würde. Doch die frühen Untersuchungen zur systematischen Bestimmung und Differenzierung von Organismen ([https://www.britannica.com/biography/Carolus-Linnaeus Linné]) legten den Grundstein für viele andere Konzepte. Wieder waren es die Kolonien, die einen Überschuss auslösten, diesmal an Grundlagenmaterial, um mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Schließlich wäre die Darwin'sche Theorie ohne Exemplare von seinen Reisen nicht möglich gewesen. Während einige auf diese Weise in die Natur blickten, untersuchten andere Wissenschaftszweige die Gesellschaft, und in der Medizin wurden die ersten wirklich systematischen Fallstudien entworfen. Daher gingen wir von Experimenten als Beobachtungsmittel zu [[Experiments|experimentelle Untersuchung]] über und ebneten damit den Weg für Hypothesentests im 20. Jahrhundert. Dies erforderte die Prüfung der Beobachtungsergebnisse, ein Phänomen, das die Wissenschaftler in der Astronomie gleichermaßen herausforderte. Dort erkannte man, genau wie bei den Experimenten, dass es, obwohl sie versuchten, sorgfältig zu sein und die neuesten verfügbaren optischen Hilfsmittel zu verwenden, immer noch einen Fehler geben konnte, der abgeschätzt werden musste. Dies stellte eine echte Anwendungsmöglichkeit für die Statistik dar und führte zum Aufstieg [[Category:Quantitative|quantitativer]] Methoden.<br />
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[[File:860-header-explainer-correlationchart.jpg|500px|left|thumb|'''Korrelationen können täuschen.''' Quelle: [http://www.tylervigen.com/spurious-correlations Spurious correlations]]] <br />
Wahrscheinlichkeit war das zugrunde liegende Kernprinzip, oder mit anderen Worten, die statistische Antwort auf die Frage, ob etwas wirklich zufällig war oder ob es einen statistischen Zusammenhang gab. Unter den wachsenden Volkswirtschaften tauchten immer mehr Zahlen auf, und aufbauend auf der niederländischen Lösung der doppelten Buchführung stellte sich die Frage, ob in den Daten Muster zu finden waren. Konnte das Ernteergebnis der Baumwolle ihren Marktwert später im Jahr vorhersagen? Und würden Ernteausfälle eindeutig mit Hungersnöten in Zusammenhang stehen, oder könnte dies kompensiert werden? '''Statistische [[Correlations|Korrelationen]] waren in der Lage, sich auf Variablen zu beziehen und herauszufinden, ob die eine mit der anderen in Beziehung steht oder ob die beiden nicht miteinander verbunden sind.''' Dies löste einen heftigen Wechsel des Utilitarismus von der Philosophie in die Wirtschaft aus, die bis heute zu den Kerndisziplinen gehört. Über die Berechnung von Utilitarismus lässt sich viel sagen, [[Big problems for later|aber das werde ich sicher nicht hier tun]]. In der Wissenschaft wuchsen überall gelehrte Akademien, und die Universitäten blühten auf, auch wegen des wirtschaftlichen Paradigmas einer wachstums- und konsumorientierten Grundlinie, die sich herausbildete, und es entsteht immer mehr Wissen, um dieses Paradigma zu kritisieren und in Frage zu stellen. Dies löste das oft als Zeitalter der Reflexion bezeichnete Zeitalter aus, in dem die Empirie im Grunde ungezähmt wurde und die Tiefe der Untersuchung zu Disziplinen führte, die sich in noch tieferen Teildisziplinen zu verankern begannen. Die Auswirkungen auf die Gesellschaften waren schwerwiegend. Mechanisierung, neue Ansätze in der Landwirtschaft, der Aufstieg der modernen Medizin, eine immer raffiniertere Biologie und die Entwicklungen in der Chemie zeugen davon, dass die physische Welt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geriet. Die allgemeinen Linien des philosophischen Denkens - Vernunft, Gesellschaftsvertrag und Utilitarismus - lösten sich teilweise von der Philosophie ab und entwickelten sich auf Gedeih und Verderb zu eigenständigen Disziplinen wie Psychologie, Sozialwissenschaft, Politikwissenschaft, Kulturwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften. Wir beobachten also eine Abweichung der empirischen Wissenschaften von der zuvor allumfassenden Philosophie. Der Empirismus war also auf dem Vormarsch, und mit ihm eine ausgeprägte Verschiebung in Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
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==== Nach den Kriegen - ''Der Aufstieg von [[Agency, Complexity and Emergence|Agency]]'' ====<br />
Aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und anderen Entwicklungen entstand fast konsequenterweise ein Kontrapunkt. Dieser wurzelte bereits in [https://plato.stanford.edu/entries/kant-reason/ Kant] und seiner Annahme der Priorität der Vernunft, und [https://plato.stanford.edu/entries/marx/ Marx] machte einen entscheidenden Schritt hin zu einer kritischen Perspektive. Er entwickelte die Philosophie von einer Untersuchung der Weltbilder hin zu einer Agenda zur Schaffung von Veränderungen, die sich hauptsächlich auf das Wirtschaftssystem konzentrierte. '''All dies kaskadierte in die gewaltigen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, die fast zu viel sind, um sie zu begreifen.''' Es könnte jedoch der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe der beiden Weltkriege, die Anerkennung der Ungleichheiten des Kolonialsystems und die Konzentration auf die Ungerechtigkeiten mit Emanzipation, Diskriminierung und Rassismus verbunden ist. Die Kritische Theorie kann als eine richtungsweisende Entwicklung angesehen werden, bei der die Strukturen und Bedingungen von Gesellschaften und Kulturen in den Mittelpunkt gerückt werden.<br />
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Dies löste zwei allgemeine Entwicklungen aus. Erstens gab es eine allgemeine und notwendige Zunahme der Befragung von Gesellschaft und Wissenschaft im Sinne einer kritischen Theorie, die zumindest bis zur Lösung dieser Probleme eine zentrale Rolle spielen muss. Zweitens löste die kritische Perspektive eine Anerkennung der Notwendigkeit aus, die Schaffung von Wissen zu differenzieren, was letztlich zu schwerwiegenden methodischen Entwicklungen führte, die Menschen tiefer in den methodischen Fokus zu rücken ([[Open Interview|Interviews]], [[Delphi]], [[Ethnography|Ethnographie]]). Die steigende Zahl der Ansätze in der Statistik führte zu immer mehr Disziplinen (Sozialwissenschaft, Ökologie, Psychologie) und Teildisziplinen. Ein prominentes Beispiel ist die Psychologie, die die [[ANOVA]] als Hauptanalysewerkzeug für das psychologische Experiment verwendete. In den 1960er Jahren erwiesen sich Interviews als eines der Hauptinstrumente für tiefe soziale Untersuchungen. Die [[Scenario Planning|Szenarioplanung]] ermöglichte die systematische Schaffung verschiedener Zukünfte. Die "[[Grounded Theory]]" ermöglichte eine induktivere Sicht auf die Welt. Das [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systemdenken]] und die Netzwerk- und Systemtheorie entstanden, um die Interaktion und Komplexität der Welt zu berücksichtigen. Und Satelliten und die Anerkennung von [https://www.bfi.org/about-fuller/big-ideas/spaceshipearth 'Raumschiff Erde'] erschlossen eine neue globale Perspektive auf unseren Planeten. Die [[Meta-Analysis|Meta-Analyse]] ermöglichte eine 'supra'-Perspektive, um die Vielfalt der unterschiedlichen Ergebnisse zu integrieren, und Kuhn verkündete sogar eine Perspektive, wie Wissenschaft als Ganzes entsteht. [https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ Feyerabend] lehnte das Dogma der Wissenschaft ganz und gar ab, was ein entscheidender Schritt hin zu einer kritischen Methodenperspektive war. '''Dabei verzweigten sich die Disziplinen immer weiter in immer kleinere Disziplinen, Bereiche, Teildisziplinen usw.'''<br />
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==== Internet und Computer - ''Die neue Wissenschaft der Vernetzung'' ====<br />
[[File:disciplinary.png|thumb|600px|right|'''Unterschiedliche Formen disziplinärer Zusammenarbeit'''. Quelle: [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Jo Bailey makinggood.design]]] <br />
Aus der allgemeinen Erkenntnis heraus, dass aufgrund der Mängel des gegenwärtigen Systems neue Paradigmen entwickelt oder identifiziert werden müssen, und ebenso aus der Erkenntnis der Bedeutung neuer Wissensformen entstand ein neuer Wissenschaftsmodus, der eine kritische Reflexion und eine Integration von Wissenschaft und Gesellschaft erfordert. Mit zunehmender Anerkennung der Komplexität der Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, wurde klar, dass eine einzige Disziplin nicht in der Lage sein würde, die notwendigen Lösungen anzunähern. '''Stattdessen würden die Disziplinen zusammenarbeiten müssen, was keine Kleinigkeit ist.''' Gegensätzliche Denkrichtungen, unterschiedliche Schwerpunkte, eine unvereinbare Sprache und schließlich ein Wettbewerb um begrenzte Ressourcen und Aufmerksamkeit sowie Denkschulen, die in ihrer Bedeutung Überlegenheit beanspruchen - all dies sind keine Bausteine wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Doch all diese Probleme sind vernachlässigbar im Vergleich zu der Herausforderung, eine gemeinsame Wissensproduktion zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen. Die Wissenschaft hielt eine teilweise arrogante Distanz zur Gesellschaft, oder zumindest ein Großteil der Wissenschaft vermied eine direkte Interaktion. Interviews, Beobachtungen, vielleicht noch Interaktion, waren bereits bekannte Ansätze. Die gemeinsame Problemdefinition und das gegenseitige Lernen von Wissenschaft und Gesellschaft stellten einen radikal neuen Forschungsmodus dar, und wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der die Wissenschaft seit Jahrhunderten geprägt hat. So entstand die trandisziplinäre Forschung als ein neuer Forschungsmodus und ein inklusiver, reflexiver und lösungsorientierter Weg, der die Gräben in der Wissenschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überwindet. <br />
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Diese radikale Entwicklung fällt mit einer weiteren Revolution zusammen, die die Wissenschaft erschüttert hat, nämlich dem digitalen Zeitalter. '''Computer ermöglichten schnellere Berechnungen und neuartige methodische Ansätze.''' Das Internet trieb neue Wissensquellen und -formen an, und die damit verbundenen neuen Kommunikationsformen lösten einen Austausch zwischen Forschern in einem beispiellosen Tempo aus. Alle Mittel der elektronischen Kommunikation, Online-Zeitschriften und die Tatsache, dass viele Forscher heute über einen eigenen Computer verfügen, führten zu einer exponentiellen Zunahme der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Während dies manchmal auch Opportunismus und eine Verschiebung hin zu Quantität statt Qualität in der Forschung mit sich bringt, ist es unbestreitbar, dass heute viele wissenschaftliche Informationen nicht weiter von uns entfernt sind als ein Mausklick. Technologie kann kein Selbstzweck sein, aber als Mittel zum Zweck ermöglicht sie heute ein exponentielles Forschungstempo, das sich am deutlichsten in der Corona-Krise manifestiert hat. Die globale Gemeinschaft der Forscher ist in ihrer größten Stärke vereint, und die Geschwindigkeit und Vielfalt der Wissensschöpfung ist in der Geschichte unserer Zivilisation beispiellos. Nie zuvor gab es mehr Interaktion zwischen den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen oder Ergebnissen und der Gesellschaft.<br />
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== Weitere Infos ==<br />
* [https://www.simplypsychology.org/Kuhn-Paradigm.html Mehr Infos] über Kuhns Theorie der Paradigmenwechsel.<br />
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[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Mixed_Methods_(German)&diff=6526Mixed Methods (German)2022-02-14T22:29:54Z<p>Imi: /* Konkrete Design-Probleme von Mixed Methods */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Mixed Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' In diesem Eintrag geht es um die Kombination unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden und was dabei zu beachten ist.<br />
<br />
__TOC__<br />
<br />
== Was sind Mixed Methods? ==<br />
"Mixed Methods (...) bezeichnet im weitesten Sinne die Kombination von Elementen eines qualitativen und eines quantitativen Forschungsansatzes innerhalb einer Untersuchung oder mehrerer aufeinander bezogener Untersuchungen. Die Kombination kann sich dabei auf die zugrunde liegende wissenschaftstheoretische Position und die Fragestellung, auf die Methoden der Datenerhebung oder der -auswertung oder auch auf die Verfahren der Interpretation und der Qualitätssicherung beziehen." (Schreier & Odag, p.263, Definition in Anlehnung an Johnson, Onwuegbuzie & Turner 2007, S.123)<br />
<br />
Mixed Methods sind fast so etwas wie eine Standardantwort auf jedes beliebige Problem geworden, das Forscher*innen als außerhalb des Bereichs der normalen Wissenschaft liegend definieren. Heutzutage sind Mixed Methods fast wie ein Mantra, ein Glaubensbekenntnis, eine Bestätigung der eigenen Offenheit und die Anerkennung von Vielfalt. Man könnte von einer Verwirrung in Bezug auf Mixed Methods sprechen, wo Forscher*innen über Ontologie (wie wir unser Wissen über die Welt deuten) sprechen, wenn sie eigentlich über Epistemologie (wie wir Wissen über die Welt erzeugen) sprechen sollten; die Rede von gemischten Methoden driftet in einen Kategorienfehler ab, der dann zu einem kategorialen Fehler wird. Mixed Methods sind die Mondfahrt der modernen Wissenschaft, sie werden proklamiert, in Aussicht gestellt und immer wieder hervorgehoben, aber die Frage ist nun: ''Wie kommen wir zum Mond der gemischten Methoden?''<br />
<br />
== Wissensintegration - epistemologische Probleme ==<br />
Die erste Reihe von Herausforderungen beim Versuch, Mixed Methods in die Realität umzusetzen, sind epistemologische Probleme. Zu den profansten, aber weitgehend ungelösten Fragen gehört die Integration unterschiedlicher Datenformate. Wir können zwar Daten in qualitative und quantitative Informationen in Tabellen kodieren, aber das kann der Vielfalt des Wissens innerhalb der Wissenschaft kaum gerecht werden. Auch die Integration von Daten innerhalb von Tabellen wirft viele ungelöste Probleme auf. Zum Beispiel können unterschiedliche Methoden nicht nur ein unterschiedliches Verständnis, sondern auch divergierende Angaben zu Validität und Plausibilität haben. Während diese im Bereich quantitativer Daten, aber auch in der Logik von zentraler Bedeutung sind, können Validität und Plausibilität wiederum völlig falsche Kriterien sein, wenn es um Wissen aus qualitativen Bereichen geht, wo Kontext und Übertragbarkeit - oder deren Mangel - relevanter sind. Einige Formen des Wissens sind für Viele wichtig, während andere Formen des Wissens für Wenige wichtig sind. Dennoch sind diese Formen des Wissens wichtig, und die Wissenschaft ignoriert die bestehende Vielfalt oft stärker, als sie es sollte. <br />
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Dies ist zwar an sich eine triviale Aussage, aber sie verdeutlicht, wie unterschiedliche Formen des Diskurses und der Wissensproduktion historisch verwurzelt und mehr oder weniger in Denkschulen verfestigt sind. '''Es gibt eine zunehmende Tendenz in der Forschung, zu versuchen, Verbindungen zwischen verschiedenen Wissensdomänen herzustellen, was oft eine Grundlage für methodologische Innovationen ist'''. Dies verlangt nicht nur mehr Anstrengungen von Forscher*innen, die dies versuchen, sondern kann auch dazu führen, dass Forscher*innen von beiden Gemeinschaften abgelehnt werden, weil sie sich mit 'den Anderen' vermischen. Dies macht deutlich, wie wichtig eine [[Scientific methods and societal paradigms (German)|'Geschichte von Ideen]]' ist, innerhalb derer wir unsere epistemologische Identität verorten, sie klar benennen und darüber reflektieren können. Damit wird auch deutlich, wie wichtig es ist, Gräben zu überbrücken. Andernfalls wird die Kommunikation schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Wir müssen verstehen, dass alle Teile der Wissenschaft Teile des Problems betrachten, aber [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Emergenz]] ist etwas, das idealerweise auf der Integration zwischen verschiedenen Teilen der Wissenschaft aufgebaut ist.<br />
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== Moderation - die Lücke zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen ==<br />
Um eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen und die epistemologischen Herausforderungen mit den ontologischen Problemen zu überbrücken, wird Moderation zu einem zentralen Bestandteil der Mixed-Methods-Forschung. Dies erfordert vor allem die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Positionalität und die Reflexion über eine kritische Positionierung in der [[History of Methods (German)|Wissenschaftsgeschichte]]. Andernfalls werden die Grenzen des Wissens im jeweiligen Wissenschaftsbereich oft ignoriert, was zu einer falschen Anerkennung dieser Grenzen führt. '''Viele Konflikte zwischen verschiedenen Disziplinen und deren methodischen Erkenntnistheorien sind nichts anderes als eine unreflektierte Ablehnung des Unbekannten.''' Es kostet also Zeit und Mühe, sich nicht nur innerhalb des Kanons der Wissensproduktion zu verorten, sondern auch andere Wissensformen zu schätzen und zu würdigen. Eine einfache Einteilung in ein ''besser oder schlechter'' zeigt die Unzulänglichkeiten unseres Verständnisses bezüglich der [[Normativity of Methods|Normativität von Methoden]] auf. <br />
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Ein Beispiel für ein greifbares Problem bei der Moderation zwischen verschiedenen Forschenden, die unterschiedliche wissenschaftliche Methoden verwenden, ist die Sprache. Missverständnisse beruhen manchmal einfach auf mangelndem Verständnis, ganz wörtlich in der Wortwahl und im Jargon. Im Extremfall verwenden manche Disziplinen sogar die gleichen Methoden, ohne dies zu bemerken, weil die einzelnen methodischen Entwicklungen zu unterschiedlichen Bezeichnungen für die gleichen Details der jeweiligen Methodik geführt haben. Stellen Sie sich vor, wie diese Herausforderungen exponentiell zunehmen, wenn man überhaupt von unterschiedlichen Methodologien spricht. Das führt zum wichtigsten Punkt in der Moderation: Vertrauen. Wenn jeder jede Methode, die jeder Wissenschaftszweig anwendet, verstehen wollte, wäre dies mit einem enormen Aufwand an Ressourcen verbunden. Mangelndes Verständnis kann also alternativ durch Vertrauen überwunden werden, das oft in gemeinsamen Erfahrungen wurzelt. Gegenwärtig wird die Bedeutung von Moderation zunehmend anerkannt, doch muss dies auch die ontologischen Herausforderungen berücksichtigen, denen sich Wissenschaftler*innen gegenübersehen, wenn sie versuchen, mit gemischten Methoden zu forschen.<br />
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== Interpretation und Überzeugungen - ontologische Probleme ==<br />
Ein Großteil der aktuellen Forschung ist in bestimmte Wissenschaftstheorien eingebettet, und viele Wissenschaftler*innen sind sich nicht einmal bewusst, zu welcher Wissenschaftstheorie sie gezählt werden. Trotz zunehmender [[Bias and Critical Thinking|Kritik am Positivismus]] fällt ein Großteil der aktuellen Wissensproduktion immer noch in diese Domäne, und das schafft auch Probleme der Mixed-Methods-Forschung. Der Positivismus schafft nicht nur eine Rangordnung, in der einige Formen der Wissenschaft - zumindest indirekt - als unterschiedlich wertvoll angesehen werden. Der Positivismus erhebt auch den Anspruch, objektive Wahrheiten zu erzeugen, was - nicht überraschend - ein Problem schafft, wenn andere Bereiche der Wissenschaft ebenfalls den Anspruch erheben, objektive Wahrheiten über dieselben Mechanismen, Entitäten und Muster zu erzeugen. Die moderne Wissenschaft muss eine aktive und reflexive Wissenschaftstheorie integrieren, und einige würden argumentieren, dass dies auch eine Integration der Ethik erfordert. Wie sonst sollten wir das Wissen, das die Wissenschaft produziert, bewerten, wenn wir nicht versuchen, durch verschiedene ontologische Linsen zu bewerten, ob es tatsächlich Sinn macht? '''Es gibt eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Wissensproduktion und der Art und Weise, wie wir ihr einen Sinn geben.''' In jüngster Zeit wurde hervorgehoben, dass es einige Dimensionen des Wissens gibt, die sich auf die Ethik beschränken, was als Argumentation dafür gesehen werden könnte, dass wir ein aktives Wissen über Ethik brauchen, um Verantwortung für unsere Forschungsergebnisse zu übernehmen. Die empirische Forschung ist derzeit meist weit davon entfernt, ethische Verantwortung für ihre Forschungsergebnisse zu beanspruchen, geschweige denn für die Folgen dieser Ergebnisse. Die Zeit wird zeigen, ob die Entkopplung zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen überwunden werden kann. Hierfür kann die Mixed-Methods-Forschung einen wichtigen und effektiven Eckpfeiler darstellen, da sie eine Reflexion durch aktive Forschung ermöglichen kann. Indem wir die Forschung als Grenzobjekt nutzen, um verschiedene Bereiche der Wissenschaft zu überbrücken, können wir unsere Unterschiede überwinden und uns stattdessen auf unsere gemeinsamen Ziele konzentrieren. Es wird sich zeigen, wie schnell sich dies entwickeln kann.<br />
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== Konkrete Design-Probleme von Mixed Methods ==<br />
Neben den oben hervorgehobenen theoretischen Überlegungen erlauben die [[Design Criteria of Methods (German)|Gestaltungskriterien von Methoden]] eine klarere Identifizierung konkreter Herausforderungen, denen sich die Mixed-Methods-Forschung gegenüber sieht. Indem ich die Gestaltungskriterien Schritt für Schritt durchgehe, möchte ich einige bekannte Probleme hervorheben, muss aber auch darauf hinweisen, dass die Herausforderungen im Moment unendlich erscheinen, da die Mixed-Methods-Forschung erst im Entstehen begriffen ist. <br />
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Die große Kluft zwischen [[:Category:Quantitative|quantitativer]] und [[:Category:Qualitative|qualitativer]] Forschung ist wahrscheinlich die größte Hürde für die Wissenschaft, mit einem seit langem etablierten traditionellen Misstrauen zwischen diesen beiden Bereichen in den meisten Wissenschaftszweigen. Datenformate wurden bereits als ein rein mechanisches Problem erwähnt. Aus der Perspektive der quantitativen Wissenschaft gibt es jedoch mehr Probleme. Die größeren Herausforderungen liegen in einer anderen Richtung: ''Wie können wir quantitatives Wissen in qualitatives Wissen übersetzen, oder zumindest die beiden miteinander verbinden?'' '''Das derzeitige Misstrauen mancher Menschen gegenüber wissenschaftlichen Ergebnissen ist ein komplexes Problem, das verdeutlicht, dass es zwar quantitatives Wissen gibt, dass aber manche Dinge wahrscheinlich am besten durch qualitatives Wissen zu verstehen sind.''' Kontextualisierung, Wahrnehmungen und Transformationswissen sind Herausforderungen, die wir erst beginnen zu entwirren, und längere konzeptionelle Grenzobjekte wie [[Agency, Complexity and Emergence|Agency oder Emergenz]] verdeutlichen die Schwierigkeiten, wenn wir versuchen, Phänomene und Mechanismen zu untersuchen, die wahrscheinlich eine gemischte Methodenagenda erfordern. Selbst die Analogie von Puzzleteilen, die wir betrachten, scheint unzureichend zu sein, weil sie eine materialistische Dimension impliziert, und viel Wissen, das uns fehlt, ist in der Tat vage und implizit.<br />
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Die Kluft zwischen [[:Category:Inductive|induktivem]] und [[:Category:Deductive|deduktivem]] Wissen ist ebenso gravierend, aber wahrscheinlich weniger anerkannt. Heutzutage verlagert sich jedoch ein Großteil der Forschung, die behauptet, deduktiv zu arbeiten, in Richtung einer eher abduktiven Agenda, während sie immer noch in Denkschulen eingebettet ist, die behaupten, deduktiv zu sein. Dies schafft einen tiefen Riss in Bezug auf die Gültigkeit von Wissen, da gerade die Positivist*innen und ihre deduktiven Ansätze die höchste Gültigkeit für das von ihnen geschaffene Wissen beanspruchen. Man könnte sogar behaupten, dass positivistisches Wissen ein starkes System der Bewertung, wenn nicht gar des Urteils, über einzelne Wissensformen beinhaltet, wobei man sich fragen könnte, was der Zweck dieser Bewertungen eigentlich ist? Trotz dieser Konflikte wird immer deutlicher, dass deduktives Wissen mit [[Questioning the status quo in methods (German)|schwerwiegenden Problemen (z.B. der Reproduzierbarkeitskrise)]] konfrontiert ist, und darüber hinaus wird immer deutlicher, dass viele der Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht allein durch deduktive Wissensproduktion beantwortet werden können. '''Die Kluft zwischen deduktivem und induktivem Wissen wird mit der Zeit immer tiefer, doch der Brückenschlag zwischen beiden durch abduktives Wissen schafft eine Verbindung, die sich langsam verbreitert.''' Die Zeit wird zeigen, ob beide Domänen von ihrem hohen Ross herunterkommen und die Stärken des jeweils anderen schätzen und gleichzeitig die eigenen Schwächen anerkennen können. <br />
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Die Integration von räumlichen Skalen ist ein offensichtliches Problem in der Mixed-Methods-Forschung, und die Beispiele sind fast zu zahlreich, um überhaupt einen sinnvollen Ansatzpunkt zu finden. Globale Lieferketten können als Beispiel dienen, wo die Bedürfnisse und Wünsche von Individuen Welleneffekte auf einer globalen Skala erzeugen, wobei Organisationen, Länder und Kooperationen Beispiele für wichtige Vermittler zwischen diesen beiden Skalen sind. Diese Dynamik schafft eine Komplexität, die sich nur langsam entfaltet, und die anhaltende Kluft zwischen Mikro- und Makroökonomie zeigt, dass viele Formen von Wissen integriert werden müssen und die Beziehungen zwischen verschiedenen Methoden noch weitgehend unklar sind. Ein weiteres prominentes Beispiel ist die Beziehung zwischen der globalen Biodiversitätskrise und lokalen Schutzmaßnahmen. Zwar gibt es eine sich abzeichnende Agenda, und auch politische Bemühungen sind im Gange, aber es ist noch ein weiter Weg von einem gekapselten System hin zu einem aktiven Wissensaustausch über räumliche Skalen hinweg. <br />
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Das letzte hier genannte Design-Kriterium ist die Zeit. Aus vielen Gründen konzentriert sich die Wissenschaft stark auf das Wissen über die Gegenwart. Während in den letzten Jahrzehnten eine stärkere Anerkennung von Wissen über die Zukunft aufkam und es auch eine lange Tradition gibt, Wissen über die Vergangenheit zu erforschen, sind alle diese Bereiche typischerweise nicht miteinander verbunden. Dies ist - wiederum - in den unterschiedlichen Wissensdomänen begründet, zeigt aber auch die Isolation bestimmter Disziplinen, die entweder [[:Category:Past|die Vergangenheit]], [[:Category:Present|die Gegenwart]] oder [[:Category:Future|die Zukunft]] erforschen. Es ist klar, dass sich Historiker*innen nicht unbedingt mit einem Politiker*innen zusammentun würde, dennoch scheint es angesichts der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, notwendig. Es wird noch zu erarbeiten sein, wie wir diese verschiedenen Wissensbereiche und Agenden integrieren können.<br />
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== Metaphern für Mixed Methods ==<br />
==== Bokeh ====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.24.14.png|right|frameless]]<br />
Auf dem Bild rechts können wir eine Person sehr deutlich erkennen. Wir können viele Details dieser Person erkennen, wie z.B. die Kleidung, einen nicht zu billigen Regenschirm und vieles mehr. Wir können auch sehen, dass sie sich offensichtlich in einem Teil der Welt befindet, wo es regnet, wo es öffentliche Verkehrsmittel gibt (sowohl Straßenbahn als auch Busse), wir sehen hohe Gebäude, aber auch niedrige Gebäude, Verkehr, Straßenlaternen - also viele Informationen, die trotz der Unschärfe dargestellt werden können.<br />
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Eine der schönsten Metaphern für die Verknüpfung von Methoden ist das japanische Wort ''Bokeh''. ''Bokeh'' bedeutet im Grunde 'Tiefenschärfe', was der Effekt ist, wenn man ein wirklich schönes Kameraobjektiv hat und die Blende - die Öffnung des Objektivs - sehr weit hält. Fotos, die mit dieser Einstellung gemacht werden, haben typischerweise einen laserscharfen Vordergrund und einen schön verschwommenen Hintergrund. Sie haben eine sehr scharfe Entfernungsebene, und die andere Ebene ist wie eine verwaschene Aquarellmatrix. Ein Profifotograf oder Technikfreak wird ein solches Foto mit einem "Wow, schönes Bokeh" würdigen. Designs mit gemischten Methoden können auf ähnliche Weise aufgebaut werden. '''Während Sie eine Methode haben, die sich auf etwas im Vordergrund konzentriert, können Sie mit anderen Methoden den Hintergrund unscharf erkennen.''' Das Aushandeln und Erarbeiten der Rolle jeder Methode in einem Mixed-Methods-Setting ist zentral, um zu klären, welche Methode welche Tiefe und welchen Fokus verlangt, um dem Gleichnis der Fotografie zu folgen. Viel zu oft verlangen wir, dass jede Methode in einem Mixed-Methods-Design den gleichen Stellenwert hat. In den meisten Fällen bin ich mir nicht sicher, ob dies tatsächlich möglich oder sogar wünschenswert ist. Stattdessen würde ich vorschlagen, sich an das ''Bokeh''-Design zu halten und das, was im Vordergrund ist, mit dem, was im Hintergrund ist, zu harmonisieren. Statistiken können Ihnen einige allgemeine Informationen über das Setting einer Fallstudie und deren Hintergrund geben, aber tiefgehende offene Interviews können den Fokus und die Tiefe ermöglichen, die notwendig sind, um die Dynamik in einer Fallstudie wirklich zu verstehen.<br />
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Ein Beispiel für eine Arbeit, in der viele Informationen analysiert wurden, die miteinander verknüpft sind, ist Hanspach et al. 2014, die Szenarien, Kausalschleifenanalyse, GIS und viele weitere methodische Ansätze enthält, die miteinander verknüpft sind (siehe Additional Information).<br />
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==== Malerei ====<br />
Ein weiteres Beispiel für eine Metapher, die helfen kann, einen Mixed-Methods-Ansatz zu verstehen, ist die klassische Landschaftsmalerei. Man versucht, alle Details einer Landschaft in ein Gemälde aufzunehmen, lässt dabei unzählige Details weg und verallgemeinert einige Informationen zu etwas ganz anderem. Das Setting kann recht konstruiert sein, mit einer Leinwand, einer bestimmten Perspektive, einigen Pinseln und einer Palette von Farben. Doch schon die Betrachtung der Farbvielfalt zeigt, auf welch unterschiedliche Weise die natürlichen Farben angenähert werden können. Bevor die chemische Industrie florierte, haben Maler große Anstrengungen unternommen, um bestimmte Farben zu erhalten, oft zu einem hohen Preis. Doch Analysen solcher Gemälde zeigen uns die Überlegenheit dieser Farben, und wie viele solcher Gemälde den Test der Zeit bestehen. Eine andere Sache ist die Art und Weise, wie viele Maler malen, vielleicht indem sie zuerst Ideen skizzieren, Kohleskizzen anfertigen und mit Perspektiven experimentieren. Farbe wurde oft nicht nur gemischt, sondern auch in Schichten aufgetragen. Pinseltechniken waren oft ein wesentlicher Bestandteil des spezifischen Charakters eines Gemäldes. Berücksichtigen Sie nun all diese Details bei der Betrachtung der wissenschaftlichen Methoden. Genau wie die Landschaftsmalerei können wissenschaftliche Methoden eine Kombination aus einer Leinwand, einigen Pinseln und ein paar Farben sein. Doch betrachten Sie die Vielfalt der Malerei, die wir heute kennen, und vergleichen Sie diese mit der Vielfalt der Erkenntnisse, die wir gewinnen können, wenn wir eine etwas andere Methode mit einer anderen Perspektive kombinieren. Was, wenn eine bestimmte Technik zur Dokumentation von Daten zu neuen Erkenntnissen führen kann? Und wie können wir unsere Palette verändern, um eine andere Darstellung der Realität zu erhalten? Und, nicht zuletzt, wie fügt sich unser Wissen in bereits vorhandenes Wissen ein? Viele Maler wurden stark von anderen Malern beeinflusst, und Denkschulen lassen sich in Gemälden sehr gut nachvollziehen und stehen im Fokus diverser Forschungsformen.<br />
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'''Integration, Reflexion und Normativität sind Komponenten der Methodologie, die sich langsam durchsetzen.''' Während der Tiefenfokus wahrscheinlich die Hauptstrategie der meisten Forscher bleiben wird, verlangen die "wicked problems", mit denen wir derzeit konfrontiert sind, nach neuen Ansätzen, um eine Transformation zu ermöglichen und die damit verbundenen Mechanismen und Strukturen zu untersuchen. Vieles ist noch unbekannt, und wir müssen die Fokussierung auf Ressourcen, die Ansprüche von Wissenschaftlern, das Wissen anderer Wissenschaftler zu bewerten und zu beurteilen, und nicht zuletzt die tiefe Verankerung der wissenschaftlichen Disziplinen, wenn es um ihre unterschiedlichen Methoden geht, überwinden. <br />
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Um Nietzsche zu zitieren: "Nie gab es eine so neue Morgenröte und einen so klaren Horizont, und ein so offenes Meer."<br />
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== Additional Information ==<br />
* Hanspach et al. 2014. ''A holistic approach to studying social-ecological systems and its application to southern Transylvania''. Ecology and Society 19(4): 32.<br />
Zeigt eine Kombination verschiedener Methoden in empirischer Forschung auf, darunter Scenario Planning, GIS, Causal-Loop Diagrams).<br />
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* Schreier, M. & Odag, Ö. ''Mixed Methods.'' In: G. Mey K. Mruck (Hrsg.). ''Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010. 263-277.<br />
Eine gute Einführung in das Mixed Methods-Konzept.<br />
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The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Data_formats_(German)&diff=6525Data formats (German)2022-02-14T22:10:50Z<p>Imi: /* Ordinale Daten */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Data formats]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
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'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag stellt unterschiedliche Datenformate vor. <br />
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== Datenformate in der Statistik ==<br />
Das Format Ihrer Daten beeinflusst alles Andere, was Sie im weiteren Verlauf Ihrer Arbeit tun. Um ein Sprichwort zu paraphrasieren: Die Daten haben ein Format, und das Format sind die Daten. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche [https://www.youtube.com/watch?v=hZxnzfnt5v8 verschiedenen Datenformate] es gibt, und wie diese von Vorteil sein können, und wo Sie auf Fallstricke stoßen können. Weitere Informationen zu verschiedenen Messmethoden finden Sie im Eintrag [[To Rule And To Measure (German)]]. Der wichtigste Unterschied besteht zwischen quantitativen Daten und qualitativen Daten. Quantitative Daten können aus ganzen Zahlen und diskreten Daten bestehen, während qualitative Daten faktoriell - d. h. in wirklich verschiedenen Kategorien -, nominal oder ordinal sein können, wobei die beiden letzteren eine Verbindung zu quantitativen Daten herstellen. Die Nomenklatur für Datenformate ist jedoch in den verschiedenen Wissenschaftsbereichen sehr unterschiedlich, und um ehrlich zu sein, ein einziges Durcheinander. Wir versuchen hier, konsistent zu sein, aber seien Sie sich bitte bewusst, dass diese Bezeichnungen in der Wissenschaft nicht einheitlich sind. <br />
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====Ein Beispiel für verschiedene Datenformate====<br />
[[File:DataFormatsDiet.png|thumb|right|Ein Ernährungs-Tagebuch ist nur eines von vielen Beispielen, wie Sie verschiedene Datenformate angehen können]]<br />
Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihre Ernährung tracken. Viele Menschen tun dies heute, es gibt überall Diätbücher und -ratgeber, viele Informationen sind verfügbar geworden. Nun möchten Sie damit beginnen und sich mit dem, was Sie essen, besser vertraut machen. Wie würden Sie anfangen? Mit dem Zählen von Kalorien? Unterscheiden Sie zwischen Kohlenhydraten, Fett und Grünzeug? Vielleicht zählen Sie einfach jedes Mal, wenn Sie eine Pizza gegessen haben? Oder Eiscreme? Oder "zu viel"? Es gibt viele Möglichkeiten, Ihre Ernährung zu messen. Und diese Messungen können in verschiedenen Datenformaten erfolgen.<br />
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Die meisten Datenformate können in andere Datenformate umgewandelt werden, was für viele Menschen oft verwirrend ist. Zum Beispiel können nominale Daten wiederholt gezählt werden, z. B. die Tassen Kaffee, die Sie jeden Tag trinken. Die Anzahl der Tassen würde sich dann aufaddieren, was diskrete Daten darstellen würde. Ein anderes Beispiel wäre die Temperatur, die als kontinuierliche Daten in Grad Celsius (besser nicht in Fahrenheit) dargestellt werden könnte. Diese kann zwar in Zahlen dargestellt werden, aber auch als Frosttemperatur oder Temperatur über 0 °C.<br />
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=== Quantitative Daten ===<br />
'''Quantitative (numerische) Daten sind Daten, die in Zahlen ausgedrückt werden, mit denen sich rechnen lässt.''' Es gibt drei Arten numerischer Daten: Kontinuierliche und diskrete Daten, sowie Intervalldaten.<br />
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====Kontinuierliche Daten====<br />
'''Kontinuierliche Daten sind numerische Daten die nicht gezählt werden können, weil sie auf einer endlichen oder unendlichen Skala existieren'''. Wir alle sind mit kontinuierlichen Zahlen vertraut. Ein Großteil unserer Gesellschaft wird von diesen Zahlen beherrscht, und daher wird ein Großteil der in der Statistik analysierten Daten durch kontinuierliche Zahlen dargestellt. Da ein Großteil der modernen Messungen innerhalb eines vorgegebenen Systems automatisiert ist, müssen wir uns oft nicht allzu viele Gedanken darüber machen, wie die Daten aussehen. Nehmen Sie zum Beispiel Gewicht oder Größe. Innerhalb von [https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/metric-weights-and-measures Mitteleuropa] wird dies eindeutig in Gramm oder Kilogramm bzw. in Zentimetern oder Metern gemessen. Wenn Sie jedoch in die USA ziehen, wird es eine ganz andere Geschichte, wegen des [[To Rule And To Measure|metrischen Systems, oder eher dessen mangelnder Nutzung]]. Plötzlich sind Sie einige Fuß groß und wiegen vielleicht einige "stones". Es gibt viele [https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/the-international-system-metric verschiedene Messsysteme], und man muss sich bewusst sein, wie diese genutzt werden. Diese Systeme sind also Konstrukte, und diese Konstrukte bauen auf kontinuierlichen Zahlen auf. Dies zeigt, dass kontinuierliche Zahlen weit verbreitet sind, um Daten auszudrücken, aber wir müssen uns bewusst sein, dass es sich dabei immer noch um normative Informationen handelt. <br />
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Kontinuierliche Daten haben eine echte Null. Eine echte Null ist definiert als völlige Abwesenheit von etwas, das in Zahlen dargestellt werden kann. Obwohl ein Gewicht von 0 kg oder eine Länge von 0 m abstrakt sind, stellen die Werte die Abwesenheit von Gewicht bzw. Länge dar. <br />
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'''Beispiele für kontinuierliche Daten:'''<br/><br />
- die Zahl Pi: 3,14159265359...<br />
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- das typische Gewicht einer Nacktmullratte: 30 Gramm<br />
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- die Höhe des Empire State Buildings: 443,2m<br />
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- die Schmelztemperatur von dunkler Schokolade: 45-50°C<br />
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==== Diskrete Daten ====<br />
'''Diskrete Daten sind numerische Daten die gezählt werden können, da sie nur als natürliche Zahlen (1, 2, 3, 4...) vorliegen'''. Beispiele hierfür sind Schüler*innen in einer Klasse, oder das eigene Alter. Hier ergibt es keinen Sinn, mit kontinuierlichen Daten zu arbeiten. Natürlich kann man auch an einen halbierten Apfel denken, aber wenn wir Äpfel, Vögel oder Studierende zählen, betrachten wir sie normalerweise als vollständige Einheiten und halten uns an natürliche Zahlen. Diskrete Daten werden oft auch als "Häufigkeits-" oder "Zähldaten" bezeichnet, und in der Sprache R werden sie als "integer" (Ganzzahlen) bezeichnet.<br />
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Diskrete Daten haben auch eine echte Null. Nehmen wir noch einmal die Anzahl der Studierenden in einer Statistikvorlesung. Auch wenn die Vorlesung gut ist, zum Beispiel weil sie Lieder aus der Sesamstraße enthält, kann es sein, dass keine Studierenden in der Vorlesung sind. 0 Studierende in einer Vorlesung - da haben Sie Ihre echte Null.<br />
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====Intervalldaten====<br />
'''Intervalldaten bestehen aus gemessenen oder gezählten Werten, allerdings gibt es keine echte Null.''' Außerdem ist der Unterschied zwischen zwei Messwerten auf der Skala immer gleich groß, egal, wo man schaut. Das beste Beispiel ist Temperatur, wenn man sie in °C misst. Der Unterschied zwischen 30°C und 40°C ist genauso groß wie der Unterschied zwischen 100°C und 110°C. Allerdings gibt es auf der Celsius-Skala keine echte Null: 0°C bedeutet nicht, dass es keine Temperatur gäbe. Stattdessen stellt 0°C einfach einen bestimmten Wert auf der Temperaturskala dar. Daher kann man Temperaturen zwar addieren und subtrahieren, aber nicht sinnvoll multiplizieren oder dividieren. Außerdem führt dieser Mangel einer echten Null dazu, dass 40°C nicht doppelt soviel Energie wie 20°C bedeutet, auch wenn die Zahl doppelt so groß ist.<br />
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=== Qualitative Daten ===<br />
'''Qualitative (kategorische) Daten sind qualitative Daten, die in benannten Kategorien gesammelt werden können, die voneinander unabhängig sind.''' Solche Kategorien sind typischerweise konstruiert und enthalten daher Informationen, die zutiefst normativ oder konstruiert sind. Ein Beispiel wäre die Haarfarbe, die in der menschlichen Wahrnehmung von Farben stattfinden kann, aber auch bei professionellen Haarprodukten oft mit unterschiedlichen Namen beschrieben wird. Innerhalb der Statistik werden Kategorien oft so gebildet, dass innerhalb eines wissenschaftlichen Experiments die Kategorien in einem Sinne konstruiert werden, der eine sinnvolle Prüfung der Hypothese ermöglicht, und sinnvoll liegt dann im Auge des Betrachters. Unterschiedliche Düngemittelmengen wären ein solches Beispiel, und die Kategorien werden oft auf Basis von Vorwissen oder Vortests gebildet. Kategorien sind also von besonderer Bedeutung, wenn es um die Reduktion der Komplexität der Welt geht, da es nicht möglich wäre, alle möglichen unterschiedlichen Düngemittelmengen in einem Experiment zu testen. Stattdessen entscheidet man sich z.B. für "wenig", "moderat", "viel" und "sehr viel" Dünger. Dennoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass - und wie - Kategorien konstruiert und damit zutiefst normativ sind.<br />
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Es gibt zwei Arten kategorischer Daten: ordinale und nominale Daten - und dann gibt es binäre Daten, die eigentlich nichts anderes sind als nominale Daten.<br />
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==== Ordinale Daten ====<br />
[[File:Likert scale.jpg|thumb|right|Die Likert-Skala]]<br />
[[File:Ordinal Data.jpg|thumb|right|Auch wenn man sich über die Objektivität und den Sinn von Noten streiten kann, ist es ein anschauliches Beispiel für ordinale Daten.]] <br />
'''Ordinale Daten sind kategorische Daten, die in eine Reihenfolge gebracht werden können, mit denen sich aber nicht rechnen lässt, selbst wenn sie als Zahlen ausgedrückt werden.''' Erinnern Sie sich an Ihre Schulnoten? Eine "1" ist die beste Note im deutschen Notensystem, aber ist sie doppelt so gut wie eine "2"? Wohl kaum. Solche Noten sind [http://intellspot.com/nominal-vs-ordinal-data/ ordinale Zahlen]. Es handelt sich dabei um ein System von Zahlen, die in gewisser Weise geordnet sind, aber die Zahlen an sich spiegeln nicht unbedingt ein numerisches System wider. Mit anderen Worten: Sie sind höchst normativ und umstritten. Eine "2" mag für die einen eine gute Note sein, für die anderen eine Katastrophe. Ordinale Formate sind oft klar definierte Skalen, die es Menschen ermöglichen, bestimmte Informationen zu benoten, zu bewerten oder in eine Rangfolge zu bringen. Eines der bekanntesten Beispiele ist die [[Likert Scale|Likert-Skala]], die häufig in der Psychologie verwendet wird. In diesem Fall wird die Skalierung oft gar nicht in Zahlen wiedergegeben, sondern in Stufen wie "stimme voll zu" oder "stimme eher nicht zu". Solche konstruierten Skalen können echten Statistiker*innen sehr unglücklich machen, da die Ergebnisse schwer zu analysieren sind, aber es gibt kaum eine Alternative, da es auch keinen Sinn macht, zu fragen: "Wie glücklich sind Sie auf einer Skala von 1 bis 100?" Daher sind Ordinalskalen oft relevant, um ein Skalensystem zu schaffen, das eine breite Vergleichbarkeit ermöglicht oder sogar zur Norm wird, wie z.B. Schulnoten. Mein Rat wäre, [https://sciencing.com/advantages-disadvantages-using-ordinal-measurement-12043783.html Ordinalskalen zu verwenden], wenn dies in diesem Wissenschaftszweig üblich ist. Lesen Sie andere Studien auf dem Gebiet, und entscheiden Sie dann. Es handelt sich um hochgradig konstruierte Skalen, daher muss es eine klare Begründung geben, warum Sie sie verwenden wollen.<br />
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====Nominale Daten====<br />
[[File: Gummy Bears.jpg|thumb|right|Gummibärchen sind ein nettes Beispiel, da man sie nach ihrer Farbe klassifizieren kann, was nominale Daten wären. Aber wenn man sie wiegt, erhält man wieder kontinuierliche Daten.]]<br />
'''Wann immer Sie kategorische Daten haben, die nicht in eine Rangfolge gebracht werden können, nennt man sie [https://formpl.us/blog/nominal-data nominale Daten]'''. Ein Beispiel wären verschiedene Ethnien, Geburtsländer, oder verschiedene Arten von Geschlechtern. Dies verdeutlicht bereits, dass wir es hier mit oft völlig unterschiedlichen Weltanschauungen zu tun haben, sodass nominale Daten einen krassen Fall einer normativen Sicht auf die Welt darstellen. Das Geschlecht ist ein prominentes Beispiel, da manche Menschen das Geschlecht immer noch über ein biologisches Stereotyp (weiblich/männlich) und damit binär (siehe unten) definieren, was nach meinem Weltbild eindeutig falsch ist, weshalb ich Geschlecht nominal mit mehr als zwei Kategorien definieren würde. Nominale Datenformate verlangen daher eine noch deutlichere Reflexion als ordinale Daten, bei denen man zumindest sagen kann, dass eine bestimmte Schulnote höher ist als eine andere. Das ist bei nominalen Daten nicht der Fall. Deshalb muss man besonders vorsichtig sein mit den Implikationen, die eine bestimmte konstruierte Skala implizieren kann.<br />
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====Binäre Daten====<br />
[[File: Mainzelmännchen-Ampel.png|200px|thumb|right|Ein weiterer Fall von Binärdaten]]<br />
'''Binäre Daten sind das am meisten reduzierte Datenformat, das grundsätzlich aus zwei Ebenen besteht: 1 und 0'''. Streng genommen sind binäre Daten nominale Daten, aber eben nominale Daten, die nur in zwei Varianten vorliegen, die sich in 1 und 0 übersetzen lassen: An / Aus, Ja / Nein. In der [https://www.youtube.com/watch?v=ewokFOSxabs Informatik] werden binäre Daten direkt als einfache 0 und 1 genutzt, aber der große Durchbruch dieses Datensatzes kam schon früh in der Versicherungsbranche sowie in der Medizin, wo "tot" oder "lebendig" oft die grundlegendsten Fragen sind. Binäre Informationen sind eindeutig vereinfachend, was aber oft mit einer bestimmten Sicht der Realität übereinstimmt. Nehmen Sie das Beispiel, ein Instrument spielen zu können. Wenn Sie jemand fragt, ob Sie Klavier spielen können, werden Sie wahrscheinlich ''ja'' oder ''nein'' sagen. Sie werden Ihre Antwort höchstwahrscheinlich nicht qualifizieren, indem Sie sagen "Ich spiele besser als ein Affe, aber schlechter als Horowitz". Einige bescheidene Leute sagen vielleicht "Ich kann ein bisschen spielen", oder "Ich bin nicht sehr gut", oder "Ich war mal besser", aber sehr oft antworten Menschen mit ''ja'' oder ''nein''. Binäre Daten erlauben also eine einfache Sicht auf die Realität, und diese mag oft mit der Welt übereinstimmen, wie wir sie wahrnehmen. Aber seien Sie sich bewusst: Andere Menschen haben vielleicht eine weniger einfache Sichtweise.<br />
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==Die Auswahl des richtigen Datenformats==<br />
Sie fragen sich jetzt vielleicht, wie Sie das richtige Datenformat auswählen. Die Antwort darauf ist ganz einfach. Jedes Datenformat sollte so einfach wie möglich und so komplex wie nötig sein. Folgen Sie Occams Rasiermesser, und Sie werden gut zurechtkommen. Das klingt natürlich verlockend, aber woher weiß man, was zu einfach und was zu komplex ist? Hier schlage ich vor, dass Sie sich auf die vorhandene Literatur stützen. Lesen Sie andere Veröffentlichungen, die ein bestimmtes Phänomen bereits untersucht haben, diese Veröffentlichungen können Ihnen bei der Wahl der richtigen Skala helfen.<br />
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Die folgende Tabelle gibt Ihnen noch mehr Informationen über verschiedene Fatenformate - vielleicht hilft Sie Ihnen, Ihre Studie zu konzipieren?<br />
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[[File:Data Formats Table small 7.jpg|center|Datenformate und Eigenschaften]]<br />
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==Welcher einfache Test eignet sich für welches Datenformat?==<br />
Die folgende Tabelle, die wir zusammengestellt haben, zeigt, welche statistischen Tests in Abhängigkeit von Ihren Daten sinnvoll sind. Um mehr über diese Tests zu erfahren, lesen Sie bitte die Einträge über [[Simple Statistical Tests|einfache statistische Tests]], [[Regression Analysis|Regressionsanalyse]], [[Correlations|Korrelationen]] und [[ANOVA]]. Hinweis: Für Kombinationen, die zu unterschiedlichen Methoden führen (z. B. ordinal x kontinuierlich), verweisen wir auf alle genannten Ansätze.<br />
[[File:Table Simple Tests.png|600px|frameless|center|'''Welcher einfache Test eignet sich für welches Datenformat?''' Quelle: eigene Darstellung.]]<br />
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==Ein Wort über Indizes==<br />
In der Wirtschafts- und Finanzwelt ist ein Index ein statistisches Maß für die Veränderung einer repräsentativen Gruppe von einzelnen Datenpunkten. Ein gutes Beispiel für die Anwendung eines Indexes, den die meisten Menschen kennen, ist das [https://www.investopedia.com/terms/g/gdp.asp BIP], das Bruttoinlandsprodukt eines Landes. Obwohl es weitgehend kritisiert wurde, weil es zu allgemein gehalten ist und nicht genügend Nuancen bietet, um die Komplexität des einzelnen Landes zu verstehen, sind viele soziale, wirtschaftliche und andere Indikatoren mit dem BIP korreliert.<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-04-11 um 11.24.41.png|thumb| Indizes erscheinen auch in unserem Alltag, wie ein Bild der neuesten Entwicklungen an der Börse.]]<br />
In der Ökologie ist ein bekanntes Beispiel für einen Index der so genannte [https://www.youtube.com/watch?v=ghhZClDRK_g Shannon Wiener index], der Diversitätsmaße darstellt, welche hinsichtlich der Häufigkeit bestimmter Spezies angepasst sind. Ein prominentes Beispiel aus der Wirtschaft ist wiederum der [https://www.youtube.com/watch?v=_PXFVNWINQc Dow Jones index], während der [http://hdr.undp.org/en/content/human-development-index-hdi Index der menschlichen Entwicklung] versucht, Informationen über Lebenserwartung, Bildung und Einkommen zu integrieren, um ein allgemeines Verständnis für verschiedene Komponenten zu erhalten, die Länder charakterisieren. Der [https://www.investopedia.com/terms/g/gini-index.asp GINI-Koeffizient] versucht, die Ungleichheit zu messen, was sicherlich ein gewagtes Unterfangen ist, aber dennoch sehr wichtig. In der Psychologie ist der [https://www.youtube.com/watch?v=7p2a9B35Xn0 Intelligenzquotient], der natürlich stark kritisiert wird, ein bekanntes Beispiel für die Reduzierung vieler komplexer Tests auf eine Gesamtzahl. Indizes und Quotienten sind also Konstrukte, die oft auf vielen Variablen beruhen und versuchen, die Komplexität dieser vielfältigen Indikatoren auf eine einzige Zahl zu reduzieren. <br />
<br />
<br />
==Weitere Informationen==<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=7p2a9B35Xn0 Intelligence Quotient]: Answering the question if the IQ really measures how smart you are<br />
<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=hZxnzfnt5v8 Different data formats]: An overview<br />
<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=ewokFOSxabs Binary data]: How our computer works<br />
<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=7p2a9B35Xn0 The Intelligence Quotient]: A critical reflection<br />
<br />
[https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/metric-weights-and-measures Measurement]: Reflecting upon different measurement systems across the globe<br />
<br />
[https://www.iqmindware.com/wiki/what-does-my-iq-score-mean IQ]: An explanation<br />
<br />
[http://intellspot.com/nominal-vs-ordinal-data/ Nominal vs. ordinal data]: A comparison<br />
<br />
[https://www.simplypsychology.org/likert-scale.html Likert scale]: The most popular rating scale<br />
<br />
[https://sciencing.com/advantages-disadvantages-using-ordinal-measurement-12043783.html Ordinal data]: Limitations<br />
<br />
[https://formpl.us/blog/nominal-data Nominal data]: An explanation<br />
<br />
[https://en.wikipedia.org/wiki/Binary_data Binary data]: An explanation<br />
<br />
[https://www.investopedia.com/terms/g/gdp.asp GDP]: A detailed article<br />
<br />
[https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/metric-weights-and-measures Measurement]: Reflecting upon different measurement systems across the globe<br />
<br />
[http://hdr.undp.org/en/content/human-development-index-hdi The Human Development Index]: An alternative to the GDP<br />
<br />
[https://www.investopedia.com/terms/g/gini-index.asp The GINI index]: A measure of inequality<br />
----<br />
[[Category:Statistics]]<br />
<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Data_formats_(German)&diff=6524Data formats (German)2022-02-14T22:01:40Z<p>Imi: /* Diskrete Daten */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Data formats]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Dieser Eintrag stellt unterschiedliche Datenformate vor. <br />
<br />
== Datenformate in der Statistik ==<br />
Das Format Ihrer Daten beeinflusst alles Andere, was Sie im weiteren Verlauf Ihrer Arbeit tun. Um ein Sprichwort zu paraphrasieren: Die Daten haben ein Format, und das Format sind die Daten. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche [https://www.youtube.com/watch?v=hZxnzfnt5v8 verschiedenen Datenformate] es gibt, und wie diese von Vorteil sein können, und wo Sie auf Fallstricke stoßen können. Weitere Informationen zu verschiedenen Messmethoden finden Sie im Eintrag [[To Rule And To Measure (German)]]. Der wichtigste Unterschied besteht zwischen quantitativen Daten und qualitativen Daten. Quantitative Daten können aus ganzen Zahlen und diskreten Daten bestehen, während qualitative Daten faktoriell - d. h. in wirklich verschiedenen Kategorien -, nominal oder ordinal sein können, wobei die beiden letzteren eine Verbindung zu quantitativen Daten herstellen. Die Nomenklatur für Datenformate ist jedoch in den verschiedenen Wissenschaftsbereichen sehr unterschiedlich, und um ehrlich zu sein, ein einziges Durcheinander. Wir versuchen hier, konsistent zu sein, aber seien Sie sich bitte bewusst, dass diese Bezeichnungen in der Wissenschaft nicht einheitlich sind. <br />
<br />
<br />
====Ein Beispiel für verschiedene Datenformate====<br />
[[File:DataFormatsDiet.png|thumb|right|Ein Ernährungs-Tagebuch ist nur eines von vielen Beispielen, wie Sie verschiedene Datenformate angehen können]]<br />
Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihre Ernährung tracken. Viele Menschen tun dies heute, es gibt überall Diätbücher und -ratgeber, viele Informationen sind verfügbar geworden. Nun möchten Sie damit beginnen und sich mit dem, was Sie essen, besser vertraut machen. Wie würden Sie anfangen? Mit dem Zählen von Kalorien? Unterscheiden Sie zwischen Kohlenhydraten, Fett und Grünzeug? Vielleicht zählen Sie einfach jedes Mal, wenn Sie eine Pizza gegessen haben? Oder Eiscreme? Oder "zu viel"? Es gibt viele Möglichkeiten, Ihre Ernährung zu messen. Und diese Messungen können in verschiedenen Datenformaten erfolgen.<br />
<br />
Die meisten Datenformate können in andere Datenformate umgewandelt werden, was für viele Menschen oft verwirrend ist. Zum Beispiel können nominale Daten wiederholt gezählt werden, z. B. die Tassen Kaffee, die Sie jeden Tag trinken. Die Anzahl der Tassen würde sich dann aufaddieren, was diskrete Daten darstellen würde. Ein anderes Beispiel wäre die Temperatur, die als kontinuierliche Daten in Grad Celsius (besser nicht in Fahrenheit) dargestellt werden könnte. Diese kann zwar in Zahlen dargestellt werden, aber auch als Frosttemperatur oder Temperatur über 0 °C.<br />
<br />
<br />
=== Quantitative Daten ===<br />
'''Quantitative (numerische) Daten sind Daten, die in Zahlen ausgedrückt werden, mit denen sich rechnen lässt.''' Es gibt drei Arten numerischer Daten: Kontinuierliche und diskrete Daten, sowie Intervalldaten.<br />
<br />
====Kontinuierliche Daten====<br />
'''Kontinuierliche Daten sind numerische Daten die nicht gezählt werden können, weil sie auf einer endlichen oder unendlichen Skala existieren'''. Wir alle sind mit kontinuierlichen Zahlen vertraut. Ein Großteil unserer Gesellschaft wird von diesen Zahlen beherrscht, und daher wird ein Großteil der in der Statistik analysierten Daten durch kontinuierliche Zahlen dargestellt. Da ein Großteil der modernen Messungen innerhalb eines vorgegebenen Systems automatisiert ist, müssen wir uns oft nicht allzu viele Gedanken darüber machen, wie die Daten aussehen. Nehmen Sie zum Beispiel Gewicht oder Größe. Innerhalb von [https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/metric-weights-and-measures Mitteleuropa] wird dies eindeutig in Gramm oder Kilogramm bzw. in Zentimetern oder Metern gemessen. Wenn Sie jedoch in die USA ziehen, wird es eine ganz andere Geschichte, wegen des [[To Rule And To Measure|metrischen Systems, oder eher dessen mangelnder Nutzung]]. Plötzlich sind Sie einige Fuß groß und wiegen vielleicht einige "stones". Es gibt viele [https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/the-international-system-metric verschiedene Messsysteme], und man muss sich bewusst sein, wie diese genutzt werden. Diese Systeme sind also Konstrukte, und diese Konstrukte bauen auf kontinuierlichen Zahlen auf. Dies zeigt, dass kontinuierliche Zahlen weit verbreitet sind, um Daten auszudrücken, aber wir müssen uns bewusst sein, dass es sich dabei immer noch um normative Informationen handelt. <br />
<br />
Kontinuierliche Daten haben eine echte Null. Eine echte Null ist definiert als völlige Abwesenheit von etwas, das in Zahlen dargestellt werden kann. Obwohl ein Gewicht von 0 kg oder eine Länge von 0 m abstrakt sind, stellen die Werte die Abwesenheit von Gewicht bzw. Länge dar. <br />
<br />
'''Beispiele für kontinuierliche Daten:'''<br/><br />
- die Zahl Pi: 3,14159265359...<br />
<br><br />
- das typische Gewicht einer Nacktmullratte: 30 Gramm<br />
<br><br />
- die Höhe des Empire State Buildings: 443,2m<br />
<br><br />
- die Schmelztemperatur von dunkler Schokolade: 45-50°C<br />
<br />
==== Diskrete Daten ====<br />
'''Diskrete Daten sind numerische Daten die gezählt werden können, da sie nur als natürliche Zahlen (1, 2, 3, 4...) vorliegen'''. Beispiele hierfür sind Schüler*innen in einer Klasse, oder das eigene Alter. Hier ergibt es keinen Sinn, mit kontinuierlichen Daten zu arbeiten. Natürlich kann man auch an einen halbierten Apfel denken, aber wenn wir Äpfel, Vögel oder Studierende zählen, betrachten wir sie normalerweise als vollständige Einheiten und halten uns an natürliche Zahlen. Diskrete Daten werden oft auch als "Häufigkeits-" oder "Zähldaten" bezeichnet, und in der Sprache R werden sie als "integer" (Ganzzahlen) bezeichnet.<br />
<br />
Diskrete Daten haben auch eine echte Null. Nehmen wir noch einmal die Anzahl der Studierenden in einer Statistikvorlesung. Auch wenn die Vorlesung gut ist, zum Beispiel weil sie Lieder aus der Sesamstraße enthält, kann es sein, dass keine Studierenden in der Vorlesung sind. 0 Studierende in einer Vorlesung - da haben Sie Ihre echte Null.<br />
<br />
====Intervalldaten====<br />
'''Intervalldaten bestehen aus gemessenen oder gezählten Werten, allerdings gibt es keine echte Null.''' Außerdem ist der Unterschied zwischen zwei Messwerten auf der Skala immer gleich groß, egal, wo man schaut. Das beste Beispiel ist Temperatur, wenn man sie in °C misst. Der Unterschied zwischen 30°C und 40°C ist genauso groß wie der Unterschied zwischen 100°C und 110°C. Allerdings gibt es auf der Celsius-Skala keine echte Null: 0°C bedeutet nicht, dass es keine Temperatur gäbe. Stattdessen stellt 0°C einfach einen bestimmten Wert auf der Temperaturskala dar. Daher kann man Temperaturen zwar addieren und subtrahieren, aber nicht sinnvoll multiplizieren oder dividieren. Außerdem führt dieser Mangel einer echten Null dazu, dass 40°C nicht doppelt soviel Energie wie 20°C bedeutet, auch wenn die Zahl doppelt so groß ist.<br />
<br />
<br />
=== Qualitative Daten ===<br />
'''Qualitative (kategorische) Daten sind qualitative Daten, die in benannten Kategorien gesammelt werden können, die voneinander unabhängig sind.''' Solche Kategorien sind typischerweise konstruiert und enthalten daher Informationen, die zutiefst normativ oder konstruiert sind. Ein Beispiel wäre die Haarfarbe, die in der menschlichen Wahrnehmung von Farben stattfinden kann, aber auch bei professionellen Haarprodukten oft mit unterschiedlichen Namen beschrieben wird. Innerhalb der Statistik werden Kategorien oft so gebildet, dass innerhalb eines wissenschaftlichen Experiments die Kategorien in einem Sinne konstruiert werden, der eine sinnvolle Prüfung der Hypothese ermöglicht, und sinnvoll liegt dann im Auge des Betrachters. Unterschiedliche Düngemittelmengen wären ein solches Beispiel, und die Kategorien werden oft auf Basis von Vorwissen oder Vortests gebildet. Kategorien sind also von besonderer Bedeutung, wenn es um die Reduktion der Komplexität der Welt geht, da es nicht möglich wäre, alle möglichen unterschiedlichen Düngemittelmengen in einem Experiment zu testen. Stattdessen entscheidet man sich z.B. für "wenig", "moderat", "viel" und "sehr viel" Dünger. Dennoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass - und wie - Kategorien konstruiert und damit zutiefst normativ sind.<br />
<br />
Es gibt zwei Arten kategorischer Daten: ordinale und nominale Daten - und dann gibt es binäre Daten, die eigentlich nichts anderes sind als nominale Daten.<br />
<br />
==== Ordinale Daten ====<br />
[[File:Likert scale.jpg|thumb|right|Die Likert-Skala]]<br />
[[File:Ordinal Data.jpg|thumb|right|Auch wenn man sich über die Objektivität und den Sinn von Noten streiten kann, ist es ein anschauliches Beispiel für ordinale Daten.]] <br />
'''Ordinale Daten sind kategorische Daten, die in eine Reihenfolge gebracht werden können, mit denen sich aber nicht rechnen lässt, selbst wenn sie als Zahlen ausgedrückt werden.''' Erinnern Sie sich an Ihre Schulnoten? Eine "1" ist die beste Note im deutschen Notensystem, aber ist sie doppelt so gut wie eine "2"? Wohl kaum. Solche Noten sind [http://intellspot.com/nominal-vs-ordinal-data/ ordinale Zahlen]. Es handelt sich dabei um ein System von Zahlen, die in gewisser Weise geordnet sind, aber die Zahlen an sich spiegeln nicht unbedingt ein numerisches System wider. Mit anderen Worten: Sie sind höchst normativ und umstritten. Eine "2" mag für die einen eine gute Note sein, für die anderen eine Katastrophe. Ordinale Formate sind oft klar definierte Skalen, die es Menschen ermöglichen, bestimmte Informationen zu benoten, zu bewerten oder in eine Rangfolge zu bringen. Eines der bekanntesten Beispiele ist die [[Likert Scale|Likert-Skala]], die häufig in der Psychologie verwendet wird. In diesem Fall wird die Skalierung oft gar nicht in Zahlen wiedergegeben, sondern in Stufen wie "stimme voll zu" oder "stimme eher nicht zu". Solche konstruierten Skalen können einen echten Statistiker sehr unglücklich machen, da die Ergebnisse schwer zu analysieren sind, aber es gibt kaum eine Alternative, da es auch keinen Sinn macht, zu fragen: "Wie glücklich sind Sie auf einer Skala von 1 bis 100?" Daher sind Ordinalskalen oft relevant, um ein Skalensystem zu schaffen, das eine breite Vergleichbarkeit ermöglicht oder sogar zur Norm wird, wie z.B. Schulnoten. Mein Rat wäre, [https://sciencing.com/advantages-disadvantages-using-ordinal-measurement-12043783.html Ordinalskalen zu verwenden], wenn dies in diesem Wissenschaftszweig üblich ist. Lesen Sie andere Studien auf dem Gebiet, und entscheiden Sie dann. Es handelt sich um hochgradig konstruierte Skalen, daher muss es eine klare Begründung geben, warum Sie sie verwenden wollen.<br />
<br />
====Nominale Daten====<br />
[[File: Gummy Bears.jpg|thumb|right|Gummibärchen sind ein nettes Beispiel, da man sie nach ihrer Farbe klassifizieren kann, was nominale Daten wären. Aber wenn man sie wiegt, erhält man wieder kontinuierliche Daten.]]<br />
'''Wann immer Sie kategorische Daten haben, die nicht in eine Rangfolge gebracht werden können, nennt man sie [https://formpl.us/blog/nominal-data nominale Daten]'''. Ein Beispiel wären verschiedene Ethnien, Geburtsländer, oder verschiedene Arten von Geschlechtern. Dies verdeutlicht bereits, dass wir es hier mit oft völlig unterschiedlichen Weltanschauungen zu tun haben, sodass nominale Daten einen krassen Fall einer normativen Sicht auf die Welt darstellen. Das Geschlecht ist ein prominentes Beispiel, da manche Menschen das Geschlecht immer noch über ein biologisches Stereotyp (weiblich/männlich) und damit binär (siehe unten) definieren, was nach meinem Weltbild eindeutig falsch ist, weshalb ich Geschlecht nominal mit mehr als zwei Kategorien definieren würde. Nominale Datenformate verlangen daher eine noch deutlichere Reflexion als ordinale Daten, bei denen man zumindest sagen kann, dass eine bestimmte Schulnote höher ist als eine andere. Das ist bei nominalen Daten nicht der Fall. Deshalb muss man besonders vorsichtig sein mit den Implikationen, die eine bestimmte konstruierte Skala implizieren kann.<br />
<br />
====Binäre Daten====<br />
[[File: Mainzelmännchen-Ampel.png|200px|thumb|right|Ein weiterer Fall von Binärdaten]]<br />
'''Binäre Daten sind das am meisten reduzierte Datenformat, das grundsätzlich aus zwei Ebenen besteht: 1 und 0'''. Streng genommen sind binäre Daten nominale Daten, aber eben nominale Daten, die nur in zwei Varianten vorliegen, die sich in 1 und 0 übersetzen lassen: An / Aus, Ja / Nein. In der [https://www.youtube.com/watch?v=ewokFOSxabs Informatik] werden binäre Daten direkt als einfache 0 und 1 genutzt, aber der große Durchbruch dieses Datensatzes kam schon früh in der Versicherungsbranche sowie in der Medizin, wo "tot" oder "lebendig" oft die grundlegendsten Fragen sind. Binäre Informationen sind eindeutig vereinfachend, was aber oft mit einer bestimmten Sicht der Realität übereinstimmt. Nehmen Sie das Beispiel, ein Instrument spielen zu können. Wenn Sie jemand fragt, ob Sie Klavier spielen können, werden Sie wahrscheinlich ''ja'' oder ''nein'' sagen. Sie werden Ihre Antwort höchstwahrscheinlich nicht qualifizieren, indem Sie sagen "Ich spiele besser als ein Affe, aber schlechter als Horowitz". Einige bescheidene Leute sagen vielleicht "Ich kann ein bisschen spielen", oder "Ich bin nicht sehr gut", oder "Ich war mal besser", aber sehr oft antworten Menschen mit ''ja'' oder ''nein''. Binäre Daten erlauben also eine einfache Sicht auf die Realität, und diese mag oft mit der Welt übereinstimmen, wie wir sie wahrnehmen. Aber seien Sie sich bewusst: Andere Menschen haben vielleicht eine weniger einfache Sichtweise.<br />
<br />
<br />
==Die Auswahl des richtigen Datenformats==<br />
Sie fragen sich jetzt vielleicht, wie Sie das richtige Datenformat auswählen. Die Antwort darauf ist ganz einfach. Jedes Datenformat sollte so einfach wie möglich und so komplex wie nötig sein. Folgen Sie Occams Rasiermesser, und Sie werden gut zurechtkommen. Das klingt natürlich verlockend, aber woher weiß man, was zu einfach und was zu komplex ist? Hier schlage ich vor, dass Sie sich auf die vorhandene Literatur stützen. Lesen Sie andere Veröffentlichungen, die ein bestimmtes Phänomen bereits untersucht haben, diese Veröffentlichungen können Ihnen bei der Wahl der richtigen Skala helfen.<br />
<br />
Die folgende Tabelle gibt Ihnen noch mehr Informationen über verschiedene Fatenformate - vielleicht hilft Sie Ihnen, Ihre Studie zu konzipieren?<br />
<br />
[[File:Data Formats Table small 7.jpg|center|Datenformate und Eigenschaften]]<br />
<br />
<br />
==Welcher einfache Test eignet sich für welches Datenformat?==<br />
Die folgende Tabelle, die wir zusammengestellt haben, zeigt, welche statistischen Tests in Abhängigkeit von Ihren Daten sinnvoll sind. Um mehr über diese Tests zu erfahren, lesen Sie bitte die Einträge über [[Simple Statistical Tests|einfache statistische Tests]], [[Regression Analysis|Regressionsanalyse]], [[Correlations|Korrelationen]] und [[ANOVA]]. Hinweis: Für Kombinationen, die zu unterschiedlichen Methoden führen (z. B. ordinal x kontinuierlich), verweisen wir auf alle genannten Ansätze.<br />
[[File:Table Simple Tests.png|600px|frameless|center|'''Welcher einfache Test eignet sich für welches Datenformat?''' Quelle: eigene Darstellung.]]<br />
<br />
<br />
==Ein Wort über Indizes==<br />
In der Wirtschafts- und Finanzwelt ist ein Index ein statistisches Maß für die Veränderung einer repräsentativen Gruppe von einzelnen Datenpunkten. Ein gutes Beispiel für die Anwendung eines Indexes, den die meisten Menschen kennen, ist das [https://www.investopedia.com/terms/g/gdp.asp BIP], das Bruttoinlandsprodukt eines Landes. Obwohl es weitgehend kritisiert wurde, weil es zu allgemein gehalten ist und nicht genügend Nuancen bietet, um die Komplexität des einzelnen Landes zu verstehen, sind viele soziale, wirtschaftliche und andere Indikatoren mit dem BIP korreliert.<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-04-11 um 11.24.41.png|thumb| Indizes erscheinen auch in unserem Alltag, wie ein Bild der neuesten Entwicklungen an der Börse.]]<br />
In der Ökologie ist ein bekanntes Beispiel für einen Index der so genannte [https://www.youtube.com/watch?v=ghhZClDRK_g Shannon Wiener index], der Diversitätsmaße darstellt, welche hinsichtlich der Häufigkeit bestimmter Spezies angepasst sind. Ein prominentes Beispiel aus der Wirtschaft ist wiederum der [https://www.youtube.com/watch?v=_PXFVNWINQc Dow Jones index], während der [http://hdr.undp.org/en/content/human-development-index-hdi Index der menschlichen Entwicklung] versucht, Informationen über Lebenserwartung, Bildung und Einkommen zu integrieren, um ein allgemeines Verständnis für verschiedene Komponenten zu erhalten, die Länder charakterisieren. Der [https://www.investopedia.com/terms/g/gini-index.asp GINI-Koeffizient] versucht, die Ungleichheit zu messen, was sicherlich ein gewagtes Unterfangen ist, aber dennoch sehr wichtig. In der Psychologie ist der [https://www.youtube.com/watch?v=7p2a9B35Xn0 Intelligenzquotient], der natürlich stark kritisiert wird, ein bekanntes Beispiel für die Reduzierung vieler komplexer Tests auf eine Gesamtzahl. Indizes und Quotienten sind also Konstrukte, die oft auf vielen Variablen beruhen und versuchen, die Komplexität dieser vielfältigen Indikatoren auf eine einzige Zahl zu reduzieren. <br />
<br />
<br />
==Weitere Informationen==<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=7p2a9B35Xn0 Intelligence Quotient]: Answering the question if the IQ really measures how smart you are<br />
<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=hZxnzfnt5v8 Different data formats]: An overview<br />
<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=ewokFOSxabs Binary data]: How our computer works<br />
<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=7p2a9B35Xn0 The Intelligence Quotient]: A critical reflection<br />
<br />
[https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/metric-weights-and-measures Measurement]: Reflecting upon different measurement systems across the globe<br />
<br />
[https://www.iqmindware.com/wiki/what-does-my-iq-score-mean IQ]: An explanation<br />
<br />
[http://intellspot.com/nominal-vs-ordinal-data/ Nominal vs. ordinal data]: A comparison<br />
<br />
[https://www.simplypsychology.org/likert-scale.html Likert scale]: The most popular rating scale<br />
<br />
[https://sciencing.com/advantages-disadvantages-using-ordinal-measurement-12043783.html Ordinal data]: Limitations<br />
<br />
[https://formpl.us/blog/nominal-data Nominal data]: An explanation<br />
<br />
[https://en.wikipedia.org/wiki/Binary_data Binary data]: An explanation<br />
<br />
[https://www.investopedia.com/terms/g/gdp.asp GDP]: A detailed article<br />
<br />
[https://www.factmonster.com/math-science/weights-measures/metric-weights-and-measures Measurement]: Reflecting upon different measurement systems across the globe<br />
<br />
[http://hdr.undp.org/en/content/human-development-index-hdi The Human Development Index]: An alternative to the GDP<br />
<br />
[https://www.investopedia.com/terms/g/gini-index.asp The GINI index]: A measure of inequality<br />
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[[Category:Statistics]]<br />
<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Mixed_Methods_(German)&diff=6523Mixed Methods (German)2022-01-27T19:03:39Z<p>Imi: /* Interpretation und Überzeugungen - ontologische Probleme */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Mixed Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' In diesem Eintrag geht es um die Kombination unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden und was dabei zu beachten ist.<br />
<br />
__TOC__<br />
<br />
== Was sind Mixed Methods? ==<br />
"Mixed Methods (...) bezeichnet im weitesten Sinne die Kombination von Elementen eines qualitativen und eines quantitativen Forschungsansatzes innerhalb einer Untersuchung oder mehrerer aufeinander bezogener Untersuchungen. Die Kombination kann sich dabei auf die zugrunde liegende wissenschaftstheoretische Position und die Fragestellung, auf die Methoden der Datenerhebung oder der -auswertung oder auch auf die Verfahren der Interpretation und der Qualitätssicherung beziehen." (Schreier & Odag, p.263, Definition in Anlehnung an Johnson, Onwuegbuzie & Turner 2007, S.123)<br />
<br />
Mixed Methods sind fast so etwas wie eine Standardantwort auf jedes beliebige Problem geworden, das Forscher*innen als außerhalb des Bereichs der normalen Wissenschaft liegend definieren. Heutzutage sind Mixed Methods fast wie ein Mantra, ein Glaubensbekenntnis, eine Bestätigung der eigenen Offenheit und die Anerkennung von Vielfalt. Man könnte von einer Verwirrung in Bezug auf Mixed Methods sprechen, wo Forscher*innen über Ontologie (wie wir unser Wissen über die Welt deuten) sprechen, wenn sie eigentlich über Epistemologie (wie wir Wissen über die Welt erzeugen) sprechen sollten; die Rede von gemischten Methoden driftet in einen Kategorienfehler ab, der dann zu einem kategorialen Fehler wird. Mixed Methods sind die Mondfahrt der modernen Wissenschaft, sie werden proklamiert, in Aussicht gestellt und immer wieder hervorgehoben, aber die Frage ist nun: ''Wie kommen wir zum Mond der gemischten Methoden?''<br />
<br />
== Wissensintegration - epistemologische Probleme ==<br />
Die erste Reihe von Herausforderungen beim Versuch, Mixed Methods in die Realität umzusetzen, sind epistemologische Probleme. Zu den profansten, aber weitgehend ungelösten Fragen gehört die Integration unterschiedlicher Datenformate. Wir können zwar Daten in qualitative und quantitative Informationen in Tabellen kodieren, aber das kann der Vielfalt des Wissens innerhalb der Wissenschaft kaum gerecht werden. Auch die Integration von Daten innerhalb von Tabellen wirft viele ungelöste Probleme auf. Zum Beispiel können unterschiedliche Methoden nicht nur ein unterschiedliches Verständnis, sondern auch divergierende Angaben zu Validität und Plausibilität haben. Während diese im Bereich quantitativer Daten, aber auch in der Logik von zentraler Bedeutung sind, können Validität und Plausibilität wiederum völlig falsche Kriterien sein, wenn es um Wissen aus qualitativen Bereichen geht, wo Kontext und Übertragbarkeit - oder deren Mangel - relevanter sind. Einige Formen des Wissens sind für Viele wichtig, während andere Formen des Wissens für Wenige wichtig sind. Dennoch sind diese Formen des Wissens wichtig, und die Wissenschaft ignoriert die bestehende Vielfalt oft stärker, als sie es sollte. <br />
<br />
Dies ist zwar an sich eine triviale Aussage, aber sie verdeutlicht, wie unterschiedliche Formen des Diskurses und der Wissensproduktion historisch verwurzelt und mehr oder weniger in Denkschulen verfestigt sind. '''Es gibt eine zunehmende Tendenz in der Forschung, zu versuchen, Verbindungen zwischen verschiedenen Wissensdomänen herzustellen, was oft eine Grundlage für methodologische Innovationen ist'''. Dies verlangt nicht nur mehr Anstrengungen von Forscher*innen, die dies versuchen, sondern kann auch dazu führen, dass Forscher*innen von beiden Gemeinschaften abgelehnt werden, weil sie sich mit 'den Anderen' vermischen. Dies macht deutlich, wie wichtig eine [[Scientific methods and societal paradigms (German)|'Geschichte von Ideen]]' ist, innerhalb derer wir unsere epistemologische Identität verorten, sie klar benennen und darüber reflektieren können. Damit wird auch deutlich, wie wichtig es ist, Gräben zu überbrücken. Andernfalls wird die Kommunikation schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Wir müssen verstehen, dass alle Teile der Wissenschaft Teile des Problems betrachten, aber [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Emergenz]] ist etwas, das idealerweise auf der Integration zwischen verschiedenen Teilen der Wissenschaft aufgebaut ist.<br />
<br />
== Moderation - die Lücke zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen ==<br />
Um eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen und die epistemologischen Herausforderungen mit den ontologischen Problemen zu überbrücken, wird Moderation zu einem zentralen Bestandteil der Mixed-Methods-Forschung. Dies erfordert vor allem die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Positionalität und die Reflexion über eine kritische Positionierung in der [[History of Methods (German)|Wissenschaftsgeschichte]]. Andernfalls werden die Grenzen des Wissens im jeweiligen Wissenschaftsbereich oft ignoriert, was zu einer falschen Anerkennung dieser Grenzen führt. '''Viele Konflikte zwischen verschiedenen Disziplinen und deren methodischen Erkenntnistheorien sind nichts anderes als eine unreflektierte Ablehnung des Unbekannten.''' Es kostet also Zeit und Mühe, sich nicht nur innerhalb des Kanons der Wissensproduktion zu verorten, sondern auch andere Wissensformen zu schätzen und zu würdigen. Eine einfache Einteilung in ein ''besser oder schlechter'' zeigt die Unzulänglichkeiten unseres Verständnisses bezüglich der [[Normativity of Methods|Normativität von Methoden]] auf. <br />
<br />
Ein Beispiel für ein greifbares Problem bei der Moderation zwischen verschiedenen Forschenden, die unterschiedliche wissenschaftliche Methoden verwenden, ist die Sprache. Missverständnisse beruhen manchmal einfach auf mangelndem Verständnis, ganz wörtlich in der Wortwahl und im Jargon. Im Extremfall verwenden manche Disziplinen sogar die gleichen Methoden, ohne dies zu bemerken, weil die einzelnen methodischen Entwicklungen zu unterschiedlichen Bezeichnungen für die gleichen Details der jeweiligen Methodik geführt haben. Stellen Sie sich vor, wie diese Herausforderungen exponentiell zunehmen, wenn man überhaupt von unterschiedlichen Methodologien spricht. Das führt zum wichtigsten Punkt in der Moderation: Vertrauen. Wenn jeder jede Methode, die jeder Wissenschaftszweig anwendet, verstehen wollte, wäre dies mit einem enormen Aufwand an Ressourcen verbunden. Mangelndes Verständnis kann also alternativ durch Vertrauen überwunden werden, das oft in gemeinsamen Erfahrungen wurzelt. Gegenwärtig wird die Bedeutung von Moderation zunehmend anerkannt, doch muss dies auch die ontologischen Herausforderungen berücksichtigen, denen sich Wissenschaftler*innen gegenübersehen, wenn sie versuchen, mit gemischten Methoden zu forschen.<br />
<br />
== Interpretation und Überzeugungen - ontologische Probleme ==<br />
Ein Großteil der aktuellen Forschung ist in bestimmte Wissenschaftstheorien eingebettet, und viele Wissenschaftler*innen sind sich nicht einmal bewusst, zu welcher Wissenschaftstheorie sie gezählt werden. Trotz zunehmender [[Bias and Critical Thinking|Kritik am Positivismus]] fällt ein Großteil der aktuellen Wissensproduktion immer noch in diese Domäne, und das schafft auch Probleme der Mixed-Methods-Forschung. Der Positivismus schafft nicht nur eine Rangordnung, in der einige Formen der Wissenschaft - zumindest indirekt - als unterschiedlich wertvoll angesehen werden. Der Positivismus erhebt auch den Anspruch, objektive Wahrheiten zu erzeugen, was - nicht überraschend - ein Problem schafft, wenn andere Bereiche der Wissenschaft ebenfalls den Anspruch erheben, objektive Wahrheiten über dieselben Mechanismen, Entitäten und Muster zu erzeugen. Die moderne Wissenschaft muss eine aktive und reflexive Wissenschaftstheorie integrieren, und einige würden argumentieren, dass dies auch eine Integration der Ethik erfordert. Wie sonst sollten wir das Wissen, das die Wissenschaft produziert, bewerten, wenn wir nicht versuchen, durch verschiedene ontologische Linsen zu bewerten, ob es tatsächlich Sinn macht? '''Es gibt eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Wissensproduktion und der Art und Weise, wie wir ihr einen Sinn geben.''' In jüngster Zeit wurde hervorgehoben, dass es einige Dimensionen des Wissens gibt, die sich auf die Ethik beschränken, was als Argumentation dafür gesehen werden könnte, dass wir ein aktives Wissen über Ethik brauchen, um Verantwortung für unsere Forschungsergebnisse zu übernehmen. Die empirische Forschung ist derzeit meist weit davon entfernt, ethische Verantwortung für ihre Forschungsergebnisse zu beanspruchen, geschweige denn für die Folgen dieser Ergebnisse. Die Zeit wird zeigen, ob die Entkopplung zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen überwunden werden kann. Hierfür kann die Mixed-Methods-Forschung einen wichtigen und effektiven Eckpfeiler darstellen, da sie eine Reflexion durch aktive Forschung ermöglichen kann. Indem wir die Forschung als Grenzobjekt nutzen, um verschiedene Bereiche der Wissenschaft zu überbrücken, können wir unsere Unterschiede überwinden und uns stattdessen auf unsere gemeinsamen Ziele konzentrieren. Es wird sich zeigen, wie schnell sich dies entwickeln kann.<br />
<br />
== Konkrete Design-Probleme von Mixed Methods ==<br />
Neben den oben hervorgehobenen theoretischen Überlegungen erlauben die [[Design Criteria of Methods (German)|Gestaltungskriterien von Methoden]] eine klarere Identifizierung konkreter Herausforderungen, denen sich die Mixed-Methods-Forschung gegenüber sieht. Indem ich die Gestaltungskriterien Schritt für Schritt durchgehe, möchte ich einige bekannte Probleme hervorheben, muss aber auch darauf hinweisen, dass die Herausforderungen im Moment unendlich erscheinen, da die Mixed-Methods-Forschung erst im Entstehen begriffen ist. <br />
<br />
Die große Kluft zwischen [[:Category:Quantitative|quantitativer]] und [[:Category:Qualitative|qualitativer]] Forschung ist wahrscheinlich die größte Hürde für die Wissenschaft, mit einem seit langem etablierten traditionellen Misstrauen zwischen diesen beiden Bereichen in den meisten Wissenschaftszweigen. Datenformate wurden bereits als ein rein mechanisches Problem erwähnt. Aus der Perspektive der quantitativen Wissenschaft gibt es jedoch mehr Probleme. Die größeren Herausforderungen liegen in einer anderen Richtung: ''Wie können wir quantitatives Wissen in qualitatives Wissen übersetzen, oder zumindest die beiden miteinander verbinden?'' '''Das derzeitige Misstrauen mancher Menschen gegenüber wissenschaftlichen Ergebnissen ist ein komplexes Problem, das verdeutlicht, dass es zwar quantitatives Wissen gibt, dass aber manche Dinge wahrscheinlich am besten durch qualitatives Wissen zu verstehen sind.''' Kontextualisierung, Wahrnehmungen und Transformationswissen sind Herausforderungen, die wir erst beginnen zu entwirren, und längere konzeptionelle Grenzobjekte wie [[Agency, Complexity and Emergence|Agency oder Emergenz]] verdeutlichen die Schwierigkeiten, wenn wir versuchen, Phänomene und Mechanismen zu untersuchen, die wahrscheinlich eine gemischte Methodenagenda erfordern. Selbst die Analogie von Puzzleteilen, die wir betrachten, scheint unzureichend zu sein, weil sie eine materialistische Dimension impliziert, und viel Wissen, das uns fehlt, ist in der Tat vage und implizit.<br />
<br />
Die Kluft zwischen [[:Category:Inductive|induktivem]] und [[:Category:Deductive|deduktivem]] Wissen ist ebenso gravierend, aber wahrscheinlich weniger anerkannt. Heutzutage verlagert sich jedoch ein Großteil der Forschung, die behauptet, deduktiv zu arbeiten, in Richtung einer eher abduktiven Agenda, während sie immer noch in Denkschulen eingebettet ist, die behaupten, deduktiv zu sein. Dies schafft einen tiefen Riss in Bezug auf die Gültigkeit von Wissen, da gerade die Positivisten und ihre deduktiven Ansätze die höchste Gültigkeit für das von ihnen geschaffene Wissen beanspruchen. Man könnte sogar behaupten, dass positivistisches Wissen ein starkes System der Bewertung, wenn nicht gar des Urteils, über einzelne Wissensformen beinhaltet, wobei man sich fragen könnte, was der Zweck dieser Bewertungen eigentlich ist? Trotz dieser Konflikte wird immer deutlicher, dass deduktives Wissen mit [[Questioning the status quo in methods (German)|schwerwiegenden Problemen (z.B. der Reproduzierbarkeitskrise)]] konfrontiert ist, und darüber hinaus wird immer deutlicher, dass viele der Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht allein durch deduktive Wissensproduktion beantwortet werden können. '''Die Kluft zwischen deduktivem und induktivem Wissen wird mit der Zeit immer tiefer, doch der Brückenschlag zwischen beiden durch abduktives Wissen schafft eine Verbindung, die sich langsam verbreitert.''' Die Zeit wird zeigen, ob beide Domänen von ihrem hohen Ross herunterkommen und die Stärken des jeweils anderen schätzen und gleichzeitig die eigenen Schwächen anerkennen können. <br />
<br />
Die Integration von räumlichen Skalen ist ein offensichtliches Problem in der Mixed-Methods-Forschung, und die Beispiele sind fast zu zahlreich, um überhaupt einen sinnvollen Ansatzpunkt zu finden. Globale Lieferketten können als Beispiel dienen, wo die Bedürfnisse und Wünsche von Individuen Welleneffekte auf einer globalen Skala erzeugen, wobei Organisationen, Länder und Kooperationen Beispiele für wichtige Vermittler zwischen diesen beiden Skalen sind. Diese Dynamik schafft eine Komplexität, die sich nur langsam entfaltet, und die anhaltende Kluft zwischen Mikro- und Makroökonomie zeigt, dass viele Formen von Wissen integriert werden müssen und die Beziehungen zwischen verschiedenen Methoden noch weitgehend unklar sind. Ein weiteres prominentes Beispiel ist die Beziehung zwischen der globalen Biodiversitätskrise und lokalen Schutzmaßnahmen. Zwar gibt es eine sich abzeichnende Agenda, und auch politische Bemühungen sind im Gange, aber es ist noch ein weiter Weg von einem gekapselten System hin zu einem aktiven Wissensaustausch über räumliche Skalen hinweg. <br />
<br />
Das letzte hier genannte Design-Kriterium ist die Zeit. Aus vielen Gründen konzentriert sich die Wissenschaft stark auf das Wissen über die Gegenwart. Während in den letzten Jahrzehnten eine stärkere Anerkennung von Wissen über die Zukunft aufkam und es auch eine lange Tradition gibt, Wissen über die Vergangenheit zu erforschen, sind alle diese Bereiche typischerweise nicht miteinander verbunden. Dies ist - wiederum - in den unterschiedlichen Wissensdomänen begründet, zeigt aber auch die Isolation bestimmter Disziplinen, die entweder [[:Category:Past|die Vergangenheit]], [[:Category:Present|die Gegenwart]] oder [[:Category:Future|die Zukunft]] erforschen. Es ist klar, dass sich ein Historiker nicht unbedingt mit einem Politiker zusammentun würde, dennoch scheint es angesichts der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, notwendig. Es wird noch zu erarbeiten sein, wie wir diese verschiedenen Wissensbereiche und Agenden integrieren können. <br />
<br />
<br />
== Metaphern für Mixed Methods ==<br />
==== Bokeh ====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.24.14.png|right|frameless]]<br />
Auf dem Bild rechts können wir eine Person sehr deutlich erkennen. Wir können viele Details dieser Person erkennen, wie z.B. die Kleidung, einen nicht zu billigen Regenschirm und vieles mehr. Wir können auch sehen, dass sie sich offensichtlich in einem Teil der Welt befindet, wo es regnet, wo es öffentliche Verkehrsmittel gibt (sowohl Straßenbahn als auch Busse), wir sehen hohe Gebäude, aber auch niedrige Gebäude, Verkehr, Straßenlaternen - also viele Informationen, die trotz der Unschärfe dargestellt werden können.<br />
<br />
Eine der schönsten Metaphern für die Verknüpfung von Methoden ist das japanische Wort ''Bokeh''. ''Bokeh'' bedeutet im Grunde 'Tiefenschärfe', was der Effekt ist, wenn man ein wirklich schönes Kameraobjektiv hat und die Blende - die Öffnung des Objektivs - sehr weit hält. Fotos, die mit dieser Einstellung gemacht werden, haben typischerweise einen laserscharfen Vordergrund und einen schön verschwommenen Hintergrund. Sie haben eine sehr scharfe Entfernungsebene, und die andere Ebene ist wie eine verwaschene Aquarellmatrix. Ein Profifotograf oder Technikfreak wird ein solches Foto mit einem "Wow, schönes Bokeh" würdigen. Designs mit gemischten Methoden können auf ähnliche Weise aufgebaut werden. '''Während Sie eine Methode haben, die sich auf etwas im Vordergrund konzentriert, können Sie mit anderen Methoden den Hintergrund unscharf erkennen.''' Das Aushandeln und Erarbeiten der Rolle jeder Methode in einem Mixed-Methods-Setting ist zentral, um zu klären, welche Methode welche Tiefe und welchen Fokus verlangt, um dem Gleichnis der Fotografie zu folgen. Viel zu oft verlangen wir, dass jede Methode in einem Mixed-Methods-Design den gleichen Stellenwert hat. In den meisten Fällen bin ich mir nicht sicher, ob dies tatsächlich möglich oder sogar wünschenswert ist. Stattdessen würde ich vorschlagen, sich an das ''Bokeh''-Design zu halten und das, was im Vordergrund ist, mit dem, was im Hintergrund ist, zu harmonisieren. Statistiken können Ihnen einige allgemeine Informationen über das Setting einer Fallstudie und deren Hintergrund geben, aber tiefgehende offene Interviews können den Fokus und die Tiefe ermöglichen, die notwendig sind, um die Dynamik in einer Fallstudie wirklich zu verstehen.<br />
<br />
Ein Beispiel für eine Arbeit, in der viele Informationen analysiert wurden, die miteinander verknüpft sind, ist Hanspach et al. 2014, die Szenarien, Kausalschleifenanalyse, GIS und viele weitere methodische Ansätze enthält, die miteinander verknüpft sind (siehe Additional Information).<br />
<br />
==== Malerei ====<br />
Ein weiteres Beispiel für eine Metapher, die helfen kann, einen Mixed-Methods-Ansatz zu verstehen, ist die klassische Landschaftsmalerei. Man versucht, alle Details einer Landschaft in ein Gemälde aufzunehmen, lässt dabei unzählige Details weg und verallgemeinert einige Informationen zu etwas ganz anderem. Das Setting kann recht konstruiert sein, mit einer Leinwand, einer bestimmten Perspektive, einigen Pinseln und einer Palette von Farben. Doch schon die Betrachtung der Farbvielfalt zeigt, auf welch unterschiedliche Weise die natürlichen Farben angenähert werden können. Bevor die chemische Industrie florierte, haben Maler große Anstrengungen unternommen, um bestimmte Farben zu erhalten, oft zu einem hohen Preis. Doch Analysen solcher Gemälde zeigen uns die Überlegenheit dieser Farben, und wie viele solcher Gemälde den Test der Zeit bestehen. Eine andere Sache ist die Art und Weise, wie viele Maler malen, vielleicht indem sie zuerst Ideen skizzieren, Kohleskizzen anfertigen und mit Perspektiven experimentieren. Farbe wurde oft nicht nur gemischt, sondern auch in Schichten aufgetragen. Pinseltechniken waren oft ein wesentlicher Bestandteil des spezifischen Charakters eines Gemäldes. Berücksichtigen Sie nun all diese Details bei der Betrachtung der wissenschaftlichen Methoden. Genau wie die Landschaftsmalerei können wissenschaftliche Methoden eine Kombination aus einer Leinwand, einigen Pinseln und ein paar Farben sein. Doch betrachten Sie die Vielfalt der Malerei, die wir heute kennen, und vergleichen Sie diese mit der Vielfalt der Erkenntnisse, die wir gewinnen können, wenn wir eine etwas andere Methode mit einer anderen Perspektive kombinieren. Was, wenn eine bestimmte Technik zur Dokumentation von Daten zu neuen Erkenntnissen führen kann? Und wie können wir unsere Palette verändern, um eine andere Darstellung der Realität zu erhalten? Und, nicht zuletzt, wie fügt sich unser Wissen in bereits vorhandenes Wissen ein? Viele Maler wurden stark von anderen Malern beeinflusst, und Denkschulen lassen sich in Gemälden sehr gut nachvollziehen und stehen im Fokus diverser Forschungsformen.<br />
<br />
'''Integration, Reflexion und Normativität sind Komponenten der Methodologie, die sich langsam durchsetzen.''' Während der Tiefenfokus wahrscheinlich die Hauptstrategie der meisten Forscher bleiben wird, verlangen die "wicked problems", mit denen wir derzeit konfrontiert sind, nach neuen Ansätzen, um eine Transformation zu ermöglichen und die damit verbundenen Mechanismen und Strukturen zu untersuchen. Vieles ist noch unbekannt, und wir müssen die Fokussierung auf Ressourcen, die Ansprüche von Wissenschaftlern, das Wissen anderer Wissenschaftler zu bewerten und zu beurteilen, und nicht zuletzt die tiefe Verankerung der wissenschaftlichen Disziplinen, wenn es um ihre unterschiedlichen Methoden geht, überwinden. <br />
<br />
Um Nietzsche zu zitieren: "Nie gab es eine so neue Morgenröte und einen so klaren Horizont, und ein so offenes Meer."<br />
<br />
<br />
== Additional Information ==<br />
* Hanspach et al. 2014. ''A holistic approach to studying social-ecological systems and its application to southern Transylvania''. Ecology and Society 19(4): 32.<br />
Zeigt eine Kombination verschiedener Methoden in empirischer Forschung auf, darunter Scenario Planning, GIS, Causal-Loop Diagrams).<br />
<br />
* Schreier, M. & Odag, Ö. ''Mixed Methods.'' In: G. Mey K. Mruck (Hrsg.). ''Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010. 263-277.<br />
Eine gute Einführung in das Mixed Methods-Konzept.<br />
----<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Mixed_Methods_(German)&diff=6522Mixed Methods (German)2022-01-27T19:01:54Z<p>Imi: /* Moderation - die Lücke zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Mixed Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' In diesem Eintrag geht es um die Kombination unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden und was dabei zu beachten ist.<br />
<br />
__TOC__<br />
<br />
== Was sind Mixed Methods? ==<br />
"Mixed Methods (...) bezeichnet im weitesten Sinne die Kombination von Elementen eines qualitativen und eines quantitativen Forschungsansatzes innerhalb einer Untersuchung oder mehrerer aufeinander bezogener Untersuchungen. Die Kombination kann sich dabei auf die zugrunde liegende wissenschaftstheoretische Position und die Fragestellung, auf die Methoden der Datenerhebung oder der -auswertung oder auch auf die Verfahren der Interpretation und der Qualitätssicherung beziehen." (Schreier & Odag, p.263, Definition in Anlehnung an Johnson, Onwuegbuzie & Turner 2007, S.123)<br />
<br />
Mixed Methods sind fast so etwas wie eine Standardantwort auf jedes beliebige Problem geworden, das Forscher*innen als außerhalb des Bereichs der normalen Wissenschaft liegend definieren. Heutzutage sind Mixed Methods fast wie ein Mantra, ein Glaubensbekenntnis, eine Bestätigung der eigenen Offenheit und die Anerkennung von Vielfalt. Man könnte von einer Verwirrung in Bezug auf Mixed Methods sprechen, wo Forscher*innen über Ontologie (wie wir unser Wissen über die Welt deuten) sprechen, wenn sie eigentlich über Epistemologie (wie wir Wissen über die Welt erzeugen) sprechen sollten; die Rede von gemischten Methoden driftet in einen Kategorienfehler ab, der dann zu einem kategorialen Fehler wird. Mixed Methods sind die Mondfahrt der modernen Wissenschaft, sie werden proklamiert, in Aussicht gestellt und immer wieder hervorgehoben, aber die Frage ist nun: ''Wie kommen wir zum Mond der gemischten Methoden?''<br />
<br />
== Wissensintegration - epistemologische Probleme ==<br />
Die erste Reihe von Herausforderungen beim Versuch, Mixed Methods in die Realität umzusetzen, sind epistemologische Probleme. Zu den profansten, aber weitgehend ungelösten Fragen gehört die Integration unterschiedlicher Datenformate. Wir können zwar Daten in qualitative und quantitative Informationen in Tabellen kodieren, aber das kann der Vielfalt des Wissens innerhalb der Wissenschaft kaum gerecht werden. Auch die Integration von Daten innerhalb von Tabellen wirft viele ungelöste Probleme auf. Zum Beispiel können unterschiedliche Methoden nicht nur ein unterschiedliches Verständnis, sondern auch divergierende Angaben zu Validität und Plausibilität haben. Während diese im Bereich quantitativer Daten, aber auch in der Logik von zentraler Bedeutung sind, können Validität und Plausibilität wiederum völlig falsche Kriterien sein, wenn es um Wissen aus qualitativen Bereichen geht, wo Kontext und Übertragbarkeit - oder deren Mangel - relevanter sind. Einige Formen des Wissens sind für Viele wichtig, während andere Formen des Wissens für Wenige wichtig sind. Dennoch sind diese Formen des Wissens wichtig, und die Wissenschaft ignoriert die bestehende Vielfalt oft stärker, als sie es sollte. <br />
<br />
Dies ist zwar an sich eine triviale Aussage, aber sie verdeutlicht, wie unterschiedliche Formen des Diskurses und der Wissensproduktion historisch verwurzelt und mehr oder weniger in Denkschulen verfestigt sind. '''Es gibt eine zunehmende Tendenz in der Forschung, zu versuchen, Verbindungen zwischen verschiedenen Wissensdomänen herzustellen, was oft eine Grundlage für methodologische Innovationen ist'''. Dies verlangt nicht nur mehr Anstrengungen von Forscher*innen, die dies versuchen, sondern kann auch dazu führen, dass Forscher*innen von beiden Gemeinschaften abgelehnt werden, weil sie sich mit 'den Anderen' vermischen. Dies macht deutlich, wie wichtig eine [[Scientific methods and societal paradigms (German)|'Geschichte von Ideen]]' ist, innerhalb derer wir unsere epistemologische Identität verorten, sie klar benennen und darüber reflektieren können. Damit wird auch deutlich, wie wichtig es ist, Gräben zu überbrücken. Andernfalls wird die Kommunikation schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Wir müssen verstehen, dass alle Teile der Wissenschaft Teile des Problems betrachten, aber [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Emergenz]] ist etwas, das idealerweise auf der Integration zwischen verschiedenen Teilen der Wissenschaft aufgebaut ist.<br />
<br />
== Moderation - die Lücke zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen ==<br />
Um eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen und die epistemologischen Herausforderungen mit den ontologischen Problemen zu überbrücken, wird Moderation zu einem zentralen Bestandteil der Mixed-Methods-Forschung. Dies erfordert vor allem die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Positionalität und die Reflexion über eine kritische Positionierung in der [[History of Methods (German)|Wissenschaftsgeschichte]]. Andernfalls werden die Grenzen des Wissens im jeweiligen Wissenschaftsbereich oft ignoriert, was zu einer falschen Anerkennung dieser Grenzen führt. '''Viele Konflikte zwischen verschiedenen Disziplinen und deren methodischen Erkenntnistheorien sind nichts anderes als eine unreflektierte Ablehnung des Unbekannten.''' Es kostet also Zeit und Mühe, sich nicht nur innerhalb des Kanons der Wissensproduktion zu verorten, sondern auch andere Wissensformen zu schätzen und zu würdigen. Eine einfache Einteilung in ein ''besser oder schlechter'' zeigt die Unzulänglichkeiten unseres Verständnisses bezüglich der [[Normativity of Methods|Normativität von Methoden]] auf. <br />
<br />
Ein Beispiel für ein greifbares Problem bei der Moderation zwischen verschiedenen Forschenden, die unterschiedliche wissenschaftliche Methoden verwenden, ist die Sprache. Missverständnisse beruhen manchmal einfach auf mangelndem Verständnis, ganz wörtlich in der Wortwahl und im Jargon. Im Extremfall verwenden manche Disziplinen sogar die gleichen Methoden, ohne dies zu bemerken, weil die einzelnen methodischen Entwicklungen zu unterschiedlichen Bezeichnungen für die gleichen Details der jeweiligen Methodik geführt haben. Stellen Sie sich vor, wie diese Herausforderungen exponentiell zunehmen, wenn man überhaupt von unterschiedlichen Methodologien spricht. Das führt zum wichtigsten Punkt in der Moderation: Vertrauen. Wenn jeder jede Methode, die jeder Wissenschaftszweig anwendet, verstehen wollte, wäre dies mit einem enormen Aufwand an Ressourcen verbunden. Mangelndes Verständnis kann also alternativ durch Vertrauen überwunden werden, das oft in gemeinsamen Erfahrungen wurzelt. Gegenwärtig wird die Bedeutung von Moderation zunehmend anerkannt, doch muss dies auch die ontologischen Herausforderungen berücksichtigen, denen sich Wissenschaftler*innen gegenübersehen, wenn sie versuchen, mit gemischten Methoden zu forschen.<br />
<br />
== Interpretation und Überzeugungen - ontologische Probleme ==<br />
Ein Großteil der aktuellen Forschung ist in bestimmte Wissenschaftstheorien eingebettet, und viele Wissenschaftler sind sich nicht einmal bewusst, zu welcher Wissenschaftstheorie sie gezählt werden. Trotz zunehmender [[Bias and Critical Thinking|Kritik am Positivismus]] fällt ein Großteil der aktuellen Wissensproduktion immer noch in diese Domäne, und das schafft auch Probleme der Mixed-Methods-Forschung. Der Positivismus schafft nicht nur eine Rangordnung, in der einige Formen der Wissenschaft - zumindest indirekt - als unterschiedlich wertvoll angesehen werden. Der Positivismus erhebt auch den Anspruch, objektive Wahrheiten zu erzeugen, was - nicht überraschend - ein Problem schafft, wenn andere Bereiche der Wissenschaft ebenfalls den Anspruch erheben, objektive Wahrheiten über dieselben Mechanismen, Entitäten und Muster zu erzeugen. Die moderne Wissenschaft muss eine aktive und reflexive Wissenschaftstheorie integrieren, und einige würden argumentieren, dass dies auch eine Integration der Ethik erfordert. Wie sonst sollten wir das Wissen, das die Wissenschaft produziert, bewerten, wenn wir nicht versuchen, durch verschiedene ontologische Linsen zu bewerten, ob es tatsächlich Sinn macht? '''Es gibt eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Wissensproduktion und der Art und Weise, wie wir ihr einen Sinn geben.''' In jüngster Zeit wurde hervorgehoben, dass es einige Dimensionen des Wissens gibt, die sich auf die Ethik beschränken, was als Argumentation dafür gesehen werden könnte, dass wir ein aktives Wissen über Ethik brauchen, um Verantwortung für unsere Forschungsergebnisse zu übernehmen. Die empirische Forschung ist derzeit meist weit davon entfernt, ethische Verantwortung für ihre Forschungsergebnisse zu beanspruchen, geschweige denn für die Folgen dieser Ergebnisse. Die Zeit wird zeigen, ob die Entkopplung zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen überwunden werden kann. Hierfür kann die Mixed-Methods-Forschung einen wichtigen und effektiven Eckpfeiler darstellen, da sie eine Reflexion durch aktive Forschung ermöglichen kann. Indem wir die Forschung als Grenzobjekt nutzen, um verschiedene Bereiche der Wissenschaft zu überbrücken, können wir unsere Unterschiede überwinden und uns stattdessen auf unsere gemeinsamen Ziele konzentrieren. Es wird sich zeigen, wie schnell sich dies entwickeln kann. <br />
<br />
<br />
== Konkrete Design-Probleme von Mixed Methods ==<br />
Neben den oben hervorgehobenen theoretischen Überlegungen erlauben die [[Design Criteria of Methods (German)|Gestaltungskriterien von Methoden]] eine klarere Identifizierung konkreter Herausforderungen, denen sich die Mixed-Methods-Forschung gegenüber sieht. Indem ich die Gestaltungskriterien Schritt für Schritt durchgehe, möchte ich einige bekannte Probleme hervorheben, muss aber auch darauf hinweisen, dass die Herausforderungen im Moment unendlich erscheinen, da die Mixed-Methods-Forschung erst im Entstehen begriffen ist. <br />
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Die große Kluft zwischen [[:Category:Quantitative|quantitativer]] und [[:Category:Qualitative|qualitativer]] Forschung ist wahrscheinlich die größte Hürde für die Wissenschaft, mit einem seit langem etablierten traditionellen Misstrauen zwischen diesen beiden Bereichen in den meisten Wissenschaftszweigen. Datenformate wurden bereits als ein rein mechanisches Problem erwähnt. Aus der Perspektive der quantitativen Wissenschaft gibt es jedoch mehr Probleme. Die größeren Herausforderungen liegen in einer anderen Richtung: ''Wie können wir quantitatives Wissen in qualitatives Wissen übersetzen, oder zumindest die beiden miteinander verbinden?'' '''Das derzeitige Misstrauen mancher Menschen gegenüber wissenschaftlichen Ergebnissen ist ein komplexes Problem, das verdeutlicht, dass es zwar quantitatives Wissen gibt, dass aber manche Dinge wahrscheinlich am besten durch qualitatives Wissen zu verstehen sind.''' Kontextualisierung, Wahrnehmungen und Transformationswissen sind Herausforderungen, die wir erst beginnen zu entwirren, und längere konzeptionelle Grenzobjekte wie [[Agency, Complexity and Emergence|Agency oder Emergenz]] verdeutlichen die Schwierigkeiten, wenn wir versuchen, Phänomene und Mechanismen zu untersuchen, die wahrscheinlich eine gemischte Methodenagenda erfordern. Selbst die Analogie von Puzzleteilen, die wir betrachten, scheint unzureichend zu sein, weil sie eine materialistische Dimension impliziert, und viel Wissen, das uns fehlt, ist in der Tat vage und implizit.<br />
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Die Kluft zwischen [[:Category:Inductive|induktivem]] und [[:Category:Deductive|deduktivem]] Wissen ist ebenso gravierend, aber wahrscheinlich weniger anerkannt. Heutzutage verlagert sich jedoch ein Großteil der Forschung, die behauptet, deduktiv zu arbeiten, in Richtung einer eher abduktiven Agenda, während sie immer noch in Denkschulen eingebettet ist, die behaupten, deduktiv zu sein. Dies schafft einen tiefen Riss in Bezug auf die Gültigkeit von Wissen, da gerade die Positivisten und ihre deduktiven Ansätze die höchste Gültigkeit für das von ihnen geschaffene Wissen beanspruchen. Man könnte sogar behaupten, dass positivistisches Wissen ein starkes System der Bewertung, wenn nicht gar des Urteils, über einzelne Wissensformen beinhaltet, wobei man sich fragen könnte, was der Zweck dieser Bewertungen eigentlich ist? Trotz dieser Konflikte wird immer deutlicher, dass deduktives Wissen mit [[Questioning the status quo in methods (German)|schwerwiegenden Problemen (z.B. der Reproduzierbarkeitskrise)]] konfrontiert ist, und darüber hinaus wird immer deutlicher, dass viele der Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht allein durch deduktive Wissensproduktion beantwortet werden können. '''Die Kluft zwischen deduktivem und induktivem Wissen wird mit der Zeit immer tiefer, doch der Brückenschlag zwischen beiden durch abduktives Wissen schafft eine Verbindung, die sich langsam verbreitert.''' Die Zeit wird zeigen, ob beide Domänen von ihrem hohen Ross herunterkommen und die Stärken des jeweils anderen schätzen und gleichzeitig die eigenen Schwächen anerkennen können. <br />
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Die Integration von räumlichen Skalen ist ein offensichtliches Problem in der Mixed-Methods-Forschung, und die Beispiele sind fast zu zahlreich, um überhaupt einen sinnvollen Ansatzpunkt zu finden. Globale Lieferketten können als Beispiel dienen, wo die Bedürfnisse und Wünsche von Individuen Welleneffekte auf einer globalen Skala erzeugen, wobei Organisationen, Länder und Kooperationen Beispiele für wichtige Vermittler zwischen diesen beiden Skalen sind. Diese Dynamik schafft eine Komplexität, die sich nur langsam entfaltet, und die anhaltende Kluft zwischen Mikro- und Makroökonomie zeigt, dass viele Formen von Wissen integriert werden müssen und die Beziehungen zwischen verschiedenen Methoden noch weitgehend unklar sind. Ein weiteres prominentes Beispiel ist die Beziehung zwischen der globalen Biodiversitätskrise und lokalen Schutzmaßnahmen. Zwar gibt es eine sich abzeichnende Agenda, und auch politische Bemühungen sind im Gange, aber es ist noch ein weiter Weg von einem gekapselten System hin zu einem aktiven Wissensaustausch über räumliche Skalen hinweg. <br />
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Das letzte hier genannte Design-Kriterium ist die Zeit. Aus vielen Gründen konzentriert sich die Wissenschaft stark auf das Wissen über die Gegenwart. Während in den letzten Jahrzehnten eine stärkere Anerkennung von Wissen über die Zukunft aufkam und es auch eine lange Tradition gibt, Wissen über die Vergangenheit zu erforschen, sind alle diese Bereiche typischerweise nicht miteinander verbunden. Dies ist - wiederum - in den unterschiedlichen Wissensdomänen begründet, zeigt aber auch die Isolation bestimmter Disziplinen, die entweder [[:Category:Past|die Vergangenheit]], [[:Category:Present|die Gegenwart]] oder [[:Category:Future|die Zukunft]] erforschen. Es ist klar, dass sich ein Historiker nicht unbedingt mit einem Politiker zusammentun würde, dennoch scheint es angesichts der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, notwendig. Es wird noch zu erarbeiten sein, wie wir diese verschiedenen Wissensbereiche und Agenden integrieren können. <br />
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== Metaphern für Mixed Methods ==<br />
==== Bokeh ====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.24.14.png|right|frameless]]<br />
Auf dem Bild rechts können wir eine Person sehr deutlich erkennen. Wir können viele Details dieser Person erkennen, wie z.B. die Kleidung, einen nicht zu billigen Regenschirm und vieles mehr. Wir können auch sehen, dass sie sich offensichtlich in einem Teil der Welt befindet, wo es regnet, wo es öffentliche Verkehrsmittel gibt (sowohl Straßenbahn als auch Busse), wir sehen hohe Gebäude, aber auch niedrige Gebäude, Verkehr, Straßenlaternen - also viele Informationen, die trotz der Unschärfe dargestellt werden können.<br />
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Eine der schönsten Metaphern für die Verknüpfung von Methoden ist das japanische Wort ''Bokeh''. ''Bokeh'' bedeutet im Grunde 'Tiefenschärfe', was der Effekt ist, wenn man ein wirklich schönes Kameraobjektiv hat und die Blende - die Öffnung des Objektivs - sehr weit hält. Fotos, die mit dieser Einstellung gemacht werden, haben typischerweise einen laserscharfen Vordergrund und einen schön verschwommenen Hintergrund. Sie haben eine sehr scharfe Entfernungsebene, und die andere Ebene ist wie eine verwaschene Aquarellmatrix. Ein Profifotograf oder Technikfreak wird ein solches Foto mit einem "Wow, schönes Bokeh" würdigen. Designs mit gemischten Methoden können auf ähnliche Weise aufgebaut werden. '''Während Sie eine Methode haben, die sich auf etwas im Vordergrund konzentriert, können Sie mit anderen Methoden den Hintergrund unscharf erkennen.''' Das Aushandeln und Erarbeiten der Rolle jeder Methode in einem Mixed-Methods-Setting ist zentral, um zu klären, welche Methode welche Tiefe und welchen Fokus verlangt, um dem Gleichnis der Fotografie zu folgen. Viel zu oft verlangen wir, dass jede Methode in einem Mixed-Methods-Design den gleichen Stellenwert hat. In den meisten Fällen bin ich mir nicht sicher, ob dies tatsächlich möglich oder sogar wünschenswert ist. Stattdessen würde ich vorschlagen, sich an das ''Bokeh''-Design zu halten und das, was im Vordergrund ist, mit dem, was im Hintergrund ist, zu harmonisieren. Statistiken können Ihnen einige allgemeine Informationen über das Setting einer Fallstudie und deren Hintergrund geben, aber tiefgehende offene Interviews können den Fokus und die Tiefe ermöglichen, die notwendig sind, um die Dynamik in einer Fallstudie wirklich zu verstehen.<br />
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Ein Beispiel für eine Arbeit, in der viele Informationen analysiert wurden, die miteinander verknüpft sind, ist Hanspach et al. 2014, die Szenarien, Kausalschleifenanalyse, GIS und viele weitere methodische Ansätze enthält, die miteinander verknüpft sind (siehe Additional Information).<br />
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==== Malerei ====<br />
Ein weiteres Beispiel für eine Metapher, die helfen kann, einen Mixed-Methods-Ansatz zu verstehen, ist die klassische Landschaftsmalerei. Man versucht, alle Details einer Landschaft in ein Gemälde aufzunehmen, lässt dabei unzählige Details weg und verallgemeinert einige Informationen zu etwas ganz anderem. Das Setting kann recht konstruiert sein, mit einer Leinwand, einer bestimmten Perspektive, einigen Pinseln und einer Palette von Farben. Doch schon die Betrachtung der Farbvielfalt zeigt, auf welch unterschiedliche Weise die natürlichen Farben angenähert werden können. Bevor die chemische Industrie florierte, haben Maler große Anstrengungen unternommen, um bestimmte Farben zu erhalten, oft zu einem hohen Preis. Doch Analysen solcher Gemälde zeigen uns die Überlegenheit dieser Farben, und wie viele solcher Gemälde den Test der Zeit bestehen. Eine andere Sache ist die Art und Weise, wie viele Maler malen, vielleicht indem sie zuerst Ideen skizzieren, Kohleskizzen anfertigen und mit Perspektiven experimentieren. Farbe wurde oft nicht nur gemischt, sondern auch in Schichten aufgetragen. Pinseltechniken waren oft ein wesentlicher Bestandteil des spezifischen Charakters eines Gemäldes. Berücksichtigen Sie nun all diese Details bei der Betrachtung der wissenschaftlichen Methoden. Genau wie die Landschaftsmalerei können wissenschaftliche Methoden eine Kombination aus einer Leinwand, einigen Pinseln und ein paar Farben sein. Doch betrachten Sie die Vielfalt der Malerei, die wir heute kennen, und vergleichen Sie diese mit der Vielfalt der Erkenntnisse, die wir gewinnen können, wenn wir eine etwas andere Methode mit einer anderen Perspektive kombinieren. Was, wenn eine bestimmte Technik zur Dokumentation von Daten zu neuen Erkenntnissen führen kann? Und wie können wir unsere Palette verändern, um eine andere Darstellung der Realität zu erhalten? Und, nicht zuletzt, wie fügt sich unser Wissen in bereits vorhandenes Wissen ein? Viele Maler wurden stark von anderen Malern beeinflusst, und Denkschulen lassen sich in Gemälden sehr gut nachvollziehen und stehen im Fokus diverser Forschungsformen.<br />
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'''Integration, Reflexion und Normativität sind Komponenten der Methodologie, die sich langsam durchsetzen.''' Während der Tiefenfokus wahrscheinlich die Hauptstrategie der meisten Forscher bleiben wird, verlangen die "wicked problems", mit denen wir derzeit konfrontiert sind, nach neuen Ansätzen, um eine Transformation zu ermöglichen und die damit verbundenen Mechanismen und Strukturen zu untersuchen. Vieles ist noch unbekannt, und wir müssen die Fokussierung auf Ressourcen, die Ansprüche von Wissenschaftlern, das Wissen anderer Wissenschaftler zu bewerten und zu beurteilen, und nicht zuletzt die tiefe Verankerung der wissenschaftlichen Disziplinen, wenn es um ihre unterschiedlichen Methoden geht, überwinden. <br />
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Um Nietzsche zu zitieren: "Nie gab es eine so neue Morgenröte und einen so klaren Horizont, und ein so offenes Meer."<br />
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== Additional Information ==<br />
* Hanspach et al. 2014. ''A holistic approach to studying social-ecological systems and its application to southern Transylvania''. Ecology and Society 19(4): 32.<br />
Zeigt eine Kombination verschiedener Methoden in empirischer Forschung auf, darunter Scenario Planning, GIS, Causal-Loop Diagrams).<br />
<br />
* Schreier, M. & Odag, Ö. ''Mixed Methods.'' In: G. Mey K. Mruck (Hrsg.). ''Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010. 263-277.<br />
Eine gute Einführung in das Mixed Methods-Konzept.<br />
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The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Mixed_Methods_(German)&diff=6521Mixed Methods (German)2022-01-27T18:50:13Z<p>Imi: /* Wissensintegration - epistemologische Probleme */</p>
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<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Mixed Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
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'''Kurz und knapp:''' In diesem Eintrag geht es um die Kombination unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden und was dabei zu beachten ist.<br />
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== Was sind Mixed Methods? ==<br />
"Mixed Methods (...) bezeichnet im weitesten Sinne die Kombination von Elementen eines qualitativen und eines quantitativen Forschungsansatzes innerhalb einer Untersuchung oder mehrerer aufeinander bezogener Untersuchungen. Die Kombination kann sich dabei auf die zugrunde liegende wissenschaftstheoretische Position und die Fragestellung, auf die Methoden der Datenerhebung oder der -auswertung oder auch auf die Verfahren der Interpretation und der Qualitätssicherung beziehen." (Schreier & Odag, p.263, Definition in Anlehnung an Johnson, Onwuegbuzie & Turner 2007, S.123)<br />
<br />
Mixed Methods sind fast so etwas wie eine Standardantwort auf jedes beliebige Problem geworden, das Forscher*innen als außerhalb des Bereichs der normalen Wissenschaft liegend definieren. Heutzutage sind Mixed Methods fast wie ein Mantra, ein Glaubensbekenntnis, eine Bestätigung der eigenen Offenheit und die Anerkennung von Vielfalt. Man könnte von einer Verwirrung in Bezug auf Mixed Methods sprechen, wo Forscher*innen über Ontologie (wie wir unser Wissen über die Welt deuten) sprechen, wenn sie eigentlich über Epistemologie (wie wir Wissen über die Welt erzeugen) sprechen sollten; die Rede von gemischten Methoden driftet in einen Kategorienfehler ab, der dann zu einem kategorialen Fehler wird. Mixed Methods sind die Mondfahrt der modernen Wissenschaft, sie werden proklamiert, in Aussicht gestellt und immer wieder hervorgehoben, aber die Frage ist nun: ''Wie kommen wir zum Mond der gemischten Methoden?''<br />
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== Wissensintegration - epistemologische Probleme ==<br />
Die erste Reihe von Herausforderungen beim Versuch, Mixed Methods in die Realität umzusetzen, sind epistemologische Probleme. Zu den profansten, aber weitgehend ungelösten Fragen gehört die Integration unterschiedlicher Datenformate. Wir können zwar Daten in qualitative und quantitative Informationen in Tabellen kodieren, aber das kann der Vielfalt des Wissens innerhalb der Wissenschaft kaum gerecht werden. Auch die Integration von Daten innerhalb von Tabellen wirft viele ungelöste Probleme auf. Zum Beispiel können unterschiedliche Methoden nicht nur ein unterschiedliches Verständnis, sondern auch divergierende Angaben zu Validität und Plausibilität haben. Während diese im Bereich quantitativer Daten, aber auch in der Logik von zentraler Bedeutung sind, können Validität und Plausibilität wiederum völlig falsche Kriterien sein, wenn es um Wissen aus qualitativen Bereichen geht, wo Kontext und Übertragbarkeit - oder deren Mangel - relevanter sind. Einige Formen des Wissens sind für Viele wichtig, während andere Formen des Wissens für Wenige wichtig sind. Dennoch sind diese Formen des Wissens wichtig, und die Wissenschaft ignoriert die bestehende Vielfalt oft stärker, als sie es sollte. <br />
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Dies ist zwar an sich eine triviale Aussage, aber sie verdeutlicht, wie unterschiedliche Formen des Diskurses und der Wissensproduktion historisch verwurzelt und mehr oder weniger in Denkschulen verfestigt sind. '''Es gibt eine zunehmende Tendenz in der Forschung, zu versuchen, Verbindungen zwischen verschiedenen Wissensdomänen herzustellen, was oft eine Grundlage für methodologische Innovationen ist'''. Dies verlangt nicht nur mehr Anstrengungen von Forscher*innen, die dies versuchen, sondern kann auch dazu führen, dass Forscher*innen von beiden Gemeinschaften abgelehnt werden, weil sie sich mit 'den Anderen' vermischen. Dies macht deutlich, wie wichtig eine [[Scientific methods and societal paradigms (German)|'Geschichte von Ideen]]' ist, innerhalb derer wir unsere epistemologische Identität verorten, sie klar benennen und darüber reflektieren können. Damit wird auch deutlich, wie wichtig es ist, Gräben zu überbrücken. Andernfalls wird die Kommunikation schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Wir müssen verstehen, dass alle Teile der Wissenschaft Teile des Problems betrachten, aber [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Emergenz]] ist etwas, das idealerweise auf der Integration zwischen verschiedenen Teilen der Wissenschaft aufgebaut ist.<br />
<br />
== Moderation - die Lücke zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen ==<br />
Um eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen und die epistemologischen Herausforderungen mit den ontologischen Problemen zu überbrücken, wird Moderation zu einem zentralen Bestandteil der Mixed-Methods-Forschung. Dies erfordert vor allem die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Positionalität und die Reflexion über eine kritische Positionierung in der [[History of Methods (German)|Wissenschaftsgeschichte]]. Andernfalls werden die Grenzen des Wissens im jeweiligen Wissenschaftsbereich oft ignoriert, was zu einer falschen Anerkennung dieser Grenzen führt. '''Viele Konflikte zwischen verschiedenen Disziplinen und deren methodischen Erkenntnistheorien sind nichts anderes als eine unreflektierte Ablehnung des Unbekannten.''' Es kostet also Zeit und Mühe, sich nicht nur innerhalb des Kanons der Wissensproduktion zu verorten, sondern auch andere Wissensformen zu schätzen und zu würdigen. Eine einfache Einteilung in ein ''besser oder schlechter'' zeigt die Unzulänglichkeiten unseres Verständnisses bezüglich der [[Normativity of Methods|Normativität von Methoden]] auf. <br />
<br />
Ein Beispiel für ein greifbares Problem bei der Moderation zwischen verschiedenen Forschenden, die unterschiedliche wissenschaftliche Methoden verwenden, ist die Sprache. Missverständnisse beruhen manchmal einfach auf mangelndem Verständnis, ganz wörtlich in der Wortwahl und im Jargon. Im Extremfall verwenden manche Disziplinen sogar die gleichen Methoden, ohne dies zu bemerken, weil die einzelnen methodischen Entwicklungen zu unterschiedlichen Bezeichnungen für die gleichen Details der jeweiligen Methodik geführt haben. Stellen Sie sich vor, wie diese Herausforderungen exponentiell zunehmen, wenn man überhaupt von unterschiedlichen Methodologien spricht. Das führt zum wichtigsten Punkt in der Moderation: Vertrauen. Wenn jeder jede Methode, die jeder Wissenschaftszweig anwendet, verstehen wollte, wäre dies mit einem enormen Aufwand an Ressourcen verbunden. Mangelndes Verständnis kann also alternativ durch Vertrauen überwunden werden, das oft in gemeinsamen Erfahrungen wurzelt. Gegenwärtig wird die Bedeutung von Moderation zunehmend anerkannt, doch muss dies auch die ontologischen Herausforderungen berücksichtigen, denen sich Wissenschaftler gegenübersehen, wenn sie versuchen, mit gemischten Methoden zu forschen. <br />
<br />
<br />
== Interpretation und Überzeugungen - ontologische Probleme ==<br />
Ein Großteil der aktuellen Forschung ist in bestimmte Wissenschaftstheorien eingebettet, und viele Wissenschaftler sind sich nicht einmal bewusst, zu welcher Wissenschaftstheorie sie gezählt werden. Trotz zunehmender [[Bias and Critical Thinking|Kritik am Positivismus]] fällt ein Großteil der aktuellen Wissensproduktion immer noch in diese Domäne, und das schafft auch Probleme der Mixed-Methods-Forschung. Der Positivismus schafft nicht nur eine Rangordnung, in der einige Formen der Wissenschaft - zumindest indirekt - als unterschiedlich wertvoll angesehen werden. Der Positivismus erhebt auch den Anspruch, objektive Wahrheiten zu erzeugen, was - nicht überraschend - ein Problem schafft, wenn andere Bereiche der Wissenschaft ebenfalls den Anspruch erheben, objektive Wahrheiten über dieselben Mechanismen, Entitäten und Muster zu erzeugen. Die moderne Wissenschaft muss eine aktive und reflexive Wissenschaftstheorie integrieren, und einige würden argumentieren, dass dies auch eine Integration der Ethik erfordert. Wie sonst sollten wir das Wissen, das die Wissenschaft produziert, bewerten, wenn wir nicht versuchen, durch verschiedene ontologische Linsen zu bewerten, ob es tatsächlich Sinn macht? '''Es gibt eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Wissensproduktion und der Art und Weise, wie wir ihr einen Sinn geben.''' In jüngster Zeit wurde hervorgehoben, dass es einige Dimensionen des Wissens gibt, die sich auf die Ethik beschränken, was als Argumentation dafür gesehen werden könnte, dass wir ein aktives Wissen über Ethik brauchen, um Verantwortung für unsere Forschungsergebnisse zu übernehmen. Die empirische Forschung ist derzeit meist weit davon entfernt, ethische Verantwortung für ihre Forschungsergebnisse zu beanspruchen, geschweige denn für die Folgen dieser Ergebnisse. Die Zeit wird zeigen, ob die Entkopplung zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen überwunden werden kann. Hierfür kann die Mixed-Methods-Forschung einen wichtigen und effektiven Eckpfeiler darstellen, da sie eine Reflexion durch aktive Forschung ermöglichen kann. Indem wir die Forschung als Grenzobjekt nutzen, um verschiedene Bereiche der Wissenschaft zu überbrücken, können wir unsere Unterschiede überwinden und uns stattdessen auf unsere gemeinsamen Ziele konzentrieren. Es wird sich zeigen, wie schnell sich dies entwickeln kann. <br />
<br />
<br />
== Konkrete Design-Probleme von Mixed Methods ==<br />
Neben den oben hervorgehobenen theoretischen Überlegungen erlauben die [[Design Criteria of Methods (German)|Gestaltungskriterien von Methoden]] eine klarere Identifizierung konkreter Herausforderungen, denen sich die Mixed-Methods-Forschung gegenüber sieht. Indem ich die Gestaltungskriterien Schritt für Schritt durchgehe, möchte ich einige bekannte Probleme hervorheben, muss aber auch darauf hinweisen, dass die Herausforderungen im Moment unendlich erscheinen, da die Mixed-Methods-Forschung erst im Entstehen begriffen ist. <br />
<br />
Die große Kluft zwischen [[:Category:Quantitative|quantitativer]] und [[:Category:Qualitative|qualitativer]] Forschung ist wahrscheinlich die größte Hürde für die Wissenschaft, mit einem seit langem etablierten traditionellen Misstrauen zwischen diesen beiden Bereichen in den meisten Wissenschaftszweigen. Datenformate wurden bereits als ein rein mechanisches Problem erwähnt. Aus der Perspektive der quantitativen Wissenschaft gibt es jedoch mehr Probleme. Die größeren Herausforderungen liegen in einer anderen Richtung: ''Wie können wir quantitatives Wissen in qualitatives Wissen übersetzen, oder zumindest die beiden miteinander verbinden?'' '''Das derzeitige Misstrauen mancher Menschen gegenüber wissenschaftlichen Ergebnissen ist ein komplexes Problem, das verdeutlicht, dass es zwar quantitatives Wissen gibt, dass aber manche Dinge wahrscheinlich am besten durch qualitatives Wissen zu verstehen sind.''' Kontextualisierung, Wahrnehmungen und Transformationswissen sind Herausforderungen, die wir erst beginnen zu entwirren, und längere konzeptionelle Grenzobjekte wie [[Agency, Complexity and Emergence|Agency oder Emergenz]] verdeutlichen die Schwierigkeiten, wenn wir versuchen, Phänomene und Mechanismen zu untersuchen, die wahrscheinlich eine gemischte Methodenagenda erfordern. Selbst die Analogie von Puzzleteilen, die wir betrachten, scheint unzureichend zu sein, weil sie eine materialistische Dimension impliziert, und viel Wissen, das uns fehlt, ist in der Tat vage und implizit.<br />
<br />
Die Kluft zwischen [[:Category:Inductive|induktivem]] und [[:Category:Deductive|deduktivem]] Wissen ist ebenso gravierend, aber wahrscheinlich weniger anerkannt. Heutzutage verlagert sich jedoch ein Großteil der Forschung, die behauptet, deduktiv zu arbeiten, in Richtung einer eher abduktiven Agenda, während sie immer noch in Denkschulen eingebettet ist, die behaupten, deduktiv zu sein. Dies schafft einen tiefen Riss in Bezug auf die Gültigkeit von Wissen, da gerade die Positivisten und ihre deduktiven Ansätze die höchste Gültigkeit für das von ihnen geschaffene Wissen beanspruchen. Man könnte sogar behaupten, dass positivistisches Wissen ein starkes System der Bewertung, wenn nicht gar des Urteils, über einzelne Wissensformen beinhaltet, wobei man sich fragen könnte, was der Zweck dieser Bewertungen eigentlich ist? Trotz dieser Konflikte wird immer deutlicher, dass deduktives Wissen mit [[Questioning the status quo in methods (German)|schwerwiegenden Problemen (z.B. der Reproduzierbarkeitskrise)]] konfrontiert ist, und darüber hinaus wird immer deutlicher, dass viele der Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht allein durch deduktive Wissensproduktion beantwortet werden können. '''Die Kluft zwischen deduktivem und induktivem Wissen wird mit der Zeit immer tiefer, doch der Brückenschlag zwischen beiden durch abduktives Wissen schafft eine Verbindung, die sich langsam verbreitert.''' Die Zeit wird zeigen, ob beide Domänen von ihrem hohen Ross herunterkommen und die Stärken des jeweils anderen schätzen und gleichzeitig die eigenen Schwächen anerkennen können. <br />
<br />
Die Integration von räumlichen Skalen ist ein offensichtliches Problem in der Mixed-Methods-Forschung, und die Beispiele sind fast zu zahlreich, um überhaupt einen sinnvollen Ansatzpunkt zu finden. Globale Lieferketten können als Beispiel dienen, wo die Bedürfnisse und Wünsche von Individuen Welleneffekte auf einer globalen Skala erzeugen, wobei Organisationen, Länder und Kooperationen Beispiele für wichtige Vermittler zwischen diesen beiden Skalen sind. Diese Dynamik schafft eine Komplexität, die sich nur langsam entfaltet, und die anhaltende Kluft zwischen Mikro- und Makroökonomie zeigt, dass viele Formen von Wissen integriert werden müssen und die Beziehungen zwischen verschiedenen Methoden noch weitgehend unklar sind. Ein weiteres prominentes Beispiel ist die Beziehung zwischen der globalen Biodiversitätskrise und lokalen Schutzmaßnahmen. Zwar gibt es eine sich abzeichnende Agenda, und auch politische Bemühungen sind im Gange, aber es ist noch ein weiter Weg von einem gekapselten System hin zu einem aktiven Wissensaustausch über räumliche Skalen hinweg. <br />
<br />
Das letzte hier genannte Design-Kriterium ist die Zeit. Aus vielen Gründen konzentriert sich die Wissenschaft stark auf das Wissen über die Gegenwart. Während in den letzten Jahrzehnten eine stärkere Anerkennung von Wissen über die Zukunft aufkam und es auch eine lange Tradition gibt, Wissen über die Vergangenheit zu erforschen, sind alle diese Bereiche typischerweise nicht miteinander verbunden. Dies ist - wiederum - in den unterschiedlichen Wissensdomänen begründet, zeigt aber auch die Isolation bestimmter Disziplinen, die entweder [[:Category:Past|die Vergangenheit]], [[:Category:Present|die Gegenwart]] oder [[:Category:Future|die Zukunft]] erforschen. Es ist klar, dass sich ein Historiker nicht unbedingt mit einem Politiker zusammentun würde, dennoch scheint es angesichts der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, notwendig. Es wird noch zu erarbeiten sein, wie wir diese verschiedenen Wissensbereiche und Agenden integrieren können. <br />
<br />
<br />
== Metaphern für Mixed Methods ==<br />
==== Bokeh ====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.24.14.png|right|frameless]]<br />
Auf dem Bild rechts können wir eine Person sehr deutlich erkennen. Wir können viele Details dieser Person erkennen, wie z.B. die Kleidung, einen nicht zu billigen Regenschirm und vieles mehr. Wir können auch sehen, dass sie sich offensichtlich in einem Teil der Welt befindet, wo es regnet, wo es öffentliche Verkehrsmittel gibt (sowohl Straßenbahn als auch Busse), wir sehen hohe Gebäude, aber auch niedrige Gebäude, Verkehr, Straßenlaternen - also viele Informationen, die trotz der Unschärfe dargestellt werden können.<br />
<br />
Eine der schönsten Metaphern für die Verknüpfung von Methoden ist das japanische Wort ''Bokeh''. ''Bokeh'' bedeutet im Grunde 'Tiefenschärfe', was der Effekt ist, wenn man ein wirklich schönes Kameraobjektiv hat und die Blende - die Öffnung des Objektivs - sehr weit hält. Fotos, die mit dieser Einstellung gemacht werden, haben typischerweise einen laserscharfen Vordergrund und einen schön verschwommenen Hintergrund. Sie haben eine sehr scharfe Entfernungsebene, und die andere Ebene ist wie eine verwaschene Aquarellmatrix. Ein Profifotograf oder Technikfreak wird ein solches Foto mit einem "Wow, schönes Bokeh" würdigen. Designs mit gemischten Methoden können auf ähnliche Weise aufgebaut werden. '''Während Sie eine Methode haben, die sich auf etwas im Vordergrund konzentriert, können Sie mit anderen Methoden den Hintergrund unscharf erkennen.''' Das Aushandeln und Erarbeiten der Rolle jeder Methode in einem Mixed-Methods-Setting ist zentral, um zu klären, welche Methode welche Tiefe und welchen Fokus verlangt, um dem Gleichnis der Fotografie zu folgen. Viel zu oft verlangen wir, dass jede Methode in einem Mixed-Methods-Design den gleichen Stellenwert hat. In den meisten Fällen bin ich mir nicht sicher, ob dies tatsächlich möglich oder sogar wünschenswert ist. Stattdessen würde ich vorschlagen, sich an das ''Bokeh''-Design zu halten und das, was im Vordergrund ist, mit dem, was im Hintergrund ist, zu harmonisieren. Statistiken können Ihnen einige allgemeine Informationen über das Setting einer Fallstudie und deren Hintergrund geben, aber tiefgehende offene Interviews können den Fokus und die Tiefe ermöglichen, die notwendig sind, um die Dynamik in einer Fallstudie wirklich zu verstehen.<br />
<br />
Ein Beispiel für eine Arbeit, in der viele Informationen analysiert wurden, die miteinander verknüpft sind, ist Hanspach et al. 2014, die Szenarien, Kausalschleifenanalyse, GIS und viele weitere methodische Ansätze enthält, die miteinander verknüpft sind (siehe Additional Information).<br />
<br />
==== Malerei ====<br />
Ein weiteres Beispiel für eine Metapher, die helfen kann, einen Mixed-Methods-Ansatz zu verstehen, ist die klassische Landschaftsmalerei. Man versucht, alle Details einer Landschaft in ein Gemälde aufzunehmen, lässt dabei unzählige Details weg und verallgemeinert einige Informationen zu etwas ganz anderem. Das Setting kann recht konstruiert sein, mit einer Leinwand, einer bestimmten Perspektive, einigen Pinseln und einer Palette von Farben. Doch schon die Betrachtung der Farbvielfalt zeigt, auf welch unterschiedliche Weise die natürlichen Farben angenähert werden können. Bevor die chemische Industrie florierte, haben Maler große Anstrengungen unternommen, um bestimmte Farben zu erhalten, oft zu einem hohen Preis. Doch Analysen solcher Gemälde zeigen uns die Überlegenheit dieser Farben, und wie viele solcher Gemälde den Test der Zeit bestehen. Eine andere Sache ist die Art und Weise, wie viele Maler malen, vielleicht indem sie zuerst Ideen skizzieren, Kohleskizzen anfertigen und mit Perspektiven experimentieren. Farbe wurde oft nicht nur gemischt, sondern auch in Schichten aufgetragen. Pinseltechniken waren oft ein wesentlicher Bestandteil des spezifischen Charakters eines Gemäldes. Berücksichtigen Sie nun all diese Details bei der Betrachtung der wissenschaftlichen Methoden. Genau wie die Landschaftsmalerei können wissenschaftliche Methoden eine Kombination aus einer Leinwand, einigen Pinseln und ein paar Farben sein. Doch betrachten Sie die Vielfalt der Malerei, die wir heute kennen, und vergleichen Sie diese mit der Vielfalt der Erkenntnisse, die wir gewinnen können, wenn wir eine etwas andere Methode mit einer anderen Perspektive kombinieren. Was, wenn eine bestimmte Technik zur Dokumentation von Daten zu neuen Erkenntnissen führen kann? Und wie können wir unsere Palette verändern, um eine andere Darstellung der Realität zu erhalten? Und, nicht zuletzt, wie fügt sich unser Wissen in bereits vorhandenes Wissen ein? Viele Maler wurden stark von anderen Malern beeinflusst, und Denkschulen lassen sich in Gemälden sehr gut nachvollziehen und stehen im Fokus diverser Forschungsformen.<br />
<br />
'''Integration, Reflexion und Normativität sind Komponenten der Methodologie, die sich langsam durchsetzen.''' Während der Tiefenfokus wahrscheinlich die Hauptstrategie der meisten Forscher bleiben wird, verlangen die "wicked problems", mit denen wir derzeit konfrontiert sind, nach neuen Ansätzen, um eine Transformation zu ermöglichen und die damit verbundenen Mechanismen und Strukturen zu untersuchen. Vieles ist noch unbekannt, und wir müssen die Fokussierung auf Ressourcen, die Ansprüche von Wissenschaftlern, das Wissen anderer Wissenschaftler zu bewerten und zu beurteilen, und nicht zuletzt die tiefe Verankerung der wissenschaftlichen Disziplinen, wenn es um ihre unterschiedlichen Methoden geht, überwinden. <br />
<br />
Um Nietzsche zu zitieren: "Nie gab es eine so neue Morgenröte und einen so klaren Horizont, und ein so offenes Meer."<br />
<br />
<br />
== Additional Information ==<br />
* Hanspach et al. 2014. ''A holistic approach to studying social-ecological systems and its application to southern Transylvania''. Ecology and Society 19(4): 32.<br />
Zeigt eine Kombination verschiedener Methoden in empirischer Forschung auf, darunter Scenario Planning, GIS, Causal-Loop Diagrams).<br />
<br />
* Schreier, M. & Odag, Ö. ''Mixed Methods.'' In: G. Mey K. Mruck (Hrsg.). ''Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010. 263-277.<br />
Eine gute Einführung in das Mixed Methods-Konzept.<br />
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The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Mixed_Methods_(German)&diff=6520Mixed Methods (German)2022-01-27T18:36:58Z<p>Imi: /* Was sind Mixed Methods? */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Mixed Methods]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' In diesem Eintrag geht es um die Kombination unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden und was dabei zu beachten ist.<br />
<br />
__TOC__<br />
<br />
== Was sind Mixed Methods? ==<br />
"Mixed Methods (...) bezeichnet im weitesten Sinne die Kombination von Elementen eines qualitativen und eines quantitativen Forschungsansatzes innerhalb einer Untersuchung oder mehrerer aufeinander bezogener Untersuchungen. Die Kombination kann sich dabei auf die zugrunde liegende wissenschaftstheoretische Position und die Fragestellung, auf die Methoden der Datenerhebung oder der -auswertung oder auch auf die Verfahren der Interpretation und der Qualitätssicherung beziehen." (Schreier & Odag, p.263, Definition in Anlehnung an Johnson, Onwuegbuzie & Turner 2007, S.123)<br />
<br />
Mixed Methods sind fast so etwas wie eine Standardantwort auf jedes beliebige Problem geworden, das Forscher*innen als außerhalb des Bereichs der normalen Wissenschaft liegend definieren. Heutzutage sind Mixed Methods fast wie ein Mantra, ein Glaubensbekenntnis, eine Bestätigung der eigenen Offenheit und die Anerkennung von Vielfalt. Man könnte von einer Verwirrung in Bezug auf Mixed Methods sprechen, wo Forscher*innen über Ontologie (wie wir unser Wissen über die Welt deuten) sprechen, wenn sie eigentlich über Epistemologie (wie wir Wissen über die Welt erzeugen) sprechen sollten; die Rede von gemischten Methoden driftet in einen Kategorienfehler ab, der dann zu einem kategorialen Fehler wird. Mixed Methods sind die Mondfahrt der modernen Wissenschaft, sie werden proklamiert, in Aussicht gestellt und immer wieder hervorgehoben, aber die Frage ist nun: ''Wie kommen wir zum Mond der gemischten Methoden?''<br />
<br />
== Wissensintegration - epistemologische Probleme ==<br />
Die erste Reihe von Herausforderungen beim Versuch, Mixed Methods in die Realität umzusetzen, sind epistemologische Probleme. Zu den profansten, aber weitgehend ungelösten Fragen gehört die Integration unterschiedlicher Datenformate. Wir können zwar Daten in qualitative und quantitative Informationen in Tabellen kodieren, aber das kann der Vielfalt des Wissens innerhalb der Wissenschaft kaum gerecht werden. Auch die Integration von Daten innerhalb von Tabellen wirft viele ungelöste Probleme auf. Zum Beispiel können unterschiedliche Methoden nicht nur ein unterschiedliches Verständnis, sondern auch divergierende Angaben zu Validität und Plausibilität haben. Während diese im Bereich quantitativer Daten, aber auch in der Logik von zentraler Bedeutung sind, können Validität und Plausibilität wiederum völlig falsche Kriterien sein, wenn es um Wissen aus qualitativen Bereichen geht, wo Kontext und Übertragbarkeit - oder deren Mangel - relevanter sind. Einige Formen des Wissens sind für Viele wichtig, während andere Formen des Wissens für Wenige wichtig sind. Dennoch sind diese Formen des Wissens wichtig, und die Wissenschaft ignoriert die bestehende Vielfalt oft stärker, als sie es sollte. <br />
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Dies ist zwar an sich eine triviale Aussage, aber sie verdeutlicht, wie unterschiedliche Formen des Diskurses und der Wissensproduktion historisch verwurzelt und mehr oder weniger in Denkschulen verfestigt sind. '''Es gibt eine zunehmende Tendenz in der Forschung, zu versuchen, Verbindungen zwischen verschiedenen Wissensdomänen herzustellen, was oft eine Grundlage für methodologische Innovationen ist'''. Dies verlangt nicht nur mehr Anstrengungen von Forschern, die dies versuchen, sondern kann auch dazu führen, dass Forscher von beiden Gemeinschaften abgelehnt werden, weil sie sich mit 'den Anderen' vermischen. Dies macht deutlich, wie wichtig eine [[Scientific methods and societal paradigms (German)|'Geschichte von Ideen]]' ist, innerhalb derer wir unsere epistemologische Identität verorten, sie klar benennen und darüber reflektieren können. Damit wird auch deutlich, wie wichtig es ist, Gräben zu überbrücken. Andernfalls wird die Kommunikation schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Wir müssen verstehen, dass alle Teile der Wissenschaft Teile des Problems betrachten, aber [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Emergenz]] ist etwas, das idealerweise auf der Integration zwischen verschiedenen Teilen der Wissenschaft aufgebaut ist.<br />
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== Moderation - die Lücke zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen ==<br />
Um eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen und die epistemologischen Herausforderungen mit den ontologischen Problemen zu überbrücken, wird Moderation zu einem zentralen Bestandteil der Mixed-Methods-Forschung. Dies erfordert vor allem die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Positionalität und die Reflexion über eine kritische Positionierung in der [[History of Methods (German)|Wissenschaftsgeschichte]]. Andernfalls werden die Grenzen des Wissens im jeweiligen Wissenschaftsbereich oft ignoriert, was zu einer falschen Anerkennung dieser Grenzen führt. '''Viele Konflikte zwischen verschiedenen Disziplinen und deren methodischen Erkenntnistheorien sind nichts anderes als eine unreflektierte Ablehnung des Unbekannten.''' Es kostet also Zeit und Mühe, sich nicht nur innerhalb des Kanons der Wissensproduktion zu verorten, sondern auch andere Wissensformen zu schätzen und zu würdigen. Eine einfache Einteilung in ein ''besser oder schlechter'' zeigt die Unzulänglichkeiten unseres Verständnisses bezüglich der [[Normativity of Methods|Normativität von Methoden]] auf. <br />
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Ein Beispiel für ein greifbares Problem bei der Moderation zwischen verschiedenen Forschenden, die unterschiedliche wissenschaftliche Methoden verwenden, ist die Sprache. Missverständnisse beruhen manchmal einfach auf mangelndem Verständnis, ganz wörtlich in der Wortwahl und im Jargon. Im Extremfall verwenden manche Disziplinen sogar die gleichen Methoden, ohne dies zu bemerken, weil die einzelnen methodischen Entwicklungen zu unterschiedlichen Bezeichnungen für die gleichen Details der jeweiligen Methodik geführt haben. Stellen Sie sich vor, wie diese Herausforderungen exponentiell zunehmen, wenn man überhaupt von unterschiedlichen Methodologien spricht. Das führt zum wichtigsten Punkt in der Moderation: Vertrauen. Wenn jeder jede Methode, die jeder Wissenschaftszweig anwendet, verstehen wollte, wäre dies mit einem enormen Aufwand an Ressourcen verbunden. Mangelndes Verständnis kann also alternativ durch Vertrauen überwunden werden, das oft in gemeinsamen Erfahrungen wurzelt. Gegenwärtig wird die Bedeutung von Moderation zunehmend anerkannt, doch muss dies auch die ontologischen Herausforderungen berücksichtigen, denen sich Wissenschaftler gegenübersehen, wenn sie versuchen, mit gemischten Methoden zu forschen. <br />
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== Interpretation und Überzeugungen - ontologische Probleme ==<br />
Ein Großteil der aktuellen Forschung ist in bestimmte Wissenschaftstheorien eingebettet, und viele Wissenschaftler sind sich nicht einmal bewusst, zu welcher Wissenschaftstheorie sie gezählt werden. Trotz zunehmender [[Bias and Critical Thinking|Kritik am Positivismus]] fällt ein Großteil der aktuellen Wissensproduktion immer noch in diese Domäne, und das schafft auch Probleme der Mixed-Methods-Forschung. Der Positivismus schafft nicht nur eine Rangordnung, in der einige Formen der Wissenschaft - zumindest indirekt - als unterschiedlich wertvoll angesehen werden. Der Positivismus erhebt auch den Anspruch, objektive Wahrheiten zu erzeugen, was - nicht überraschend - ein Problem schafft, wenn andere Bereiche der Wissenschaft ebenfalls den Anspruch erheben, objektive Wahrheiten über dieselben Mechanismen, Entitäten und Muster zu erzeugen. Die moderne Wissenschaft muss eine aktive und reflexive Wissenschaftstheorie integrieren, und einige würden argumentieren, dass dies auch eine Integration der Ethik erfordert. Wie sonst sollten wir das Wissen, das die Wissenschaft produziert, bewerten, wenn wir nicht versuchen, durch verschiedene ontologische Linsen zu bewerten, ob es tatsächlich Sinn macht? '''Es gibt eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Wissensproduktion und der Art und Weise, wie wir ihr einen Sinn geben.''' In jüngster Zeit wurde hervorgehoben, dass es einige Dimensionen des Wissens gibt, die sich auf die Ethik beschränken, was als Argumentation dafür gesehen werden könnte, dass wir ein aktives Wissen über Ethik brauchen, um Verantwortung für unsere Forschungsergebnisse zu übernehmen. Die empirische Forschung ist derzeit meist weit davon entfernt, ethische Verantwortung für ihre Forschungsergebnisse zu beanspruchen, geschweige denn für die Folgen dieser Ergebnisse. Die Zeit wird zeigen, ob die Entkopplung zwischen dem Epistemologischen und dem Ontologischen überwunden werden kann. Hierfür kann die Mixed-Methods-Forschung einen wichtigen und effektiven Eckpfeiler darstellen, da sie eine Reflexion durch aktive Forschung ermöglichen kann. Indem wir die Forschung als Grenzobjekt nutzen, um verschiedene Bereiche der Wissenschaft zu überbrücken, können wir unsere Unterschiede überwinden und uns stattdessen auf unsere gemeinsamen Ziele konzentrieren. Es wird sich zeigen, wie schnell sich dies entwickeln kann. <br />
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== Konkrete Design-Probleme von Mixed Methods ==<br />
Neben den oben hervorgehobenen theoretischen Überlegungen erlauben die [[Design Criteria of Methods (German)|Gestaltungskriterien von Methoden]] eine klarere Identifizierung konkreter Herausforderungen, denen sich die Mixed-Methods-Forschung gegenüber sieht. Indem ich die Gestaltungskriterien Schritt für Schritt durchgehe, möchte ich einige bekannte Probleme hervorheben, muss aber auch darauf hinweisen, dass die Herausforderungen im Moment unendlich erscheinen, da die Mixed-Methods-Forschung erst im Entstehen begriffen ist. <br />
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Die große Kluft zwischen [[:Category:Quantitative|quantitativer]] und [[:Category:Qualitative|qualitativer]] Forschung ist wahrscheinlich die größte Hürde für die Wissenschaft, mit einem seit langem etablierten traditionellen Misstrauen zwischen diesen beiden Bereichen in den meisten Wissenschaftszweigen. Datenformate wurden bereits als ein rein mechanisches Problem erwähnt. Aus der Perspektive der quantitativen Wissenschaft gibt es jedoch mehr Probleme. Die größeren Herausforderungen liegen in einer anderen Richtung: ''Wie können wir quantitatives Wissen in qualitatives Wissen übersetzen, oder zumindest die beiden miteinander verbinden?'' '''Das derzeitige Misstrauen mancher Menschen gegenüber wissenschaftlichen Ergebnissen ist ein komplexes Problem, das verdeutlicht, dass es zwar quantitatives Wissen gibt, dass aber manche Dinge wahrscheinlich am besten durch qualitatives Wissen zu verstehen sind.''' Kontextualisierung, Wahrnehmungen und Transformationswissen sind Herausforderungen, die wir erst beginnen zu entwirren, und längere konzeptionelle Grenzobjekte wie [[Agency, Complexity and Emergence|Agency oder Emergenz]] verdeutlichen die Schwierigkeiten, wenn wir versuchen, Phänomene und Mechanismen zu untersuchen, die wahrscheinlich eine gemischte Methodenagenda erfordern. Selbst die Analogie von Puzzleteilen, die wir betrachten, scheint unzureichend zu sein, weil sie eine materialistische Dimension impliziert, und viel Wissen, das uns fehlt, ist in der Tat vage und implizit.<br />
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Die Kluft zwischen [[:Category:Inductive|induktivem]] und [[:Category:Deductive|deduktivem]] Wissen ist ebenso gravierend, aber wahrscheinlich weniger anerkannt. Heutzutage verlagert sich jedoch ein Großteil der Forschung, die behauptet, deduktiv zu arbeiten, in Richtung einer eher abduktiven Agenda, während sie immer noch in Denkschulen eingebettet ist, die behaupten, deduktiv zu sein. Dies schafft einen tiefen Riss in Bezug auf die Gültigkeit von Wissen, da gerade die Positivisten und ihre deduktiven Ansätze die höchste Gültigkeit für das von ihnen geschaffene Wissen beanspruchen. Man könnte sogar behaupten, dass positivistisches Wissen ein starkes System der Bewertung, wenn nicht gar des Urteils, über einzelne Wissensformen beinhaltet, wobei man sich fragen könnte, was der Zweck dieser Bewertungen eigentlich ist? Trotz dieser Konflikte wird immer deutlicher, dass deduktives Wissen mit [[Questioning the status quo in methods (German)|schwerwiegenden Problemen (z.B. der Reproduzierbarkeitskrise)]] konfrontiert ist, und darüber hinaus wird immer deutlicher, dass viele der Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht allein durch deduktive Wissensproduktion beantwortet werden können. '''Die Kluft zwischen deduktivem und induktivem Wissen wird mit der Zeit immer tiefer, doch der Brückenschlag zwischen beiden durch abduktives Wissen schafft eine Verbindung, die sich langsam verbreitert.''' Die Zeit wird zeigen, ob beide Domänen von ihrem hohen Ross herunterkommen und die Stärken des jeweils anderen schätzen und gleichzeitig die eigenen Schwächen anerkennen können. <br />
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Die Integration von räumlichen Skalen ist ein offensichtliches Problem in der Mixed-Methods-Forschung, und die Beispiele sind fast zu zahlreich, um überhaupt einen sinnvollen Ansatzpunkt zu finden. Globale Lieferketten können als Beispiel dienen, wo die Bedürfnisse und Wünsche von Individuen Welleneffekte auf einer globalen Skala erzeugen, wobei Organisationen, Länder und Kooperationen Beispiele für wichtige Vermittler zwischen diesen beiden Skalen sind. Diese Dynamik schafft eine Komplexität, die sich nur langsam entfaltet, und die anhaltende Kluft zwischen Mikro- und Makroökonomie zeigt, dass viele Formen von Wissen integriert werden müssen und die Beziehungen zwischen verschiedenen Methoden noch weitgehend unklar sind. Ein weiteres prominentes Beispiel ist die Beziehung zwischen der globalen Biodiversitätskrise und lokalen Schutzmaßnahmen. Zwar gibt es eine sich abzeichnende Agenda, und auch politische Bemühungen sind im Gange, aber es ist noch ein weiter Weg von einem gekapselten System hin zu einem aktiven Wissensaustausch über räumliche Skalen hinweg. <br />
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Das letzte hier genannte Design-Kriterium ist die Zeit. Aus vielen Gründen konzentriert sich die Wissenschaft stark auf das Wissen über die Gegenwart. Während in den letzten Jahrzehnten eine stärkere Anerkennung von Wissen über die Zukunft aufkam und es auch eine lange Tradition gibt, Wissen über die Vergangenheit zu erforschen, sind alle diese Bereiche typischerweise nicht miteinander verbunden. Dies ist - wiederum - in den unterschiedlichen Wissensdomänen begründet, zeigt aber auch die Isolation bestimmter Disziplinen, die entweder [[:Category:Past|die Vergangenheit]], [[:Category:Present|die Gegenwart]] oder [[:Category:Future|die Zukunft]] erforschen. Es ist klar, dass sich ein Historiker nicht unbedingt mit einem Politiker zusammentun würde, dennoch scheint es angesichts der Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, notwendig. Es wird noch zu erarbeiten sein, wie wir diese verschiedenen Wissensbereiche und Agenden integrieren können. <br />
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== Metaphern für Mixed Methods ==<br />
==== Bokeh ====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.24.14.png|right|frameless]]<br />
Auf dem Bild rechts können wir eine Person sehr deutlich erkennen. Wir können viele Details dieser Person erkennen, wie z.B. die Kleidung, einen nicht zu billigen Regenschirm und vieles mehr. Wir können auch sehen, dass sie sich offensichtlich in einem Teil der Welt befindet, wo es regnet, wo es öffentliche Verkehrsmittel gibt (sowohl Straßenbahn als auch Busse), wir sehen hohe Gebäude, aber auch niedrige Gebäude, Verkehr, Straßenlaternen - also viele Informationen, die trotz der Unschärfe dargestellt werden können.<br />
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Eine der schönsten Metaphern für die Verknüpfung von Methoden ist das japanische Wort ''Bokeh''. ''Bokeh'' bedeutet im Grunde 'Tiefenschärfe', was der Effekt ist, wenn man ein wirklich schönes Kameraobjektiv hat und die Blende - die Öffnung des Objektivs - sehr weit hält. Fotos, die mit dieser Einstellung gemacht werden, haben typischerweise einen laserscharfen Vordergrund und einen schön verschwommenen Hintergrund. Sie haben eine sehr scharfe Entfernungsebene, und die andere Ebene ist wie eine verwaschene Aquarellmatrix. Ein Profifotograf oder Technikfreak wird ein solches Foto mit einem "Wow, schönes Bokeh" würdigen. Designs mit gemischten Methoden können auf ähnliche Weise aufgebaut werden. '''Während Sie eine Methode haben, die sich auf etwas im Vordergrund konzentriert, können Sie mit anderen Methoden den Hintergrund unscharf erkennen.''' Das Aushandeln und Erarbeiten der Rolle jeder Methode in einem Mixed-Methods-Setting ist zentral, um zu klären, welche Methode welche Tiefe und welchen Fokus verlangt, um dem Gleichnis der Fotografie zu folgen. Viel zu oft verlangen wir, dass jede Methode in einem Mixed-Methods-Design den gleichen Stellenwert hat. In den meisten Fällen bin ich mir nicht sicher, ob dies tatsächlich möglich oder sogar wünschenswert ist. Stattdessen würde ich vorschlagen, sich an das ''Bokeh''-Design zu halten und das, was im Vordergrund ist, mit dem, was im Hintergrund ist, zu harmonisieren. Statistiken können Ihnen einige allgemeine Informationen über das Setting einer Fallstudie und deren Hintergrund geben, aber tiefgehende offene Interviews können den Fokus und die Tiefe ermöglichen, die notwendig sind, um die Dynamik in einer Fallstudie wirklich zu verstehen.<br />
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Ein Beispiel für eine Arbeit, in der viele Informationen analysiert wurden, die miteinander verknüpft sind, ist Hanspach et al. 2014, die Szenarien, Kausalschleifenanalyse, GIS und viele weitere methodische Ansätze enthält, die miteinander verknüpft sind (siehe Additional Information).<br />
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==== Malerei ====<br />
Ein weiteres Beispiel für eine Metapher, die helfen kann, einen Mixed-Methods-Ansatz zu verstehen, ist die klassische Landschaftsmalerei. Man versucht, alle Details einer Landschaft in ein Gemälde aufzunehmen, lässt dabei unzählige Details weg und verallgemeinert einige Informationen zu etwas ganz anderem. Das Setting kann recht konstruiert sein, mit einer Leinwand, einer bestimmten Perspektive, einigen Pinseln und einer Palette von Farben. Doch schon die Betrachtung der Farbvielfalt zeigt, auf welch unterschiedliche Weise die natürlichen Farben angenähert werden können. Bevor die chemische Industrie florierte, haben Maler große Anstrengungen unternommen, um bestimmte Farben zu erhalten, oft zu einem hohen Preis. Doch Analysen solcher Gemälde zeigen uns die Überlegenheit dieser Farben, und wie viele solcher Gemälde den Test der Zeit bestehen. Eine andere Sache ist die Art und Weise, wie viele Maler malen, vielleicht indem sie zuerst Ideen skizzieren, Kohleskizzen anfertigen und mit Perspektiven experimentieren. Farbe wurde oft nicht nur gemischt, sondern auch in Schichten aufgetragen. Pinseltechniken waren oft ein wesentlicher Bestandteil des spezifischen Charakters eines Gemäldes. Berücksichtigen Sie nun all diese Details bei der Betrachtung der wissenschaftlichen Methoden. Genau wie die Landschaftsmalerei können wissenschaftliche Methoden eine Kombination aus einer Leinwand, einigen Pinseln und ein paar Farben sein. Doch betrachten Sie die Vielfalt der Malerei, die wir heute kennen, und vergleichen Sie diese mit der Vielfalt der Erkenntnisse, die wir gewinnen können, wenn wir eine etwas andere Methode mit einer anderen Perspektive kombinieren. Was, wenn eine bestimmte Technik zur Dokumentation von Daten zu neuen Erkenntnissen führen kann? Und wie können wir unsere Palette verändern, um eine andere Darstellung der Realität zu erhalten? Und, nicht zuletzt, wie fügt sich unser Wissen in bereits vorhandenes Wissen ein? Viele Maler wurden stark von anderen Malern beeinflusst, und Denkschulen lassen sich in Gemälden sehr gut nachvollziehen und stehen im Fokus diverser Forschungsformen.<br />
<br />
'''Integration, Reflexion und Normativität sind Komponenten der Methodologie, die sich langsam durchsetzen.''' Während der Tiefenfokus wahrscheinlich die Hauptstrategie der meisten Forscher bleiben wird, verlangen die "wicked problems", mit denen wir derzeit konfrontiert sind, nach neuen Ansätzen, um eine Transformation zu ermöglichen und die damit verbundenen Mechanismen und Strukturen zu untersuchen. Vieles ist noch unbekannt, und wir müssen die Fokussierung auf Ressourcen, die Ansprüche von Wissenschaftlern, das Wissen anderer Wissenschaftler zu bewerten und zu beurteilen, und nicht zuletzt die tiefe Verankerung der wissenschaftlichen Disziplinen, wenn es um ihre unterschiedlichen Methoden geht, überwinden. <br />
<br />
Um Nietzsche zu zitieren: "Nie gab es eine so neue Morgenröte und einen so klaren Horizont, und ein so offenes Meer."<br />
<br />
<br />
== Additional Information ==<br />
* Hanspach et al. 2014. ''A holistic approach to studying social-ecological systems and its application to southern Transylvania''. Ecology and Society 19(4): 32.<br />
Zeigt eine Kombination verschiedener Methoden in empirischer Forschung auf, darunter Scenario Planning, GIS, Causal-Loop Diagrams).<br />
<br />
* Schreier, M. & Odag, Ö. ''Mixed Methods.'' In: G. Mey K. Mruck (Hrsg.). ''Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010. 263-277.<br />
Eine gute Einführung in das Mixed Methods-Konzept.<br />
----<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6519Transdisciplinarity (German)2022-01-27T18:32:02Z<p>Imi: /* Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
<br />
__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt" (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit" (Gibbons 1994, S.68).<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteur*innen berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
<br />
'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
<br />
== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
<br />
==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteur*innen sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteur*innen von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteur*innen, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftler*innen skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker*innen und Interessenvertreter*innen hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter*innen darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer*innen zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteur*innen im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder*innen werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteur*innen (Stakeholder*innen) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder*innen liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder*innen kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteur*innen in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder*innen in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholder*innen die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu miteinzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler*innen über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Angler*innen modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
<br />
* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher*innen zunächst einen Workshop mit Interessenvertreter*innen durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteur*innen. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter*innen zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forscher*innen in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertreter*innen iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autor*innen einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktor*innen der Koalition der Schweinezüchter*innen sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchter*innen und Mitarbeiter*innen der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter*innen gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter*innen generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
<br />
== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteur*innen in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein" (Stock & Burton 2011, S.1106).<br />
<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
<br />
Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6518Transdisciplinarity (German)2022-01-27T18:25:18Z<p>Imi: /* Beispiele */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
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__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt" (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit" (Gibbons 1994, S.68).<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteur*innen berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
<br />
'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
<br />
== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
<br />
==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteur*innen sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteur*innen von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteur*innen, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftler*innen skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker*innen und Interessenvertreter*innen hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter*innen darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer*innen zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteur*innen im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder*innen werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteur*innen (Stakeholder*innen) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder*innen liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder*innen kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteur*innen in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder*innen in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholder*innen die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu miteinzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler*innen über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Angler*innen modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
<br />
* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher*innen zunächst einen Workshop mit Interessenvertreter*innen durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteur*innen. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter*innen zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forscher*innen in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertreter*innen iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autor*innen einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktor*innen der Koalition der Schweinezüchter*innen sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchter*innen und Mitarbeiter*innen der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter*innen gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter*innen generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
<br />
== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein". (Stock & Burton 2011, S.1106)<br />
<br />
<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
<br />
Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6517Transdisciplinarity (German)2022-01-27T12:00:28Z<p>Imi: /* Agency */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
<br />
__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt" (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit" (Gibbons 1994, S.68).<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteur*innen berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
<br />
'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
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== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
<br />
==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteur*innen sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteur*innen von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteur*innen, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftler*innen skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker*innen und Interessenvertreter*innen hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter*innen darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer*innen zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteur*innen im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder*innen werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteur*innen (Stakeholder*innen) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder*innen liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder*innen kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteur*innen in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder*innen in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholder*innen die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu miteinzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Anglern modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
<br />
* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher zunächst einen Workshop mit Interessenvertretern durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteuren. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forschern in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertretern iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autoren einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktoren der Koalition der Schweinezüchter sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchtern und Mitarbeitern der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
<br />
<br />
== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein". (Stock & Burton 2011, S.1106)<br />
<br />
<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
<br />
Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6516Transdisciplinarity (German)2022-01-27T11:57:05Z<p>Imi: /* Herausforderungen */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
<br />
__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt" (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit" (Gibbons 1994, S.68).<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteur*innen berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
<br />
'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
<br />
== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
<br />
==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteur*innen sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteur*innen von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteur*innen, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftler*innen skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker*innen und Interessenvertreter*innen hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter*innen darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer*innen zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteuren im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteuren (Stakeholdern) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteure in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholdern die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu einzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Anglern modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
<br />
* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher zunächst einen Workshop mit Interessenvertretern durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteuren. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forschern in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertretern iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autoren einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktoren der Koalition der Schweinezüchter sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchtern und Mitarbeitern der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
<br />
<br />
== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein". (Stock & Burton 2011, S.1106)<br />
<br />
<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
<br />
Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6515Transdisciplinarity (German)2022-01-27T11:49:36Z<p>Imi: /* Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
<br />
__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt" (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit" (Gibbons 1994, S.68).<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteur*innen berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
<br />
'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
<br />
== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
<br />
==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteur*innen sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteure von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteure, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker und Interessenvertreter hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteuren im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteuren (Stakeholdern) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteure in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholdern die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu einzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Anglern modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
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* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher zunächst einen Workshop mit Interessenvertretern durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteuren. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forschern in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertretern iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autoren einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktoren der Koalition der Schweinezüchter sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchtern und Mitarbeitern der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
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== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein". (Stock & Burton 2011, S.1106)<br />
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<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
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Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
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Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
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<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6514Transdisciplinarity (German)2022-01-27T11:47:13Z<p>Imi: /* Multi-, Inter- und Transdisziplinarität */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
<br />
__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt" (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit". (Gibbons 1994, S.68)<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteure berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
<br />
'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
<br />
<br />
== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
<br />
==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteur*innen sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteure von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteure, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker und Interessenvertreter hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteuren im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteuren (Stakeholdern) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteure in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholdern die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu einzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Anglern modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
<br />
* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher zunächst einen Workshop mit Interessenvertretern durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteuren. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forschern in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertretern iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autoren einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktoren der Koalition der Schweinezüchter sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchtern und Mitarbeitern der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
<br />
<br />
== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein". (Stock & Burton 2011, S.1106)<br />
<br />
<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
<br />
Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6511Transdisciplinarity (German)2022-01-23T10:36:04Z<p>Imi: /* Das ideal-typische Modell */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
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__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt". (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind. (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit". (Gibbons 1994, S.68)<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteure berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
<br />
'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
<br />
<br />
== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
<br />
==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteur*innen sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteure von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteure, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker und Interessenvertreter hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteuren im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteuren (Stakeholdern) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteure in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholdern die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu einzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Anglern modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
<br />
* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher zunächst einen Workshop mit Interessenvertretern durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteuren. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forschern in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertretern iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autoren einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktoren der Koalition der Schweinezüchter sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchtern und Mitarbeitern der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
<br />
<br />
== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein". (Stock & Burton 2011, S.1106)<br />
<br />
<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
<br />
Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Transdisciplinarity_(German)&diff=6510Transdisciplinarity (German)2022-01-23T10:28:08Z<p>Imi: /* Multi-, Inter- und Transdisziplinarität */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This is the German version of this entry. The original, English version can be found here: [[Transdisciplinarity]]. This entry was translated using DeepL and only adapted slightly. Any etymological discussions should be based on the English text.<br />
<br />
'''Kurz und knapp:''' Transdisziplinarität ist ein Forschungsmodus, der häufig in der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung angewendet wird. Der folgende Eintrag stellt den Ansatz, seine Charakteristika und die vorherrschenden Herausforderungen vor und veranschaulicht die Anwendung anhand von Beispielen.<br />
<br />
__TOC__ <br />
<br />
== Multi-, Inter- und Transdisziplinarität ==<br />
Um Transdisziplinarität zu verstehen, ist sie zunächst von Multidisziplinarität und Interdisziplinarität zu unterscheiden. Dies ist insbesondere beim Vergleich deutschsprachiger und englischsprachiger Ressourcen relevant: Das US-amerikanische Verständnis von Transdisziplinarität ist eher mit Interdisziplinarität vergleichbar, während der deutschsprachige Diskurs auf folgenden Unterscheidungen beruht.<br />
<br />
[[File:Disciplinary.png|500px|thumb|right|'''Verschiedene Formen von disziplinärer Kooperation.''' [http://makinggood.design/thoughts/tasty/ Quelle.]]]<br />
* '''Multidisziplinarität''' dreht sich um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen akademischen Disziplinen für ein Forschungsvorhaben. Die Forscher*innen untersuchen dasselbe Thema in einer parallelen Struktur und haben alle ihre unterschiedlichen Ziele und Forschungsfragen. Sie teilen ihr Wissen und vergleichen ihre Ergebnisse und können ihre Ergebnisse auch in einem großen Bericht zusammenfassen, aber die disziplinären Grenzen bleiben grundsätzlich bestehen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Interdisziplinarität''' ist ein Forschungsmodus, der ein höheres Maß an Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen aus verschiedenen, oft eher unverbundenen Disziplinen vorsieht. Disziplinäre Standpunkte werden gekreuzt und integriert, um neue Perspektiven zu entwickeln, um neues Wissen zu schaffen oder bestehendes, disziplinäres Wissen neu zu bewerten. So können beispielsweise Politikwissenschaftler*innen und Ökolog*innen zusammenkommen, um gemeinsam ein umweltpolitisches Thema zu untersuchen. (Stock & Burton 2011)<br />
* '''Transdisziplinarität''' kann als der nächst höhere Schritt angesehen werden. Transdisziplinarität ist "ein reflexives, integratives, methodengesteuertes wissenschaftliches Prinzip, das auf die Lösung oder den Übergang gesellschaftlicher Probleme und gleichzeitig verwandter wissenschaftlicher Probleme durch Differenzierung und Integration von Wissen aus verschiedenen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wissensbeständen abzielt". (Lang et al. 2012, S.26f). Die wichtigsten Merkmale sind hier<br />
** die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft in einem wechselseitigen Lern- und Forschungsprozess, in dem Interessenvertreter*innen (Politiker*innen, Unternehmer*innen, NGO-Vertreter*innen, Bürger*innen usw.) in allen Phasen einbezogen werden, d.h. bei der Formulierung des Problems, der Entwicklung möglicher Lösungen und der Schaffung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass diese Interessenvertreter*innen ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, um die Forschungsperspektive zu erweitern; <br />
** die Konzentration auf Probleme der realen Welt, wie z.B. Fragen nachhaltiger Entwicklung, die nicht nur die akademische Sphäre, sondern auch die Wirtschaft, Kultur und Politik stark beeinflussen und interessieren; sowie <br />
** die Entwicklung von Lösungen für die untersuchten Probleme, die sowohl in wissenschaftliche als auch in praktische Diskurse und Handlungen übertragbar sind. (Stock & Burton 2011, Lang et al. 2012, Arnold & Piontek 2018, Mauser et al. 2013; Ruppert-Winkel et al. 2015).<br />
<br />
== Warum sollte sich (Nachhaltigkeits-)Forschung mit der Öffentlichkeit auseinandersetzen? ==<br />
Im Laufe der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte hat die Differenzierung und Institutionalisierung der wissenschaftlichen Disziplinen es der Wissenschaft ermöglicht, spezifizierte konzeptuelle und methodische Fachkenntnisse zu entwickeln und zu vertiefen und eine eigene Sprache und eigene Themen zu schaffen, die es diesen Disziplinen ermöglicht haben, eine Fülle von aufschlussreichem Wissen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft bereitzustellen (Stock & Burton 2011). '''Es wurde jedoch zunehmend erkannt, dass disziplinäre Standpunkte und Ansätze möglicherweise nicht mehr ausreichen, um die vorherrschenden Herausforderungen zu lösen''', die sich über mehrere wissenschaftliche und gesellschaftliche Bereiche erstrecken. Beispiele hierfür sind ökologische Bedrohungen wie der Verlust der biologischen Vielfalt oder sozio-technologische Herausforderungen wie die Digitalisierung, die die Schaffung neuer theoretischer und empirischer wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch handlungsorientierte Lösungen erfordern, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur usw. Anwendung finden können. Mit seiner bahnbrechenden Veröffentlichung aus dem Jahr 1994 führte Michael Gibbons den Begriff der "Mode-2"-Forschung ein, der diese neu entstehende Form der wissenschaftlichen Untersuchung hervorhebt, die "gekennzeichnet ist durch eine engere Interaktion zwischen wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Modi der Wissensproduktion, durch die Schwächung disziplinärer und institutioneller Grenzen, durch das Entstehen mehr oder weniger vorübergehender Cluster von Experten, die sich oft um große Projekte verschiedener Art gruppieren, und durch die Erweiterung der Kriterien der Qualitätskontrolle und durch eine verstärkte soziale Verantwortlichkeit". (Gibbons 1994, S.68)<br />
<br />
Multi- und interdisziplinäre Forschungsmodi (siehe oben) lösen sich bereits teilweise von disziplinären Grenzen, indem Wissen geteilt und gemeinsam erzeugt wird, aber transdisziplinäre Forschung repräsentiert diese neue Form der Wissensproduktion am besten. Modus-2-Forschung und transdisziplinäre Forschung werden daher oft synonym verwendet. Transdisziplinäre Forschung ermöglicht nicht nur die Schaffung von Systemwissen (Ist-Zustand) und Zielwissen (Soll-Zustand), sondern vor allem von Transformationswissen (wie man dorthin gelangt), das die Anforderungen und Voraussetzungen aller relevanten Akteure berücksichtigt. Transdisziplinäre Forschung ist daher besonders dort von Interesse, wo es an praktischem Wissen über ein spezifisches Problem mangelt, Lösungswege noch nicht bekannt sind und während der gesamten Entwicklung von Lösungen gesellschaftlicher Aushandlungsbedarf besteht. (Arnold & Piontek, S.145f)<br />
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'''Transdisziplinäre Forschung ist für die Nachhaltigkeitswissenschaft von besonderer Bedeutung und hat auf diesem Gebiet in den letzten Jahren immense Anerkennung erfahren.''' "Nachhaltigkeit ist von Natur aus auch transdisziplinär" (Stock & Burton 2011, S.1091), da sie auf der Prämisse der Lösung von Problemen der realen Welt aufbaut, die tief in ökologische, politische, wirtschaftliche und soziale Prozesse und Strukturen eingebettet sind und daher ohne die Auseinandersetzung mit diesen Sphären nicht verstanden und gelöst werden können (Kates et al. 2015). Transdisziplinäre Forschung ist ein geeigneter Ansatz für die Nachhaltigkeitswissenschaft, da sie es ermöglicht, das Wissen relevanter Interessengruppen einzubeziehen, die normativen Dimensionen gesellschaftlicher Bestrebungen - nämlich divergierende Normen, Ziele und Visionen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche - zu berücksichtigen und die Legitimität, Eigenverantwortung und Rechenschaftspflicht für die gemeinsam entwickelten Lösungen zu erhöhen (Lang et al. 2012; Stock & Burton 2011). Der integrative transdisziplinäre Ansatz hebt systemische Interdependenzen hervor, ermöglicht ein besseres Verständnis komplexer Fragen und liefert besseres Wissen, um sozial robuste und anwendbare, effektive Lösungen zu entwickeln (Lang et al. 2012; Mauser et al. 2015).<br />
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<br />
== Wie funktioniert transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung? ==<br />
Wir werden uns hier auf das idealtypische Modell beziehen, das von Lang et al (2012) vorgestellt wurde. Es führt einen in drei Phasen gegliederten konzeptionellen Leitfaden ein, wie transdisziplinäre Forschung für die Nachhaltigkeitswissenschaft idealerweise durchgeführt werden sollte. Im Folgenden werden die relevanten Schritte jeder Phase sowie allgemeine Prinzipien für den gesamten Prozess aufgeführt. Der vorgestellte Prozess ist rekursiv: Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der gesellschaftlichen Praxis auftretende Probleme werden in den transdisziplinären Forschungsansatz integriert. Nach der Realisierung der drei Phasen werden die neu generierten Erkenntnisse und Lösungen wieder in diese beiden Sphären integriert, wo sie angewendet und konsolidiert werden. Letztlich ergeben sich neue Herausforderungen, die eine erneute transdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern.<br />
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==== Das ideal-typische Modell ====<br />
[[File:TDmodel.png|600px|thumb|left|'''Das ideal-typische Modell transdisziplinärer Nachhaltigkeitsforschung.''' Quelle: Lang et al. 2012]]<br />
<br />
''Phase A''<br />
* Ein gemeinschaftliches Forschungsteam aufbauen.<br />
* Gemeinsame Verständnisse und Definitionen des Problems schaffen.<br />
* Gemeinsam Forschungsobjekte und -ziele, Forschungsfragen und Erfolgskriterien definieren.<br />
* Einen methodischen Rahmen entwerfen.<br />
<br />
''Phase B''<br />
* Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen.<br />
* Forschungsmethoden und -einstellungen anwenden, um das beabsichtigte Wissen zu schaffen.<br />
<br />
''Phase C''<br />
* Zweidimensionale Integration realisieren.<br />
* Produkte für beide Parteien (gesellschaftlich und wissenschaftlich) erzeugen.<br />
<br />
''Allgemeine Grundsätze''.<br />
* Eine kontinuierliche Evaluierung berücksichtigen.<br />
* Konfliktkonstellationen entschärfen.<br />
* Zugang und Interesse für die Teilnahme aller Akteure sicherstellen.<br />
<br />
==== Herausforderungen ====<br />
Es gibt eine Vielzahl potenzieller Fallstricke, die das Erreichen des idealtypischen Modells erschweren.<br />
<br />
* Mauser et al. (2013) merken an, dass die Rollen und Verantwortlichkeiten aller beteiligten Akteure von Anfang an geklärt und bestehende Ungleichheiten beseitigt werden müssen. Ferner merken sie an, dass integrierte Forschungsmodi neue Methoden und Konzepte, neue institutionelle Arrangements, organisatorische Kompetenzen und maßgeschneiderte Finanzierungsmöglichkeiten erfordern. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert reflexive Lernprozesse, geeignete Kommunikationsmittel und auch eine Reflexion über die Rolle der Wissenschaft im Gesamtunternehmen. Sie machen auch deutlich, dass es möglicherweise eine allgemeine systemische Trägheit gegenüber Veränderungen gibt, die es zu überwinden gilt.<br />
* Lang et al. (2012) nennen verschiedene Probleme bei der Formulierung von Problemen (mangelndes Problembewusstsein, unausgewogene Verantwortung für Probleme), prozessuale Probleme (unzureichende Legitimität der beteiligten Akteure, widersprüchliche methodische Standards, mangelnde Integration (Wissen, Strukturen, Kommunikation), diskontinuierliche Beteiligung) sowie Herausforderungen bei der Entwicklung von Lösungen (Mehrdeutigkeit der Ergebnisse, Angst vor dem Scheitern, begrenzte Lösungsmöglichkeiten, mangelnde Legitimität transdisziplinärer Ergebnisse, Ausnutzung verzerrter Forschungsergebnisse, Probleme bei der Nachverfolgung von Auswirkungen). Auch "aus einer konventionelleren Forschungsperspektive könnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler skeptisch sein in Bezug auf Reliabilität, Validität und andere erkenntnistheoretische und methodologische Aspekte kollaborativer Forschung (''Glaubwürdigkeit''). Praktiker und Interessenvertreter hingegen könnten hinsichtlich der praktischen Relevanz der Ergebnisse skeptisch sein (''Salienz'')". (Lang et al. 2012)<br />
* Hall & Rourke (2014) erläutern die kommunikativen Herausforderungen und behaupten, dass "nicht alle Herausforderungen, die TDSS [transdisziplinäre Nachhaltigkeitswissenschaft] bedrohen, Kommunikationsherausforderungen sind, aber Kommunikationszusammenbrüche jede von ihnen verschlimmern können. Aufgrund ihrer zentralen Bedeutung müssen die Mitarbeiter darauf achten, eine gesunde Kommunikationsdynamik zu kultivieren; angesichts der vielen Perspektiven, die in einem typischen TDSS-Projekt involviert sind, wird dies jedoch nicht einfach sein. Diese Projekte begegnen komplexen Problemen mit komplexen Antworten, was die Notwendigkeit mit sich bringt, flexibel zu bleiben und auf die Anforderungen der Teilnehmer zu reagieren, sowie die Notwendigkeit, den Ansatz zu modifizieren, wenn neue Informationen und Werte auftauchen". Sie benennen kommunikative Herausforderungen insbesondere bei der Formulierung von Problemen (Ausschluss wichtiger Perspektiven, unterschiedliche Sichtweise auf das Problem) und der Durchführung der Forschung (Unwilligkeit, persönliche Perspektiven zu teilen, Unvermögen, Unterschiede in den individuellen Annahmen zu erkennen oder zu artikulieren, Unsicherheiten und unvollständiges oder inkompatibles Wissen, begrenzte kognitive Fähigkeiten zur Integration individuellen Teilwissens).<br />
<br />
==== Methoden transdisziplinärer Forschung ====<br />
Für transdisziplinäre Arbeit sind mehrere wissenschaftliche Methoden nützlich. Viele Methoden, die in der TD-Forschung verwendet werden, stellen einzelne Elemente einer breiteren transdisziplinären Untersuchung dar, wie z.B. Interviews, die in einem ersten Schritt eingesetzt werden können. Andere Methoden stammen jedoch spezifisch aus transdisziplinären Bestrebungen oder sind stark mit diesen verbunden. Zu diesen gehören:<br />
<br />
* [[Visioning & Backcasting|Visioning]] sowie [[Scenario Planning]], die transdisziplinär angelegt sind.<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories|Reallabore]] sind Forschungsumgebungen, die transdisziplinäre Forschung erleichtern. <br />
* [[Social Network Analysis|Soziale Netzwerkanalysen]] können helfen, Strukturen und Herausforderungen in Echtwelt-Kontexten zu erkennen.<br />
* [[Citizen Science]] kann auch transdisziplinär angelegt sein.<br />
<br />
==== Skills & Tools ====<br />
Verschiedene [[Skills & Tools]] können transdisziplinäre Forschung unterstützen und dabei helfen, einige der zuvor genannten Herausforderungen zu umgehen. Dazu gehören:<br />
<br />
* [[Design Thinking]]<br />
* [[Disney Method]]<br />
* [[Lego Serious Play]]<br />
* [[Stakeholder Mapping]]<br />
* [[World Café]]<br />
* [[The Art of Hosting | Workshops]]<br />
<br />
==== Agency ====<br />
Die Wahl der Methoden für TD-Forschung ist auch relevant für das Level an [[Agency, Complexity and Emergence (German)|Agency]] und Teilhabe, das den nichtwissenschaftlichen Akteuren im Prozess ermöglicht wird. Man kann vier Handlungsebenen unterscheiden, auf denen gesellschaftliche Akteure an der wissenschaftlichen Forschung beteiligt sind (siehe auch Brandt et al. 2013): <br />
<br />
* ''Information'': Stakeholder werden über wissenschaftliche Erkenntnisse informiert, beispielsweise in Form von Politikempfehlungen, die das Wissen umsetzbar machen. Dies ist die häufigste Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.<br />
* ''Konsultation'': Ein eindirektionaler Informationsfluss von Praxisakteuren (Stakeholdern) zur Forschung, zumeist in Form von Fragebögen oder Interviews, als Input oder Feedback zu geplanter oder laufender Forschung. Stakeholder liefern Informationen, die für die Forschenden von Interesse sind, aber sie sind nicht aktiv am wissenschaftlichen Prozess beteiligt.<br />
* ''Kollaboration'': Stakeholder kooperieren mit der Wissenschaft, z.B. durch eine der oben genannten Methoden, um gemeinsam ein bestimmtes Problem zu formulieren und zu lösen.<br />
* ''Empowerment'': Die höchste Form der Einbindung nicht-wissenschaftlicher Akteure in der Forschung, bei der marginalisierte oder unterdrückte Stakeholder in die Lage versetzt werden, selbstständig Entscheidungen zu treffen und Lösungen entwickeln. Empowerment geht über die einfache Zusammenarbeit hinaus, da es den Stakeholdern die Fähigkeit vermittelt, sich selbst mit Problemen auseinanderzusetzen, anstatt die Wissenschaft bei jedem auftretenden Problem neu einzubeziehen.<br />
<br />
Die folgenden Beispiele zeigen auf, wie die ausgewählten Methoden kombiniert werden können und wie sie sich auf die Agency beziehen.<br />
<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[File:Besatzfisch.png|450px|thumb|center|Das Forschungsprojekt "Besatzfisch". [[http://besatz-fisch.de/content/view/90/86/lang,german/ Quelle]]]]<br />
* Das Forschungsprojekt [http://besatz-fisch.de/content/view/34/57/lang,german/ "Besatzfisch"] ist ein gutes Beispiel für ein langfristiges transdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen beschäftigt. In diesem vierjährigen Projekt wurde versucht, '''die ökologische, soziale und wirtschaftliche Rolle und die Auswirkungen des Besatzfischs in natürlichen Ökosystemen zu verstehen'''. Zunächst wurden Fische in die Ökosysteme eingeführt und die nachfolgende Populationsdynamik qualitativ und quantitativ gemessen, vieles davon gemeinsam mit den kooperierenden Anglern ("Kooperation"). Zweitens wurden die Angler über die Größe der Fischpopulationen und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen befragt (''Konsultation''), bevor die Daten mit Hilfe von monetären Modellen analysiert wurden. Drittens wurden Entscheidungsprozesse auf der Grundlage von Gesprächen mit den Anglern modelliert und ihre mentalen Modelle über das Angeln ausgewertet (''Konsultation''). Viertens wurden partizipative Workshops durchgeführt, um die Angler bei der Optimierung ihrer Fischgründe zu unterstützen (''Empowerment''). Fünftens wurden auf der Grundlage der bisherigen empirischen Ergebnisse sozial-ökologische Modelle entwickelt (''Konsultation''). Zuletzt werden die Projektergebnisse in verschiedenen Medien für unterschiedliche Zielgruppen veröffentlicht (''Information'').<br />
<br />
* Ein weiteres interessantes Beispiel ist der Artikel [https://www.ecologyandsociety.org/vol23/iss2/art9/ "Kombination von partizipativer Szenarioplanung und Systemmodellierung zur Identifizierung von Treibern der zukünftigen Nachhaltigkeit auf der mongolischen Hochebene"]. Um '''mögliche zukünftige sozial-ökologische Entwicklungen in der Mongolei abzuschätzen''', führten die Forscher zunächst einen Workshop mit Interessenvertretern durch, hauptsächlich aus dem akademischen Bereich, aber mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen, und einigen wenigen nicht-wissenschaftlichen Akteuren. In diesem Workshop wurden zunächst die Schlüsselelemente identifiziert, die die nachhaltige Entwicklung in der Region beeinflussen. Schritt für Schritt wurden diese dann in eine Rangfolge gebracht, um kritische Unsicherheiten zu identifizieren, die zur Entwicklung potenzieller Zukunftsszenarien führten ("Konsultation"). Auch die Meinungen der Interessenvertreter zum Workshop wurden später durch Interviews bewertet, was auf positive Auswirkungen auf ihre Arbeit und Perspektiven hinwies ("Empowerment"). Die Erkenntnisse aus den Workshops wurden von den Forschern in systemdynamische Modelle übersetzt, die von den Interessenvertretern iterativ rückgekoppelt wurden (''Konsultation''), was zu einem endgültigen Modell führte (''Information''). Dieser Ansatz war nicht rein transdisziplinär, sondern illustriert vor allem einen beispielhaften transdisziplinären Arbeitsablauf.<br />
<br />
* In dem Artikel "[https://www.researchgate.net/publication/329789267_Developing_an_optimized_breeding_goal_for_Austrian_maternal_pig_breeds_using_a_participatory_approach "Entwicklung eines optimierten Zuchtziels für österreichische Mutterschweinrassen unter Verwendung eines partizipativen Ansatzes"] beschreiben die Autoren einen '''partizipativen Ansatz, der durchgeführt wurde, um neue Indikatoren (Merkmale) für die Tiergesundheit in der Schweinezucht in Österreich zu entwickeln'''. Zunächst wurden Vorschläge für neue Indikatoren zur Überarbeitung der aktuellen Politik von den Direktoren der Koalition der Schweinezüchter sowie in einem wissenschaftlich geleiteten Workshop mit Züchtern und Mitarbeitern der Koalition gesammelt (''Konsultation''). Die Ergebnisse wurden auf der Grundlage einer Literaturstudie und einer wissenschaftlichen Konsultation bewertet. Anschließend wurden die Ergebnisse zur Rückmeldung zurück übermittelt, in den Betrieben getestet und in weiteren transdisziplinären Workshops ("Konsultation") verfeinert. Als nächstes wurden die Schweinezüchter gebeten und geschult, die neuen Merkmale ein Jahr lang (''Zusammenarbeit'') in einem [[Citizen Science]]-ähnlichen Ansatz zu erfassen. Es zeigte sich, dass dieser Prozess die Qualität der Forschungsdaten verbessern und gleichzeitig neues Wissen und neue Fähigkeiten für die Züchter generieren konnte (''Empowerment''). Die gesammelten Daten wurden von den Wissenschaftlern rückgekoppelt und sollten zu politischen Empfehlungen führen (''Information'').<br />
<br />
<br />
== Offene Fragen und zukünftige Entwicklungen ==<br />
[[File:Ivory Tower.jpg|300px|thumb|right|'''Der sprichwörtliche Elfenbeinturm wird durch transdisziplinäre Forschung hinterfragt.''' Quelle: [http://sciblogs.co.nz/app/uploads/2017/03/academias-ivory-tower.jpg Sciblogs].]]<br />
<br />
Die Zukunft der transdisziplinären Forschung ist vielversprechend. Allerdings sind noch große Hürden zu überwinden. Dazu gehören<br />
* die Frage, wie bereit die Wissenschaft ist, den sprichwörtlichen "Elfenbeinturm" zu verlassen und mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt zu treten,<br />
* die Notwendigkeit von mehr Erfahrungen und praktischer Anleitung, wie die oben genannten Herausforderungen bei der Durchführung transdisziplinärer Forschung gelöst werden können (Integration von Wissen, Ausgleich von Interessen und Methoden, Kommunikation und gegenseitiges Lernen, gemeinsame Entwicklung von Lösungen),<br />
* pädagogische Ansätze, die transdisziplinäres Denken und Arbeiten unterstützen.<br />
<br />
"In dem Maße, wie die natürlichen Ressourcen der Welt schwinden und sich das Klima verändert, wird der Bedarf an Nachhaltigkeitsforschung zunehmen, ebenso wie der Bedarf sowohl an integrierter Forschung als auch an klaren Rahmenbedingungen für die Durchführung solcher Forschung. Die Forschung zur Nachhaltigkeit ist für unsere gemeinsamen Interessen von entscheidender Bedeutung und wird mehr und mehr Zusammenarbeit über verschiedene Grenzen hinweg erfordern. Je klarer wir die Brücken zwischen diesen Grenzen artikulieren können, desto einfacher werden diese neuartigen Kooperationen sein". (Stock & Burton 2011, S.1106)<br />
<br />
<br />
== Wichtige Veröffentlichungen ==<br />
Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges.'' Sustainability Science 7. 25-43.<br />
<br />
Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
Brandt et al. 2013. ''A review of transdisciplinary research in sustainability science.'' Ecological Economics 92. 1-15.<br />
<br />
GAIA Special Episode ''Labs in the Real World - Advancing Transdisciplinarity and Transformations''. <br />
<br />
Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
Wiek, A. and Lang D.J., 2016. ''Transformational Sustainability Research Methodology''. In: Heinrichs, H. et al. (eds.). 2016. ''Sustainability Science''. Dordrecht: Springer Netherlands.<br />
<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Lang et al. 2012. ''Transdisciplinary research in sustainability science: practice, principles, and challenges''.<br />
<br />
* Kates et al. 2015. ''Sustainability Science''.<br />
<br />
* Stock, P. Burton, R.J.F. 2011. ''Defining Terms for Integrated (Multi-Inter-Trans-Disciplinary Sustainability Research)''. Sustainability 3. 1090-1113.<br />
<br />
* Arnold, A. Piontek, F. ''Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung.'' in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. ''Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung.'' Springer VS.<br />
<br />
* Gibbons, M. (ed.) 1994. ''The new production of knowledge: The dynamics of science and research in contemporary societies.'' SAGE.<br />
<br />
* Mauser et al. 2013. ''Transdisciplinary global change research: the co-creation of knowledge for sustainability.'' Current Opinion in Environmental Sustainability 5. 420-431.<br />
<br />
* Ruppert-Winkel et al. 2015. ''Characteristics, emerging needs, and challenges of transdisciplinary sustainability science: experiences from the German Social-Ecological Research Program.'' Ecology and Society 20(3). 13-30.<br />
<br />
* Hall, T. E. O'Rourke, M. 2014. ''Responding to communication challenges in transdisciplinary sustainability science. Heuristics for transdisciplinary sustainability studies: Solution-oriented approaches to complex problems.'' 119-139.<br />
<br />
* Allington, G. R. H., M. E. Fernandez-Gimenez, J. Chen, and D. G. Brown. 2018. ''Combining participatory scenario planning and systems modeling to identify drivers of future sustainability on the Mongolian Plateau.'' Ecology and Society 23(2):9. <br />
<br />
* Pfeiffer, C. Schodl, K. Fuerst-Waltl, B. Willam, A. Leeb, C. Winckler, C. 2018. ''Developing an optimized breeding goal for Austrian maternal pig breeds using a participatory approach.'' Journal fo Central European Agriculture 19(4). 858-864.<br />
<br />
== Weitere Informationen ==<br />
* Das [http://intrepid-cost.ics.ulisboa.pt/about-intrepid/ INTREPID]-Netzwerk dreht sich um transdisziplinäre und interdisziplinäre Forschung und führt hilfreiche Akteure und Erkenntnisse aus diesem Feld an.<br />
* [http://www.transdisciplinarity.ch/td-net/Aktuell/td-net-News.html TD-NET] ist eine umfangreiche Schweizer Plattform, die Aktivitäten in diesem Feld organisiert und präsentiert. Dasselbe trifft auf den [https://complexitycontrol.org/methods-of-transdisciplinary-research/ "Complexity or Control"-Blog] zu, der an der Leuphana angesiedelt ist.<br />
* Das [https://www.reallabor-netzwerk.de/ Reallabor-Netzwerk] bietet ebenfalls nützlilche Informationen über Reallabore und TD-Forschung an.<br />
* Mauser et al. (2013, p.420) nennen in ihrem Paper die "[https://futureearth.org/initiatives/ Future Earth Initiative]", die aus der Rio+20 Konferenz heraus entstand und "eine neue Plattform und Paradigmen für integrierte globale Umweltveränderungsforschung anbieten wird, die in Partnerschaft mit der Gesellschaft designed und durchgeführt wird, um das für gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigkeit notwendige Wissen zu erzeugen."<br />
----<br />
[[Category:Normativity of Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Meta-Analysis&diff=6288Meta-Analysis2021-08-17T17:51:05Z<p>Imi: /* Strengths & Challenges */</p>
<hr />
<div>[[File:Concept Meta-Analysis.png|450px|frameless|left|[[Sustainability Methods:About|Method categorization]] for [[Meta-Analysis]]]]<br />
<br/><br />
{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 50%"<br />
! colspan = 3 | Method categorization<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Quantitative|Quantitative]]''' || colspan="2" | [[:Category:Qualitative|Qualitative]]<br />
|-<br />
| [[:Category:Inductive|Inductive]] || colspan="2"| '''[[:Category:Deductive|Deductive]]'''<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| '''[[:Category:Individual|Individual]]''' || style="width: 33%"| '''[[:Category:System|System]]''' || '''[[:Category:Global|Global]]'''<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| [[:Category:Past|Past]] || style="width: 33%"| '''[[:Category:Present|Present]]''' || '''[[:Category:Future|Future]]'''<br />
|}<br />
<br/>__NOTOC__<br />
<br/><br/><br />
'''In short:'''In a Meta-Analysis, statistically comparable results from a range of scientific studies are integratively summarized to gain aggregated, quantitative insights into scientific knowledge on a specific issue.<br />
<br />
== Background ==<br />
[[File:SCOPUS results Meta-Analysis.png|400px|thumb|right|'''SCOPUS hits per year for Meta-Analysis until 2019.''' Search term: 'meta-analysis' in Title, Abstract, Keywords. Source: own.]]<br />
Statistician Karl Pearson had a strong focus on openly integrating knowledge into overarching results, and in this spirit he created one of the first systematic Meta-Analyses by integrating results from several comparable studies on typhoid into one of the first Meta-Analyses in 1904 (1, 2). It was more than 35 years later that within psychology the next relevant Meta-Analysis was published: the book-length "Extrasensory Perception After Sixty Years", authored by Pratt et al. in 1940, summarizing experimental results from 1882 to 1939 (1). Despite some few studies being compiled over the next decades (most based on clinical research), more sophisticated statistical analysis tools emerging after WW2 ultimately sealed the breakthrough of the method. In the 1970s, Gene V. Glass - together with many other statisticians - developed what he called the 'analysis of the analyses' (2). By integrating statistical results into a meta-analytical frame, it became possible to combine results from the at the time already rising number of publications. Another key development was the availability of modern computers, which allowed for the conducting pf the more sophisticated analyses, along with more studies becoming available online with the rise of the Internet. Meta-analysis thus represents a method where the demand for knowledge of a different order became possible because the general data basis increased, and advanced analyses were made possible by developments in statistics and the wider availability of technology. Today, the method is widely established within all branches of normal science, and generates knowledge way beyond individual studies, yet new challenges emerge concerning which studies can be integrated, and how.<br />
<br />
== What the method does ==<br />
Regarding methodological design criteria, it is important to note that meta-analyses are deductive, as they try to integrate and test results from designed studies. While these results are clearly, quantitative, it is important to notice that there is a trend of so called qualitative meta-analysis, which we will not include here. The spatial scale depends on the scale of the studies that are integrated here. While hence a meta-analysis can be global in its focus, more often than not do the studies that a meta-analysis is based on an individual scale, such as in medicine and psychology. It is a matter of debate whether meta-analyses are a snapshot of the current state of the art, or a look into the past. To this end, it is important to recognize that the development or changes over time can be implemented into the analysis, and thus be a relevant part of the hypothesis.<br />
<br />
==== How it works ====<br />
The Meta-Analysis is a well established method that revolves around the systematic identification of relevant studies, integration into a meta-analytical design, and interpretation based on established norms. This process is most established within medical research and psychological science, with extensive protocols being available, while in other scientific disciplines the procedures are more diverse. Meta-Analyses most commonly take place in a [[Systematic Literature Review]], allowing for a quantitative analysis of the results of the gathered publications. The Meta-Analysis is thus not the same as a Systematic Literature Review, but the quantitative process of integrating data within such a process. <br />
<br />
In a strict sense, a Meta-Analysis summarizes statistics from scientific studies, with estimates, sample size and levels of significance as an important basis for the meta-analytical [[Glossary|framework]]. Meta-Analyses are thus able to correct for different sample sizes from the respective studies. Equally, other information can be included, such as different sub-groups or random factors. For instance, a meta-analytical scheme in medicine is able to differentiate between studies that included children, adults, or both. Through such random factors, a Meta-Analysis can hence include and integrate information that was not analyzed in the original studies, but that only emerges from the wider analysis of multiple studies. Typical models for such an analysis are [[Mixed Effect Models]], and [[Statistics|many advanced statistical software solutions (R, SPSS)]] are able to conduct a Meta-Analysis. Another important staple of Meta-Analyses are summarizing tables or figures that give an overview of the diversity of studies that were included, as well as both overall effects and mean effects for sub-groups.<br />
<br />
== Strengths & Challenges ==<br />
Meta-Analyses are at least as strong (and weak) as the multiple studies that they are based on. Great care needs to be taken when identifying studies that are suitable for a meta-analytical approach, since all studies should be as comparable as possible in terms of their study design. In other words, unexplained variance between studies because of factors that are not taken into account should be avoided.<br />
<br />
The analysis of data within a Meta-Analysis demands a clear utilization of both the available data and the usage of a proper statistical approach. Many scientific disciplines have established standards that are robust, but can also be rigid. In the long run, a greater exchange of knowledge on the available approaches would be helpful.<br />
<br />
Within rigid [[:Category:Deductive|deductive]] ranges of science, Meta-Analysis can serve as a framework to integrate quantitative results. It is still a challenge to take more qualitative aspects of research into account, although there are some suggestions to this end. In addition, the integration of [[:Category:Inductive|inductive]] studies is questionable, as Meta-Analysis build on comparability of studies above all else. However, many Meta-Analyses are not rigid to this end, and there is a tendency to not build on clear hypotheses, but instead apply an inductive statistical data crunching ''post hoc'' which is subsequently translated into a pseudo-deductive pretending. Such abductive approaches are clearly a challenge and question the quality of the research in some areas of science. Meta-Analyses need to be safeguarded against scientific misconduct, as these few bad examples endanger the reputation of this method, and science in general.<br />
<br />
== Normativity ==<br />
Regarding the interpretation of the results of a Meta-Analysis, many studies are often somewhat prone to not properly indicate the extent and limitations of their results. While this is again a standard in some disciplines, other disciplines integrate studies that are not based on comparable designs, and thus create a [[Bias and Critical Thinking|Type I error]] by integrating studies that are not based on the same assumptions. It is less often that studies are excluded that should be included (Type II error), and this is also less relevant since it does not increase the error in the meta-analytical result. The main challenge of Meta-Analysis is hence that the overall procedure is not careful enough, and many Meta-Analyses literally compare apples with oranges. Since the method is considered to be relevant, allowing for the integration of knowledge, studies using Meta-Analyses are increasingly published. It remains to be seen if the knowledge that is thus created is always sound, and whether some branches of science did not overplay their hand. After all, the origins of this method lie in psychology and medicine, where study designs are often more comparable, although the reproducibility crisis psychology even calls this into question.<br />
<br />
The prestige of a meta-analytical study is often well rooted in the long-standing career of an expert researcher, and this is probably an ideal case. If an expert in a branch of research oversees the integration of knowledge in a Meta-Analysis, then the balanced and nuanced evaluation of the results is safeguarded. However, sometimes Meta-Analyses are more opportunistic and lack expertise that is traded off for a highly cited paper. Ideally, experts on a topic and statisticians should team up to jointly create a blended piece of work that combines the long experience about a topic with the experience in the application of statistical analysis. Recognizing [[Glossary|bias]] and relevant categories in the baseline studies and taking it into account in the analysis are both of importance, as this decides more than anything about the quality of a Meta-Analysis.<br />
<br />
== Outlook ==<br />
Over the last decades, meta-analytical approaches protruded into diverse branches of research. Recognizing the context of individual studies and integrating them into a proper meta-analytical framework and analysis scheme is probably one of the key challenges of science in the 21st Century. The availability of more and more studies, and the development of analysis schemes in statistics call for larger and more diverse research groups that can cover all aspects needed when conducting a Meta-Analysis. Taking the context of individual studies into account is an already recognized challenge in Meta-Analysis, and with the availability of more and more studies as well as data, meta-analytical approaches are likely to grow both in terms of their extent and complexity of the analysis and interpretation in the future. <br />
<br />
After an early hype in many quantitative branches of science, sobering revision should try to focus on rigor both in terms of comparability of studies as well as statistical analysis. Meta-Analysis will play a pivotal role in the integration of knowledge in the future, yet if the results are flawed and the wish for a meta-analytical framework is larger than the actual data that can be included, then the research landscape will suffer in the long run. Since Meta-Analyses inform future research and thus play a vital role in terms of agenda setting of future research, the highest ethical standards need to be upheld, as the results and responsibility of a Meta-Analysis can emerge way beyond the sum of the studies that are included. Just as medical research continuously updates the meta-analytical knowledge on relevant topics, this may become a standard procedure in other areas of science as well. Establishing standards in reporting schemes, safeguarding comparability in analysis, and creating the norms that are needed for nuanced interpretations will take a long time. This highlights the importance of a higher level of research way beyond the ever-finer atomization of scientific disciplines. If future research is interconnected, Meta-Analysis can become a guiding principle for knowledge integration.<br />
<br />
== Key Publications ==<br />
to be added<br />
<br />
== References ==<br />
(1) Wikipedia. ''Meta-analysis.'' https://en.wikipedia.org/wiki/Meta-analysis <br/><br />
(2) Booth, A. Sutton, A. Papaioannou, D. 2016. Systematic approaches to a successful literature review. Second Edition. SAGE Publications.<br />
<br />
== Videos ==<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=H9GY49bsp9o Grimme prize winner Mai Thi Nguyen-Kim explains Meta-Analysis] in German<br />
----<br />
[[Category:Quantitative]]<br />
[[Category:Deductive]]<br />
[[Category:Individual]]<br />
[[Category:System]]<br />
[[Category:Global]]<br />
[[Category:Past]]<br />
[[Category:Present]]<br />
[[Category:Methods]]<br />
<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Systematic_Literature_Review&diff=6287Systematic Literature Review2021-08-17T17:14:02Z<p>Imi: /* An exemplary study */</p>
<hr />
<div>[[File:ConceptSystematicLiteratureReview.png|450px|frameless|left|[[Sustainability Methods:About|Method categorization]] for [[Systematic_Literature_Review]]]]<br />
<br />
<br/><br />
{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 50%"<br />
! colspan = 3 | Method categorization<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Quantitative|Quantitative]]''' || colspan="2" | '''[[:Category:Qualitative|Qualitative]]'''<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Inductive|Inductive]]''' || colspan="2"| '''[[:Category:Deductive|Deductive]]'''<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| '''[[:Category:Individual|Individual]]''' || style="width: 33%"| '''[[:Category:System|System]]''' || '''[[:Category:Global|Global]]'''<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| '''[[:Category:Past|Past]]''' || style="width: 33%"| '''[[:Category:Present|Present]]''' || [[:Category:Future|Future]]<br />
|}<br />
<br/>__NOTOC__<br />
<br/><br />
<br />
'''In short:''' In a Systematic Literature Review, existing publications are systematically analysed to derive an overview of a specific slice of the literature, typically summarizing the state of the art regarding a specific topic.<br />
<br />
== Background ==<br />
[[File:SLR.png|thumb|400px|right|'''SCOPUS hits per year for Systematic Literature Review until 2019.''' Search term: 'systematic literature review' in Title, Abstract, Keywords. Source: own.]]<br />
<br />
With the rise of empirical knowledge in the [[History of Methods|Enlightenment]] arose the possibility to synthesize knowledge from different studies into an overview work. '''''A Treatise on the Scurvy - A Critical and Chronological View of What has been Published on the Subject'' by James Lind is seen as the first systematic review''' (3, 5, 6), highlighting the importance of knowledge integration. Another important origin of research synthesis can be traced to the work of 17th Century astronomers who combined data sets from different studies to ammend their own observations (3). '''Systematic literature reviews gained a vital tool through the work of Karl Pearson, whose work on statistics allowed to compile the results from several datasets into an overview.''' His 1904 publication - in which he combined 11 studies on typhoid vaccines and highlighted irregularities in the results - can be considered the first Meta-Analysis (3, 5). Meta-Analyses were subsequently applied more commonly during the 20th Century, for example in agriculture (5, 6). <br />
<br />
After the Second World War, US social scientists began to recognize the need to review the rising amount of research data while considering how to reduce [[Glossary|bias]] and enhance reproducibility of systematic reviews (6). This also led to the increasing recognition of qualitative elements. In the 1970s, statistician Gene Glass and colleagues proclaimed Meta-Analyses as a valid procedure for synthesising studies which helped to consolidate the approach (3). However, Systematic Literature Reviews were long viewed as second-class studies within Academia, since they did not yield primary data. This changed during the last decades, partly due to increasing interest in scientific evidence on diverse topics on the part of public policy makers, practitioners and the general public (6).<br />
<br />
More recently, due to the emergence of digitalisation and improvements in information storage and retrieval, it became significantly easier to identify, gather and analyze the available research on a specific topic (3). Today, Systematic Literature Reviews are most commonly used in Medicine, in the Social Sciences, Business and Economics, but have found their way into several other disciplines (5).<br />
<br />
<br />
== What the method does ==<br />
Systematic Literature Reviews exist in a broad variety of types. While the Literature Review may be seen as the overarching term, sub-types include the Meta-Synthesis, the Systematic Review, the Case Survey or the strict Meta-Analysis (7). Their differentiation may be done in terms of the data they summarize (quantitative and/or qualitative) as well as the way they do so (qualitatively or quantitatively) (7). Reviews may also be differentiated according to their focus, goal, perspective, coverage, organization and audience. In this entry, we will focus on the Systematic Literature Review. More information on different sub-types of the method can be found in (3). Further, the approach of Meta-Analyses as the statistical tool of summarizing a variety of studies on a specific topic into one is an important method in this regard. [[Meta-Analysis|For more on Meta-Analyses, please read the respective Wiki entry.]]<br />
<br />
==== Definition ====<br />
A Systematic Literature Review is, in short, a reproducible process in which scientific publications that "contain information, ideas, data and evidence" (Hart 2018, p.13) on a specific topic are gathered; studies that fulfill a previously defined level of quality are selected; and their results and insights are summarized and evaluated. For the researcher, the results from this process provide insights into the current state of research and highlight relevant new directions for (their) further research (1, 2, 3). The term 'systematic' refers to the fact that the process is structured to minimize [[Glossary|bias]] (6) and maximimize reproducibility. Being 'systematic' means being reproducible and goes along with an a priori specified, dedicated research design and an explicit documentation of the steps taken during the research (3, see Normativity).<br />
<br />
[[File:Systematic Literature Review - Use of the method.png|500px|thumb|center|'''Some of the questions that a Literature Review can answer.''' Source: Hart 2018, p.14]]<br />
<br />
A Systematic Literature Review can be applied as the primary method of a scientific study, but is often also used as a first step in a larger research projector endeavor. In both cases, a review can help:<br />
* recognize what has already been done already regarding a specific research field or topics<br />
* find and resolve conflicts in (seemingly) contradictory studies, and<br />
* identify evolving or even unexplored research topics, questions or new hypotheses for further research.<br />
<br />
When used as a preparation to one's own study, a Systematic Literature Review additionally helps the researcher<br />
* identify relevant literature and researchers to consult,<br />
* design appropriate methodological approaches,<br />
* understand important concepts, theories and topics and summarise this knowledge to the reader<br />
* contextualize this research and show why it would answer an open question, often on integration level. (1, 3, 4)<br />
<br />
==== Step by Step ====<br />
A Systematic Literature Review follows a set of steps that is similar to any scientific research process (1, 3, 4):<br />
<br />
'''1) Planning:''' <br />
The research is designed by formulating the question and scope of the review (here, the different forms of the review - see above - are of relevance). This planning can be both [[:Category:Inductive|inductive]] as well as [[:Category:Deductive|deductive]], depending on the focus of the review. For example, the researcher may be interested in how the literature defines "Sustainable Agriculture" (see example below), and thus choose to search for literature that apply and preferably define this concept.<br />
<br />
'''2) Data gathering:'''<br />
Data (= literature) is searched and acquired. There may exist a wide range of documents of relevance to the research endeavour, which is why the researcher should attempt to become familiar with all related topical fields. The core of reviews are often articles in scientific [[Glossary|journals]] due to their comparable structure and assured quality. However, also books and practitioner articles may be of help (1). The data collection can be done using library catalogues or online search engines and databases, such as Google Scholar, SCOPUS, or Researchgate (1). Relevant literature can either be found by applying single search terms, but combining more specific search terms through AND, NOT or OR, - e.g. "sustainable" AND "agriculture" may be of better help. This helps specify the results, while searching for single words can lead to very broad results. In addition, useful documents should be identified asking colleagues and by scanning the bibliographies of already selected papers until saturation is reached, i.e. no more relevant documents come light (4).<br />
<br />
'''3) Data selection:'''<br />
The researcher now has a wide selection of literature available that fulfills the search terms. Now, they apply pre-defined quality and selection (= exclusion and inclusion) criteria to decrease the number of documents. One of four different approaches may be applied (3): * exhaustive coverage (citing all relevant literature)<br />
* exhaustive coverage with selective citation<br />
* representative coverage (discussion of works which typify particular groupings in the literature) or <br />
* coverage of pivotal works. <br />
While the existing amount of research makes a truly 'exhaustive' collection rather 'exhausting' for many topics, any selection of articles comes with the danger of a selection [[Bias and Critical Thinking|bias]]. The relevance of the documents may be assessed based on reading the whole texts, just the abstracts, just the titles or some combination of these elements, which should be documented (4). The process description may include:<br />
** the literature search terms, the date of search, the number of search results and exclusion criteria,<br />
** a list of the included studies, as well as a description of the synthesis process,<br />
** a sample description of the data extraction process as well as<br />
** a description of the applied quality standards (3).<br />
<br />
'''4) Data synthesis & analysis:'''<br />
After the documents were selected, the researcher reads them and extracts information that helps answer the research questions. In the process of synthesizing, a [[Mindmap]] or [[Concept Maps]] may be useful tools which can help organize and understand the concepts and theories used in the documents. The documents may further be arranged in such a map to support the structuring process of the review (1). <br />
The focus and thus the methodological process of the data extraction depend on the goal of the review. For example, a researcher might want to focus on theories or concepts, definitions, methodological approaches or different scales and actors that played a role in the specific paper that is being reviewed. Typically, a coding book or procedure should be developed (and documented) in which the extraction process of information is defined, before all information of interest is sorted into the respective coding categories (4). While some variables can be extracted based on foundational work form previous studies, many parameters are often also extracted in an inductive way. <br />
<br />
There are many diverse approaches to summarise and analysed the respective data, and to present it to the reader. Depending on the intended outcome of the review as well as the type of data gathered, these can be quantitative or qualitative:<br />
<br />
Qualitative analyses are appropriate for the review of purely qualitative or mixed studies and can be often offer perspectives that go beyond quantitative analyses, for instance concerning deeply normative aspects. The qualitative review revolves around identifying essential themes of the documents and their relationships. Also, contrary findings and contradicting interpretations are of interest. "The goal here, unlike meta-analysis, is to increase the understanding of the phenomena being investigated, not to integrate outcomes and identify factors that covary with outcomes." (4, p.10). <br />
<br />
Beside systematic literature reviews there is also another form of reviews, which is often referred to as 'narrative reviews' or simply as 'literature reviews'. These are often conducted in a non-systematic sense, but instead consist of the purely deliberate selection of the literature, typically by an author deeply experienced in the literature, and consist a balanced overview of the available literature. While such reviews are often seen to be more subjective, these reviews can be containing a lot of experience, and were more abundant in the past. These days such narrative reviews are often frowned upon, which is a pity, because there is a difference between knowledge and experience, and such narrative reviews can often offer a lifetime of experience.<br />
<br />
Often, a systematic literature review also applies a Meta-Analysis in the analysis step. A Meta-Analysis is the statistical process of assessing quantitative, numerical data from separate studies that investigated a specific phenomenon. You might for instance calculate means or variations, and evaluate how specific factors influence specific processes. Combining both types of review has the benefit of first focusing on conceptual and qualitative insights from the body of literature, and then going deeper into quantitative measures. For more information on this, please refer to the [[Meta-Analysis]] entry.<br />
<br />
'''5. Writing & presentation of the review:'''<br />
Finally, the results of the Systematic Literature Review are compiled into a structured paper. A sample structure for the review as a preface to an original study may look like this (Rowley & Slack 2004, p.38): <br />
# Basic Definitions of key terms<br />
# Why is the subject of interest?<br />
# What research has already been undertaken on the topic, and is there any research on aspects of the topic that this research might investigate? <br />
# A clear summary of the results and new research opportunities that emerge from the literature review. Quotations may be used to underline specific findings from the review. <br />
# In addition, the literature gathered during the review should be listed. Many reviews consists a combination of information on the specific topic, the conceptual foundation, methodological approaches, and relevant scales that are associated to the available literature.<br />
<br />
In summary, Systematic Literature Reviews are methods of data gathering - building on primary data from other empirical papers - and analysis. They are inductive because they conclude based on existing literature, but also deductive since they typically start with theoretical assumptions and a pre-defined thematic scope. They can be qualitative and quantitative, cover very local to global phenomena, and investigate past and present states of the literature, often offering a state of the art of the literature, and thereby suggestions and agenda for future research.<br />
<br />
<br />
== Strengths & Challenges ==<br />
* A literature review is a helpful starting point for any research: it provides a structured overview of the current knowledge and open questions in the respective field and may lead to new research questions that had not been obvious to the researcher before. The strength here is the systematic nature of the literature review: by not only reading randomly through literature, but instead following a systematic and reproducible approach, the researcher generates a more objective overview of the literature. Of course, the selected literature may still be biased and heavily depends on the research and selection criteria, but if this process is properly reasoned and documented, the bias may be reduced compared to a non-systematic review.<br />
* When used in preparation to an original study, "[r]eviewing the literature in a systematic way helps the author to be clear, to build confidence in their work and demonstrate the rigour of their methods." (3, p.9). This is why Systematic Reviews are often done in a first step of a larger study, or as a first paper of a PhD student.<br />
* The systematic approach enables the researcher to state conclusions about the strength of available evidence to a specific assumption. This does not only support their own subsequent work, but also provide insight into the state of science in a given field to policy makers and other public actors. This way, the Systematic Literature Review may for example also shine light on the effectiveness of programs and policies (3).<br />
<br />
Potential mistakes and thus challenges in the review process include (4):<br />
* not clearly relating the findings of the literature review to the researcher's own study<br />
* not taking sufficient time to identify the best (primary!) sources<br />
* not critically reflecting upon the studies' research designs and analysis<br />
* not reporting the search procedures<br />
* reporting isolated statistical results instead of meta-analytic or [[Simple Statistical Tests|chi-square]] methods<br />
* not considering contrary findings or alternative interpretations when synthesizing quantitative literature<br />
<br />
<br />
== Normativity ==<br />
==== Connectedness ====<br />
* The Systematic Literature Review is strongly connected to further methods. As explained before, this form of secondary research is often included as a groundwork in original primary studies to help justify the research topic, design and methodology (2). "Indeed, the concluding paragraphs of the literature review should lead seamlessly to research propositions and methodologies." (1, p.32)<br />
* The analysis of the gathered studies, as mentioned before, can take place in a quantitative way based on a variety of quantitative approaches. Most notably, the [[Meta-Analysis]] is of relevance here.<br />
* Systematic Literature Reviews represent an interesting and important form of methodological approach: they allow research on research. If scientific results only cumulated and no one looked at the bigger picture, science would not work. Methods like the literature review are thus crucial for academic processes.<br />
* Again, we would like to highlight that there is a difference between Systematic Literature Reviews and Literature Reviews in general. Often, you will do a literature review for a university report, or your thesis. For this, you gain an understanding of the available theoretical and empirical literature on a topic by browsing through literature, possibly through snowball sampling, until you feel like you have read enough. This may be necessary, enables you, to structure your own data collection, or to write an essay about the topic. This is absolutely valid, but is different from a systematic review with the presented systematic approach and documentation, which may enable much deeper insights into available research in the field.<br />
<br />
<br />
==== Quality criteria ====<br />
"Quality [of the literature review] means appropriate breadth and depth, rigour and consistency, clarity and brevity, and effective analysis and synthesis; in other words, the use of the ideas in the literature to justify the particular approach to the topic, the selection of methods, and demonstration that this research contributes something new." (Hart 2018, p.1f). The quality criteria of objectivity, validity and reliability apply to the Systematic Literature Review as follows:<br />
* Objectivity & Validity: Literature reviews are to some level subjective because the synthesis of the screened literature (as well as the identification and selection of the literature in the first place) is, although to some extent reproducible, still a matter of the reviewer's normative decisions (3). Also, "(...) [a]ll reviews, irrespective of the topic, are written from a particular perspective or standpoint of the reviewer. This perspective often originates from the school of thought, vocation or ideological standpoint in which the reviewer is located. As a consequence, the particularity of the reviewer implies a particular reader. Reviewers usually write with a particular kind of reader in mind: a reader that they might want to influence." (Hart 2018, p.25). It can be said that the more systematically the method is applied, the more potential [[Bias and Critical Thinking|bias]] is reduced (3). Special attention may be paid to the 'publication bias', highlighting the fact that often, those studies are preferred for publication that offer new or 'interesting' results, which may influence the review results (3). Also, researchers should not make the mistake of full-text-on-net-bias, but make sure to include all relevant literature, even though it may take some more time to access them.<br />
* Reliability or auditability is safeguarded by a detailed description of the system of the methodological process. This way, other reviewers following the same procedures under the same conditions should - in theory - find an identical set of articles and come to the same results and conclusions. Being systematic in these steps and reporting on the process improves clarity regarding what has been done and what has not been done, i.e. why certain documents have been included and why others have not (3).<br />
<br />
<br />
== Outlook ==<br />
In the face of the ever-increasing amount of data gathered on diverse topics, as well as due to the changing role of science in society, there may be a increased interest and opportunity of the public in scientific results that may be summarized through Systematic Literature Reviews. With more and more data becoming available, scientists need to integrate existing knowledge to allow for a measured and responsible planning of future research. In addition, such reviews offer a necessary critical perspective, which may not only generate a future research agenda, but in addition can highlight flaws and biases in past research. As it is already the case in medicine, systematic literature reviews should be continuously or at least regularly be updated to offer the latest finding in an integrated way. This would ideally generate a structured but critical research agenda, and a better integration of knowledge that can be increasingly communicated to the public.<br />
<br />
<br />
== An exemplary study ==<br />
[[File:Systematic Literature Review - Exemplary Study - Velten et al. 2015 - Paper title.png|600px|frameless|center|Exemplary study for Systematic Literature Review (Velten et al. 2015)]]<br />
In their 2015 publication, Velten et al. investigate the definition and conceptualization of 'sustainable agriculture' in the available literature, with a focus on how social processes shaped the concept. They referred to '''both academic and practitioner-oriented literature'''. <br />
<br />
Academic publications were searched on SCOPUS by use of the following '''search criteria:'''<br />
* search terms were "sustainable agriculture" OR "agricultural sustainability" in the title, abstract or keywords<br />
* English, German, French, Spanish and Portuguese publications<br />
* up to the year 2012 <br />
* in the subject areas of social sciences and humanities.<br />
<br />
Non-academic literature - 'grey literature' - that is directed more towards practictioners and decision-makers was searched on websites, reports and brochures, using the same search terms and language restrictions on Google. The search continued until saturation was reached and "no new usable publications were found" (p.7836). Further, the pages of international organizations were searched for relevant documents.<br />
<br />
The initial set of publications was then limited to those that "gave at least a minimal definition or explanation of what was meant by sustainable agriculture" (p.7836), resulting in 129 academic and 26 non-academic documents. These documents were analyzed using an '''inductive qualitative [[Content Analysis|content analysis]]''', during which key elements ('categories') and overarching topics ('themes') were extracted in three general groups that play a role in the definition of the concept of 'sustainable agriculture':<br><br />
... Goals<br />
<br><br />
[[File:Systematic Literature Review - Exemplary Study - Velten et al. 2015 - Analysis scheme 2.png|500px|frameless|center|Analysis scheme 2 from Velten et al. 2015, p.7838]]<br />
<br><br />
... Strategies<br />
[[File:Systematic Literature Review - Exemplary Study - Velten et al. 2015 - Analysis scheme 3.png|500px|frameless|center|Analysis scheme 3 from Velten et al. 2015, p.7839]]<br />
<br><br />
... and Fields of Action<br />
[[File:Systematic Literature Review - Exemplary Study - Velten et al. 2015 - Analysis scheme 4.png|500px|frameless|center|Analysis scheme 4 from Velten et al. 2015, p.7839]]<br />
<br><br />
<br />
Further, the researchers developed an analysis scheme to analyze the extracted categories and themes quantitatively:<br />
<br><br />
[[File:Systematic Literature Review - Exemplary Study - Velten et al. 2015 - Analysis scheme.png|750px|thumb|center|'''Analysis scheme for the systematic review on sustainable agriculture.''' Source: Velten et al. 2015, p.7837]]<br />
<br><br />
In a third step, the authors conducted a [[Clustering Methods|Cluster Analysis]] on the academic literature based on the quantitative data in order to identify groups of literature that bring up specific aspects of the concept.<br />
<br />
Based on their qualitative results, the researchers highlight that 'sustainable agriculture' can be separated into three distinct groups (Goals, Strategies, Fields of Action) with specific themes and categories, each. Based on their quantitative analysis, they show how the most frequent topics revolve around anthropocentric rather than ecocentric values when it comes to defining what is 'sustainable agriculture', and that the realization of sustainable agriculture mostly focuses on technological solutions on the farm level. However, they also found a strong alternative discourse that focuses on ecocentric and alternative approaches. They could further identify categories that changed in importance over time, and how the distribution of themes differed between academic and non-academic literature and between scientific disciplines. Lastly, their subsequent cluster analysis led to five groups of conceptual understandings of 'sustainable agriculture'.<br />
<br />
This study exemplifies how a Systematic Literature Review with both qualitative and quantitative elements provides a rich conceptual overview of a topic which can be used to further structure work in this field, and raises questions for academia as well as practitioners. In their conclusion, the authors "(...) recommend embracing the complexity of sustainable agriculture with its varied and seemingly contradictory aspects" since they found "(...) the different conceptions of sustainable agriculture to be not as contradicting and mutually exclusive as they<br />
have often been portrayed". (p.7857). '''This shows how a systematic review can help grasp the diversity of aspects on a given topic, and draw the respective conclusions.'''<br />
<br />
== Key publications ==<br />
Hart, C. 2018. ''Doing a Literature Review''. SAGE Publications.<br />
* An extensive overview on all relevant steps of the literature review process targeted at young scholars at the Master's and Doctorate level.<br />
<br />
Booth, A. Sutton, A. Papaioannou, D. 2016. ''Systematic approaches to a successful literature review.'' Second Edition. SAGE Publications.<br />
* A step-by-step illustration of the literature review process and what makes it 'systematic'.<br />
<br />
<br />
== References ==<br />
(1) Rowley, J. Slack, F. 2004. ''Conducting a Literature Review.'' Management Research News 27(6). 31-39.<br />
<br />
(2) Hart, C. 2018. ''Doing a Literature Review.'' SAGE Publications.<br />
<br />
(3) Booth, A. Sutton, A. Papaioannou, D. 2016. ''Systematic approaches to a successful literature review.'' Second Edition. SAGE Publications.<br />
<br />
(4) Randolph, J. 2009. ''A Guide to Writing the Dissertation Literature Review.'' Practical Assessment, Research, and Evaluation 14(14).<br />
<br />
(5) Wikipedia. ''Systematic Review.'' Available at [https://en.wikipedia.org/wiki/Systematic_review#Research_fields](https://en.wikipedia.org/wiki/Systematic_review#Research_fields) (last accessed 09.07.2020)<br />
<br />
(6) Chalmers, I. Hedges, L.V. Cooper, H. 2002. ''A Brief History of Research Synthesis.'' Evaluation & The Health Professions 25(1). 12-37.<br />
<br />
(7) Newig, J. Fritsch, O. 2009. ''THE CASE SURVEY METHOD AND APPLICATIONS IN POLITICAL SCIENCE.'' APSA 2009 Conference Paper.<br />
<br />
(8) Velten, S. Leventon, J. Jager, N. Newig, J. 2015. ''What is Sustainable Agriculture? A Systematic Review''. Sustainability 7. 7833-7865.<br />
<br />
<br />
== Further Information ==<br />
* [https://www.youtube.com/watch?v=WUErib-fXV0 A short YouTube Video on Systematic Literature Reviews] by 'Research Shorts' that summarizes the method in 3 minutes.<br />
----<br />
[[Category:Qualitative]]<br />
[[Category:Quantitative]]<br />
[[Category:Inductive]]<br />
[[Category:Deductive]]<br />
[[Category:Individual]]<br />
[[Category:System]]<br />
[[Category:Global]]<br />
[[Category:Past]]<br />
[[Category:Present]]<br />
[[Category:Methods]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors|author]] of this entry is Christopher Franz.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Social_Network_Analysis&diff=5963Social Network Analysis2021-06-30T20:47:40Z<p>Imi: /* How it works */</p>
<hr />
<div>[[File:ConceptSocialNetworkAnalysis.png|450px|frameless|left|[[Sustainability Methods:About|Method categorization]] for [[Social Network Analysis]]]]<br />
<br />
<br/><br />
{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 50%"<br />
! colspan = 3 | Method categorization<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Quantitative|Quantitative]]''' || colspan="2" | '''[[:Category:Qualitative|Qualitative]]'''<br />
|-<br />
|'''[[:Category:Inductive|Inductive]]''' || colspan="2"| '''[[:Category:Deductive|Deductive]]'''<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| '''[[:Category:Individual|Individual]]''' || style="width: 33%"| '''[[:Category:System|System]]''' || '''[[:Category:Global|Global]]'''<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| '''[[:Category:Past|Past]]''' || style="width: 33%"| '''[[:Category:Present|Present]]''' || [[:Category:Future|Future]]<br />
|}<br />
<br/>__NOTOC__<br />
<br/><br />
<br />
'''In short:''' Social Network Analysis visualises social interactions as a network and analyzes the quality and quantity of connections and structures within this network.<br />
<br />
== Background ==<br />
[[File:Scopus Results Social Network Analysis.png|400px|thumb|right|'''SCOPUS hits per year for Social Network Analysis until 2019.''' Search terms: 'Social Network Analysis' in Title, Abstract, Keywords. Source: own.]]<br />
<br />
One of the originators of Network Analysis was German philosopher and sociologist Georg Simmel, whose work around the year 1900 highlighted the importance of social relations rather than focusing on individual units when understanding social systems. He argued "against understanding society as a mass of individuals who each react independently to circumstances based on their individual tastes, proclivities, and beliefs and who create new circumstances only by the simple aggregation of their actions. (...) we should focus instead on the emergent consequences of the interaction of individual actions." (Marin & Wellman 2010, p.6)<br />
<br />
[[File:Social Network Analysis History Moreno.png|300px|thumb|left|'''Moreno's original work on Social Networks.''' Source: Borgatti et al. 2009, p.892]]<br />
<br />
"The first true formulations of social network analysis (...) took place in social psychology. In the 1930s Moreno began to develop what he called 'sociometry' as a way of conceptualizing the structures of small groups produced through friendship patterns and informal interaction." (Scott 1988, p.110). The work of Romanian-American psychosociologist Jacob Moreno was sparked by a case of runaways in the Hudson School for Girls in New York. His and his collaborator Helen Jennings' assumption was that the girls ran away because of the position they occupated in their social networks (see Diagram below).<br />
<br />
Their work on 'sociometry' was subsequently taken up and furthered as the field of 'group dynamics', which was highly relevant in the US in the 1950s and 1960s. Simultaneously, sociologists and anthropologists further developed the approach in Britain. "The key element in both the American and the British research was a concern for the structural properties of networks of social relations, and the introduction of concepts to describe these properties." (Scott 1988, p.111). In the 1970s, Social Network Analysis gained even more traction through the increasing application in fields such as geography, economics and linguistics. Sociologists engaging with Social Network Analysis remained to come from different fields and topical backgrounds after that. Two major research areas are community studies and interorganisational relations (Scott 1988; Borgatti et al. 2009). However, since Social Network Analysis allows to assess many kinds of complex interaction between entities, it has also come to use in fields such as ecology to identify and analyze trophic networks, in computer science, as well as in epidemiology (Stattner & Vidot 2011, p.8).<br />
<br />
<br />
== What the method does ==<br />
"Social network analysis is neither a theory nor a methodology. Rather, it is a perspective or a paradigm." (Marin & Wellman 2010, p.17) It subsumes a broad variety of methodological approaches; the fundamental ideas will be presented hereinafter.<br />
<br />
Social Network Analysis is based on the idea that "(...) social life is created primarily and most importantly by relations and the patterns formed by these relations. Social networks are formally defined as a set of nodes (or network members) that are tied by one or more types of relations." (Marin & Wellman 2010, p.1; Scott 1988). These network members are also commonly referred to as "entitites", "actors", "vertices" or "agents" and are most commonly persons or organizations, but can in theory be anything (Marin & Wellman 2010). It is important to acknowledge that nodes are not equal to groups: any node (= network member) is not part of only one discrete group in which all members are the same; instead, each node has different relations to all nodes, spheres and levels of the network. The nodes are "(...) tied to one another through socially meaningful relations" (Prell et al. 2009, p.503), which can be "(...) collaborations, friendships, trade ties, web links, citations, resource flows, information flows (...) or any other possible connection" (Marin & Wellman 2010, p.2). Borgatti et al. (2009) refer to four types of relations in general: similarities, social relations, interactions, and flows.<br />
<br />
[[File:Social Network Analysis Type of Ties.png|600px|thumb|center|'''Types of Ties in a Social Network.''' Source: Borgatti et al. 2009, p.894]]<br />
<br />
The Social Network Analyst then analyzes these relations "(...) for structural patterns that emerge among these actors. Thus, an analyst of social networks looks beyond attributes of individuals to also examine the relations among actors, how actors are positioned within a network, and how relations are structured into overall network patterns." (Prell et al. 2009, p.503). Social Network Analysis is thus not the study of relations between individual pairs of nodes, which are referred to as "dyads", but rather the study of patterns within a network. The broader context of each connection is of relevance, and interactions are not seen independently but as influenced by the adjacent network surrounding the interaction. This is an important underlying assumption of Social Network Theory: the behavior of similar actors is based not primarily on independently shared characteristics between different actors within a network, but rather merely correlates with these attributes. Instead, it is assumed that the actors' behavior emerges from the interaction between them: "Their similar outcomes are caused by the constraints, opportunities, and perceptions created by these similar network positions." (Marin & Wellman 2010, p.3). Surrounding actors may provide leverage or influence that affect the agent's actions (Borgotti et al. 2009)<br />
<br />
==== How it works ====<br />
* '''Type of Network:''' First, Social Network Analysts decide whether they intend to focus on a holistic view on the network (''whole networks''), or focus on the network surrounding a specific node of interest (''ego networks''). They also decide for either ''one-mode networks'', focusing on one type of node that could be connected with any other; or ''two-mode networks'' where there are two types of nodes, with each node unable to be connected with another node of the same type. (Marin & Wellman 2010, 13)<br />
* '''Network boundaries:''' Marin & Wellman (2010, p.2, referring to Laumann et al. (1983)) name three ways to define network boundaries, which are not mutually exclusive and may be combined:<br />
** position-based approach: considers those actors who are members of an organization or hold particular formally-defined positions to be network members, and all others would be excluded<br />
** event-based approach: those who had participated in key events are believed to define the population<br />
** relation-based approach: begins with a small set of nodes deemed to be within the population of interest and then expands to include others sharing particular types of relations with those seed nodes as well as with any nodes previously added.<br />
** Butts (2008) adds the *exogenously defined boundaries*, which are pre-determined based on the research intent or theory which provide clearly specified entities of interest.<br />
* '''Type of ties:''' There can be two forms of ties between network nodes: ''directed'' ties, which go from one node to another, and ''undirected ties'', that connect two nodes without distinct direction. Both types can either be binary (they exist, or do not exist), or valued (they can be stronger or weaker than other ties): "For example, a friendship network can be represented using binary ties that indicate if two people are friends, or using valued ties that assign higher or lower scores based on how close people feel to one another, or how often they interact." (Marin & Wellman 2010, p.14; Borgatti et al. 2009).<br />
* '''Data Collection''': The data necessary for Social Network Analysis can be gathered in Surveys or Interviews, through Observation, Content Analysis or similar forms of data gathering. Surveys and Interviews are most common, with the researchers inquiring on the existence and strength of connections between themselves and others actors, or within other actors, excluding themselves (Marin & Wellman 2010, p.14). There are two common approaches when surveying individuals about their own connections to others: In a prompted recall approach, they are asked which people they would think of with regards to a specific topic (e.g. "To whom would you go for advice at work?") while they are shown a pre-determined list of potentially relevant individuals. In the free list approach, they are asked to recall individuals without seeing a list (Butts 2008, p.20f).<br />
* '''Data Analysis''': There are different network properties that researchers are interested in. The analysis can focus on the quantity and quality of ties of individual nodes, the similarity between different nodes, the structure of the network as a whole in terms of density, average connection length and strength or network composition. Each network may be analyzed in very different forms depending on the research purpose. The analysis may be qualitative as well as quantitative, focusing either on the structure and quality of connections or on their quantity and values. (Marin & Wellman 2010, p.16; Butts 2008, p.21f)<br />
* The '''visual representation''' of the network is in the hand of the researcher, "who will naturally seek the clearest visual arrangement, and all that matters is the pattern of connections." (Scott 1988, p.113) Distance between nodes is thus not equatable with physical distance in a [[Glossary|visualisation]], but rather to be measured based on the "number of lines which it is necessary to traverse in order to get from one point to another." (Scott 1988, p.114)<br />
<br />
[[File:Social Network Analysis - Example.png|300px|thumb|center|'''An exemplary network structure.''' The dyads BE and BF are equally long in this network although BF appears to be shorter, which is due to the visual representation of the network. Additionally, the central role of A becomes clear. Source: Scott 1988, p.114]]<br />
<br/><br />
Based on the structure of the ties, the network can take different forms, such as the Wheel, Y, Chain or Circle shape (see below).<br />
<br />
[[File:Social Network Analysis - Network Types.png|400px|thumb|center|'''Different network structures.''' Source: Borgatti et al. 2009, p.893]]<br />
<br />
== Strengths & Challenges ==<br />
* There is a range of challenges in the gathering of network data through [[Semi-structured Interview|Interviews]] and [[Survey|Surveys]], which can become long and cumbersome, and in which the interviewees may differently understand and recall their relations with other actors, or misinterpret the connections between other actors. (Marin & Wellman 2010, p.15)<br />
* The definition of network boundaries is crucial, since "(...) the inappropriate inclusion or exclusion of a small number of entities can have ramifications which extend well beyond those entities themselves". Apart from the excluded entities and their relations, all relations between these entities and the rest of the network, and thus the network's structural properties, are affected. (Butts 2008). For more insights on the topic of System Boundaries, please refer to [[System Boundaries|the respective article]].<br />
<br />
<br />
== Normativity ==<br />
* The structure of any network and thus the conclusions that can be drawn in the analysis very much depend on the relation that is observed. A corporation may be differently structured in terms of their informal compared to their official communication structures, and an individual may not be part of one network but central in another one that focuses on a different relational quality (Butts 2008)<br />
* Further, the choice of network boundaries as well as the underlying research intent can have normative implications. Also, actors within the network may be characterized using specific attributes, which may be a normative decision (such as for attributes of ethnicity, violence, or others).<br />
* The method of social network analysis is connected to the methods Stakeholder Analysis as well as [[Clustering Methods|Clustering]]. Further, as mentioned above, the data necessary for Social Network Analysis can be gathered in [[Survey|Surveys]] or [[Semi-structured Interview|Interviews]], through [[Ethnography|Observation]], [[Content Analysis]] or similar methods of data gathering. Last, the whole idea of analyzing systemic interactions between actors is the foundational idea of [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|Systems Thinking.]]<br />
<br />
<br />
== Key publications ==<br />
* Scott, J. 1988. ''Trend Report Social Network Analysis''. Sociology 22(1). 109-127.<br />
* Borgatti, S.P. et al. 2009. ''Network Analysis in the Social Sciences.'' Science 323. 892-895.<br />
* Rowley, TJ. 1997. ''Moving beyond dyadic ties: A network theory of stakeholder influences.'' Academy of Management Review 2284). 887-910.<br />
* Bodin, Ö., Crona, B., Ernstson, H. 2006. ''Social networks in natural resource management: What is there to learn from a structural perspective?'' Ecology and Society 11(2).<br />
* Wasserman, S., Faust, K. 1994. ''Social network analysis: Methods and applications'' (Vol. 8). Cambridge university press.<br />
* Prell, C. (2012): ''Social network analysis: History, theory and methodology'', London.<br />
* Reed, M.S., Graves, A., Dandy, N., Posthumus, H., Hubacek, K., Morris, J., Prell, C., Quinn, C.H., Stringer, L.C. 2009. ''Who’s in and why? A typology of stakeholder analysis methods for natural resource management.'' Journal of Environmental Management 90, 1933-1949.<br />
<br />
== References ==<br />
(1) Marin, A. Wellman, B. 2009. ''Social Network Analysis: An Introduction.'' In: SAGE Handbook of Social Network Analysis. 2010.<br />
<br />
(2) Scott, J. 1988. ''Trend Report Social Network Analysis.'' Sociology 22(1). 109-127.<br />
<br />
(3) Butts, C.T. 2008. ''Social network analysis: A methodological introduction.'' Asian Journal of Social Psychology 11. 13-41.<br />
<br />
(4) Borgatti, S.P. et al. 2009. ''Network Analysis in the Social Sciences.'' Science 323. 892-895.<br />
<br />
(5) Prell, C. Hubacek, K. Reed, M. 2009. ''Stakeholder Analysis and Social Network Analysis in Natural Resource Management.'' Society and Natural Resources 22. 501-518.<br />
<br />
(6) Stattner, E. Vidot, N. 2011. ''Social network analysis in epidemiology Current trends and perspectives''. Research Challenges in Information Science<br />
<br />
<br />
== Further Information ==<br />
----<br />
[[Category:Methods]]<br />
[[Category:Quantitative]]<br />
[[Category:Qualitative]]<br />
[[Category:Deductive]]<br />
[[Category:Inductive]]<br />
[[Category:Global]]<br />
[[Category:System]]<br />
[[Category:Individual]]<br />
[[Category:Past]]<br />
[[Category:Present]]<br />
[[Category:Statistics]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors|author]] of this entry is Christopher Franz.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Conceptual_Figures&diff=5962Conceptual Figures2021-06-30T20:45:52Z<p>Imi: /* What, Why & When */</p>
<hr />
<div>{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 100%"<br />
! colspan = "4" | Type !! colspan = "4" | Team Size<br />
|-<br />
| [[:Category:Collaborative Tools|Collaborative Tools]] || [[:Category:Software|Software]] || '''[[:Category:Personal Skills|Personal Skills]]''' || [[:Category:Productivity Tools|Productivity Tools]] || '''[[:Category:Team Size 1|1]]''' || [[:Category:Team Size 2-10|2-10]] || [[:Category:Team Size 11-30|11-30]] || [[:Category:Team Size 30+|30+]]<br />
|}<br />
<br />
== What, Why & When ==<br />
Conceptual figures - or "made-up figures", as we like to call them - are [[Glossary|visualisations]] that do not represent data itself, but help illustrate a theoretical idea or a methodological design. They are often relevant for scientific publications, and can help improve presentations and pitches by making an idea or approach more understandable for the audience.<br />
<br />
== Goals ==<br />
* Create better figures to explain concepts or methodological designs<br />
* Expand on your text through visualisations<br />
<br />
== Getting started ==<br />
'''Here are some initial recommendable ideas on how to make this type of figure:'''<br />
<br />
1) '''Follow Ockham's razor''': just like for research designs - and much of life - Ockham's razor can guide your approach to developing a conceptual figure. It should include as much information as necessary, but as little as possible. Useless information that the figure does not benefit from should be avoided. Also, the information provided in the figure should be complementary to the text, not (entirely) identical, which would render the figure itself redundant. Good figures help us better understand the text that we read already, but do not take up space without providing anything new.<br />
<br />
2) '''Make your figures intuitive to understand.''' A figure with a lot of complex information usually overwhelms the reader. You want your figure to stimulate further engagement with what it shows. A good figure is graspable at first sight, at least in terms of the core elements. This also means that there should usually be no more than 3 - 5 five core elements within the figure, although there can be accompanying smaller elements around those. It should be clear right away what is shown, and how parts of the figure relate to each other. Then, the information that lies within the figure should be easily accessible, even if it takes some time to engage with everything that is shown. Be aware that people (at least in Western culture) usually scan figures from the top-left to the bottom right - build your figures accordingly.<br />
<br />
3) '''Avoid empty spaces or disbalances'''. A lot of blank space, or an unbalanced distribution of visual elements just feels off.<br />
<br />
4) '''Use clear fonts and a balanced color palette'''. Fonts are certainly a matter of taste, but some fonts are just more adequate for scientific publications or presentations than others. The text should be readable at first glance (see 2), so choose a font that is easy to decipher and ideally fits to the rest of the document. We recommend sans serif fonts like Ariel or Courier, but you should find your own preference or get inspired by other publications. Colors, then, should first make a figure more visually appealing. This can be done by using colors that fit together, for example by relying on a Wes-Anderson-Color-Palette, which is obviously the best set of colors. However, the use of certain signal colors can help guide the audience's attention to specific details. Colors can also hold information. For example, a color gradient can represent a decrease or increase of some value, or different categories of things. Also, colors can be used recurringly, for example when a certain color represents a specific actor, element, topic or place in one figure, and the same color represents the same element in another figure, which supports continuity in your design and guides the reader through the document.<br />
<br />
5) '''Create a narrative for the figure, and the figure as a narrative'''. A good figure can stand on its own, and represent something. It is alright if the full picture of the figure is only understandable with the help of the original text it expands upon. However, if you can show the figure to someone and (s)he'll understand what it is about, you are on the right track. For this, it is important to include all information necessary to understand what is shown (see 1). More importantly, a figure can give the reader information on how things relate to each other - focusing on temporal order, most commonly through the use of arrows or a timeline, or causal relations, often also done with arrows, although many more approaches are conceivable. What happens when, and what is a solution to, or consequence of, what? Also, proportions of information can contain information: if an element is smaller than others, it is maybe not as important.<br />
<br />
6) '''Learn from other figures, and develop your own style'''. It is okay to steal from others. There are lots of great conceptual figures in science, and studying them with a focus on what makes them great - or not great - can help find ideas to improve your own design. Of course, you shouldn't simply adapt other people's figures, but take parts or approaches that might fit your own needs. <br />
<br />
7) '''Some last tips:'''<br />
* Decide on one software solution to implement your figure in, and learn what it can do.<br />
* Acknowledge the expectations of your audience, or deliberately decide to break with their expectations when appropriate.<br />
* Always keep in mind how your figure relates to the character and content of the document it is placed in.<br />
* Follow your intuition: we all have our own ideas about what looks good, and we do our best work when we are convinced of what we are doing ourselves.<br />
* Last but not least, however, get feedback from peers when in doubt. They will be able to tell you if everything is understandable, and overcome the tunnel vision that you might develop when you are deep in a topic.<br />
<br/><br />
[[File:Conceptual Figures.png|800px|frameless|center|'''A conceptual figure on conceptual figures.''' Source: own.]]<br />
<br/><br />
Eventually, however, our main recommendation remains to '''keep it simple'''. Don't overburden the reader with information, but focus on what is really important. For more helpful tips on visualisations, please refer to the entry on Statistical Figures and Poster Design.<br />
<br />
=== Examples ===<br />
<br />
* '''Doughnut Economics'''<br />
[[File:Conceptual Figures - Doughnut Economics.png|400px|thumb|left|'''The Doughnut Economics concept.''' Source: [https://doughnuteconomics.org/about-doughnut-economics Doughnut Economics Lab]]]<br />
<br />
The famous Doughnut Economics figure is a good example for a great conceptual figure. <br />
* It is understandable at first sight, with the doughnut itself limiting itself to three elements ''(ecological ceiling, social foundation, the safe and just space for humanity''). This is what our eyes fall onto at first glance. <br />
* The doughnut shape, due to the underlying planetary boundary concept, is akin to the shape of the globe, which is recognizable, and the arrows tell the main narrative of the figure. <br />
* There is a lot of information here, but it is clearly divided into categories (social necessities, environmental boundaries) and rather easy to read, despite the cyclical arrangement. <br />
* The colors support the narrative: red is a problem, dark green is okay, light green is ideal. <br />
* The doughnut works as a figure on its own, despite it being part of a larger book that explains it in more detail (Doughnut Economics by Kate Raworth). It is a narrative by itself, and helps communicate an idea.<br />
<br />
<br><br />
<br><br />
<br />
* '''The Sustainable Development Goals'''<br />
[[File:E SDG Poster 2019 without UN emblem WEB.png|600px|thumb|right|'''The SDGs.''' Source: [https://www.un.org/sustainabledevelopment/news/communications-material/ United Nations]]]<br />
The Sustainable Development Goals are another good example of how a visualisation can hold a lot of information, but still be understandable and - what is very important here - recognizable.<br />
* Each piece of text is amended through a fitting picture, and has a number, which provides structure at first sight. Also, the 18 square panels provide order, which is necessary considering the busy individual icons.<br />
* The SDGs have a distinct coloring palette, which is used again in the shortened circular version (bottom right corner). Wherever you go, the SDGs will be recognizable. Interestingly, they still work when used individually, which speaks for the strong narrative of the arrangement.<br />
* The font is easily readable and limited to the title of each goal, although there is (a lot) more information beneath.<br />
<br />
<br><br />
<br><br />
<br />
''More Examples will be added''<br />
<br />
----<br />
__NOTOC__<br />
[[Category:Skills_and_Tools]]<br />
[[Category:Normativity of Methods]]<br />
[[Category:Personal Skills]]<br />
[[Category:Team Size 1]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors|authors]] of this entry are Matteo Ramin and Christopher Franz.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Mindmap&diff=5961Mindmap2021-06-30T20:44:41Z<p>Imi: /* Getting started */</p>
<hr />
<div>{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 100%"<br />
! colspan = "4" | Type !! colspan = "4" | Team Size<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Collaborative Tools|Collaborative Tools]]''' || [[:Category:Software|Software]] || [[:Category:Personal Skills|Personal Skills]] || '''[[:Category:Productivity Tools|Productivity Tools]]''' || '''[[:Category:Team Size 1|1]]''' || '''[[:Category:Team Size 2-10|2-10]]''' || [[:Category:Team Size 11-30|11-30]] || [[:Category:Team Size 30+|30+]]<br />
|}<br />
<br />
== What, Why & When ==<br />
'''Mindmapping is a tool for the visual organisation of information''', showing ideas, words, names and more in relation to a central topic and to each other. The focus is on structuring information in a way that provides a good overview of a topic and supports [[Glossary|communication]] and [[Glossary|creativity.]]<br />
<br />
== Goals ==<br />
* Visualise information in an intuitive structure for a good overview of key elements of a topic.<br />
* Better communicate and structure information for individual and team work.<br />
<br />
== Getting started ==<br />
Although this claim is not fully supported by research, the underlying idea of a Mindmap is to mimick the way the brain structures information by creating a map of words, hence the name. Yet indeed, research has indicated that this approach to structuring information is an efficient way of memorizing and understanding information. The Mindmap was created and propagated in the 1970s by Tony Buzan.<br />
<br />
[[File:Mindmap Example 2.jpg|600px|thumb|right|'''MindMaps can take the form of trees, with the words on the branches, or clusters/bubbles, as in this example.''' They can also be visually improved not only through the usage of colors, but also by varying the thickness and length of ties, and using symbols. Source: [https://www.thetutorteam.com/wp-content/uploads/2019/07/shutterstock_712786150.jpg thetutorteam.com]]]<br />
<br />
'''A Mindmap enables the visual arrangement of various types of information, including tasks, key concepts, important topics, names and more.''' It allows for a quick overview of all relevant information items on a topic at a glance. It helps keeping track of important elements of a topic, and may support communication of information to other people, for example in meetings. A Mindmap can also be a good tool for a [[Glossary|brainstorming]] process, since it does not focus too much on the exact relationships between the visualised elements, but revolves around a more intuitive approach of arranging information.<br />
<br />
The central topic is written into the center of the [[Glossary|visualisation]] (e.g. a whiteboard, with a digital tool, or a large horizontally arranged sheet of paper). '''This central topic can be see as a city center on a city map, and all relevant information items then are arranged around it like different districts of the city.''' The information items should focus on the most important terms and data, and omit any unncessary details. These elements may be connected to the central topic through lines, like streets, or branches, resulting in a web structure. '''Elements may be subordinate to other elements, indicating nestedness of the information.''' Colors, symbols and images may be used to further structure the differences and similaritiess between different areas of the map, and the length thickness of the connections may be varied to indicate the importance of connections.<br />
<br />
== Links & Further reading ==<br />
''Sources:''<br />
* [https://www.mindmapping.com/de/mind-map MindMapping.com - Was ist eine Mindmap?]]<br />
* Tony Buzan. 2006. MIND MAPPING. KICK-START YOUR CREATIVITY AND TRANSFORM YOUR LIFE. Buzan Bites. Pearson Education.<br />
* [http://methodenpool.uni-koeln.de/download/mindmapping.pdf Uni Köln Methodenpool - Mind-Mapping]]<br />
* [https://kreativitätstechniken.info/problem-verstehen/mindmapping/ Kreativitätstechniken.info - Mindmapping]]<br />
* [https://www.lifehack.org/articles/work/how-to-mind-map-in-three-small-steps.html Lifehack - How to Mind Map to Visualize Ideas (With Mind Map Examples)]]<br />
* [https://www.thetutorteam.com/blog/mind-maps-how-they-can-help-your-child-achieve/ The Tutor Team. MIND MAPS: HOW THEY CAN HELP YOUR CHILD ACHIEVE]]<br />
<br />
----<br />
__NOTOC__<br />
[[Category:Skills_and_Tools]]<br />
[[Category:Collaborative Tools]]<br />
[[Category:Productivity Tools]]<br />
[[Category:Team Size 1]]<br />
[[Category:Team Size 2-10]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors| author]] of this entry is Christopher Franz.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Venn_Diagram&diff=5960Venn Diagram2021-06-30T20:41:12Z<p>Imi: </p>
<hr />
<div><br />
'''Note:''' This entry revolves specifically around Venn Diagrams. For more general information on quantitative data [[Glossary|visualisation]], please refer to [[Introduction to statistical figures]]. For more info on Data distributions, please refer to the entry on [[Data distribution]].<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
== Venn Diagrams ==<br />
===Discription===<br />
Venn diagrams are a simple way to compare 2-4 groups and their overlaps, allowing for multiple hits. This kind of visualisation allows to see logical relationships between data sets, where each is represented by a circle. The overlaps indicate elements common to both data sets. <br />
<br />
===R Code===<br />
<br />
Venn Diagrams are the most useful to visualise relationships between 2-3 datasets, otherwise the diagram becomes difficult to read if used to represent more groups.<br />
<br />
The <syntaxhighlight land="R" inline>VennDiagram</syntaxhighlight> package in R allows to build Venn Diagrams with the help of its in-built function <syntaxhighlight land="R" inline>venn.diagram()</syntaxhighlight>.<br />
[[File:Insects Vann diagram1.png|250px|frameless|right]]<br />
<syntaxhighlight lang="R"><br />
<br />
#First download and install the VennDiagramm package<br />
install.packages("VennDiagram")<br />
library(VennDiagram)<br />
<br />
# let's generate three datasets. Each set would represent a sample <br />
# with identified insect species. The first sample includes 70 insects, <br />
# the second samples includes 63 insects, and the third one includes<br />
# 86 insects. <br />
sample1 <- paste(rep("species_", 70), sample(c(1:100), 70, replace=F), sep="")<br />
sample2 <- paste(rep("species_", 63), sample(c(1:100), 63, replace=F), sep="")<br />
sample3 <- paste(rep("species_", 86), sample(c(1:100), 86, replace=F), sep="")<br />
<br />
# Now let's create a venn diagram visualising these three data sets and the number of items <br />
# they have in common. The file with your Venn Diagram will be saved on your hard disk, <br />
# so you can view and use it seperately.<br />
venn.diagram(<br />
x <- list(sample1, sample2, sample3),<br />
category.names = c("Sample 1" , "Sample 2 " , "Sample 3"),<br />
file = "Insects_Vann_diagram1.PNG", <br />
fill = c("red", "green", "blue"),<br />
alpha = c(0.5, 0.5, 0.5), <br />
cex = 2, <br />
cat.fontface = 2, <br />
lwd = 2,<br />
)<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
----<br />
[[Category:Statistics]]<br />
[[Category:R examples]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors|author]] of this entry is Olga Kuznetsova.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Living_Labs_%26_Real_World_Laboratories&diff=5959Living Labs & Real World Laboratories2021-06-30T20:39:26Z<p>Imi: /* What the method does */</p>
<hr />
<div>[[File:ConceptLivingLab.png|450px|left|frameless|[[Sustainability Methods:About|Method categorization for Delphi]]]]<br/><br />
{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 50%"<br />
! colspan = 3 | Method categorization<br />
|-<br />
| [[:Category:Quantitative|Quantitative]] || colspan="2" | '''[[:Category:Qualitative|Qualitative]]'''<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Inductive|Inductive]]''' || colspan="2"| [[:Category:Deductive|Deductive]]<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| [[:Category:Individual|Individual]] || style="width: 33%"| '''[[:Category:System|System]]''' || [[:Category:Global|Global]]<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| [[:Category:Past|Past]] || style="width: 33%"| '''[[:Category:Present|Present]]''' || '''[[:Category:Future|Future]]'''<br />
|}<br />
<br/>__NOTOC__<br />
<br />
'''Annotation:''' This entry deals with two concepts: Living Labs as well as Real-World Laboratories. While these are not strictly scientific methods as much as they are settings and modes, they shall be presented here in order to highlight their unique approach to scientific inquiries. Further, while both concepts are closely related, they are distinct in various aspects. Because of this, their description will be done separately where necessary and jointly where appropriate.<br />
<br />
'''In short:''' Living Labs (and Real-World Laboratories) are research, [[Glossary|innovation]] and learning environments that facilitate solution-oriented research.<br />
<br />
== Background ==<br />
[[File:Living labs.png|400px|thumb|right|'''SCOPUS hits per year for Living Labs and Real World Laboratories until 2019.''' Search terms: 'living laboratory', 'living lab', 'real world laboratory', 'real world lab' in Title, Abstract, Keywords. Source: own.]]<br />
<br />
'''Both the Living Lab and the Real-World Laboratory approach are rather new research areas''', emerging from the beginning of the 21st century.<br />
<br />
The Living Lab (LL) started outside of academia, revolving around testing new technologies in home-like constructed environments in order to promote entrepreneurial innovation (1). In 2006, the European Network of Living Labs (EnoLL) was founded by the Finnish government, focusing on information and communication technologies and institutionalizing the concept (6, 9). The [[Glossary|concept]] is therefore common predominantly in Europe but has also expanded to other geographical contexts during the last years (see Further Information). Living Labs have also emerged as a [[Glossary|transdisciplinary]] scientific method, its applications going beyond product and service development for the sake of business: Living Labs have also been used in the fields of, among others, eco-design (4), IT (1), urban development (2), energy or mobility for the purpose of sustainable development.<br />
<br />
The concept of Real-World Laboratories ('Reallabore') emerged around the same time, but was a scientific field from the beginning. It is most prevalent in German-speaking research communities that focus on sustainability and transdisciplinary transformative research (10). A broad set of RWLs have been set up in and supported by the German state of Baden-Württemberg since 2015 (14).<br />
<br />
== What the method does ==<br />
<br />
'''Living Labs and Real-World Laboratories are research, innovation and learning environments.''' They share a variety of traits, but differ in crucial elements. Their characteristics will be described below. <br />
<br />
The '''Living Lab''' "(...) has become an umbrella concept for a diverse set of innovation milieus (...)" (1, p.357) and has been described as a "rapidly diffusing phenomenon (...)" (6, p.139), indicating a lack of a distinct methodological conceptualization (9). The Living Lab has often been defined as both a methodology and the environment in which this methodology is being applied (1, 3, 6, 9). Generally, LLs revolve around the testing and implementation of new, marketable and standardized products and services that provide social or technological innovation (10). They experiment in settings with limited [[Glossary|participation]] with these innovations and attempt to create generalizable insights. They do not necessarily contribute to transformative change.<br />
<br />
'''Recurring fundamental elements of Living Labs include:''' <br />
<br />
* ... the creation and testing of technological and/or social innovation (a service, a product, societal infrastructure) with the goal of solving real-world problems (1, 4, 6, 8)<br />
* ... in a real-life test and experimentation environment (e.g. a house, a school, a city, a region or a virtual network) (1, 3, 6, 7, 8, 9)<br />
* ... through the involvement and collaboration of diverse stakeholders with a common interest in the respective domain, including actors from business, government and academia as well as citizens (1, 7, 8, 9). The active, open and conscious co-involvement of 'users' of the respective service or product in the innovation process, equally among other stakeholders, constitutes a central idea of the Living Lab as opposed to more passive approaches where they are seen as subjects whose behavior is to be studied (1, 3, 5, 6, 7, 9).<br />
* ... with a technological component that allows for standardized, comparable feedback on the innovation process (1, 7, 9)<br />
* A Living Lab can take between months and years (1, 9)<br />
<br />
Within this co-creation approach, users can be involved on different stages of the innovation process: the ideation and conceptualization stage (co-creation), the implementation of the product or service or the evaluation (2, 7, 9). For each of these stages, a diverse set of potential methods exists that can be used to include the users' and stakeholders' perspectives (see Normativity). To provide the best results of the Living Lab, involvement on all of these stages should be combined in accordance with the specific goals and [[Glossary|vision]] of the Living Lab (2, 9). However, an analysis of four Living Lab projects by Menny et al. (2018) indicates that the stage of co-creation is rarely achieved - most often, users are only included in the implementation or evaluation phase (2).<br />
<br />
'''Real-World Laboratories''', too, "(...) exhibit a broad and not clearly defined research format." (Schäpke et al. 2018, p.94). They are generally understood as research environments that complement transdisciplinary and transformation-oriented sustainability research by offering a real-world environment for experimentation and reflexive learning. RwLs attempt to close the gap between research and practice by combining scientific research with contributions to societal change in order to solve societally relevant problems (12, 13). This may help solve scientific problems, but also practical issues and fulfill educational purposes (13). RwLs are both interdisciplinary and transdisciplinary in that they strongly favor the involvement of various stakeholders from different scientific and non-scientific backgrounds that are relevant to the problem at hand. RwLs and Living Labs share the characteristics of stakeholder involvement and real-world experimentation, but focus more on the process of researching, learning and testing of new structures and transformative [[Glossary|processes]] rather than on the implementation of a specific innovation.<br />
<br />
[[File:Living Labs example visualisation.png|600px|thumb|center|The Real-World Laboratory approach. Source: Bernert et al. 2016, p.257]]<br />
<br />
'''Core characteristics of Real-World Laboratories''' are that (10, 13)<br />
<br />
* ... they contribute to transformation by experimenting with potential solutions and support transitions by providing evidence for the robustness of solutions<br />
* ... they deploy transdisciplinarity as the core research mode in order to "(...) integrate scientific and societal knowledge, related to a real-world problem" (Schäpke 2018 p.87). They "(...) can build on previous transdisciplinary process of, for instance, co-designing a shared problem understanding and related vision (...) or they can inclue these steps." (Schäpke 2018, p.87)<br />
* ... they establish a culture of sustainability around the laboratory, stabilize the cooperation between the actors and empower the involved practitioners<br />
* ... they therefore have a strong normative and ethical component and pursue to contribute to the common good<br />
* ... they include experiments as a core research method which they provide concrete settings for, and which stakeholders are actively involved in (co-design and co-production)<br />
* ... they attempt to create solution options that "(...) have a long-term horizion, potentially going beyond the existence of the lab" (Schäpke 2018, p.87)<br />
* .... they have a strong educational aspect and support three levels of reflexive learning: individual competency, social learning and learning with regard to transdisciplinary collaboration<br />
* ... learning outcomes are used to evaluate the research procedure, applied to improve the research process, and transferred to other transformation processes<br />
* ... they create knowledge on and for transformative processes which consists of system knowledge, target knowledge and process knowledge<br />
<br />
'''Apart from LL and RWL, there are further related approaches which should be mentioned:''' <br />
<br />
* (Urban) Transition Labs are based on transition management and focus on developing new ideas, practices and structures to support transition processes (10). Guiding principles and future visions for the transition process are developed and translated into experiments through backcasting (10, p.88). They focus neither on transdisciplinary research processes nor on specific socio-technical innovations, but revolve around the conceptualization of broader socio-technical change, including social learning and [[Glossary|empowerment]] processes.<br />
* Transformative Labs focus on systemic human-environment connections that are neglected in other transition management approaches. They strongly acknowledge environmental feedbacks in the innovation process and attempt to change the system dynamics that created existent problems in the first place (10). They "(...) build on extensive pre-studies and collective system-analysis to develop prototypes of systemic innovations and awareness amongst participants that they are part of a system (reflexivity)" (Schäpke et al. 2018, p.94).<br />
<br />
== Strengths & Challenges == <br />
<br />
'''Living Labs'''<br />
<br />
* The central element of the Living Lab - the co-involvement of 'users' at all stages of the development process - constitutes a distinctiveness of the method and provides specific advantages to the process (7). Instead of designing the product around the alleged needs of the users, the ideas and knowledge contributed by the users enable the developer (e.g. the company, the researchers) to more properly design their product / service according to the user's needs and desires (4, 6). The contextual knowledge gained in the real-world environment further facilitates the design process of the respective product or service (6, 7). This way, the risk of failure is decreased while the result better fits the user and supports sustainability, e.g. by reducing the rebound effect in eco-design (4).<br />
* At the same time, this element poses challenges. First, it may be difficult to develop effective methods and business models to motivate individuals to participate in the Living Lab process during which they provide work and knowledge that should be compensated (1, 9). This collaboration between all the different stakeholders ought to be continuous to make the Living Lab successful (1, 7, 8). Also, the participants should depict a sufficiently diverse and realistic representation of the eventual group of 'users', which raises the question of how to gather participants for the Living Lab (1, 2, see Normativity). In this regard, a socially inclusive, high level of involvement may lead to higher engagement and better results of the overall process (2).<br />
<br />
'''Real-World Laboratories'''<br />
<br />
* RwLs highlight the need for profound participation and cooperation (11). Doing justice to the diverse roles, perspectives and intentions of the involved stakeholders requires a differentiated procedure, structure and choice of methodological approaches. Further, "[u]ndertaking collaborative, real-world experiments (...) often raises particular challenges regarding ownership, transparency, knowledge integration, and conflict management." (Schäpke 2018, p.87)<br />
* The various kinds of intended knowledge raise a need for a highly reflexive application of methods. Another challenge in this regard is to balance the descriptive-analytical and the prescriptive research focus (10). "RwL approaches are subject to major challenges. These include high expectations (e.g., delivering evidence-based knowledge and governing societal change), blurring of boundaries and responsibilities due to the engagement of researchers in societal actions, and a lack of analytical distance in the research process between the researchers and their objects of investigation." (Schäpke et al. 2018, p.94)<br />
* "A major challenge regarding research quality concerns the generation of generic and transferable insights from experiments in specific contexts, with many factors that are difficult to control" (Schäpke 2018, p.87) In order to provide transferable and scalable solutions, feasibility studies, comparisons of experiments between labs and the involvement of key actors from different scales are beneficial. However, this "(...) requires adequate project architectures and longer-term fuding, allowing for continuous experimentation and longitudinal evaluation. Transferability and scalability are particularly challenging and potentially limited due to the situatedness of RwLs" (Schäpke et al. 2018, p.87)<br />
<br />
<br />
== Normativity ==<br />
<br />
==== Connectedness ====<br />
<br />
As shown in the diagram below, the incorporation of user and stakeholder perspectives in Living Labs can take various methodological forms, including traditional scientific methods such as interviews or ethnographics as well as tools and methods originating from marketing and business.<br />
<br />
[[File:Living Lab Connectedness.png|600px|thumb|center|Possible methods to apply in a Living Lab. Source: Feurstein et al. 2008, p.4]]<br />
<br />
RwLs can employ a variety of methods and combinations thereof, partly ones are developed specifically for the Real-World Laboratory context (13). Distinct methods of transdisciplinary research are listed in the [[Transdisciplinarity|TD entry.]]<br />
<br />
==== Everything normative ====<br />
* As with all transdisciplinary research methods, Living Labs and Real-World Laboratories have a highly normative component that relates to collaborating with real-world actors (see the [[Transdisciplinarity|TD entry]]). For the Living Lab, this is the case since it revolves around creating products and services that provide maximum suitability to the needs, desires and ideas of individuals. Living Labs are situated in the middle of the user involvement spectrum ranging from the user as the main creator to the user as a passive subject whose insights are introduced into the innovation process (3, 6)<br />
* For RwLs, the transformative purpose raises questions of which kind of future scenario is desired by whom: "RwLs [Real-World Laboratories] become immersed in political and normative issues that science traditionally attempts to avoid. Correspondingly researchers take on new roles in addition to what is traditionally seen as research (i.e., producing knowledge), including acting as facilitators of the process, knowledge brokers, and change agents" (Schäpke et al. p.87)<br />
* The selection of the participating individuals and stakeholders is a normative endeavour. An important notion in this regard is the question of an Open vs Closed format of user involvement - i.e. is everyone allowed to participate or only selected users and stakeholders? A closed format allows for more focused and in-depth feedback but requires the capacity to select individuals and limit access to the research environment. An open format, on the other hand, is simpler to implement and provides more diversity, but requires the capacity to filter results and manage the greater number of users (6).<br />
* Both approaches serve as empowering environments for the individuals involved (1, 8, 10, 13). They can have educational impacts and enable citizens to participate in processes that influence their daily lives.<br />
<br />
<br />
== Outlook ==<br />
* '''Being a rather young methodological approach''', the Living Lab still lacks clear definitions and supporting concepts as well as robust and homogenous methodologies, methods and tools (1, 4, 9). The majority of theoretical publications include thoughts on how to locate the method within participatory design approaches, or descriptions of individual projects. Few peer-reviewed studies exist that provide an instructional, clear illustration of the method's elements (6, 9). This impedes its more wide-spread use of the approach but may also be seen as flexibility, displayed by the various applications and adaptations of the approach in an increasing amount of diverse contexts (5, see Further Information).<br />
* Real-World Laboratories are yet to be established in the realm of the other comparable approaches. They are not "(...) unique or completely new in what they pursue and in the ways they proceed. They are part of a larger development: the emergence of a family of transdisciplinary and experimental approaches to transformative research. (...) Current trends in [[Glossary|funding]] programs and research collaborations provide space to further explore the potential of experimental approaches in transformative research. Long-term evaluation and comparisons will show which approaches or combinations are most promising, in terms of real-world sustainability transformation and acceleration in given contexts. (...) [T]he diverse emerging approaches may complement each other, rather than compete for being the “best” approach." RwLs "(...) have a lot to learn from the other approaches. (...) Their open approach may provide a suitable [[Glossary|framework]] for combining different components of experimental transformative research. Thus, RwLs might contribute to building bridges between different styles of transformative research, the design and implementation of experiments, as well as the evaluation fo processes of learning and reflexivity." (Schäpke et al. 2018, p.95)<br />
* "Despite the dynamic development of lab approaches in the last decades, '''their diffusion is still limited'''. The contribution of such approaches to societal transformation largely depends on them being embedded into a broader policy commitment to systemic change, as well as on the development of mechanisms to accelerate learning." (Schäpke et al. 2018, p.95) If their long-term establishment is supported, RwLs may provide an institutionalized frame for systematic transdisciplinary and transformative research and experimentation. In this regard, RwLs have the potential to support the further development of science-society collaborations and provide new ideas for academia (11). "On their own, lab approaches risk to have limited real-world impact. Creating some isolated space for experimentation, the significance of labs for societal transformation might remain limited by their own borders. It is thus important to complement lab approaches with broader policy commitments, if we want to harness the transformative potential of these approaches in the real world." (Schäpke et al. 2018, p.95)<br />
<br />
== Key Publications ==<br />
* Veeckman, C. Schuurman, D. Leminen, S. Westerlund, M. 2013. Linking Livinb Lab Characteristics and Their Outcomes: Towards a Conceptual Framework. Technology Innovation Management Review 3(12). 6-15.<br />
<br />
A more recent explanation of the concept and an analysis of four Living Labs with a focus on how their characteristics influenced their results.<br />
<br />
* Schäpke, N. et al. 2018. Jointly Experimenting for Transformation? Shaping Real-World Laboratories by Comparing Them. GAIA 27(1). 85 – 96.<br />
<br />
Presents and compares diverse approaches to transformative research.<br />
<br />
* Defila, R. Di Giulio, A. Reallabore als Quelle für die Methodik transdisziplinären und transformativen Forschens - eine Einführung. in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung. Springer VS.<br />
<br />
A German summary of learnings and experiences made with Real-World Laboratories.<br />
<br />
* Schwartz et al. 2015. What People Do with Consumption Feedback: A Long-Term Living Lab Study of a Home Energy Management System. Interacting with Computers 27(6). 551-576.<br />
<br />
A Living Lab study on the topic of energy efficiency in households, conducted for 18 months in Germany. Data was collected through energy logs, interviews, surveys, observation and Grounded Theory<br />
<br />
* Bernert, P. et al. 2016. Towards a Real-world Laboratory. A Transdisciplinary Case Study from Lüneburg. GAIA 25(4). 253-259.<br />
<br />
A case study that presents the establishment of a RwL in Lüneburg.<br />
<br />
<br />
== References ==<br />
(1) Bergvall-Kareborn, B. Stahlbröst, A. 2009. Living Lab: an open and citizen-centric approach for innovation. International Journal of Innovation and Regional Development 1(4). 356-370.<br />
<br />
(2) Menny, M. Palgan, Y.V. McCormick, K. 2018. Urban Living Labs and the Role of Users in Co-Creation. GAIA 27. 68-77.<br />
<br />
(3) Almirall, E. Lee, M. Wareham, J. 2012. Mapping Living Labs in the Landscape of Innovation Methodologies. Technology Innovation Management Review 2(9). 12-18.<br />
<br />
(4) Liedtke, C. Welfens, M.J. Rohn, H. Nordmann, J. 2012. LIVING LAB: user-driven innovation for sustainability. International Journal of Sustainability in Higher Education 13(2). 106-118.<br />
<br />
(5) Niitamo, V.P. Kulkki, S. Eriksson, M. Hribernik, K. 2006. State-of-the-art and good practice in the field of living labs. Proceedings of the 12th International Conference on Concurrent Enterprising: Innovative Products and Services Through Collaborative Networks.<br />
<br />
(6) Dell'era, C. Landoni, P. 2014. Living Lab: A Methodology between User-Centered Design and Participatory Design. Creativity and Innovation Management 23(2). 137-154.<br />
<br />
(7) Hribernik, K. et al. 2008. Living Labs - A New Development Strategy. in: Schumacher, J. Niitamo, V.P. (eds.) 2008. European Living Labs - A New Approach for Human Centric Regional Innovation. Wissenschaftlicher Verlag, Berlin, Germany. 1-14.<br />
<br />
(8) van der Walt, J.S. Buitendag, A.A.K. 2009. Community Living Lab as a Collaborative Innovation Environment. Issues in Informing Science and Information Technology. Volume 6. 421-436.<br />
<br />
(9) Veeckman, C. Schuurman, D. Leminen, S. Westerlund, M. 2013. Linking Living Lab Characteristics and Their Outcomes: Towards a Conceptual Framework. Technology Innovation Management Review 3(12). 6-15.<br />
<br />
(10) Schäpke, N. et al. 2018. Jointly Experimenting for Transformation? Shaping real-world laboratories by Comparing Them. GAIA 27(1). 85 – 96.<br />
<br />
(11) Defila, R. Di Giulio, A. Reallabore als Quelle für die Methodik transdisziplinären und transformativen Forschens - eine Einführung. in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung. Springer VS. 9-38.<br />
<br />
(12) Arnold, A. Piontek, F. Zentrale Begriffe im Kontext der Reallaborforschung. in: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung. Springer VS. 143-155.<br />
<br />
(13) Beecroft, R. et al. Reallabore als Rahmen transformativer und transdisziplinärer Forschung: Ziele und Designprinzipien. In: Defila, R. Di Giulio, A. (eds). 2018. Transdisziplinär und transformativ forschen. Eine Methodensammlung. Springer VS. 75-100.<br />
<br />
(14) Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Baden-Württemberg fördert Reallabore. Available at https://mwk.baden-wuerttemberg.de/de/forschung/forschungspolitik/wissenschaft-fuer-nachhaltigkeit/reallabore/<br />
<br />
<br />
== Further Information ==<br />
* The [https://enoll.org/ EnoLL] (European Network of Living Labs) connects, lists and supports hundreds of Living Lab projects in mostly Europe, but also internationally. <br />
* A good overview on projects, literature and actors for Real-World Laboratories for sustainability can be found on https://www.reallabor-netzwerk.de/.<br />
<br />
----<br />
[[Category:Qualitative]]<br />
[[Category:Inductive]]<br />
[[Category:System]]<br />
[[Category:Present]]<br />
[[Category:Future]]<br />
[[Category:Methods]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors| author]] of this entry is Christopher Franz.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=The_future_of_statistics%3F&diff=5958The future of statistics?2021-06-30T20:38:04Z<p>Imi: /* What will be the future of statistics? */</p>
<hr />
<div>'''In short:''' This entry revolves around the future of statistics. Which issues need to be solved, and which role can and should statistical analyses play in science and society in the next years and decades? For more on statistics, please refer to this [[Statistics|overview page]].<br />
<br />
==What will be the future of statistics?==<br />
Quite some people apply statistics these days, and it has become a staple of many diverse branches within science. However, [[Limitations of Statistics|critical perspectives]] increased as well over the last decades, and the computer revolution and the vast increase of peer-reviewed publications triggered a diversification in statistics. Sadly, the critical perspective is often a more of an add-on or afterthought, or settles into universal rejection, but has hardly triggered a deeper critical reflection or even revolution within statistics and the people who apply it regularly. '''Because of this, the benefits of these critical perspectives are often restricted to some few branches of science, or to a level of theory of science, yet do not translate into the empirical knowledge production where statistics is still so pivotal.''' The increasing diversity of statistics as such has also increased the mess, as it led to a increasing loss of linguistic coherence in the diverse disciplines, and led to developments where knowledge production or the testing of theories is relying on a small canon of statistical methods. <br />
<br />
Statistics hence added to the ever-spiraling specialisation of the scientific disciplines, and contributed to the demise of the old kingdoms. This is reflected in the role that statistics have played [[History of Methods|in the 20th century and even before]], where the analytical view on numbers was a willing accomplice to the injustices and inequalities of human thriving. The current culture wars are a reflection of these same unsolved problems where statistics contributed to, yet there is hope for the future. Statistics may be able to contribute to a better world for all people, but we need to overcome several struggles that are within the branch of statistics itself, within science, and in the contribution that statistics through science can have [[Scientific methods and societal paradigms|towards society.]] <br />
<br />
In this text, I will propose my current view on how statistics may evolve in the future, how statistics may grow up into something better, and how it shall overcome the haunting problems it faces today. This text will thus first look at the future developments within statistics, trying to anticipate what could happen to evolve the arena of statistics. The second section will critically examine the role of statistics across disciplines, and which problems may be solved in the future. The last section will paint a picture of the future contributions of an evolved arena of statistics and its role in society. It is in the nature of this endeavour that this text is not only offering a highly subjective [[Glossary|vision]], but also a bold one. However, since next to no one dares to dream about the future of statistics, I shall give it a try.<br />
<br />
== The future of statistics ==<br />
===Plausible validation criteria===<br />
The question I get asked the most as a statistician is: '''How much does the model explain, and is that good or bad?''' Of course this is a loaded question that cannot be answered. Imagine the following example. You are terminally ill, and the doctors told you to settle your affairs. Suddenly a cure for your condition is discovered, but it only cures 10 % of all patients. Do you take the shot? Sure you will. Now imagine you are in a different setting. You are perfectly healthy while planning your travels to the town of Samarra. Suddenly, Deaths knocks on your door, and tells you that you have a 10 % chance of dying if you travel to Samarra. Would you follow through with your travel plans? Most certainly not. Yet one time you have a slim chance of survival, and the other time you have a slim chance of dying, which is also at 10 %. This highlights that the validation criterion of [[A matter of probability|probability]] is context-dependent. Thus, instead of focussing on absolute criteria, relative context-dependent criteria seem more helpful. While [[Bayesian Inference|Bayesian statistics]] would in theory bring us much closer to such a relative measure, it still relies on validation criteria familiar from frequentist statistics. Still, Bayes theorem may pose an answer for a relative validation criteria. Unfortunately, this would demand everybody to understand Bayesian statistics, which is where we may talk about the rather distant future.<br />
<br />
===Parsimonious models===<br />
In statistics, today, there is a tendency to use more [[Agency, Complexity and Emergence|complex]] models as a sells pitch, as well as too simple models due to lack of experience. In the long run however, knowledge and experience may spread, and people may use the most appropriate models. '''I think a starting point for this will be pursuing different models at the same time, not in an ensemble way where the model results are put together and averaged, but in a reflexive way.''' Imagine I see a weather development that may have ramifications for the nomads in an area, being a foreshadow of a drought that may affect their livestock. I could not use [[Regression Analysis|simple linear models]], which would not help me to grapple such an extreme event, but would allow me to see some long-term trend statistics and get some explanation of what might happen in terms of the big picture. Then I might focus with a finer grain on the actual weather data right now, comparing climate and weather in a nested way, using non-linear statistics to focus on the actual prediction. Next, I could ask myself what happens if I take a fresh look, using a Bayesian approach to allow myself to only grapple the current data with real time updates. All these models unravel different aspects of the same phenomena, yet today -more often than not - statistics decide for one way of analysis, or combine all ways (e.g. ensemble models) as an average. Yet I propose that much knowledge is like an onion, and [[Statistics and mixed methods|different statistical models]] can help us to peel of the different layers.<br />
<br />
===Examine plausible questions===<br />
Much of the knowledge that science produces is driven by scientific demand, and this can be a good thing. However, our growth-driven economy shows the catastrophic shortcoming of a line of thinking that focuses on one aspect of knowledge, all the while actively rejecting or denying other parts of knowledge or reality. '''Empirical knowledge depends on the questions we ask.''' A manager of an organisation that attempts to maximise their profits may or may not ask the right questions for their goal, as focussing on growth may be the main reason for the organisation's demise or prosperity in the future. To the manager, focusing on growth seems plausible, so they pursue it. If it is reasonable, they might misjudge. Plausibility is closely linked by definition with people being reasonable, and plausible questions have some probability of being worthwhile our investigation. Following Larry Laudan, however, it is clear that scientists of the past were not always reasonable. Larry Laudan thought that many events and discoveries in the history of science were not as rational or reasonable as we think these scientific discoveries were. Future changes such as a more tightly-knit exchange culture in science or more pronounced ethical checks of research proposals may foster more plausible research questions, but this may not the right way to more plausible research questions. Instead, society may shift in the future, and people may just not come to the conclusion to investigate questions that are implausible. This may sound like a very distant future, but if we compare us today to people or even researchers 100 years ago or even 500 year ago, it become clear that we already came a long way, and shall go on.<br />
<br />
===Integrate more & diverse data===<br />
Statistics was born out of the urge to understand and control system dynamics, partly with a purely non-materialistic focus such as in Astronomy - a motor of early statistics - or with a total focus on materialistic gain, as was the case in early econometrics. With the rise of the Internet, our inflict of data increased at an exponential pace - following Moore's law - triggering both positive but also devastating effect on the global dynamics we witness today. '''Access to information has become on of the most important privilege people have today, and much has been gained, but much was also lost in translation.''' Examples such as information spreading from activists showcase what can be gained, yet terrorists and insurgents are coordinating themselves equally in the digital age. Data security is stronger shifting into the focus of societal debate, but we are far away from real data security, and in many aspects seemingly only a step away from a Black Mirror episode. All the while is is clear that we have no idea of which [[To Rule And To Measure|types of data]] may be available in the future. Movement patterns of elderly risk patients can predict a risk of a heart attack weeks before it would actually happen. Research can trigger a tilt towards fairer income distribution, or support the notion of a universal basic income. Detection systems of weather, oceans and the upper crust of Earth may prevent countless losses of life in in case of disasters. However, all these examples are still connected to our reality today, and we have to assume that future people will utilise data in ways that will be hard to imagine for us today.<br />
<br />
===Tame complexity===<br />
[[Agency, Complexity and Emergence|Complexity]] is almost like a holy grail in terms of current debates about system dynamics, because many use complexity either as an argument why change might happen, or to underline our limitations in understanding system dynamics. I believe that both lines of thinking are capital mistakes, as they may lead to false argumentations or to inaction in investigating system dynamics. What is complex for us may be simple to future people. Also, while there will most likely always be dynamics or patterns that we do not understand, in the future we may have mapped out which dynamics can be understood, and which dynamics follow other principles such as chaos theory, and can thus not be predicted. '''Complexity is not an ontological truth, but a buzzword that frames our current limitations.''' Once we have mapped out what we cannot understand, we will be much better able to act within the remaining rest of reality. Many people frame complexity and knowledge about it right now as a privilege, which they have access to, but other people do not. I can declare something to be complex, and thus mark this pattern to be not understandable. A good example are weather dynamics, which beyond a certain time window become unpredictable. While our current thinking dictates us that this will always be the case, we are different people today than we were once more 100 years ago. We have weather forecasts, ensemble models, satellites in orbit, and many means to at least predict the weather for the next 1-2 weeks, which would have been unthinkable at a planetary scale some centuries ago.<br />
<br />
===Solve causality===<br />
The gap between [[Causality and correlation|causal links]] and predictive pattern detection is one of the largest missed opportunity of statistics to establish a proper link to philosophy. While many philosophers such as Hume explored matters of causality deeply, this is still widely ignored in large parts of the everyday life of research. The unlocking of [[Machine Learning|machine learning]] and associated analytics even led to an outright rejection of any causal link, focussing on prediction instead. This can be a good thing, as a life saved through a good prediction is surely better than a life being lost, yet a post mortem helps us to understand why the person died. Anyone would surely prefer a life based on a blur prediction, compared to an explainable death. Mapping out this difference is of pivotal importance, because prediction can inform us so that we may decide how to act, yet causal explanation can help us understand why we should act. '''Causality is thus key to decisions and intentional acts.''' Without causality, we may be doomed to act based on our external senses alone, or on a prediction of some machine, yet it is our reflection based on causal information that may give our actions meaning and reason. It is part of human nature that some of our actions may always be not explainable, and it is part of statistics that some patterns and mechanisms will never be explainable. Still, a proper embedding of causal information and how we define may give us reasons to act, and not only our actions matter, as well as reason alone does not matter, but the combination of acting reasonable based on causal information may matter deeply.<br />
<br />
<br />
==The future of statistics within science==<br />
===Solve theory of science===<br />
Untangling the crisis of Western science for good is like the moonshot on this list. The perceived [[Bias in statistics|ghost of positivism]] that is still haunting us to this day, and the counter-revolutionary movements that emerged out of it triggered a division that left much of current research still being stuck in an illusion of objectivism, while some are lost in their maze of universal rejection or critical reflection. '''Critical realism with its subjective view of scientific knowledge, and its possibility for ontological truths still being out there, may have solved the current dilemmas of theory of science.''' Unfortunately, most researcher are not aware of this, or reject or ignore it. The errors of the past, and the [[Bias in statistics|biases]] these errors create inside of us as individuals as well as within the scientific community deserve a critical perspective on science. Equally, we need to create knowledge to continue the path of this human civilization, since we unleashed many wicked problems that need to be solved. Otherwise all may be in vain, and science needs to acknowledge that. Statistics is probably one of the branches of science that is furthest away from critical realism, yet if we change our education systems to enable a reflexive humanism as a baseline for our education, I cannot see why critical realism should not spread, and ultimately prevail. From a current viewpoint, it looks like our best ticket to the moon, and beyond.<br />
<br />
===Establish postdisciplinary freedom===<br />
Scientific disciplines are a testimony of the oppressive evolving of science out of the [[History of Methods|Enlightenment]], leading to silos of knowledge that we call scientific discipline. '''While it is clear that this minimises the chances of a more holistic knowledge production, scientific disciplines are still necessary from a perspective of depth of knowledge.''' Medicine is a good example where most researchers are highly specialised, because there is hardly any other way to contribute to the continuous evolution of knowledge. We may thus conclude that focus in itself is necessary, and often helpful. There are however also other factors about the existence of scientific disciplines that are important to raise. First of all, scientific disciplines are in a fight about priorities of knowledge and interpretation. Many disciplines claim that their knowledge is indeed of a higher value than the knowledge of the other discipline. It is clear that this notion needs to be rejected once we take a step back and look at the whole picture, since such claims of superiority do not make any sense. Yet from a perspective of [[Bias and Critical Thinking|critical realism]], one could claim that ethics and maybe even philosophy are on a different level, because the can transcend epistemological perspective, and may even create ontological truths. While other disciplines thus vanish in the future, philosophy, and more importantly [[Ethics and Statistics|ethics]], are about our responsibility as researchers, and may thus play a pivotal role. I would propose that statistics could contribute to this end, because statistics is at its heart not disciplinary. Instead, statistics could provide a reflexive link between different domains of knowledge, despite it being almost in an opposite position today, since statistics is often the methodological dogma of many scientific disciplines.<br />
<br />
===Clarify the role of theory===<br />
Statistics today is stuck between a rock and a hard place. Statistics can help to test hypotheses, leading to a accepting or rejection of our questions that are rooted in our theories, making [[:Category:Deductive|deductive]] research often rigid and incremental. At the extreme opposite end, there is the [[:Category:Inductive|inductive]] line of thinking, which claims an open mind independent of theory, yet often still looks at the world through the lens of a theoretical foundation. '''Science builds on theory, yet the same theories can also lock us into a partial view of the world.''' This is not necessarily bad, yet the divide between inductive and deductive approaches has been haunting statistics just as many other branches of science. Some approaches in statistics almost entirely depend on deductive thinking, such as the [[ANOVA]]. Other approaches such as [[Clustering Methods|cluster analysis]] are widely inductive. However, all these different analyses can be used both in inductive and deductive fashion, and indeed they are. No wonder that statistics created great confusion. The ANOVA for example was a breakthrough in psychological research, yet the failure to reproduce many experiments highlights the limitations of the theories that are being pursued. Equal challenges can be raised for ecology, economy, and many other empirical branches of science. Only when we understand that our diverse theories offer mere partial explanations, shall these theories be settled in their proper places.<br />
<br />
===Reduce and reflect bias===<br />
'''[[Bias and Critical Thinking|Bias]] has been haunting research from the very beginning, because all humans are biased.''' Statistics has learned to quantify or even overcome some biases, for instance the one related to sampling or analysis are increasingly tamed. However, there are many more biases out there, and to this day most branches of science only had a rather singular focus on biases. In the future we may pool our knowledge and build on wider experience, and may learn to better reflect our biases, and through transparency and open communication, we may thus reduce them. It seems more than unclear how we will do this, but much is to be gained.<br />
<br />
===Allow for comparability===<br />
'''How can we compare different dimensions of knowledge?''' To give an example, how much worth in coin is courage? Or my future happiness? Can such things be compared, and evaluated? Derek Parfit wrote that we are irrational in the way how we value the distant future less as compared to the presence, even if we take the likelihood of this distant future becoming a reality into account. This phenomenon is called temporal discounting. Humans are strangely incapable of such comparisons, yet statistics have opened a door into a comparability that allows to unravel a new understanding of the comparisons in our head with other comparisons, or in other words, to contextualise our perspectives. Temporal discounting is already today playing less of a role because of teleconnections and global market chains. What would however be more important, is if people gained - through statistics - a deeper insight into their existence compared to everybody else. Such a radical contextualisation of ourselves would surely change our perspective on our role in the world.<br />
<br />
===Evolve information theory===<br />
While frequentist statistics evolve around [[A matter of probability|probability]], there are other ways to calculate the value of models. Information theory is - in a nutshell - already focusing on diverse approaches to evaluate information gained through statistical analysis. The shortcoming of [[Simple Statistical Tests|p-values]] have been increasingly moved in the focus during the last one or two decades, yet we are far away from alternative approaches (e.g. AIC) being either established or accepted. Instead, statistics are scattered when it comes to analysis pathways, and model reduction is currently at least in the everyday application of statistics still closer to philosophy than our way of conducting statistics. The 20th century was somewhat reigned by numbers, and probability was what more often than not helped to evaluate the numbers. New approaches are emerging, and probability and other measures may be part of the curriculum of high school students in the future, leaving the more advanced stuff that we have no idea about today to higher education.<br />
<br />
<br />
==The future contribution of statistics to society==<br />
===Generate societal education===<br />
It is highly likely to assume that even advanced statistics may become part of the education of young schoolchildren. After all, today's curriculum is vastly different from what was taught 100 years ago. Statistics could be one stepping stone towards a world with a higher level of reflection, where more and more people can make up their own mind based on the data, and can take reflected decisions based on the information available. '''Inequalities can only be diminished if they are visible, and statistics are one viewpoint that can help to this end, not as a universal answer, but as part of the picture.''' The COVID-19 pandemic has shown how the demand for data, patterns and mechanism went through the roof, and more people got into the data and analysis, and acted accordingly - given that they had the capability. The greatest opportunity of a more dispersed statistical education is surely within other cultures. While Europe and North America are widely governed by knowledge gained from statistics, much could be learned ensuring these approaches with different knowledge from other cultures. We only started to unravel the diversities of knowledge that is out there. Statistics may also be a staple in the future, yet knowledge become more exciting if it is combined with other knowledge.<br />
<br />
===Tell stories===<br />
In order to become able to meaningfully contribute to a societal as well as cross-cultural dialogue and joined learning, statistics would need to learn better ways to tell stories. '''Ultimately, it is joint stories that create identity and unite people.''' We should not be foolish and consider a so-called "objective" worldview propelled by statistics to be a meaningful goal, because this would surely deprive us of many dimensions of cultural diversity. Instead, statistics needs to emerge into an arena that can tell stories through data, and engage people, and thus help to create identities that are reflexive, immersive and ultimately aimed at understanding different perspectives. If statistics became less about privileged knowledge and instead take the understanding of all people as a baseline, we would have an ambitious yet tangible long-term goal.<br />
<br />
===Qualify statistical results===<br />
Right now, the general understanding of statistics is vastly different. '''Few people actually understand statistics, and often this is the small privileged group being able to get a higher education.''' If statistics is presented, then most people do not understand it, or understand only parts. Gaining a broader understanding about the different valuations of statistical results is hardly ever done in a societal debate, hence citizens rely on the translation and condensation by the media. In the future, qualifying statements that allow for a contextual understanding of statistics shall be commonplace, and more efforts need to go into building a broader understanding what this actually means. Selective presentation of statistics will be a mistake of the past.<br />
<br />
===End information wars===<br />
Sadly, the selective presentation of statistics is part of our current reality. The media, politicians and other institutions present statistics often in a partial form to literally sell their view of the world. More often than not, a look at the whole data or other sources reveals a different picture - not just in nuances, but altogether different and sometimes even reversed. '''Much of the information that is ultimately presented publicly is designed to be palatable and to divide people.''' While there is surely a lot of good journalism already out there, much information is wrong, and political wars are waged about selling information, and how to utilise the partial realities for a political agenda. The Internet, which was originally set to realise the vision of global knowledge exchange, became a breeding ground for the great divide we currently face. We need to return to the vision of a free information flow, and educate people, and allow them to form their own picture, maybe even without the media as mediators.<br />
<br />
===Overcome resource fights===<br />
Much of the current conflicts are about resources, albeit often indirectly. Statistics enables or fuels these conflicts, as it allows for comparisons that ultimately have a utilitarianism purpose, often for an in-group, thereby excluding other people that are designated as out-groups. Hence statistics are - besides cultural identities - one of the origin points of current conflicts. This may change in the future. Resources may become less sparse, i.e. through a different harnessing of energy. If we were not limited by energy constraints, many conflicts might be overcome. Equally, future societies may avoid singular aims of materialistic values, consumption and growth-driven economies. This would tilt the way statistics is embedded into society, yet would certainly make it not less important. '''Instead, statistics would shift to brighten our knowledge, instead of fueling inequalities.'''<br />
<br />
===Link people to analysis===<br />
Fundamental for overcoming inequalities between different people would be a different mode of transparency when it comes to data security, as well as the way people demand data, depend on it, and ultimately utilise it. '''''Power to the people'' is from this viewpoint not enough: we also need to give data and means of analysis to the people.''' Consequently, people also need to raise the question which data they need to reflect and take decisions. Which data is being created is right now decided by a small elite of people, thereby excluding the vast majority of people. This could be changed already now, since more data is being created by the people thanks to smartphones, the Internet and other technology. This data should however not be used to manipulate people, but to empower them. Incredible amounts of data can be expected in the future, and science needs to work with citizens to focus on the data that is most needed to overcome the problems we may still face, and the solutions we need.<br />
<br />
===Clarify limitations===<br />
Much of the bad reputation within statistics is because it is hardly explained what statistics cannot do. Today, much emphasis in the media is put on what statistics can do, and remarkably often, the media does not get the point. To this end, limitations are not about individual statistics and results, but are about [[Limitations of Statistics|statistics in general]]. We know for instance that some statistical tests and models reveal different results than other models. All models are wrong, some models are useful. '''Society needs to understand and learn the value of statistics, but also the limitations.''' Otherwise, populistic leaders will continue to devalue statistics with clever selective criticism rooted in the fear of some voters. It is in the nature of science that scientific results change, and nothing else can be expected from statistics.<br />
<br />
===Integrate data continuity===<br />
Changing statistical results may be one of the greatest changes we shall see in the future. Up until the recent past, much of statistical results that are presented are temporal slices. However, there is an increasing temporal continuity being merged by dashboards in the Internet, leading to ever-changing results, which often gain in precision. '''Constant updates in statistical data and analysis will in the future enable us better and better to react to changes and anticipate challenges.''' Through an integrated data continuity, we will finally come to a view that does justice to the world, with little more fix points beside our cultural identity and our moral principles. Anything beyond this may be a constant fluctuation of data, which is nothing but a testimony of the interconnectedness of all people. This will not only enable new information age, but ultimately lead to a different dominion of insights, where we leave much of the static worldview that still closes in on us, and even traps us, today. Instead, we will become relative dots of information in space and time, where the interconnections between us are what ultimately matters, and we are able to see and feel this more than ever before.<br />
<br />
<br />
==Epilogue==<br />
Much has been gained, yet some say that much is lost. Derek Parfit claimed that the future could be wonderful, and I would agree. We may - to follow Dereks line of thinking- not be able to imagine how future humans might be, act and think. '''However, it is hard to imagine a future of humanity where numbers do not matter at all.''' For all I care, they may matter less - proportionally - but will still be important. <br />
<br />
To me, there is another aspect to it. '''Statistics could even contribute to make us more free.''' If you make hundreds of models that all show you patterns and mechanisms of diverse data sets, yet also show you that there are always limitations, and there will always be unexplained variance, this may even be able tilt your worldview. Seeing order in the chaos, finding patterns, unlocking mechanisms, and ultimately also mapping the limitations of our knowledge may be a step from knowledge to experience that can change us as a people, at least this is my naive hope. Many aspects I raised here seem to be unrealistic, or at least far-fetched. To this end, I would always consider how we were 100 years ago. What did we know about statistics? What about reason? What was causal knowledge back then? And how was the situation some 500 years ago? [[History of Methods|Or 2000 years ago?]] We have changed dramatically over the past decades and centuries, and out trajectory of change is on an exponential path right now. Who knows how it will go on, but I will always settle for hope. I am all with Martha Nussbaum on this one: “Hope really is a choice, and a practical habit.”<br />
<br />
----<br />
[[Category:Statistics]]<br />
[[Category:Methods]]<br />
<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=How_to_PhD&diff=5957How to PhD2021-06-30T20:34:47Z<p>Imi: /* First, your supervisor */</p>
<hr />
<div>{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 100%"<br />
! colspan = "4" | Type !! colspan = "4" | Team Size<br />
|-<br />
| [[:Category:Collaborative Tools|Collaborative Tools]] || [[:Category:Software|Software]] || '''[[:Category:Personal Skills|Personal Skills]]''' || [[:Category:Productivity Tools|Productivity Tools]] || '''[[:Category:Team Size 1|1]]''' || [[:Category:Team Size 2-10|2-10]] || [[:Category:Team Size 11-30|11-30]] || [[:Category:Team Size 30+|30+]]<br />
|}<br />
<br />
'''In short:''' This entry provides guidance for anyone who's planning or already engaging in a doctorate position, based on experiences made by Prof. von Wehrden throughout the last years and decades.<br />
<br />
== I - To PhD or not to PhD? ==<br />
====Considering your options ====<br />
'''First of all, it is difficult to know whether you really want to become a PhD student.''' Back in the day, I did not want to do a PhD. I was basically done with University. Then my future supervisors gave me a call, with the words: "This is a call from fate". I feel he was totally on point, spot on. For me, doing a PhD was serendipity. Not everybody is always totally clear whether doing a PhD is the right way. Others are clear about it already while doing their Bachelor, and always claim they want to do a PhD. Consequently they do not need to ponder much about it. What is however tricky is the group of people who do not really know what to do in general, and just do a PhD, because, why not? While it is save to say that everybody needs to find their way in doing a PhD, it is difficult if you start a PhD because you do not have any alternatives. Do not misunderstand me: many of the best PhDs will come out of this group of people who lack alternatives. However, some will realise halfway that maybe a PhD is not the main goal in their life. This is perfectly alright. However, ideally you should make up your mind as early as possible. I wish I could offer some suggestion on who should ideally opt for doing a PhD, yet I feel that academia is built on diversity, and hence there is no universal recipe for a PhD, let alone for a successful PhD student, that is. <br />
<br />
==== Funding and positions ====<br />
What is however relevant for your decision to do a PhD is that you get [[Glossary|funding]]. If you apply for a project position, you will have funding, but there is also a clear expectation of what you are supposed to be working on. Quite often, you are part of a bigger team, and this demands not only a will to cooperate, but also a clear responsibility and reliability towards your other fellows. In my experience, there are quite some positions out there in exciting projects, but the collaboration in such projects is then part of your PhD, and you will constantly have to negotiate between your goals, and the goals of the team. While this sounds easy in theory, it is often a hole in which many work hours are buried under a pile of emotions. On the other hand, you may be the only PhD in a team working on a specific topic. There are for instance quite some scholarships available, and while I never understood the decisions about which PhDs get funding, and which are not funded, these scholarships have at least some sort of a stochastic chance to gain you funding. These scholarships are more independent, which then becomes a problem down the road. Many people believe that academia is about being part of a larger team. While this is in some sense true, because academics can work in teams, this exchange in teams will not take away the necessity that it is you who needs to shoulder the bulk of the workload. This workload is at the heart of any PhD, even if you want to contribute to a larger narrative, you will have to mostly work alone. This is something that almost all PhDs struggle with: to accept that it is them who will have to do the work, and no one else. As a supervisor, I am willing to go all the way with you, but I cannot go the way for you. You have to learn to walk this path alone, a supervisor is just for the general direction. '''A PhD is ultimately about learning to overcome yourself, not for others to help you overcome yourself.''' Others - your fellow students and supervisors - may be catalystic, but the learning is all yours. Embrace this early on. Everybody struggles with it, so I felt it is only fair if I tell you this early on.<br />
<br />
==== What makes a successful PhD student? ====<br />
However, there are some character traits that I observed in the past that created successful cases. First and foremost, I think that previous PhDs I know were often thrilled and excited about their research. This showed in many different appearances, but overall, many of these folks were basically quite driven in terms of their focus. You know it when you see it as an external observer. However, you do not know it if you are one of those driven people themselves. Instead, most potential PhD students are full of doubts, focus on their wannabe limitations, and are often never sure whether they are on the right track. Therefore, it is often a good indicator if successful researchers consider it a good choice for you to pursue a PhD, and are willing to support you. A PhD is more about what you could become compared to what you are. Learning is relative. Taken together, if an experienced researcher is willing to support you, and you feel you want to commit the next years of your life to work deeply on one topic, and mostly for yourself, then you may be the right person for a PhD. This brings us to the next point.<br />
<br />
<br />
== II - Finding a supervisor ==<br />
[[File:MSDEMST_EC002_H.jpg||thumb|right|'''Find a good supervisor.''' Source: [WIRED https://www.wired.com/2015/02/teaching-students-like-yoda-taught-luke/]]]<br />
<br />
Most of the time, you do not find a supervisor, ideally you find each other. I feel that a good supervisor knows that you are the right choice, or how my PhD supervisor summarised our first encounter: "At this point, I knew I would not get rid of him". I believe, doing a PhD is about learning, and equally is the supervision of a PhD about learning, that is, learning for the supervisor. There are several steps that you can take to pursue your academic life so that you and your future supervisor have an encounter leading to a PhD. First and foremost, leaving a good impression in a course is always a good idea. Many of my PhD students were students in our Bachelor or Master programs beforehand. Memories of good students are always vivid, and in my experience I can tell quite quickly whether a person is a good fit for our team, and a PhD. However, I also frequently hire external PhD students, and finding a way from outside is a bit harder. I believe that most of my colleagues and me get several dozen PhD applications form external students per year, often from foreign countries and with the question for a position. Unfortunately, this is not possible as most positions are related to specific projects, where there exist already clear ideas about the focus and goals of the projects, and positions are written out that people can apply for. In this case, you apply for a very specific context, and you should be clear what is expected from you. <br />
<br />
While I personally encourage my PhD students to give a position their own specific touch, there are clear exceptions from funding bodies and other project partners, with time frames, deliverables and milestones. If you apply for a position, try to learn about these things, and also learn about the team that you apply for. How are interactions facilitated, what about joint identity, and how is the supervision organised? All these things are valuable to know, and need to match your expectations. '''Many potential PhD students envision that they will sit with their professor all day, and will discuss things that sound important, and somewhat scientifically.''' This is not how reality looks like, I think it is closer to a cognitive apprenticeship, with a higher frequency of exchange in the beginning. In most cases, professors have ideas, and want their PhD students to pursue these ideas concretely. There may be regular interactions, but as long as you are not the only PhD student, there will be hardly daily active exchanges. People I admire meet their team on a weekly basis, yet professors have teaching duties, admin work and after all often apply for the next funding, and also have larger teams beside you. Finding a supervisor is hence often about managing your own expectations. However, in my experience, there is more. <br />
<br />
'''I think the most important thing a supervisor can do is to motivate and to inspire.''' I have been very inspired by my supervisors and mentors. I think to me it was most important that my supervisors gave me direction and advice, not necessarily general advice, but more tailor-made for me. I have a rather old-fashioned idea of a supervisor being like the teacher in a Kung-Fu monastery: relaxed, effortless, but incredibly versatile if challenged. An inspirational supervisor makes mastery look easy, effortless and incredibly elegant. The moment of bafflement when the learner attempts to do the same is the main inspiration, challenging you to become a better version of yourself. Beside this inspiration a supervisor also provides a role model when it comes to structure in life (or at least that happened for me). More experienced people somewhat got their life quite in order, and the mixture of experience plus more structure and established habits is a big boost for productivity. I admire experienced researchers and teachers in how they make much look effortless, while especially today it seems like a badge of honor that people are busy. It was my supervisors and my idols that showed me that most people are not super-busy, but badly structured and unable to focus. <br />
<br />
The last but not least thing a supervisor can bring to your development is specific advice. We all have our little twerks and insecurities we need to adjust, and there may be even bigger hurdles to overcome. My first professor basically took one good look at me and addressed my biggest flaw, quite bluntly. I am still thankful to him - at the time it certainly was not easy, but necessary. My supervisor was equally directly showing me not only flaws and blunders in my thinking, but also explained the academic system to me. Understanding hierarchies, norms and structures in academia takes quite some time. Young people are often impatient, yet it is also highly relevant and overdue to change the academic circus. A progressive supervisor will know how to help you on this path, but equally realise that the main goal of supervision is to aid not only your students to become better, but for the whole academic system to become better. <br />
<br />
Most people these days are driven by topics, and want to make a difference with their work. While this is understandable and admirable, I think it is only a secondary goal compared to the main goal of any given PhD, and that is overcoming yourself. Looking back at my PhD, I loved my topic; it was about conservation, rangeland dynamics, and the Gobi desert. It was incredibly cool to do, and even had a real impact on the ground. I loved my PhD topic. But coming to think of it, my PhD was mainly about learning to overcome myself, and to learn key academic skills, which were in my case revolving around methods. I had interest in my topic, and my supervisors and colleagues were pivtotal to this end as well. But looking back at it 10 years later, it was more about learning to work deeply on a topic, any topic. Ever since, my focus has shifted. Many researchers continue to work on their PhD topics for their whole careers, which is kind of standard in the old days and in the normal sciences. Today, this seems to be vastly different. Your PhD may ramp up your live goal, but more often than not, people change their focus, sometimes repeatedly. <br />
<br />
To summarise, you should try to find your way into the limelight of a supervisor early, and try to find for yourself what you expect from a supervisor, and what a supervisor can expect from you. In this way, you get a clear understanding about roles and expectations. These will change later on for sure, but can be an important door opener in an interview, and may enable you to find your way in a new role as a PhD student. '''Earning a PhD is among the greatest privileges of academia, and is for me only surpassed by the privilege to supervise a PhD.''' A PhD is about years of a life of a person, and that investment of a person counts for something, and then some, I would say.<br />
<br />
<br />
== III - Reading and designing ==<br />
No research starts from scratch, but instead all research is standing on the shoulders of giants. We are part of a multiverse and a continuum, and no matter how small our own contribution may be, it is part of a bigger picture. This is the most important point of departure for any PhD, because it highlights the importance of reading the literature your work is built upon. ''What are the foundations of the topic? Who are central figures in the debate? What are the central theories of your work?'' All this you should read up upon, because it is expected that you become the expert on this small turf of current research. The goal of a PhD is to become an expert in one very specific part of current research, and to move it forward. '''This is a problem for many, because I believe that you hardly ever feel like an expert.''' I certainly do not feel an expert in anything, and most PhDs feel that they are predominately gigantic experts in procrastination. We have all been there. <br />
<br />
Still, consider the topic and theories that you read your way into, and try a little visualisation technique. Image a circle around you, maybe of about 100 kilometres. How many people would you think are surpassing your expertise regarding the very specific topic? Coming to think of it, quite few, probably. You become an expert. I for once became an expert about the vegetation of the southern Mongolian Gobi, and its dynamics. Granted, a very singular area of expertise, but there are a few handful of experts to this end, and I had to learn to acknowledge this in my PhD. More importantly, one needs to own it, and this takes time. Try to develop a strategy how you read papers, make a plan, and first and foremost try to learn to crossroad papers fast. You need to become able to grasp the main points of a paper quickly, especially the points that are important for you. Learning to get an overview of a field of research is a pivotal skill for any researcher. <br />
<br />
Learning to read is a means to an end, and this end is to inform your own research direction and design. By building on previous knowledge you learn to identify gaps, and become able to verbalise existing questions that remain unanswered. Then, you can start to frame what you want to do and how you want to do that correctly. No one is an island. Other people will have done some parts of what you want to do before - it is often the recombination of information that is the really new and innovative step. Try to understand where the frontier is in your research area, and be bold enough to push this frontier a bit further. I often advise people that if your topic is innovative, you may want to have your underlying theory and the methods you utilise to be maybe not on the bold end of the spectrum. If the theory is bold, maybe a solid topical foundation can make it more tangible. If everything about your research is the unexplored country - to build on Shakespeare - then it will be very hard to build something tangible. In order to be bold and innovative in some parts of your research, I often feel it is helpful if other parts are solid and somewhat established. In a PhD, it can be good to depart from the state-of-the-art, and then progressively move this forward. The next section will deal with the potential architecture of your thesis.<br />
<br />
<br />
== IV - Getting the first paper done ==<br />
The first paper is the hardest, always. I remember how much effort I put into my first paper, and it felt as if it would never be done. I feel that here the supervisor can potentially help a bit more, while towards the end of a thesis the candidate should ideally become more independent. What is safe to say from my viewpoint is that we all need help at some point.<br />
<br />
'''I think all PhDs need three types of skills: Getting data, analysing data, and interpreting the results.''' Ideally, a PhD is more or less able to master at least two of these steps, and may need a bit more support by one of the other steps. Most PhDs are excited about getting data, a step that is often easy to begin and hard to end. This is why it is helpful to have clear designs and to fixate these in more or less binding written outlines. Writing a clear structure of your thesis in the beginning is helpful. This outline and structure will often be altered, but in my experience is it helpful to force your way through this, and this comes from someone who did not do this, which was clearly a mistake. I would say give it a try, have it critiqued, and then be open-minded to change it. But see it like a band aid: you want to rip this off fast.<br />
<br />
This brings you to the first paper. In many institutions it is vital to have at least one paper published, and the typical three years you have for a PhD fly past fast. Since peer-review takes time, it is vital to get the first paper done rather quickly, and submit it. It may circulate for some months, or in severe cases even more than a year at the journal with editors and reviewers, so go figure what that means for the three year timeline of your PhD. Therefore, I often recommend that the first paper could be a [[Systematic Literature Review|systematic review]]. You anyway have to read all the available literature, so why not do that in a systematic sense. I acknowledge that I like reviews a lot, and approach many topics through reviews, yet in your PhD it also has the benefit that no one can take all this knowledge away from you. It can be quite comfortable to stand on the shoulders of giants, and in your defense you will be able to have references woven into your replies with ease, which people will appreciate. I also think it is quite helpful to write a systematic review to define your point of departure. All things considered, the outlook of the review may ramp up your agenda for the PhD. <br />
<br />
An alternative way is to make a pilot study or a pretest of you next paper, and make this a small but precious first paper in your PhD. Such a small empirical paper can be an equally good starting point, as it is often quite easy to structure such a paper, and to get into a flow in terms of writing it. Here again, an outline is ideal, because many people are tempted to make such a paper more than it actually is. Remember that you start, and more can be pursued in the next papers. <br />
<br />
'''What is also important to consider for your first paper is to identify a target journal.''' ''Which journals harbour the most literature on the topic you are working on? Which journals seem appealing in terms of the style, focus and audience?'' And maybe you want to consider a small gambit, and aim a bit higher? Depending on your time line, you might make the first submission a little bit higher, knowing that you have a sure shot at another journal that is slightly less prestigious? To this end, it is good to rely on the experience of your supervisor, and fellow PhDs and other colleagues. Some [[Glossary|journals]] demand a specific format and structure, and this should be considered early on. <br />
<br />
, in order to get this first paper done, you need to develop a mindset where you want to get this paper done. This is what the first paper is all about: starting to learn to overcome yourself. Try to keep it simple, try to establish writing as a habit, and also try to gain experience. At this state, many people claim to be bad at writing. I think this is simply not true, they are only untrained in writing. Writing takes practice, and I am not only talking about putting words on paper. I am talking about creating a structure and taking decisions. Writers take decisions. Hence you will need to practice, and this is what the first paper is for. You will have to learn to get your work into smaller chunks. If you write a quarter of the introduction of a paper in a day, then you should be done in two weeks if you keep up the pace. Since structure and momentum are key challenges, try to make a bullet point outline, or discuss the structure of the paper with your supervisors or your peers. If you ask me, try not to focus on the flaws, but try to get a full first version onto the paper. This is the hardest thing, but being in the limbo of iterations is something that will happen anyway, so try to write the first version with your heart, and then try to get it criticised. This is not about being perfect. This is about finding a way to start, which is exactly what the first paper should focus on.<br />
<br />
== V - The empirical gap and/or trap ==<br />
While reading and designing the potential studies is one vital first step for any given PhD, getting empirical data (or engaging with conceptual depth in case of a non-empirical PhD) is the real deal. Time to get your hands dirty. The key challenge for any empirical work is that there are some things that can be planned and designed, and some other things where you have to embrace a healthy form of improvisation. The gap between these two is the source of endless stories of countless researchers across the globe. Planning what you want to work on needs to build widely on experience and previous research, hence consulting expert researchers, discussing your design with your supervisor, and first and foremost reading the relevant literature is the most important basis. <br />
<br />
Now imagine you started gathering data, for example you are interviewing actors in a system. In my experience, most researchers will now enter the ''what if'' stage, where they either start to amend their design with all sorts of additional modifications, or where they start beating themselves up about what they could have done differently, or what they would do differently next time. This is normal. First of all, negative results are also a scientific results, although of course this is way less thrilling, and most research is biased toward positive results. Second, no results explain 100 %, a model or outcome that explains everything is certainly flawed. It is in the very nature of empirical research that it has flaws, and variance and complexity add to lessen the results. Within qualitative research, it may surface that with more samples - for instance more interviews - the results may be different, and many researchers frame this different as "better" in their heads. Again, this is only partly true, as we have to acknowledge that any type of empirical research is only looking at parts of reality. Still, I sometimes wonder whether most empirical researchers beat themselves up about their data approximately as long as it took them to gather the respective data. This process is sometimes refered to as "analysis". While experts in methodology would agree that proper analysis of empirical data - both quantitive and qualitative - takes as long as the data gathering, most of this time is dominated by doubts, regrets and the predominant wish to be able to travel back in time to do everything again. Learning that your data is flawed and could have been better is an important lesson, and the lesson is not as much about improving your knowledge to avoid this specific mistake in the future. '''Instead, this is about learning to live with the imperfections of the empirical'''. For conceptual work, this can be equally framed. Often, you discover the most important source towards the end, or even better, after you finished your work. Conceptual work has its own demons, and I think it is overall much easier to work empirical first, and with a focus on conceptual contributions later, but here I may be mistaken. As a philosopher, you will probably work conceptually from the very beginning. I admire this work, but is demands a high level of coherence, which is why it can be relevant for any given PhD student - including empirical workers - to derive a glossary of your most important words early on in your PhD. I wish I would have done this, as it would have saved me from iterations and inconsistencies. Better to reflect about a term once and deeply, and then settling on a compromise that you stick to for the rest of your thesis. Building such consistency is I think an underrated skill in most PhD works. <br />
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To summarise, you should consult experts on your empirical design, because nothing is worse than a failed design. However, do not expect something magic out of that: empirical sampling is work, harder work, and failing. Just try to get at it, and enjoy it while you can. The head of my PhD lab always claimed what a privilege we all had, since us PhD students only focus on one thing, and one thing only. I think this is so incredibly true coming to think about it now, but at the time it did not feel like it. Life as a PhD students is often stressful, but always remember that is serves as a basis for great stories later in your life. Glorious days!<br />
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== VI - Gaining flow vs procrastination ==<br />
Now let us assume you have your data, you are on your way towards results, and then you get stuck. What if you make just another round of fieldwork? How about one more campaign - a short one - just for a few more interviews? And did you see this great summer school that was advertised? It is not exactly your focus, but it sure sounds exciting, right? Maybe it would help you to gain some friction on your analysis, and then you could already join this years round of conferences to present some results. The one in Prague sounded really interesting! '''Welcome to the world of procrastination.''' May this stage be a short one, but it never is. You kind of started, technically you know what to do, and now you feel there are so many exiting opportunities that you need to seize as a researchers. And there are some plants that seem to need watering as well, right? Or how about a little snack? <br />
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I believe that the [[Glossary|creativity]] of most researchers I admire is maxed out when they try to procrastinate. I have been there, and I am still there, sometimes. The world is full of exciting alternative opportunities when you should be actually writing your PhD thesis. What is most important now is that you learn to manage yourself, and this form of self-improvement starts with building consistent habits. Try to develop a daily rhythm that works for you. Me, I like starting rather early, doing some Yoga, writing the first text before 8, making it a rather energetic morning, taking a break at midday, preferring a nap for a lunch break, and setting meetings into the afternoon when energy levels are lower. In the evening, I might take another round of concentrated writing for some hours, or maybe some sort of mechanical tinkering such as some statistical analysis. My day was not always like this, but today it is planned down to 15 minute blocks, focussing on balancing my energy levels, and trying to build a pendulum between motivation for challenging tasks vs gratification with some of the nicer tasks. Keeping my energy levels constant is I think my main goal these days, preferring to avoid both extreme peaks as well as total slumber. '''Gaining flow in writing is a great challenge, and takes livelong practice.''' I like to start with a clear designation that I start writing in this moment. Either I make myself a coffee, have a location change, or I have the time clearly designated in my calendars (a trick I only learned recently). Most writers have deeply ritualised habits, and are often working to improve them even further. For a long time now, I have been writing with music or background sounds. I have almost a dozen nature sound apps on my phone, and Philip Glass, Dawn of Midi and Max Richter are my staples when writing. These days I get hardly distracted by this music, but instead is actively prevents my mind from wandering, and allows me to create text for long stretches of time. Another helpful step is to carve out the general structure, and then fill this up. Me, I like to structure my texts in bits of about 200-300 words. Everything more detailed is taking too long, and everything less detailed does not to justice to catching the overall structure. I encourage you to try things out and to try to develop your own habits and strategies. <br />
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In order to be able to do this, you need to practice. Writing and gaining flow at your work is not something that you learned in school, I guess, and most people have not produced a few hundred thousand words yet in their life. Academia communicates widely through writing, and learning to structure your thoughts in writing is one of the essential goals in a PhD. If you start by writing about 1000 words per day, you will see how this can ultimately bring you into a state where you are quickly able to structure your thoughts and fixate them on paper. Many prefer actual paper, yet most use their computer. I learned that a comfortable hour in a garden chair with my mobile phone can well produce 2000 words that propel me up for a good start. I often write a lot in the very early hours of the day, just as now. Late at night is another sweet spot, as there are less distractions. Find these niche spots, and write. Get at it. You are not a bad writer, you are just an untrained writer. '''No one would expect to grab a musical instrument for the first time, and play music right away.''' You need to practice in all you do, but I think the reason why the hurdle is higher in writing is because the actual form of scientific papers seems somewhat distant from us and our everyday life. Yet in order to do a PhD, and to gain recognition for your future career path, you need to ''publish or perish''. There is - in the current system - no way around it, and in my experience PhD students who question this simple path dependency are literally doomed to perish. To spin it less dramatic: I would argue that other people deserve to read your work. You are being paid to do research, and your results should contribute to the greater good of science. Typically, your salary is not so bad - if you write 3-4 papers in your PhD, consider the costs of one of those papers. Scientific papers are certainly not cheap, but they are necessary to make your work transparent, and to enable other researchers as well as society to learn form your insights. I think it is safe to say that peer reviewed publications will be the baseline of science for quite some time to come, hence they should be the baseline of your PhD as well. <br />
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This bring us to the next point: the role of your team. Most PhD students are part of a team, and that is a good thing. While I already said that it is you who is writing your PhD, and no one else, I think that getting feedback from your fellow PhDs, and learning how you can collaborate with others, is actually a core academic skill. Still, I think every paper should have someone who is in control, literally leading the others. The skill of mastering a multi-authored paper is not about others taking the workload from you, but you designating smaller parts to people with a complementary expertise, and you integrating their chunks. The bulk of the workload is with the lead author. Equally, a paper you co-author can be no excuse to not work on your papers first and foremost. Your papers should always be your main focus and only when these are done you can shift your energy to something else. '''Focus!''' I know it is so tempting to work on something else, but you may want to consider to have a clear plan how to divide your energy. Working for four days on your PhD and one day on a co-authored paper would be a reasonable division of your label force. Then the co-authored paper can become a reward, but make no mistake: You will have to shoulder the hardest part of your work by yourself, there is no way around it. Learning to gain flow in your own work is an essential academic skill. Try to put yourself in the shoes of your supervisor. I for once had to learn how to gain flow in my work in order to become able to try and inspire others, and to help them on the way. I can only write these lines now, because I learned to focus on my work at some point. In order to be able to supervise and inspire others in the future, you need to become able to gain flow and to prioritise your work above all else. In order to achieve this, focus is pivotal, which brings us to the next points.<br />
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== VII - Get rid of (almost) everything ==<br />
You know a lot now, right? You read all the literature. You are pondering about all sorts of theories and frameworks, and then some. You learned your system inside out. The model of your working area that is in your head is at leats ten times as complex as reality itself. No other human has ever comprehended what you learned about all this during the first part of your PhD. Now you need to explain it to others. <br />
Those who know me understand how fond I am of Occam's razor. ''Everything needs to be as simple as possible and as complex as necessary.'' Empirical research is about models of reality. Hence it is your work to reduce the full model of your results into a tangible version to follows Occam's razor. Every piece of information that you reduce is like a small death, to give this line of thinking a dramatic spin. What is important, what is not important? You are the judge. Whoever made you the judge will not be there to help you, because no one is supposed to understand this stuff as good as you. You are the expert, yet you feel a million miles away from understanding anything. How to proceed, you ask? Let us go through it point by point.<br />
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==== The theoretical foundation ====<br />
Science often builds on theories, paradigms, framworks or concepts. While all these operate on different levels, it is still common that you identify one or several conceptual foundations that your work resolves around. Most PhD students are quickly falling in love with several concepts, and encounter problems when deciding which concepts are valuable for their work, and which concepts are less important. Theories are simplifications of reality, and hence imperfect. If you deductively try to falsify or confirm a theory, the theoretical foundation is very simplified, but easier to handle. Research over the last decades has had a general tendency to be more inductively, or even abductive. To this end, a theoretical foundation may give clear boundaries within which you work inductively. Take for instance the stakeholder theory, which you can test in all sorts of different settings or systems, but you always integrate a resource-based as well as a market-based view in your research. '''What is sure about theoretical foundations to this end is that several of them together are difficult to integrate.''' If you work on ecosystem services, focussing on biodiversity, building on neutral theory, investigating resilience, to investigate climate change adaptation, then you got yourself into a deep mess. Theoretical foundations have a tendency to exponentiate each other. If you have two theoretical foundations, you may get a vague one concrete, if the other one is concrete. Personally, I would leave integration of more theoretical foundations to philosophers, or at least to conceptual papers. In empirical research, more than two theoretical foundations are more often than not confusing. Still, many PhDs have some sort of a fear of missing out concerning theoretical foundations, the more the merrier seems to be where many get stuck. Never forget, they they are all only models of reality, and equally you will have to compromise which theoretical foundation(s) work best in your case. <br />
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==== The empirical results ====<br />
So you have your data, and now you dug yourself a hole in the world of analysis. May it be the never ending coding in a [[Content Analysis|content analysis]], or a statistical abyss - there is a long tradition to bury yourself in your own empirical results and their analysis. '''Remember that you are looking for the most important information now.''' Not everything, but the main patterns. What do you think the world can learn from your data. Many will iterate themselves though all stages, from ''do I got anything at all'', ''how can I every make sense of this mess'', ''it is dead, Jim'', ''A New Hope'' to finally ''how about I leave it like that and hate myself forever for it?''.<br />
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'''Empirical research is messy.''' There is no mincing words here. Yet it is learnable. You can learn to live with it. Experience in empirical research almost never feels good, I think. It is either a total challenge, or being absolutely bored. Strangely, there is hardly anything in between, only the feeling of being totally overwhelmed, or the weird querkiness of thinking that is just cannot be that simple, and all this is super trivial. Get over it. What you should learn in the long run is that you may want to embrace your results, but still be critical. Results may vary. Even patterns are hard to be reproduced these days. Remember that we unlock [[Bias and Critical Thinking|parts of reality]]. Stand by what your data can do, but always keep an open mind to the simple truth that it will change probably in the (very) long run, because hardly anything is constant. You work is a contribution in the here and now, and I feel this should be enough to get it done in the here and now.<br />
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==== The contribution to the topic and the state of the art ====<br />
These days, much of science is driven by topics. People want to make a difference. To me, topics are mere samples. Do not misunderstand me: some topics are timely, and some are more important than others. But when you look at your PhD one or two decades later, you will know what I mean. Your interest will necessarily shift, yet what will remain is the skills your learned and the experience you gained. Taking your thesis to find your way into a proper Philosophy of Science is something that will surely stick. Developing your work ethic will surely stick. But this section is not about all that. It is about your topic. You have to become the expert on the respective topic, so much we already agreed upon. You will be the expert, and you need to break the topic down in order for others to understand it. What are the most important pieces of information that build as much as a whole picture? How can you frame your knowledge into a narrative? Do you have an [[Elevator Pitch|elevator pitch]] to tell someone the really short version of your thesis? And what if you get stuck in an elevator with the president of your University, do you also have a longer version? Developing all this takes time, but you need to get at it, and test your expertise then and again. <br />
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Most importantly, are you also able to share your excitement about your PhD with people outside of academia? Many people within academia will measure your impact by the journals you publish in, but these days impact is measured in many facets, and driving change in society is of growing importance, and rightly so. What is however difficult to grasp are the outer margins of your topic. Try to work hard to define what you are working on, and what you are not working on. Many people get dragged into a rabbit hole where they try to shoulder everything, but it is equally important to know what you are not working own, as to know what you are working on. Ideally, you can choose and reframe along the way. The typical PhD student changes their concrete focus quite a lot along the way. What is always sad to observe is how PhD students are continuously worried that someone did exactly what they did, but half a year before. While this can be the case in some cutting edge branches of medicine or genetics, where the trajectories are following a clearer path, I hardly encountered that somebody really did exactly the same thing as you were planning to do in your branch of soft science. There are always differences, and quite often pretty substantial ones. Just be relaxed, in the end it is all going to be alright. And because no one will relax about this point any day soon, let us move to the next point, and quickly.<br />
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== VIII - Iteration circus ==<br />
At this stage you have your data, you have a vague idea how you are going to contribute to your specific part of science, and you have a menu of what theories you can utilise in your thesis. This is the stage where many struggle to master their spirit and get instead lost in self-doubt and endless questioning everything inbetween the smaller details and - well - everything. The best way to countermeasure this is to start early to have a structure that allows you to have early success with your first paper. Building on Ali Abdaal here, we got motivation mixed up. It is not our ideas that motivate us, but instead smaller success that motivates us towards larger challenges that lead to larger success, and so on. If you do not manage to reach early success, the larger challenges of work will become impossible to overcome. This is why I think that you need to learn writing first, and then use this skill to write what you actually want to write about. Writers block is an altogether different story, I think. Many people who think they have writers block have either not even started to learn how to write, and are just lacking a routine, or are living in the believe that writing should feel great. Science made a dramatic mistake when is starting selling itself as a ''Heureka''-generating euphoria - that simply does not match reality. Writing in science is hard work, and in any other field of labour, if nothing else will work, ''work will work''. The other challenge is taking decision, which I extensively outlined above. Again this takes practice, you need to learn to become constant in your life habits. There are too many things beyond your control that you need to take into account, hence the more stability you can add to the process, the better.<br />
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==== First, your supervisor ====<br />
Try to establish a clear protocol early on. What is expected from you, and what would you like your supervisor to do? Remember that your supervisor could probably write your thesis in a matter of months if not weeks, but this is not what it is all about. Some things you can only learn by yourself. Yet if there is one thing that was absolutely fantastic during my PhD, it was the fact that the door of my supervisor was always open. Whenever I had a question, I could ask him. Looking back at it, I do not know how he managed this, and coming to think of it, much must have been quite annoying. I can consider myself lucky that I had a supervisor with an incredibly high level of patience. Looking back today, I think that I can be grateful, yet as a supervisor I would clarify the roles clearer, which is another nod to the patience of my supervisor. It is however the role of a supervisor to give a frank and honest evaluation of the current stage of the thesis, and to motivate the student if need be. This is easier said then done, because this is different for every PhD student. Therefore, I think the most important thing one should try to develop is [[Glossary|trust]]. There is no magic portion or spell that can help tu to develop trust, but it should be the goal from both sides, I feel.<br />
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==== Second, your co-authors ====<br />
Managing co-authors is a pivotal academic skill, and most PhD students learn hardly more than under these constellations. I exclude the supervisor here, as I dealt with this relation before. The rest of the co-authors can be divided into three groups: The Peers, the superiors, and the minions. <br />
<br />
===== The peers =====<br />
The peers are the most important group for you. Find peers with a similar interest and work ethic. And with 'interest' I do not mean 'topic'. It is not important what they work on, this can be different, but how they work on it should be allowing to build a link, and the means of their work should be to allow for the creation of a reflexive space. You learn the most about yourself through the reflection of your peers. Working together with peers can give you energy, and help you to master hurdles together. Yet make no mistake: Your peers will not write your thesis, and in the end you will have to take the decisions they cannot take for you. I had three fantastic peers during my PhD, and a wonderful wider team at our institute. The closer peers - and later also some other fellows - were active collaborators. This was highly relevant for me, because I learned about methods through the data of other people. I think that it is ideal if you can use a peer-to-peer exchange to develop yourself. The wider circle is important as a social buffer, where you can share the experience of academia, and lighten the load of the smaller and larger challenges all PhDs face. This is after all also a time one should enjoy.<br />
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===== Superiors ===== <br />
Publishing with other superiors is a privilege. If someone with less time than you is available to you wants to commit their dense schedule to your work, then you should try to leave a positive impression. Be clear in your communication, discuss openly who is doing which tasks, but try to have the others maybe first outline their role, and then try to match it. Peer-review also led to the rise of some opportunists, but remember that the line between a real contribution and some helpful thoughts is a blurry one. Still, for a PhD it is often difficult to access the contributions of a professor or postdoc, hence ideally you rely on your supervisor, who may decide together with your supervisor which contribution merits which authorship. I had the honour of having many co-authors as a PhD that were on a much higher level, both in hierarchy as well as experience, and I learned very much from them, and for this I am truly grateful. <br />
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===== Minions =====<br />
If on the other hand you have minions working for you, and by that I mean student or technical assistants, then you should extend the same learning experience and gratitude to the people that you work with. Students will look at you for inspiration, and you could be a mentor for them through which you learn in turn as well. Working well with technicians will help you to learn about their specific expertise, and in my experience there is hardly anyone more motivated and kind than a technician who feels valued. Again, with students and technicians it is important to cleary communicate your expectations and make sure that everybody is on the same page. Try to lead by example, if you are hard working and committed, the others will be motivated and empowered. <br />
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==== Third, peer review ====<br />
The system of peer review is better than its reputation. Impressions of reviews are highly reproducible, and the system creates hundreds of thousand of papers every year. However, sometimes it takes some patience, and it has some challenges the one needs to learn. The first rejection will feel like a total devastation, and it will be hard not to take the comments of reviewers and editors personal, especially if these comments are at the lesser end of the spectrum. Yet peer-review is not about every little detail, but it is more of a lump sum process. Some comments are less important than others. It is more about the general pattern of a review, and not you escalating yourself about piecemeal. Yet, peer review takes time. Submitting a paper, hearing back, then submitting it elsewhere after a rejection or working on a revision takes months, and for each step a few months easily adds up to a year. Learn to see this as a process that is established - criticising it will help you very little. You may want to ask your supervisor if you could do a review of a paper, given that you are up for it, then you will learn that reviewers are also people. Peer-review is something that you learn, and this principle works for both receiving criticsm, but also for handing it out. <br />
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== IX - You have to let go ==<br />
You did your empirical work and analysis, you have your papers happening, maybe presented at a conference, and you can see a light at the end of the tunnel. Or so you should. For many PhDs, the final phase is dense, stressful, just an altogether twice-baked turmoil lacking any sugar coating. After the papers you should start early on the red tape, which is the overall part of the thesis that in the end will have woven all parts together. This will be hard for most, because it means that your time as PhD student will end. You have to decide that it is done. You will have to accept that you become a part of the academic merit that so many passed before you. You will have to acknowledge that you did what you could. You have to stand up to your supervisor, your peers, the whole institute. You should see this as a part of a process that is overall well established. Why should your case be any different? In my experience it helps to make a rather clear structure of the steps you have to take to finalise your PhD, and to stick by this list. Try to share it with others and build up peer pressure. Discuss it with your supervisor. '''And most importantly, build a continuous timeline of the phase after your PhD.''' What do you want to do? If you do not get this right, at least in terms of the general direction, than you will probably procrastinate. You do not need to have a postdoc position waiting for you, but you should know which next steps you want to pursue. <br />
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Also, try not to be obsessive about finalising your thesis in terms of typesetting and layout. Try to learn the necessary skills early, I certainly failed this lesson. Become a Word ''pro''. Maybe this is not the most exciting skill, but surely helpful when you need to set up a few hundred pages of text, you text, your thesis. Get help, if you need it. Have people read the pre-final version, the penultimate version, and help you with the printout. Once the whole thing is handed in, never look at it again. Ever. There will be flaws and mistakes. Most people will not recognise them, even your reviewers may not find them. Hence you may want to keep this opportunity to harvest anxiety out of your defence preparation.<br />
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== X - X marks the spot ==<br />
Day X, the day of your thesis defence is approaching. You need to start your presentation slides. How could you ever boil down all these papers into the few minutes you have?! You need to choose, maybe you drop one paper altogether. You need to focus on the main points. Try to attend defenses early on, learn what is expected, who did well, and why? Learn about the questions the committee asks, and try to prepare yourself mentally for similar settings. Practice way early by presenting at some conferences or in front of your peers. Have your slides critiqued by your peers. Build a narrative. '''It should not be magic, it should be robust, and it should follow the existing conventions'''. Giving at least some mockup presentations is crucial, as you need to learn the timing and the drama of the whole thing. Do not worry about being repetitive: once the real thing happens, adrenalin will kick in, and whip you through the whole thing in no time. <br />
<br />
To prepare for a defense means that everything that can be asked was already in your head once. You need to become so deeply embedded into your stuff, that you become everything that can be asked. In my experience, this is mostly not about knowledge, but about confidence and structure. You need to overcome the doubts you have, listen to the questions people may ask, breath once - shortly, to think - and then give a crisp answer. Do not ramble. Say the most important things, and then find an endpoint. Just like in writing, you need to take a decision. <br />
A good friend once told me that an outstanding PhD student to him is someone, who can afterwards independently conduct research in the respective field alone, or as a supervisor. I think this is what you should be thriving for. This is what a PhD is about. You follow a path of learning that many went on before. You become part of an academic tradition, and the key goal of this tradition is that you become an innovator. You learn to overcome yourself, and become an academic. Depending how you go on, you can become an expert in civil society, do research in society or academia, and in academia you may later educate others and inspire them to follow in your footsteps. To me, this is my greatest privilege I have as an academic. Thank you very much for this.<br />
<br />
<br />
== (XI) Celebration ==<br />
The end of any successful PhD is a celebration. Personally, I am very bad at celebrating, but it is part of the academic circus. For most people the celebration is important, and it is clear that it is well deserved. You have to give a speech. Hardly any surprises ever happened at such speeches, as it is widely scripted by the circumstances. There is often food and drinks. Your supervisor will probably talk with your parents, always the greatest pleasure for me, and almost always an embarrassment for the PhD student. This is a moment of true emancipation of the PhD student, both from the parents and the supervisor(s). The PhD student is however often too shellshocked to process anything that is happening. Often it is quite a turmoil of emotions, and it will take days to realize that it is done. '''From then on, you will go into a phase of reflection that will take years.''' I closely follow when my fellow professors talk about their supervisors, you often hear gratitude, subtle criticism, or even downright tendencies of Stockholm syndrome. This is all perfectly normal. Coming to think of it, there are hardly any relationships in life outside of our family and partners that are closer. Also, learning can be stressful. I know that all I am in academia was seeded by my mentors and supervisors, and their patience and experience. It took me years to figure this out, since we do not only learn how to do things, but also how to do things our way. Academia is about development, and doing a PhD is about personal transformation. You engage in a journey that technically ends with your defense, but actually it never ended. The latest stepping stone I reached was when I understood that I am not a teacher, but a learner. Having passed the rites of a PhD and now being a professor, the whole endeavor is about learning and teaching, intertwined, woven, twisting. This is what I came to love the most about academia, as I know that academia has a lifetime of learning to offer to me.<br />
----<br />
[[Category:Skills_and_Tools]]<br />
[[Category:Personal Skills]]<br />
[[Category:Team Size 1]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Bootstrap_Method&diff=5956Bootstrap Method2021-06-30T20:33:32Z<p>Imi: /* Bootstrapping for confidence interval (using R) */</p>
<hr />
<div><br />
'''In short:''' The bootstrap method is a resampling technique used to estimate statistics on a population by resampling a dataset with replacement.<br />
<br />
== Background ==<br />
The bootstrap was introduced by Brad Efron in the late 1970s. It is a computer-intensive method for approximating the sampling distribution of any statistic derived from a random sample.<br />
<br />
A fundamental problem in statistics is assessing the variability of an estimate derived from sample data.<br />
<br />
To test a [[Glossary|hypothesis]] researchers need to sample from population. For each sample results can be different, therefore to estimate population properties researchers need to take many samples. This set of possible study results represents the sampling distribution. With it one can assess the variability in the real-sample estimate (e.g., attach a margin of error to it), and rigorously address questions.<br />
<br />
The catch is, that it is costly to repeat studies, and the set of possible estimates is never more than hypothetical. The solution to this dilemma, before the widespread availability of fast computing, was to derive the sampling distribution mathematically. This is easy to do for simple estimates such as the sample proportion, but not so easy for more complicated statistics.<br />
<br />
Fast computing helps to resolve the problem and the main method is Efron’s bootstrap.<br />
<br />
In practice, the bootstrap is a computerbased technique that uses the core concept of random sampling from a set of numbers and thereby estimates the sampling distribution of virtually any statistic computed from the sample. The only way it differs from the hypothetical resampling is that the repeated samples are not drawn from the population, but rather from the sample itself because the population is not accessible.[1]<br />
<br />
==What the method does==<br />
<br />
Bootstrapping is a type of statistical resampling applied to observed data. This method can be used to determine the sampling distribution of a summary statistic (mean, median, and standard deviation) or relationship (correlation and regression coefficient) when these sampling distributions are extremely difficult to obtain analytically.<br />
<br />
There are two main ways in which the bootstrap technique can be applied. In the "parametric" method, a knowledge of the data’s distributional form (e.g. Gaussian and exponential) is required. When it is available, such distributional information contributes to greater precision. In the more common "nonparametric" version of bootstrapping, no distributional assumption is needed.<br />
<br />
Bootstrap methods are useful when inference is to be based on a complex procedure for which theoretical results are unavailable or not useful for the sample sizes met in practice, where a standard model is suspect, but it is unclear with what to replace it, or where a "quick and dirty" answer is required. They can also be used to verify the usefulness of standard approximations for parametric models, and to improve them if they seem to give inadequate inferences.<br />
<br />
===Bootstrap resampling===<br />
<br />
Bootstrapping involves drawing a series of random samples from the original sample with replacement, a large number of times. The statistic or relationship of interest is then calculated for each of the bootstrap samples. The resulting distribution of the calculated values then provides an estimate of the sampling distribution of the statistic or relationship of interest.<br />
<br />
Notice that the replacement allows the same value to be included multiple times in the same sample. This is why you can create many different samples.<br />
<br />
This is the basic algorithm for resampling with replacement:<br />
<br />
#Select an observation from the original sample randomly<br />
#Add this observation to the new sample<br />
#Repeat steps 1 and 2 till the new sample size is equal to the original.<br />
<br />
The resulting sample of estimations often leads to a Gaussian distribution. And a confidence interval can be calculated to bound the estimator.<br />
<br />
For getting better results, such as that of mean and standard deviation, it is always better to increase the number of repetitions.<br />
<br />
'''Why is the resample of the same size as the original sample?'''<br />
<br />
The variation of the statistic will depend on the size of the sample. If we want to approximate this variation we need to use resamples of the same size.<br />
<br />
===Bootstrap principle===<br />
The bootstrap setup is as follows:<br />
<br />
* original sample ( 𝑥1 , 𝑥2 , . . . , 𝑥𝑛 ) is drawn from a distribution 𝐹 .<br />
* '''𝑢''' is a statistic computed from the sample.<br />
* '''𝐹∗''' is the empirical distribution of the data (the resampling distribution).<br />
* 𝑥∗1 , 𝑥∗2 , . . . , 𝑥∗𝑛 is a resample of the data of the same size as the original sample.<br />
* '''𝑢∗''' is the statistic computed from the resample.<br />
<br />
Then the bootstrap principle says that:<br />
<br />
# 𝐹∗ ≈ 𝐹 .<br />
# The variation of 𝑢 is well-approximated by the variation of 𝑢∗.<br />
<br />
Our real interest is in point 2: we can approximate the variation of 𝑢 by that of 𝑢∗ . We will exploit this to estimate the size of confidence intervals. [4]<br />
<br />
===Bootstrapping for hypothesis testing (using R)===<br />
<br />
Bootstrapping may be used for constructing hypothesis tests. It is an alternative to statistical inference based on the assumption of a parametric model when that assumption is in doubt, or where parametric inference is impossible or requires complicated formulas for the calculation of standard errors.<br />
<br />
R programming language is a strong tool for bootstrap implimintation. There is a special package [https://cran.r-project.org/web/packages/boot/boot.pdf Boot] [5] for bootstrapping. For code transparency, in the examples below we will use base R.<br />
<br />
Using R, we will try to reject the null hypothesis that weight of chicks does not differ for casein and meat meal types of feeding.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
diet_df <- chickwts #calling standard dataset <br />
summary(diet_df) #exploring the data set<br />
<br />
#Output: <br />
# weight feed <br />
#Min. :108.0 casein :12 <br />
#1st Qu.:204.5 horsebean:10 <br />
#Median :258.0 linseed :12 <br />
#Mean :261.3 meatmeal :11 <br />
#3rd Qu.:323.5 soybean :14 <br />
#Max. :423.0 sunflower:12 <br />
<br />
d <- diet_df[diet_df$feed == 'meatmeal' | diet_df$feed == 'casein',] # choosing "casein" and "meatmeal" for comparison<br />
<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
To understand if two diets actually influence on weight differently we will calculate difference between mean values.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
mean_cas <- mean(d$weight[ d$feed == 'casein'])<br />
mean_meat <- mean(d$weight[ d$feed == 'meatmeal'])<br />
test_stat1 <- abs(mean_cas - mean_meat)<br />
round(test_stat1, 2)<br />
# Output:<br />
# 46.67<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
For the second estimate we choose difference between medians.<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
median_cas <- median(d$weight[ d$feed == 'casein'])<br />
median_meat <- median(d$weight[ d$feed == 'meatmeal'])<br />
test_stat2 <- abs(median_cas - median_meat)<br />
round(test_stat2, 2)<br />
# Output:<br />
# 79<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
For reference we are going to apply to our dataset three classical approaches to hypothesis testing. To compare two means we use t-test:<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
t.test(d$weight~d$feed, paired = F, var.eq = F) # H0 - means are equal<br />
#Output:<br />
# Welch Two Sample t-test<br />
#<br />
# data: d$weight by d$feed<br />
# t = 1.7288, df = 20.799, p-value = 0.09866<br />
# alternative hypothesis: true difference in means is not equal to 0<br />
# 95 percent confidence interval:<br />
# -9.504377 102.852861<br />
# sample estimates:<br />
# mean in group casein mean in group meatmeal <br />
# 323.5833 276.9091 <br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
For comparison of medians Wilcoxon rank sum test is suitable:<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
wilcox.test(d$weight~d$feed, paired = F) # H0 - medians are equal<br />
#Output:<br />
# Wilcoxon rank sum exact test<br />
#<br />
# data: d$weight by d$feed<br />
# W = 94, p-value = 0.09084<br />
# alternative hypothesis: true location shift is not equal to 0<br />
<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Kolmagorov-Smirnov test is helpful to understand whether two groups of observations belong to the same distribution:<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
ks.test(d$weight[d$feed == 'casein'], d$weight[d$feed == 'meatmeal'], pair = F) # H0 - the same distribution<br />
#Output:<br />
# Two-sample Kolmogorov-Smirnov test<br />
#<br />
# data: d$weight[d$feed == "casein"] and d$weight[d$feed == "meatmeal"]<br />
# D = 0.40909, p-value = 0.1957<br />
# alternative hypothesis: two-sided<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Now is the time for bootstrapping. For good performance of resampling the number of samples should be big.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
n <- length(d$feed) # the sample size<br />
variable <- d$weight # the variable we will resample from<br />
B <- 10000 # the number of bootstrap samples<br />
<br />
<br />
set.seed(112358) # for reproducibility<br />
BootstrapSamples <- matrix(sample(variable, size = n*B, replace = TRUE), nrow = n, ncol = B) # generation of samples with replacement<br />
<br />
<br />
dim(BootstrapSamples) #check dimention of the matrix (23 observations and 10000 samples)<br />
<br />
#Output: 2310000<br />
<br />
<br />
#Initialize the vector to store test statistics<br />
Boot_test_stat1 <- rep(0, B)<br />
Boot_test_stat2 <- rep(0, B)<br />
<br />
<br />
#Run through a loop, each time calculating the bootstrap test statistics <br />
for (i in 1:B) {<br />
Boot_test_stat1[i] <- abs(mean(BootstrapSamples[1:12,i]) - <br />
mean(BootstrapSamples[13:23,i]))<br />
Boot_test_stat2[i] <- abs(median(BootstrapSamples[1:12,i]) - <br />
median(BootstrapSamples[13:23,i]))<br />
}<br />
<br />
<br />
#Lets remind ourselves with the observed test statistics values<br />
round(test_stat1, 2)<br />
round(test_stat2, 2)<br />
<br />
#Output: <br />
# 46.67<br />
# 79<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
To understand if the differences between means and medians of two different groups are significant we need to prove that it's highly unlikely that this result is obtained by chance. Here we need a help of p-value.<br />
<br />
p-value = the number of bootstrap test statistics that are greater than the observed test statistics/ B(the total number of bootstrap test statistics)<br />
<br />
Lets find p-value for our hypothesis.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
p_value_means <- mean(Boot_test_stat1 >= test_stat1)<br />
p_value_means<br />
<br />
#Output: <br />
#0.0922<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Interpretation: Out of the 10000 bootstrap test statistics calculated, 922 of them had test statistics greater than the observed one. If there is no difference in the mean weights, we would see a test statistic of 46.67 or more by chance roughly 9% of the time<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
p_value_medians <- mean(Boot_test_stat2 >= test_stat2)<br />
p_value_medians<br />
<br />
# Output: <br />
# 0.069<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
690 of bootstrap median differences are greater or equal than observed one.<br />
<br />
'''Conclusion'''<br />
[[File:Distribution_of_bootstrap_estimates.png|200px|frameless|right]]<br />
Therefore, classical and bootsrapping hypothesis tests gave close results, that there is no statistically significant difference in weight of chicks with two diets (casein and meatmeal). However p-values are pretty low even with such little sample size. Even if we failed to reject the null hypothesis, we need to test it again with bigger sample size.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
plot(density(Boot_test_stat1), xlab = expression(group('|', bar(Yc) - bar(Ym), '|')), main = 'Distribution of bootstrap estimates')<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
===Bootstrapping for confidence interval (using R)===<br />
An important task of statistics is to establish the degree of [[Glossary|trust]] that can be placed in a result based on a limited sample of data.[4]<br />
<br />
We are going to apply bootstrapping to build the confidence interval. Using R, we will build the confidence interval for the difference between weight of chicks with casein and meatmeal types of feeding. Main estimates will be differences in means and medians.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
Diff_In_Means <- mean_cas - mean_meat<br />
round(Diff_In_Means, 2)<br />
#Output: 46.67<br />
<br />
Diff_In_Medians <- (median_cas - median_meat ) #diff in medians<br />
round(Diff_In_Medians, 2)<br />
#Output: 79<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Now we are going to generate bootstrap samples separately for casein sample and meatmeal sample.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
set.seed(13579) # set a seed for consistency/reproducability<br />
n.c <- 12 # the number of observations to sample from casein<br />
n.m <- 11 # the number of observations to sample from meatmeal<br />
B <- 100000 # the number of bootstrap samples<br />
<br />
<br />
# now, get those bootstrap samples (without loops!)<br />
# stick each Boot-sample in a column...<br />
Boot_casein <- matrix(sample(d$weight[d$feed=="casein"], size= B*n.c, <br />
replace=TRUE), ncol=B, nrow=n.c)<br />
Boot_meatmeal <- matrix(sample(d$weight[d$feed=="meatmeal"], size= B*n.m, <br />
replace=TRUE), ncol=B, nrow=n.m)<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Let's check the distributions of bootstrap sample means.<br />
<br />
[[File:Distributions_of_bootstrap_sample_means.png|200px|frameless|left]]<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
Boot_test_mean_1 <- apply(Boot_casein, MARGIN = 2, mean)<br />
Boot_test_mean_2 <- apply(Boot_meatmeal, MARGIN = 2, mean)<br />
<br />
b <- min(c(Boot_test_mean_1, Boot_test_mean_2))# - 0.001 # Set the minimum for the breakpoints<br />
e <- max(c(Boot_test_mean_1, Boot_test_mean_2)) # Set the maximum for the breakpoints<br />
ax <- pretty(b:e, n = 110) # Make a neat vector for the breakpoints<br />
<br />
hist1 <- hist(Boot_test_mean_1, breaks = ax, plot = FALSE)<br />
hist2 <- hist(Boot_test_mean_2, breaks = ax, plot = FALSE)<br />
<br />
print(paste('Mean weight casein', round(mean_cas, 1)))<br />
print(paste('Mean weight meatmeal', round(mean_meat, 1)))<br />
<br />
plot(hist1, col = 2, xlab = 'Weight, g', main = 'Distributions of bootstrap sample means') # Plot 1st histogram using a transparent color<br />
plot(hist2, col = 4, add = TRUE) # Add 2nd histogram using different color<br />
legend("topleft", c('Casein', 'Meatmeal'), col = c(2, 4), lwd = 10)<br />
<br />
# Output:<br />
# [1] "Mean weight casein 323.6"<br />
# [1] "Mean weight meatmeal 276.9"<br />
</syntaxhighlight><br />
<br><br />
We can see that bootstrap sample means are normally distributed. Mean of the bootstrap distribution is equal to the mean of original sample.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# check dimentions of matrices(100000 samples, 12 and 11 observations for casein and meatmeal respectively)<br />
dim(Boot_casein)<br />
dim(Boot_meatmeal)<br />
# Output:<br />
# 12 * 100000<br />
# 11 * 100000<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Next step is calculating differences in means and medians among bootstrap samples of casein and meatmeal.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# calculate the difference in means for each of the bootsamples<br />
Boot_Diff_In_Means <- colMeans(Boot_casein) - colMeans(Boot_meatmeal)<br />
# look at the first 10 differences in means<br />
round(Boot_Diff_In_Means[1:10], 1)<br />
# Output:<br />
# 49.5* 48.6* 32.2* 68.6* 46.2* 65.5* 72.2* 29.9* 10.1* 50.1<br />
<br />
<br />
# calculate the difference in medians for each of the bootsamples<br />
Boot_Diff_In_Medians <- apply(Boot_casein, MARGIN=2, FUN=median) -<br />
apply(Boot_meatmeal, MARGIN=2, FUN=median)<br />
# and, look at the first 10 diff in medians<br />
Boot_Diff_In_Medians[1:10]<br />
<br />
# Output:<br />
# 27* 39* 0* 87.5* 62* 96* 67* 42.5* 3* 72<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Common approaches to building a bootstrap confidence interval:<br />
<br />
* Percentile method<br />
* Basic method<br />
* Normal method<br />
* Bias-Corrected method.<br />
<br />
We will choose the first one as the most intuitive. Percentile method takes the entire set of bootstrap estimates and in order to form a 95 % confidence interval the 2.5th percentile of all the bootstrap estimates or bootstrap distribution used as the lower bound for the interval and 97.5th percentile - as upper bound.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# first, for the difference in MEANS<br />
quantile(Boot_Diff_In_Means, prob=0.025)<br />
quantile(Boot_Diff_In_Means, prob=0.975)<br />
<br />
# Output:<br />
# 2.5%: -3.73503787878789<br />
# 97.5%: 97.0079545454545<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
We are 95 % confident that the mean weight for casein diet is between 3.73 g lower up to 97.01 g higher than for meatmeal diet.<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# and then, the difference in MEDIANS<br />
quantile(Boot_Diff_In_Medians, prob=0.025)<br />
quantile(Boot_Diff_In_Medians, prob=0.975)<br />
# Output:<br />
# 2.5%: -22<br />
# 97.5%: 116<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
We are 95 % confident that the median weight for casein diet is between 22 g lower up to 116 g higher than for meatmeal diet.<br />
<br />
'''Conclusion'''<br />
<br />
We can see that both intervals contain 0. From this we can deduce that differences of the means or the medians are not statistically significant.<br />
<br />
==Strengths & Challenges==<br />
<br />
===Strengths of bootstrapping===<br />
* Good for checking parametric assumptions.<br />
* Avoids the costs of taking new samples (estimate a sampling distribution when only one sample is available).<br />
* Used when parametric assumptions can not be made or are very complicated.<br />
* Does not require large sample size.<br />
* Simple method to estimate parameters and standard errors when adequate statistical theory is unavailable.<br />
* Useful to check stability of results.<br />
* Works for different statistics — for example, a mean, median, standard deviation, proportion, regression coefficients and Kendall’s correlation coefficient.<br />
* Helps to indirectly assess the properties of the distribution underlying the sample data.<br />
<br />
===Challenges===<br />
* Even if bootstrapping is asymptotically consistent, it does not provide general finite-sample guarantees.<br />
* The result may depend on the representative sample.<br />
* The apparent simplicity may conceal the fact that important assumptions are being made when undertaking the bootstrap analysis (e.g. independence of samples).<br />
* Bootstrapping can be time-consuming.<br />
* There is a limitation of information that can be obtained through resampling even if number of bootstrap samples is large.<br />
<br />
===Normativity===<br />
<br />
Bootstrap methods offer considerable potential for modelling in complex problems, not least because they enable the choice of estimator to be separated from the assumptions under which its properties are to be assessed.<br />
<br />
Although the bootstrap is sometimes treated as a replacement for "traditional statistics". But the bootstrap rests on "traditional" ideas, even if their implementation via simulation is not "traditional".<br />
<br />
The computation can not replace thought about central issues such as the structure of a problem, the type of answer required, the sampling design and data quality.<br />
<br />
Moreover, as with any simulation experiment, it is essential to monitor the output to ensure that no unanticipated complications have arisen and to check that the results make sense. The aim of computing is insight, not numbers.[2]<br />
<br />
==Outlook==<br />
Over the years bootstrap method has seen a tremendous improvement in its accuracy level. Specifically improved computational powers have allowed for larger possible sample sizes used for estimation. As bootstrapping allows to have much better results with less amount of data, the interest for this method rises substantially in research field. Furthermore, bootstrapping is applied in machine learning to assess and improve models. In the age of computers and data driven solutions bootstrapping has good perspectives for spreading and development.<br />
<br />
==Key Publications==<br />
* Efron, B. (1982) The Jackknife, the Bootstrap, and Other Resampling Plans. Philadelphia: Society for Industrial and Applied Mathematics.<br />
* Efron, B. and Tibshirani, R. J. (1993) An Introduction to the Bootstrap. New York: Chapman and Hall.<br />
==References==<br />
# Dennis Boos and Leonard Stefanski. Significance Magazine, December 2010. Efron's Bootstrap.<br />
# A. C. Davison and Diego Kuonen. Statistical Computing & Statistical Graphics Newsletter. Vol.13 No.1. An Introduction to the Bootstrap with Applications in R<br />
# Michael Wood. Significance, December 2004. Statistical inference using bootstrap confidence interval.<br />
# Jeremy Orloff and Jonathan Bloom. Bootstrap confidence intervals. Class 24, 18.05.<br />
# CRAN documentation. Package "bootstrap", June 17, 2019.<br />
<br />
==Further Information==<br />
<br />
Youtube video. Statquest. [https://www.youtube.com/watch?v=isEcgoCmlO0&ab_channel=StatQuestwithJoshStarmer Bootstrapping main ideas]<br />
<br />
Youtube video. MarinStatsLectures. [https://www.youtube.com/watch?v=Om5TMGj9td4&ab_channel=MarinStatsLectures-RProgramming%26Statistics Bootstrap Confidence Interval with R]<br />
<br />
Youtube video. [https://www.youtube.com/watch?v=9STZ7MxkNVg&ab_channel=MarinStatsLectures-RProgramming%26Statistics MarinStatsLectures. Bootstrap Hypothesis Testing in Statistics with Example]<br />
<br />
Article. [https://machinelearningmastery.com/a-gentle-introduction-to-the-bootstrap-method/#:~:text=The%20bootstrap%20method%20is%20a,the%20mean%20or%20standard%20deviation.&text=That%20when%20using%20the%20bootstrap,and%20the%20number%20of%20repeats. A Gentle Introduction to the Bootstrap Method]<br />
<br />
Article. [https://statisticsbyjim.com/hypothesis-testing/bootstrapping/ Jim Frost. Introduction to Bootstrapping in Statistics with an Example]<br />
<br />
----<br />
[[Category:Statistics]]<br />
[[Category:R examples]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors|author]] of this entry is Andrei Perov.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Bootstrap_Method&diff=5955Bootstrap Method2021-06-30T20:30:14Z<p>Imi: /* Background */</p>
<hr />
<div><br />
'''In short:''' The bootstrap method is a resampling technique used to estimate statistics on a population by resampling a dataset with replacement.<br />
<br />
== Background ==<br />
The bootstrap was introduced by Brad Efron in the late 1970s. It is a computer-intensive method for approximating the sampling distribution of any statistic derived from a random sample.<br />
<br />
A fundamental problem in statistics is assessing the variability of an estimate derived from sample data.<br />
<br />
To test a [[Glossary|hypothesis]] researchers need to sample from population. For each sample results can be different, therefore to estimate population properties researchers need to take many samples. This set of possible study results represents the sampling distribution. With it one can assess the variability in the real-sample estimate (e.g., attach a margin of error to it), and rigorously address questions.<br />
<br />
The catch is, that it is costly to repeat studies, and the set of possible estimates is never more than hypothetical. The solution to this dilemma, before the widespread availability of fast computing, was to derive the sampling distribution mathematically. This is easy to do for simple estimates such as the sample proportion, but not so easy for more complicated statistics.<br />
<br />
Fast computing helps to resolve the problem and the main method is Efron’s bootstrap.<br />
<br />
In practice, the bootstrap is a computerbased technique that uses the core concept of random sampling from a set of numbers and thereby estimates the sampling distribution of virtually any statistic computed from the sample. The only way it differs from the hypothetical resampling is that the repeated samples are not drawn from the population, but rather from the sample itself because the population is not accessible.[1]<br />
<br />
==What the method does==<br />
<br />
Bootstrapping is a type of statistical resampling applied to observed data. This method can be used to determine the sampling distribution of a summary statistic (mean, median, and standard deviation) or relationship (correlation and regression coefficient) when these sampling distributions are extremely difficult to obtain analytically.<br />
<br />
There are two main ways in which the bootstrap technique can be applied. In the "parametric" method, a knowledge of the data’s distributional form (e.g. Gaussian and exponential) is required. When it is available, such distributional information contributes to greater precision. In the more common "nonparametric" version of bootstrapping, no distributional assumption is needed.<br />
<br />
Bootstrap methods are useful when inference is to be based on a complex procedure for which theoretical results are unavailable or not useful for the sample sizes met in practice, where a standard model is suspect, but it is unclear with what to replace it, or where a "quick and dirty" answer is required. They can also be used to verify the usefulness of standard approximations for parametric models, and to improve them if they seem to give inadequate inferences.<br />
<br />
===Bootstrap resampling===<br />
<br />
Bootstrapping involves drawing a series of random samples from the original sample with replacement, a large number of times. The statistic or relationship of interest is then calculated for each of the bootstrap samples. The resulting distribution of the calculated values then provides an estimate of the sampling distribution of the statistic or relationship of interest.<br />
<br />
Notice that the replacement allows the same value to be included multiple times in the same sample. This is why you can create many different samples.<br />
<br />
This is the basic algorithm for resampling with replacement:<br />
<br />
#Select an observation from the original sample randomly<br />
#Add this observation to the new sample<br />
#Repeat steps 1 and 2 till the new sample size is equal to the original.<br />
<br />
The resulting sample of estimations often leads to a Gaussian distribution. And a confidence interval can be calculated to bound the estimator.<br />
<br />
For getting better results, such as that of mean and standard deviation, it is always better to increase the number of repetitions.<br />
<br />
'''Why is the resample of the same size as the original sample?'''<br />
<br />
The variation of the statistic will depend on the size of the sample. If we want to approximate this variation we need to use resamples of the same size.<br />
<br />
===Bootstrap principle===<br />
The bootstrap setup is as follows:<br />
<br />
* original sample ( 𝑥1 , 𝑥2 , . . . , 𝑥𝑛 ) is drawn from a distribution 𝐹 .<br />
* '''𝑢''' is a statistic computed from the sample.<br />
* '''𝐹∗''' is the empirical distribution of the data (the resampling distribution).<br />
* 𝑥∗1 , 𝑥∗2 , . . . , 𝑥∗𝑛 is a resample of the data of the same size as the original sample.<br />
* '''𝑢∗''' is the statistic computed from the resample.<br />
<br />
Then the bootstrap principle says that:<br />
<br />
# 𝐹∗ ≈ 𝐹 .<br />
# The variation of 𝑢 is well-approximated by the variation of 𝑢∗.<br />
<br />
Our real interest is in point 2: we can approximate the variation of 𝑢 by that of 𝑢∗ . We will exploit this to estimate the size of confidence intervals. [4]<br />
<br />
===Bootstrapping for hypothesis testing (using R)===<br />
<br />
Bootstrapping may be used for constructing hypothesis tests. It is an alternative to statistical inference based on the assumption of a parametric model when that assumption is in doubt, or where parametric inference is impossible or requires complicated formulas for the calculation of standard errors.<br />
<br />
R programming language is a strong tool for bootstrap implimintation. There is a special package [https://cran.r-project.org/web/packages/boot/boot.pdf Boot] [5] for bootstrapping. For code transparency, in the examples below we will use base R.<br />
<br />
Using R, we will try to reject the null hypothesis that weight of chicks does not differ for casein and meat meal types of feeding.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
diet_df <- chickwts #calling standard dataset <br />
summary(diet_df) #exploring the data set<br />
<br />
#Output: <br />
# weight feed <br />
#Min. :108.0 casein :12 <br />
#1st Qu.:204.5 horsebean:10 <br />
#Median :258.0 linseed :12 <br />
#Mean :261.3 meatmeal :11 <br />
#3rd Qu.:323.5 soybean :14 <br />
#Max. :423.0 sunflower:12 <br />
<br />
d <- diet_df[diet_df$feed == 'meatmeal' | diet_df$feed == 'casein',] # choosing "casein" and "meatmeal" for comparison<br />
<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
To understand if two diets actually influence on weight differently we will calculate difference between mean values.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
mean_cas <- mean(d$weight[ d$feed == 'casein'])<br />
mean_meat <- mean(d$weight[ d$feed == 'meatmeal'])<br />
test_stat1 <- abs(mean_cas - mean_meat)<br />
round(test_stat1, 2)<br />
# Output:<br />
# 46.67<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
For the second estimate we choose difference between medians.<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
median_cas <- median(d$weight[ d$feed == 'casein'])<br />
median_meat <- median(d$weight[ d$feed == 'meatmeal'])<br />
test_stat2 <- abs(median_cas - median_meat)<br />
round(test_stat2, 2)<br />
# Output:<br />
# 79<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
For reference we are going to apply to our dataset three classical approaches to hypothesis testing. To compare two means we use t-test:<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
t.test(d$weight~d$feed, paired = F, var.eq = F) # H0 - means are equal<br />
#Output:<br />
# Welch Two Sample t-test<br />
#<br />
# data: d$weight by d$feed<br />
# t = 1.7288, df = 20.799, p-value = 0.09866<br />
# alternative hypothesis: true difference in means is not equal to 0<br />
# 95 percent confidence interval:<br />
# -9.504377 102.852861<br />
# sample estimates:<br />
# mean in group casein mean in group meatmeal <br />
# 323.5833 276.9091 <br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
For comparison of medians Wilcoxon rank sum test is suitable:<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
wilcox.test(d$weight~d$feed, paired = F) # H0 - medians are equal<br />
#Output:<br />
# Wilcoxon rank sum exact test<br />
#<br />
# data: d$weight by d$feed<br />
# W = 94, p-value = 0.09084<br />
# alternative hypothesis: true location shift is not equal to 0<br />
<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Kolmagorov-Smirnov test is helpful to understand whether two groups of observations belong to the same distribution:<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
ks.test(d$weight[d$feed == 'casein'], d$weight[d$feed == 'meatmeal'], pair = F) # H0 - the same distribution<br />
#Output:<br />
# Two-sample Kolmogorov-Smirnov test<br />
#<br />
# data: d$weight[d$feed == "casein"] and d$weight[d$feed == "meatmeal"]<br />
# D = 0.40909, p-value = 0.1957<br />
# alternative hypothesis: two-sided<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Now is the time for bootstrapping. For good performance of resampling the number of samples should be big.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
n <- length(d$feed) # the sample size<br />
variable <- d$weight # the variable we will resample from<br />
B <- 10000 # the number of bootstrap samples<br />
<br />
<br />
set.seed(112358) # for reproducibility<br />
BootstrapSamples <- matrix(sample(variable, size = n*B, replace = TRUE), nrow = n, ncol = B) # generation of samples with replacement<br />
<br />
<br />
dim(BootstrapSamples) #check dimention of the matrix (23 observations and 10000 samples)<br />
<br />
#Output: 2310000<br />
<br />
<br />
#Initialize the vector to store test statistics<br />
Boot_test_stat1 <- rep(0, B)<br />
Boot_test_stat2 <- rep(0, B)<br />
<br />
<br />
#Run through a loop, each time calculating the bootstrap test statistics <br />
for (i in 1:B) {<br />
Boot_test_stat1[i] <- abs(mean(BootstrapSamples[1:12,i]) - <br />
mean(BootstrapSamples[13:23,i]))<br />
Boot_test_stat2[i] <- abs(median(BootstrapSamples[1:12,i]) - <br />
median(BootstrapSamples[13:23,i]))<br />
}<br />
<br />
<br />
#Lets remind ourselves with the observed test statistics values<br />
round(test_stat1, 2)<br />
round(test_stat2, 2)<br />
<br />
#Output: <br />
# 46.67<br />
# 79<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
To understand if the differences between means and medians of two different groups are significant we need to prove that it's highly unlikely that this result is obtained by chance. Here we need a help of p-value.<br />
<br />
p-value = the number of bootstrap test statistics that are greater than the observed test statistics/ B(the total number of bootstrap test statistics)<br />
<br />
Lets find p-value for our hypothesis.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
p_value_means <- mean(Boot_test_stat1 >= test_stat1)<br />
p_value_means<br />
<br />
#Output: <br />
#0.0922<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Interpretation: Out of the 10000 bootstrap test statistics calculated, 922 of them had test statistics greater than the observed one. If there is no difference in the mean weights, we would see a test statistic of 46.67 or more by chance roughly 9% of the time<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
p_value_medians <- mean(Boot_test_stat2 >= test_stat2)<br />
p_value_medians<br />
<br />
# Output: <br />
# 0.069<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
690 of bootstrap median differences are greater or equal than observed one.<br />
<br />
'''Conclusion'''<br />
[[File:Distribution_of_bootstrap_estimates.png|200px|frameless|right]]<br />
Therefore, classical and bootsrapping hypothesis tests gave close results, that there is no statistically significant difference in weight of chicks with two diets (casein and meatmeal). However p-values are pretty low even with such little sample size. Even if we failed to reject the null hypothesis, we need to test it again with bigger sample size.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
plot(density(Boot_test_stat1), xlab = expression(group('|', bar(Yc) - bar(Ym), '|')), main = 'Distribution of bootstrap estimates')<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
===Bootstrapping for confidence interval (using R)===<br />
An important task of statistics is to establish the degree of trust that can be placed in a result based on a limited sample of data.[4]<br />
<br />
We are going to apply bootstrapping to build the confidence interval. Using R, we will build the confidence interval for the difference between weight of chicks with casein and meatmeal types of feeding. Main estimates will be differences in means and medians.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
Diff_In_Means <- mean_cas - mean_meat<br />
round(Diff_In_Means, 2)<br />
#Output: 46.67<br />
<br />
Diff_In_Medians <- (median_cas - median_meat ) #diff in medians<br />
round(Diff_In_Medians, 2)<br />
#Output: 79<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Now we are going to generate bootstrap samples separately for casein sample and meatmeal sample.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
set.seed(13579) # set a seed for consistency/reproducability<br />
n.c <- 12 # the number of observations to sample from casein<br />
n.m <- 11 # the number of observations to sample from meatmeal<br />
B <- 100000 # the number of bootstrap samples<br />
<br />
<br />
# now, get those bootstrap samples (without loops!)<br />
# stick each Boot-sample in a column...<br />
Boot_casein <- matrix(sample(d$weight[d$feed=="casein"], size= B*n.c, <br />
replace=TRUE), ncol=B, nrow=n.c)<br />
Boot_meatmeal <- matrix(sample(d$weight[d$feed=="meatmeal"], size= B*n.m, <br />
replace=TRUE), ncol=B, nrow=n.m)<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Let's check the distributions of bootstrap sample means.<br />
<br />
[[File:Distributions_of_bootstrap_sample_means.png|200px|frameless|left]]<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
Boot_test_mean_1 <- apply(Boot_casein, MARGIN = 2, mean)<br />
Boot_test_mean_2 <- apply(Boot_meatmeal, MARGIN = 2, mean)<br />
<br />
b <- min(c(Boot_test_mean_1, Boot_test_mean_2))# - 0.001 # Set the minimum for the breakpoints<br />
e <- max(c(Boot_test_mean_1, Boot_test_mean_2)) # Set the maximum for the breakpoints<br />
ax <- pretty(b:e, n = 110) # Make a neat vector for the breakpoints<br />
<br />
hist1 <- hist(Boot_test_mean_1, breaks = ax, plot = FALSE)<br />
hist2 <- hist(Boot_test_mean_2, breaks = ax, plot = FALSE)<br />
<br />
print(paste('Mean weight casein', round(mean_cas, 1)))<br />
print(paste('Mean weight meatmeal', round(mean_meat, 1)))<br />
<br />
plot(hist1, col = 2, xlab = 'Weight, g', main = 'Distributions of bootstrap sample means') # Plot 1st histogram using a transparent color<br />
plot(hist2, col = 4, add = TRUE) # Add 2nd histogram using different color<br />
legend("topleft", c('Casein', 'Meatmeal'), col = c(2, 4), lwd = 10)<br />
<br />
# Output:<br />
# [1] "Mean weight casein 323.6"<br />
# [1] "Mean weight meatmeal 276.9"<br />
</syntaxhighlight><br />
<br><br />
We can see that bootstrap sample means are normally distributed. Mean of the bootstrap distribution is equal to the mean of original sample.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# check dimentions of matrices(100000 samples, 12 and 11 observations for casein and meatmeal respectively)<br />
dim(Boot_casein)<br />
dim(Boot_meatmeal)<br />
# Output:<br />
# 12 * 100000<br />
# 11 * 100000<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Next step is calculating differences in means and medians among bootstrap samples of casein and meatmeal.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# calculate the difference in means for each of the bootsamples<br />
Boot_Diff_In_Means <- colMeans(Boot_casein) - colMeans(Boot_meatmeal)<br />
# look at the first 10 differences in means<br />
round(Boot_Diff_In_Means[1:10], 1)<br />
# Output:<br />
# 49.5* 48.6* 32.2* 68.6* 46.2* 65.5* 72.2* 29.9* 10.1* 50.1<br />
<br />
<br />
# calculate the difference in medians for each of the bootsamples<br />
Boot_Diff_In_Medians <- apply(Boot_casein, MARGIN=2, FUN=median) -<br />
apply(Boot_meatmeal, MARGIN=2, FUN=median)<br />
# and, look at the first 10 diff in medians<br />
Boot_Diff_In_Medians[1:10]<br />
<br />
# Output:<br />
# 27* 39* 0* 87.5* 62* 96* 67* 42.5* 3* 72<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
Common approaches to building a bootstrap confidence interval:<br />
<br />
* Percentile method<br />
* Basic method<br />
* Normal method<br />
* Bias-Corrected method.<br />
<br />
We will choose the first one as the most intuitive. Percentile method takes the entire set of bootstrap estimates and in order to form a 95 % confidence interval the 2.5th percentile of all the bootstrap estimates or bootstrap distribution used as the lower bound for the interval and 97.5th percentile - as upper bound.<br />
<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# first, for the difference in MEANS<br />
quantile(Boot_Diff_In_Means, prob=0.025)<br />
quantile(Boot_Diff_In_Means, prob=0.975)<br />
<br />
# Output:<br />
# 2.5%: -3.73503787878789<br />
# 97.5%: 97.0079545454545<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
We are 95 % confident that the mean weight for casein diet is between 3.73 g lower up to 97.01 g higher than for meatmeal diet.<br />
<syntaxhighlight lang="R" line><br />
# and then, the difference in MEDIANS<br />
quantile(Boot_Diff_In_Medians, prob=0.025)<br />
quantile(Boot_Diff_In_Medians, prob=0.975)<br />
# Output:<br />
# 2.5%: -22<br />
# 97.5%: 116<br />
</syntaxhighlight><br />
<br />
We are 95 % confident that the median weight for casein diet is between 22 g lower up to 116 g higher than for meatmeal diet.<br />
<br />
'''Conclusion'''<br />
<br />
We can see that both intervals contain 0. From this we can deduce that differences of the means or the medians are not statistically significant.<br />
<br />
==Strengths & Challenges==<br />
<br />
===Strengths of bootstrapping===<br />
* Good for checking parametric assumptions.<br />
* Avoids the costs of taking new samples (estimate a sampling distribution when only one sample is available).<br />
* Used when parametric assumptions can not be made or are very complicated.<br />
* Does not require large sample size.<br />
* Simple method to estimate parameters and standard errors when adequate statistical theory is unavailable.<br />
* Useful to check stability of results.<br />
* Works for different statistics — for example, a mean, median, standard deviation, proportion, regression coefficients and Kendall’s correlation coefficient.<br />
* Helps to indirectly assess the properties of the distribution underlying the sample data.<br />
<br />
===Challenges===<br />
* Even if bootstrapping is asymptotically consistent, it does not provide general finite-sample guarantees.<br />
* The result may depend on the representative sample.<br />
* The apparent simplicity may conceal the fact that important assumptions are being made when undertaking the bootstrap analysis (e.g. independence of samples).<br />
* Bootstrapping can be time-consuming.<br />
* There is a limitation of information that can be obtained through resampling even if number of bootstrap samples is large.<br />
<br />
===Normativity===<br />
<br />
Bootstrap methods offer considerable potential for modelling in complex problems, not least because they enable the choice of estimator to be separated from the assumptions under which its properties are to be assessed.<br />
<br />
Although the bootstrap is sometimes treated as a replacement for "traditional statistics". But the bootstrap rests on "traditional" ideas, even if their implementation via simulation is not "traditional".<br />
<br />
The computation can not replace thought about central issues such as the structure of a problem, the type of answer required, the sampling design and data quality.<br />
<br />
Moreover, as with any simulation experiment, it is essential to monitor the output to ensure that no unanticipated complications have arisen and to check that the results make sense. The aim of computing is insight, not numbers.[2]<br />
<br />
==Outlook==<br />
Over the years bootstrap method has seen a tremendous improvement in its accuracy level. Specifically improved computational powers have allowed for larger possible sample sizes used for estimation. As bootstrapping allows to have much better results with less amount of data, the interest for this method rises substantially in research field. Furthermore, bootstrapping is applied in machine learning to assess and improve models. In the age of computers and data driven solutions bootstrapping has good perspectives for spreading and development.<br />
<br />
==Key Publications==<br />
* Efron, B. (1982) The Jackknife, the Bootstrap, and Other Resampling Plans. Philadelphia: Society for Industrial and Applied Mathematics.<br />
* Efron, B. and Tibshirani, R. J. (1993) An Introduction to the Bootstrap. New York: Chapman and Hall.<br />
==References==<br />
# Dennis Boos and Leonard Stefanski. Significance Magazine, December 2010. Efron's Bootstrap.<br />
# A. C. Davison and Diego Kuonen. Statistical Computing & Statistical Graphics Newsletter. Vol.13 No.1. An Introduction to the Bootstrap with Applications in R<br />
# Michael Wood. Significance, December 2004. Statistical inference using bootstrap confidence interval.<br />
# Jeremy Orloff and Jonathan Bloom. Bootstrap confidence intervals. Class 24, 18.05.<br />
# CRAN documentation. Package "bootstrap", June 17, 2019.<br />
<br />
==Further Information==<br />
<br />
Youtube video. Statquest. [https://www.youtube.com/watch?v=isEcgoCmlO0&ab_channel=StatQuestwithJoshStarmer Bootstrapping main ideas]<br />
<br />
Youtube video. MarinStatsLectures. [https://www.youtube.com/watch?v=Om5TMGj9td4&ab_channel=MarinStatsLectures-RProgramming%26Statistics Bootstrap Confidence Interval with R]<br />
<br />
Youtube video. [https://www.youtube.com/watch?v=9STZ7MxkNVg&ab_channel=MarinStatsLectures-RProgramming%26Statistics MarinStatsLectures. Bootstrap Hypothesis Testing in Statistics with Example]<br />
<br />
Article. [https://machinelearningmastery.com/a-gentle-introduction-to-the-bootstrap-method/#:~:text=The%20bootstrap%20method%20is%20a,the%20mean%20or%20standard%20deviation.&text=That%20when%20using%20the%20bootstrap,and%20the%20number%20of%20repeats. A Gentle Introduction to the Bootstrap Method]<br />
<br />
Article. [https://statisticsbyjim.com/hypothesis-testing/bootstrapping/ Jim Frost. Introduction to Bootstrapping in Statistics with an Example]<br />
<br />
----<br />
[[Category:Statistics]]<br />
[[Category:R examples]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors|author]] of this entry is Andrei Perov.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=ANOVA&diff=5954ANOVA2021-06-30T19:52:06Z<p>Imi: /* Normativity */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This entry introduces the Analysis of Variance. For more on Experiments, in which ANOVAs are typically conducted, please refer to the enries on [[Experiments]], [[Experiments and Hypothesis Testing]] as well as [[Field experiments]].<br />
<br />
[[File:ConceptANOVA.png|450px|frameless|left|**[[Sustainability Methods:About|Method categorization]] for [[ANOVA]]**]]<br />
<br/><br />
{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 50%"<br />
! colspan = 3 | Method categorization<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Quantitative|Quantitative]]''' || colspan="2" | [[:Category:Qualitative|Qualitative]]<br />
|-<br />
| [[:Category:Inductive|Inductive]] || colspan="2"| '''[[:Category:Deductive|Deductive]]'''<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| '''[[:Category:Individual|Individual]]''' || style="width: 33%"| '''[[:Category:System|System]]''' || [[:Category:Global|Global]]<br />
|-<br />
| style="width: 33%"| [[:Category:Past|Past]] || style="width: 33%"| '''[[:Category:Present|Present]]''' || [[:Category:Future|Future]]<br />
|}<br />
<br/>__NOTOC__<br />
<br/><br/><br />
'''In short:''' The Analysis of Variance is a statistical method that allows to test differences of the mean values of groups within a sample.<br />
<br />
<br />
== Background ==<br />
[[File:SCOPUS ANOVA.png|400px|thumb|right|'''SCOPUS hits per year for ANOVA until 2019.''' Search terms: 'ANOVA' in Title, Abstract, Keywords. Source: own.]]<br />
With a rise in knowledge during the [[History of Methods|Enlightenment]], it became apparent that the controlled setting of a [[Experiments|laboratory]] were not enough for experiments, as it became obvious that more knowledge was there to be discovered in the [[Field experiments|real world]]. First in astronomy, but then also in agriculture and other fields, the notion became apparent that our reproducible settings may sometimes be hard to achieve within real world settings. Observations can be unreliable, and errors in measurements in astronomy was a prevalent problem in the 18th and 19th century. Fisher equally recognised the mess - or variance - that nature forces onto a systematic experimenter. The demand for more food due to the rise in population, and the availability of potent seed varieties and fertiliser - both made possible thanks to scientific experimentation - raised the question how to conduct experiments under field conditions. <br />
<br />
Consequently, building on the previous development of the [[Simple_Statistical_Tests#One_sample_t-test|t-test]], Fisher proposed the Analysis of Variance, abbreviated as ANOVA. I'''t allowed for the comparison of variables from experimental settings, comparing how a [[Data_formats#Continuous_data|continuous]] variable fared under different experimental settings.''' Doing experiments in the laboratory reached its limits, as plant growth experiments were hard to conduct in the small confined spaces of a laboratory. It also became questionable whether the results were actually applicable in the real world. Hence experiments literally shifted into fields, with a dramatic effect on their design, conduct and outcome. While laboratory conditions aimed to minimise variance - ideally conducting experiments with a high confidence -, the new field experiments increased sample size to tame the variability - or messiness - of factors that could not be controlled, such as subtle changes in the soil or microclimate. Fisher and his ANOVA became the forefront of a new development of scientifically designed experiments, which allowed for a systematic [[Experiments and Hypothesis Testing|testing of hypotheses]] under field conditions, taming variance through replicates. '''The power of repeated samples allowed to account for the variance under field conditions, and thus compare differences in [[Descriptive_statistics|mean]] values between different treatments.''' For instance, it became possible to compare different levels of fertiliser to optimise plant growth. <br />
<br />
Establishing the field experiment became thus a step in the scientific development, but also in the industrial capabilities associated to it. Science contributed directly to the efficiency of production, for better or worse. Equally, the systematic experiments translated into other domains of science, such as psychology and medicine. <br />
<br />
<br />
== What the method does ==<br />
The ANOVA is a deductive statistical method that allows to compare how a continuous variable differs under different treatments in a designed experiment. '''It is one of the most important statistical models, and allows for an analysis of data gathered from designed experiments.''' In an ANOVA-designed experiment, several categories are thus compared in terms of their mean value regarding a continuous variable. A classical example would be how a certain type of barley grows on different soil types, with the three soil types loamy, sandy and clay. If the majority of the data from one soil type differs from the majority of the data from the other soil type, then these two types differ, which can be tested by a t-test. The ANOVA is in principle comparable to the t-test, but extends it: it can compare more than two groups, hence allowing to compare data in more complex, designed experiments.<br />
<br />
[[File:Yield.jpg|thumb|400px|left|Does the soil influence the yield? And how do I find out if there is any difference between clay, loam and sand? Maybe try an ANOVA...]]<br />
<br />
Single factor analysis that are also called '[https://www.youtube.com/watch?v=nvAMVY2cmok one-way ANOVAs]' investigate one factor variable, and all other variables are kept constant. Depending on the number of factor levels these demand a so called [https://en.wikipedia.org/wiki/Latin_square randomisation], which is necessary to compensate for instance for microclimatic differences under lab conditions.<br />
<br />
Designs with multiple factors or '[https://www.thoughtco.com/analysis-of-variance-anova-3026693 two way ANOVAs]' test for two or more factors, which then demands to test for interactions as well. This increases the necessary sample size on a multiplicatory scale, and the degrees of freedoms may dramatically increase depending on the number of factors levels and their interactions. An example of such an interaction effect might be an experiment where the effects of different watering levels and different amounts of fertiliser on plant growth are measured. While both increased water levels and higher amounts of fertiliser right increase plant growths slightly, the increase of of both factors jointly might lead to a dramatic increase of plant growth.<br />
<br />
The data that is of relevance to ANOVAs can be ideally visualised in [[Introduction_to_statistical_figures#Boxplot|boxplots,]] which allows for an initial visualisation of the data distribution, since the classical ANOVA builds on the [[Regression Analysis|regression model]], and thus demands data that is [[Data_distribution#The_normal_distribution|normally distributed]]. '''If one box within a boxplot is higher or lower than the median of another factor level, then this is a good rule of thumb whether there is a significant difference.''' When making such a graphically informed assumption, we have to be however really careful if the data is normally distributed, as skewed distributions might tinker with this rule of thumb. The overarching guideline for the ANOVA are thus the p-values, which give significance regarding the difference between the different factor levels. <br />
<br />
In addition, the original ANOVA builds on balanced designs, which means that all categories are represented by an equal sample size. Extensions have been developed later on in this regard, with the type 3 ANOVA allowing for the testing of unbalanced designs, where sample sizes differ between different categories levels. The Analysis of Variance is implemented into all standard statistical software, such as R and SPSS. However, differences in the calculation may occur when it comes to the calculation of unbalanced designs. <br />
<br />
<br />
== Strengths & Challenges ==<br />
The ANOVA can be a powerful tool to tame the variance in field experiments or more complex laboratory experiments, as it allows to account for variance in repeated experimental measures of experiments that are built around replicates. The ANOVA is thus the most robust method when it comes to the design of deductive experiments, yet with the availability of more and more data, also inductive data has increasingly been analysed by use of the ANOVA. This was certainly quite alien to the original idea of Fisher, who believed in clear robust designs and rigid testing of hypotheses. The reproducibility crisis has proven that there are limits to deductive approaches, or at least to the knowledge these experiments produce. The 20th century was certainly fuelled in its development by experimental designs that were at their heart analysed by the ANOVA. However, we have to acknowledge that there are limits to the knowledge that can be produced, and more complex analysis methods evolved with the wider availability of computers.<br />
<br />
In addition, the ANOVA is equally limited as the regression, as both build on the [[Data_distribution#The_normal_distribution|normal distribution]]. Extensions of the ANOVA translated its analytical approach into the logic of [[Generalized Linear Models|generalised linear models]], enabling the implementation of other distributions as well. What unites all different approaches is the demand that the ANOVA has in terms of data, and with increasing complexity, the demands increase when it comes to the sample sizes. Within experimental settings, this can be quite demanding, which is why the ANOVA only allows to test very constructed settings of the world. All categories that are implemented as predictors in an ANOVA design represent a constructed worldview, which can be very robust, but is always a compromise. The ANOVA thus tries to approximate causality by creating more rigid designs. However, we have to acknowledge that experimental designs are always compromises, and more knowledge may become available later. Within clinical trials - most of which have an ANOVA design at their heart - great care is taken into account in terms of robustness and documentation, and clinical trial stages are built on increasing sample sizes to minimise the harm on humans in these experiments.<br />
<br />
'''Taken together, the ANOVA is one of the most relevant calculation tools to fuel the exponential growth that characterised the 20th century.''' Agricultural experiments and medical trials are widely built on the ANOVA, yet we also increasingly recognise the limitations of this statistical model. Around the millennium, new models emerged, such as [[Mixed Effect Models|mixed effect models]]. But at its core, the ANOVA is the basis of modern deductive statistical analysis.<br />
<br />
<br />
== Normativity ==<br />
Designing an ANOVA-based design demands experience, and knowledge of the previous literature. The deductive approach of an ANOVA is thus typically embedded into an incremental development in the literature. ANOVA-based designs are therefore more often than not part of the continuous development in normal science. However, especially since the millennium, other more advanced approaches gained momentum, such as mixed effect models, information theoretical approaches, and structural equation models. The rigid root of the normal distribution and the basis of p-values is increasingly recognised as rigid if not outright flawed, and model reduction in more complex ANOVA designs is far from coherent between different branches of sciences. Some areas of science reject p-driven statistics altogether, while other branches of science are still publishing full models without any model reduction whatsoever. In addition, the ANOVA is today also often used to analyse inductive datasets, which is technically ok, but can infer several problems from a statistical standpoint, as well as based on a critical perspective rooted in a coherent theory of science. <br />
<br />
Hence the ANOVA became a swiss army knive for group comparison for a continuous variable, and whenever different category levels need to be compared across a dependent variable, the ANOVA is being pursued. Whether there is an [[Causality|actual question of dependency]] is often ignored, let alone model assumptions and necessary preconditions. '''Science evolved, and with it, our questions became ever more complex, as are the problems that we face in the world, or that want to test.''' [[Agency, Complexity and Emergence#Complexity|Complexity]] reigns, and simple designs are more often than not questioned. The ANOVA remains as one of the two fundamental models of deductive statistics, with [[Regression Analysis|regression]] being the other important line of thinking. As soon as rigid questions of dependence were conveniently ignored, statisticians - or the researchers that applied statistics - basically dug the grave for these rigid yet robust approaches. There are still many cases where the ANOVA represents the most parsimonious and even adequate model. However, as long as positivist scientists share a room with a view in their ivory tower and fail to clearly indicate the limitations of their ANOVA-based designs, they undermine their [[Glossary|credibility]], and with it the [[Glossary|trust]] between science and society. The ANOVA is a testimony of how much statsicsi can serve society, for better or worse. The ANOVA may serve as a sound approximations of knowledge, yet at its worst it speaks of the arrogance of researchers who imply [[Causality|causality]] into mere patterns that can and will change once more knowledge becomes available.<br />
<br />
== Outlook ==<br />
The Analysis of Variance was one of the most relevant contributions of statistics to the developments of the 20th century. By allowing for the systematic testing of hypotheses, not only did a whole line of thinking of the theory of science evolve, but whole disciplines were literally emerging. Lately, frequentist statistics was increasingly critizised for its reliance on p-values. Also, the reproducibility crisis highlights the limitations of ANOVA-based designs, which are often not reproducible. Psychological research faces this challenge for instance by pre-registering studies, indicating their statistical approach before approaching the data, and other branches of science are also attempting to do more justice to the limitations of the knowledge of experiments. In addition, new ways of experimentation of science evolve, introducing a systematic approach to case studies and solution oriented approaches. This may open a more systematic approach to inductive experiments, making documentation a key process in the creation of a canonised knowledge. Scientific experiments were at the forefront of developments that are seen more critically regarding their limitations. Taking more complexities into account, ANOVAs become a basis for more advanced statistics, and they can indeed serve as a robust basis if the limitations are clearly indicated, and the ANOVA designs add to parts of a larger picture of knowledge. <br />
<br />
<br />
== Key Publications ==<br />
<br />
<br />
== References ==<br />
<br />
----<br />
[[Category:Quantitative]]<br />
[[Category:Deductive]]<br />
[[Category:Individual]]<br />
[[Category:System]]<br />
[[Category:Present]]<br />
[[Category:Methods]]<br />
[[Category:Statistics]]<br />
<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Different_paths_to_knowledge&diff=5953Different paths to knowledge2021-06-30T19:49:14Z<p>Imi: /* Mixed Methods */</p>
<hr />
<div>The course '''Scientific methods - Different paths to knowledge''' introduces the learner to the fundamentals of scientific work. It summarizes key developments in science and introduces vital concepts and considerations for academic inquiry. It also engages with thoughts on the future of science in view of the challenges of our time. Each chapter includes some general thoughts on the respective topic as well as relevant Wiki entries.<br />
<br />
__TOC__<br />
<br/><br />
=== Definition & History of Methods ===<br />
'''Epochs of scientific methods'''<br />
The initial lecture presents a rough overview of the history of science on a shoestring, focussing both on philosophy as well as - more specifically - philosophy of science. Starting with the ancients we focus on the earliest preconditions that paved the way towards the historical development of scientific methods. <br />
<br />
'''Critique of the historical development and our status quo'''<br />
We have to recognise that modern science is a [[Glossary|system]] that provides a singular and non-holistic worldview, and is widely built on oppression and inequalities. Consequently, the scientific system per se is flawed as its foundations are morally questionable, and often lack the necessary link between the empirical and the ethical consequences of science. Critical theory and ethics are hence the necessary precondition we need to engage with as researchers continuously.<br />
<br />
'''Interaction of scientific methods with philosophy and society'''<br />
Science is challenged: while our scientific knowledge is ever-increasing, this knowledge is often kept in silos, which neither interact with other silos nor with society at large. Scientific disciplines should not only orientate their wider focus and daily interaction more strongly towards society, but also need to reintegrate the humanities in order to enable researchers to consider the ethical conduct and consequences of their research. <br />
<br />
* [[History of Methods]]<br />
* [[History of Methods (German)]]<br />
<br />
=== Methods in science ===<br />
A great diversity of methods exists in science, and no overview that is independent from a disciplinary bias exists to date. One can get closer to this by building on the core design criteria of scientific methods. <br />
<br />
'''Quantitative vs. qualitative'''<br />
The main differentiation within the methodological canon is often between quantitative and qualitative methods. This difference is often the root cause of the deep entrenchment between different disciplines and subdisciplines. Numbers do count, but they can only tell you so much. There is a clear difference between the knowledge that is created by either qualitative or qualitative methods, hence the question of better or worse is not relevant. Instead it is more important to ask which knowledge would help to create the most necessary knowledge under the given circumstances.<br />
<br />
'''Inductive vs. deductive'''<br />
Some branches of science try to verify or falsify hypotheses, while other branches of science are open towards the knowledge being created primarily from the data. Hence the difference between a method that derives [[Glossary|theory]] from data, or one that tests a theory with data, is often exclusive to specific branches of science. To this end, out of the larger availability of data and the already existing knowledge we built on so far, there is a third way called abductive reasoning. This approach links the strengths of both [[Glossary|induction]] and [[Glossary|deduction]] and is certainly much closer to the way how much of modern research is actually conducted. <br />
<br />
'''Scales'''<br />
Certain scientific methods can transcend spatial and temporal scales, while others are rather exclusive to a specific partial or temporal scale. While again this does not make one method better than another, it is certainly relevant since certain disciplines almost focus exclusively on specific parts of scales. For instance, psychology or population ecology are mostly preoccupied with the individual, while macro-economics widely work on a global scale. Regarding time there is an ever increasing wealth of past information, and a growing interest in knowledge about the future. This presents a shift from a time when most research focused on the presence. <br />
<br />
* [[Design Criteria of Methods]]<br />
* [[Design Criteria of Methods (German)]]<br />
<br />
=== Critical Theory & Bias ===<br />
'''Critical theory'''<br />
The rise of empiricism and many other developments of society created critical theory, which questioned the scientific [[Glossary|paradigm]], the governance of systems as well as democracy, and ultimately the norms and truths not only of society, but more importantly of science. This paved the road to a new form of scientific practice, which can be deeply normative, and ultimately even transformative. <br />
<br />
'''The pragmatism of [[Glossary|bias]]'''<br />
Critical theory raised the alarm to question empirical inquiry, leading to an emerging recognition of bias across many different branches of science. With a bias being, broadly speaking, a tendency for or against a specific construct (cultural group, social group etc.), various different forms of bias may flaw our recognition, analysis or interpretation, and many forms of bias are often deeply contextual, highlighting the presence or dominance of constructed groups or knowledge. <br />
<br />
'''Limitations in science'''<br />
Rooted in critical theory, and with a clear recognition of bias, science(s) need to transform into a reflexive, inclusive and solution-oriented domain that creates knowledge jointly with and in service of society. The current scientific paradigms are hence strongly questioned, reflecting the need for new societal paradigms. <br />
<br />
* [[Bias and Critical Thinking]]<br />
* [[Bias and Critical Thinking (German)]]<br />
<br />
=== Experiment & Hypothesis ===<br />
'''The scientific method?'''<br />
The testing of a [[Glossary|hypothesis]] was a breakthrough in scientific thinking. Another breakthrough came with Francis Bacon who proclaimed the importance of observation to derive conclusions. This paved the road for repeated observation under conditions of manipulation, which in consequence led to carefully planned systematic methodological designs. <br />
<br />
'''Forming hypotheses'''<br />
Often based on previous knowledge or distinct higher laws or assumptions, the formulation of hypotheses became an important step towards systematic inquiry and carefully designed experiments that still constitute the baseline of modern medicine, psychology, ecology and many other fields. Understanding the formulation of hypotheses and how they can be falsified or confirmed is central for large parts of science. Hypotheses can be tested, are ideally parsimonious - thus build an existing knowledge - and the results should be reproducible and transferable. <br />
<br />
'''Limitations of hypothesis'''<br />
These criteria of hypotheses showcase that despite allowing for a systematic and - some would say - ‘causal’ form of knowledge, hypotheses are rigid at best, and offer a rather static worldview at their worst. Theories explored in hypothesis testing should be able to match the structures of experiments. Therefore, the underlying data is constructed, which limits the possibilities of this knowledge production approach.<br />
<br />
* [[Experiments and Hypothesis Testing]]<br />
* [[Experiments and Hypothesis Testing (German)]]<br />
<br />
=== Causality & Correlation ===<br />
'''Defining causality'''<br />
Building on the criteria from David Hume, we define causality through temporal links ("if this - then this"), as well as through similarities and dissimilarities. If A and B cause C, then there must be some characteristic that makes A and B similar, and this similarity causes C. If A causes C, but B does not cause C, then there must be a dissimilarity between A and B. Causal links can be clearly defined, and it is our responsibility as scientists to build on this understanding, and understand its limitations. <br />
<br />
'''Understanding correlations''' Correlations statistically test the relation between two continuous variables. A relation that - following probability - is not a coincidence but from a statistical standpoint meaningful, can be called a significant correlation. <br />
<br />
'''The difference between causality and correlation'''<br />
With increasing statistical analysis being conducted, we sometimes may find significant correlations that are non-causal. Disentangling causal form correlative relations is deeply normative and needs to acknowledge that we often build science based on deeply constructed ontologies. <br />
<br />
* [[Causality and correlation]]<br />
* [[Causality and correlation (German)]]<br />
<br />
=== Scientific methods and societal paradigms ===<br />
<br />
'''How scientific methods drive societal paradigms'''<br />
Scientific methods partly dealt with the necessary approaches to enable a flourishing yet often abusive trade, work out solutions for mechanisation, and develop modern agriculture based on systematic inquiry. Modern medicine - or better medical research - is one example of a framing of knowledge production on and around scientifc method.<br />
<br />
'''How societal paradigms drive scientific methods'''<br />
Equally did society drive a demand onto scientific inquiry, demanding solutions from science, and thereby often [[Glossary|funding]] science as a means to an end. Consequently did science often act morally wrong, or failed to offer the deep [[Glossary|leverage points]] that could drive transformational change. Such a critical view on science emerged partly out of society, and specifically did a view on empirical approaches emerge out of philosophy.<br />
<br />
'''The grand abduction of science and society'''<br />
Since the antique, science and society have been in a continuous spiralling movement around each other. While scientific methods are shaped by their time, the times are also shaped by scientific methodology. What is however necessary is the close and mutual interaction between empirical inquiry and the question how we ought to act based on our growing knowledge.<br />
<br />
* [[Scientific methods and societal paradigms]]<br />
* [[Scientific methods and societal paradigms (German)]]<br />
<br />
=== Emergence of agency ===<br />
'''[[Glossary|Agency]], complexity and emergence'''<br />
System thinking gained prominence during the last century, allowing to take interactions and interdependencies into account when investigating a system. To this end, a ‘system’ stands for something that is in the focus of the investigation, such as a catchment area, a business enterprise, a social institution, or a population of wasps. Such systems show signs of [[Glossary|complexity]], which means that the interactions of smaller entities in the system may be unpredictable or chaotic, which makes systems more than the sum of their parts. Under this definition, solving problems within a system is often the greatest challenge: while the [[Glossary|system dynamics]] may be understandable, the solutions for an emerging problem are not instantly available. Consequently, solutions for complex problems emerge, and this demands a new line of thinking about systems.<br />
<br />
* [[Agency, Complexity and Emergence]]<br />
* [[Agency, Complexity and Emergence (German)]]<br />
<br />
=== Data and methods ===<br />
'''A new age of data'''<br />
The increasing availability of data offers many new possibilities, and the emergence of new ways of getting data through the internet poses not only opportunities, but also - among others - ethical challenges. All the while, ever more diversity of data becomes available to people, leading to an even larger wealth of qualitative data. Again, this poses many ethical questions, and imposes an all new agenda onto many methodological approaches, including data security, picture rights, normative interpretations and even culture wars. <br />
<br />
'''The limitations of technology'''<br />
While technology has surely changed the way we live our lives, it has certainly also changed the way we do science. We should however recognise that technology cannot produce knowledge, and therefore can only be a means to an end, but not an end in itself.<br />
<br />
'''A way forward for methods'''<br />
Methods need to acknowledge the increasing diversity but also the new challenges that emerge from the exponential growth of science. Interactions between different disciplines are strongly increasing, and the core goal for science will be how to facilitate this through suitable [[Glossary|communication]] and additional resources. <br />
<br />
* [[To Rule And To Measure]]<br />
* [[To Rule And To Measure (German)]]<br />
* [[Data formats]]<br />
* [[Data formats (German)]]<br />
<br />
=== Mixed Methods ===<br />
'''Why combine methods?'''<br />
The new challenges we face demand the production of new knowledge to approximate solutions. Scientific collaboration is therefore necessary in order to open up domains that were previously sealed and oftentimes arrogant.<br />
<br />
'''How to combine methods'''<br />
Methods are often characterized by a specific language, which is why a lot of time needs to be invested into understanding each other. In addition, experts in one method are often deeply invested in their specific focus, which is why interdisciplinary collaboration is mainly built on [[Glossary|trust]]. <br />
<br />
'''How not to combine methods'''<br />
Methods are not like cooking recipes that anyone with the right recipe can unlock. Instead, methods evolve, just as the harmonisation of methods evolves. A mixed methods approach is thus not like a mere recipe, but should be approached as something new, and only time will tell how we may become more experienced and systematic in the combination of different methods.<br />
<br />
* [[Mixed Methods]]<br />
* [[Mixed Methods (German)]]<br />
<br />
=== Methods of transdisciplinary research ===<br />
'''Shifting paradigms in science'''<br />
For a long time, scientific disciplines existed alongside each other and separated from the rest of society, using the world as an object of inquiry and gathering data all the while. However, the state of our world does not allow for such separation anymore. We need a new collaboration within science and between science and society in order to find solutions to urgent challenges.<br />
<br />
'''A new contract between science and society'''<br />
Transdisciplinary research is built on the premise of scientific and non-scientific actors from diverse backgrounds jointly framing, understanding and solving societally relevant problems. [[Glossary|Transdisciplinarity]] is reflexive, participatory and holistic and able to develop mutually beneficial approaches to complex and normative issues.<br />
<br />
'''Learning from and with each other'''<br />
Despite the rather recent emergence of transdisciplinary research, a lot has been developed in terms of appropriate research modes, methods and surroundings. Examples of this are [[Visioning & Backcasting|Visioning]], Scenario Planning and Living Labs. More is yet to come, but the foundations have been set.<br />
<br />
* [[Transdisciplinarity]]<br />
* [[Transdisciplinarity (German)]]<br />
* [[Visioning & Backcasting]]<br />
* [[Scenario Planning]]<br />
* [[Living Labs & Real World Laboratories]]<br />
----<br />
[[Category: Courses]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Tips_for_digital_lectures&diff=5952Tips for digital lectures2021-06-30T19:48:05Z<p>Imi: /* Some ways to jumpstart and foster an open and collaborative atmosphere when teaching a class or leading a team */</p>
<hr />
<div>{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 100%"<br />
! colspan = "4" | Type !! colspan = "4" | Team Size<br />
|-<br />
| '''[[:Category:Collaborative Tools|Collaborative Tools]]''' || '''[[:Category:Software|Software]]''' || '''[[:Category:Personal Skills|Personal Skills]]''' || [[:Category:Productivity Tools|Productivity Tools]] || '''[[:Category:Team Size 1|1]]''' || '''[[:Category:Team Size 2-10|2-10]]''' || '''[[:Category:Team Size 11-30|11-30]]''' || '''[[:Category:Team Size 30+|30+]]'''<br />
|}<br />
<br />
== What, Why & When ==<br />
Digital lectures have been common for years, but especially during the COVID-19 crisis, we saw the challenges - but also benefits - that came with presenting content and having seminars in online formats. This entry provides a list of tips for both teachers and students in online sessions.<br />
<br />
== Goals ==<br />
* Improve engagement in online teaching.<br />
* Make more out of online sessions as a student.<br />
<br />
== Getting Started ==<br />
=== Tips for lecturers ===<br />
==== Tips for better (video) lectures and Zoom sessions ====<br />
* Record your '''lecture as a conversation''' with a relative / someone from your household to which you explain the lecture's content.<br />
* Include '''interactive elements''' in your (pre-recorded) lectures, such as small tasks or questions, which you come back to during or after the lecture, or in a Zoom session.<br />
* In Zoom calls, '''use [https://www.mentimeter.com/app Mentimeter]''' to facilitate participation for your students. You can create quizzes or ask for thoughts and let students rank items, but also show them slides or videos. You can also host Q&A sessions via Mentimeter, where students can upvote questions, which brings order into Q&A. However, it may best be supported by letting students raise their hands in the Zoom call to let them also speak and listen to fellow students, and not just read, type and click.<br />
* In Zoom sessions, '''use breakout rooms''' for the students to discuss questions that you posted, or questions that came from the students themselves. After some minutes, you can let the students share their thoughts, for example via Mentimeter. The breakout rooms also make some students keep their camera on, which may improve the atmosphere in the session.<br />
* In Zoom sessions, '''use gimmicks''' to maintain a positive atmosphere. Hold a contest about the best virtual background, or let students share their favorite snacks during a short break.<br />
<br />
==== Some ways to jumpstart and foster an open and collaborative atmosphere when teaching a class or leading a team ====<br />
'''1. Interventions'''<br />
''1.1 Quick personal check-in rounds (this works in-person, as well as online)''<br />
From time to time give participants the opportunity to briefly (e.g. 5-10 mins.) talk with you one-on-one by dropping in each at a time. This fosters a more personal relationship and gives everyone the possibility for the type of interaction that is more spontaneous and less guarded (and therefore more personal). Give it the atmosphere similar to an exchange during a coffee break, while walking down a hallway, or similar situations to break the bahaviour patterns that are typically prevalent during a class or a formal meeting.<br />
<br />
''1.2 Subjective/personal status statement''<br />
Start and end sessions with giving the participants the possibility to say a one sentence statement about their current subjective, personal status/mood/thougt/feeling without anyone commenting on them or referring to them (in the sense of a non-judgmental environment). The participants should be free to say whatever they feel like (it is not a round of feedback on the subject matter or the class, but more a statement of "where each person is" at the moment).<br />
This requires a certain amount of [[Glossary|trust]] and openness in the group and needs a bit of getting used to (risk-taking).<br />
<br />
''1.3 Personal object bring-along''<br />
Encourage each participant to bring a personal object into the class or meeting to place it in view of everyone attending. Encourage to choose each time sponanteously a different object based on instincts (e.g. while they are preparing for the meeting or while they are leaving their place to attend the class). These objects can foster [[Glossary|dialogue]] and enjoyment as well as express the persons attitude and mood which are vital clues to socially connect - especially in online meetings (but also work in in-person gatherings).<br />
<br />
Optionally you can introduce a game variant (that should be non-competitive) by asking participants to take into consideration previously chosen objects introduced by other participants - in that way reacting to them.<br />
<br />
'''2. Social interactions and structure'''<br />
2.1 Make sure conversations are open and meaningful by transparently setting the context in which they are taking place<br />
<br />
2.2 Make time for conversations and meetings that are not topic-oriented or problem-(solving)-oriented but exploratory<br />
<br />
2.3 At times practice active listening by asking questions instead of exchanging opinions/ideas. That way you can make sure you do not miss (serious) concerns and pieces of information that are not raised directly and immediately.<br />
<br />
2.4 Explain and include the relevance of results of tasks assigned to members of a team (and not only the task, deadline and responsibility). That way you ensure everyone in the team gets (and keeps) an overview of a collective goal while preserving the value of each individual contribution.<br />
<br />
2.5 Check back on topics, questions, and concerns that have been raised to make sure they are being addressed and solved. Individually check back with every party involved.<br />
<br />
==== Wiki entries on Skills & Tools that can support learning and teaching ====<br />
* [[Flipped Classroom]], a teaching format that is especially interesting for digital times.<br />
* [[Digital Energizers]], to gain energy in digital sessions.<br />
* [[Check In]], to provide a good atmosphere for smaller groups.<br />
* [[Flashlight]], to make sure everyone's on the same page in smaller groups.<br />
* [[Digital Workshop Facilitation]], an overview on general learnings about digital workshops and sessions. <br />
* [[Online Conduct]], a few ideas on how to improve conduct in shared online spaces.<br />
<br />
<br />
=== Tips for Students ===<br />
Being a student in home office times is rough, and even when the COVID pandemic is over, you will still encounter online lectures, seminars, conferences and MOOCs. To some extent, luckily, being at home instead of in a lecture hall also has its merits. That being said, the following are some (not so) obvious tips for you to improve your online learning experience.<br />
<br />
* '''Always have something to drink''' (water/tee/coffee/mate/...) or to a snack with you. You could also have proper meals while listening to someone talk, or even prepare food, but be aware that this might distract you and result in you not really taking away much from the online session.<br />
* '''Wear comfortable clothes''' and create a nice atmosphere in your room or wherever you study at the moment. In Home Office situations, you do not necessarily have to sit at your desk, although it can create a more 'official' atmosphere and stimulate learning and engagement. For some, however, other spatial arrangements work, too, so find the spot in your apartment - or even outside - that does not distract you, but supports a comfortable learning experience.<br />
* '''Put your phone away''' from you so you do not get easily distracted from messages or tempted to do something else. We are all used to having second or third screens, and it is already tempting to browse on the computer while in a Zoom session - so don't burden yourself with the temptation of another device. Check your phone regularly, if you want to, but do so in breaks between sessions.<br />
* Make sure you '''have a system to organize yourself''' that works for you and helps you to structure your everyday life during online classes. For this purpose, we can highly recommend [[Notion]], which allows you to organize pretty much everything, presumed that you prefer digital documentation. For analoguous notes, you might want to consider a DIN A3 sheet to summarize your courses, or a specific course's content.<br />
* Try to '''use the breaks in between classes''' to do things that do not require much brain power, such as walking outside, doing the laundry or dishes, talking to your room mate etc. Especially some physical activity - a walk, a jog, yoga, or some workout at home - can do wonders between online sessions.<br />
* Make sure you '''"zoom" away from your screen''' every now and then. Your eyes aren't too happy to be kept in the same position for too long- and sometimes this might even result in a headache. So make sure to sometimes look out of the window, or - as mentioned above - go into nature without any screens.<br />
* If you have to read a lot for your studies, '''consider printing the texts'''. Reading on paper can be a nice alternative to reading on the screen. Or - fancy - take a walk to the library and lend the book.<br />
* Though we all try to avoid too many distractions, '''using the chat function in Zoom may help to refocus your attention''' from time to time. If I write a short message with my friend taking the same seminar, I can follow the content afterwards more easily :) We cannot stay focused in 4 Zoom sessions à 90 min. a day, so it is ok to allow us some pleasant distractions every now and then.<br />
<br />
==== Wiki Entries that can help students to learn in digital times ====<br />
* [[Learning for exams]], which includes tips that are still - or even more - valid for digital exams.<br />
* [[Mindfulness]], some guidance on how to clear your mind.<br />
* [[Overcoming Exam Anxiety]], since the last thing you need in digital teaching is to be afraid of the exam.<br />
* [[Notion]], which is an online workspace that can be of great help to manage your own work.<br />
<br />
<br />
== Further Information and guidance for digital teaching ==<br />
* Of course, the Sustainability Methods Wiki, both as a resource for content and for its Skills & Tools section, is relevant beyond the aforementioned entries.<br />
* A selection of available textbooks from Cambridge University: [https://www.cambridge.org/core/what-we-publish/textbooks?fbclid=IwAR0c8XK_gSH9i5xc2u0O-RJZNfGN16OtR-qvzqkOhfFmJx6Eup2UWVWyDd0 1], [http://cambridge.org/core/what-we-publish/textbooks?fbclid=IwAR0c8XK_gSH9i5xc2u0O-RJZNfGN16OtR-qvzqkOhfFmJx6Eup2UWVWyDd0 2]<br />
* [https://teach.kiron.ngo/ Tips on digital teaching by Kiron University]<br />
* [https://hochschuldidaktik-online.de/checkliste-virtuelle-prasenzlehre/ A Checklist for virtual teaching] from ''hochschul-didaktik''<br />
* [https://www.go.twigeducation.com/covid19-global Twig Education] - Bespoke curriculum-aligned videos, supporting lesson materials and hands-on activities that you can do with limited resources. Ages 4-7, 7-11 and 11-16.<br />
----<br />
__NOTOC__<br />
[[Category:Skills_and_Tools]]<br />
[[Category:Collaborative Tools]]<br />
[[Category:Productivity Tools]]<br />
[[Category:Software]]<br />
[[Category:Team Size 1]]<br />
[[Category:Team Size 2-10]]<br />
[[Category:Team Size 11-30]]<br />
[[Category:Team Size 30+]]<br />
<br />
The [[Table_of_Contributors| authors]] of this entry are Christopher Franz, Matteo Ramin, Elisabeth Frank, Carlo Krügermeier and Iman Aoulkadi.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Statistics_and_mixed_methods&diff=5951Statistics and mixed methods2021-06-30T19:44:29Z<p>Imi: /* Quantitative vs qualitative */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' This entry revolves around mixed methods in statistics. For more on mixed methods in general, please refer to the entry on [[Mixed Methods]].<br />
<br />
==Mixed methods== <br />
'''Much in modern science is framed around statistics, for better or worse.''' Due to the arrogance of "the scientific method" being labeled based on deductive approaches, and the fact that much of the early methodological approaches were biased to and dominated by quantitative approaches. This changed partly with the rise or better increase of qualitative methods during the last decades. We should realise to this end, that the development of the methodological canon is not independent but interconnected with the societal paradigm. Hence the abundance, development and diversity of the methodological canon is in a continuous [[Glossary|feedback loop]] with changes in society, but also driven from changes in society. Take the rise of experimental designs, and the growth it triggered through fostering developments in agriculture and medicine, for better or worse. Another example are the severe developments triggered by [https://www.thoughtco.com/critical-theory-3026623 critical theory], which had clearly ramifications towards the methodological canon, and the societal developments during this time. Despite all these ivory towers is science not independent from the Zeitgeist and the changes within society, and science is often both rooted and informed from the past and influence the presence, while also building futures. This is the great privilege society gained from science, that we can now create, embed and interact with a new knowledge production that is ever evolving.<br/><br />
<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 17.59.31.png|1000px|center|thumb|'''This picture shows a brief history of statistics and its most important methods.''' For a more detailed look look at their [http://www.statslife.org.uk/images/pdf/timeline-of-statistics.pdf website]]]<br/><br />
<br />
'''Mixed methods are one step in this evolution.''' [https://www.theguardian.com/science/2012/aug/19/thomas-kuhn-structure-scientific-revolutions Kuhn] spoke of scientific revolutions, which sounds appealing to many. As much as I like the underlying principle, I think that mixed methods are more of a scientific evolution that is slowly creeping in. The scientific canon that formed during the enlightenment and that was forged by the industrialisation and a cornerstone of modernity. The problems that arose out of this in modern science were slowly inching in between the two world wars, while methodology and especially statistics not only bloomed in full blossom, but [https://blog.udemy.com/importance-of-statistics/ contributed their part to the catastrophe]. Science opened up to new forms of knowledge, and while statistics would often contribute to such emerging arenas as psychology and clinical trials, other methodological approaches teamed up with statistics. [https://www.simplypsychology.org/interviews.html#structured Interviews] and surveys utilised statistics to unleash new sampling combined with statistics. Hence statistics teamed up with new developments, yet other approaches that were completely independent of statistics were also underway. Hence, new knowledge was unlocked, and science thrived into uncharted territory. <br />
<br />
From a systematic standpoint we can now determine at least three developments: 1) Methods that were genuinely new, 2) methods that were used in a novel context, and 3) methods that were combined with other methods. Let us embed statistics into this line of thinking. Much of the general line of thinking in statistics in the last phase of modernity, i.e. before the two world wars. While in terms of more advanced statistics of course much was developed later and is still being developed, but some of the large breakthroughs in terms of the general line of thinking were rather early. In other words, in terms of what is most abundantly being applied up until the computer age, much was already developed early in the 20th century. Methods in statistics were still developed after that, but were often so complicated that they only increased in application once computers became widely available. <br />
<br />
What was however quite relevant for statistics was the [[Glossary|emergence]] into diverse disciplines. Many scientific fields implemented statistics into their development to a point that it was dominating much of the discourse (ecology, psychology, economics), and often this also led to specific applications of statistics and even genuinely new approaches down the road. <br />
Where statistics also firmly extended their map on the landscape of methods was in the combination with other methods. Structured Interviews and surveys are a standard example where many approaches served for the gathering of data and the actual analysis is conducted by statistics. Hence new revolutionary methods often directly implemented statistics into their utilisation, making the footing of statistics even more firm.<br />
<br />
<br />
For more on the development of new methods, please refer to the entries on [[History of Methods]] as well as [[Questioning the status quo in methods]].<br />
<br />
==Triangulation of statistics within methodological ontologies==<br />
[[File:Multiple-perspectives.gif|thumb|right|This wonderful picture from [https://proswrite.com/2013/02/26/what-is-plain-language-part-four-putting-it-all-together-in-a-process/ prowrite.com] shows how different methods can help to illuminate different aspects of a phenomenon. Triangulation is about bringing the different perspectives together, use them in harmony.]]<br />
[https://ebn.bmj.com/content/22/3/67 Triangulation] is often interpreted in a purely quantitative sense, which is not true. I would use it here in a sense of combination of different methods to triangulate knowledge from diverse sources. '''Ideally, triangulation allows to create more knowledge than with single method approaches.''' More importantly, [http://www.qualres.org/HomeTria-3692.html triangulation] should allow to use methods in harmony, meaning the sum of the methods that are triangulated is more than the sum of its parts. To this end, triangulation can be applied in many contexts, and may bring more precision to situations where mixed methods are not enough to describe the methodological design to enable for a clear communication of the research design or approach.<br />
<br />
Not least because of the dominating position that statistics held in modern science, and also because of the lack of other forms of knowledge becoming more and more apparent, qualitative methods were increasingly developed and utilised after the second world war. I keep this dating so vague, not because of my firm belief that much was a rather continuous evolvement, but mostly because of the end of modernity. With the enlightenment divinely ending, we entered a new age where science became more open, and methods became more interchangeable within different branches of science.<br />
<br />
== Mixed Methods and Design Criteria ==<br />
'''Note:''' For more details on the categories below, please refer to the entry on [[Design Criteria of Methods]].<br />
<br />
====Quantitative vs qualitative====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 18.03.39.png|thumb|This picture emphasizes the main differences between quantitative and qualitative research. But do we really need to either decide for the one or the another?]]<br />
<br />
The opening of a world of quantitative knowledge started a discourse between [https://www.simplypsychology.org/qualitative-quantitative.html quantitative and qualitative research] that has effectively never ended. Pride, self esteem and ignorance are words that come to my mind if I try to characterise what I observe still today in the exchange between these two lines of thought. Only when we establish [[Glossary|trust]] and appreciation, we can ultimately bring these two complementary types of knowledge together. From the standpoint of someone educated in statistics I can only say that it is my hope that words such as [https://sustainabilitymethods.org/index.php/Misunderstood_concepts_in_statistics "significant", "correlated", "clustered"] are not used unthoughtfully, but as the analysis approaches and associated concepts that these words stand for. What is even more difficult to me is when these concepts are rejected altogether as outdated, dogmatic, or plain wrong. Only if we can join forces between these two schools of thought, we may solve the challenges we face. <br />
Likewise, it is not sound that many people educated in statistics plainly reject qualitative knowledge, and are dogmatic in their slumber. '''I consider the gap between these two worlds as one of the biggest obstacles for development in science.''' People educated in statistics should be patient in both explaining their approaches and results, and being receptive and open minded about other forms of knowledge. There is still a lot of work in order to bridge this gap. If we cannot bridge it, we need to walk around the gap. Connect through concrete action, and create joined knowledge, which may evolve into a joined learning. Explain statistics to others, but in a modest, and open approach.<br />
<br />
====Inductive vs deductive====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 18.07.47.png|thumb|The Leuphana and also many other research institutes conduct a board of ethics before a study starts.]]<br />
<br />
A fairly similar situation can be diagnosed for the difference between [https://conjointly.com/kb/deduction-and-induction/ inductive and deductive approaches]. Many people building on theory are on a high horse, and equally claim many inductive researchers to be the only ones to approach science in the most correct manner. '''I think both sides are right and wrong at the same time.''' What can be clearly said for everybody versatile in statistics is, that both sides are lying. The age of big data crashed with many disciplines that were once theory driven. While limping behind the modern era, these disciplines are often pretending to build hypotheses, merely because their community and scientific journals demand a line of thinking that is build on hypotheses testing. Since these disciplines have long had access to large datasets that are analysed in an inductive fashion, people pretend to write [[Glossary|hypothesis]], when they formulated them in fact after the whole analysis was finalised. While this may sound horrific to many, scientists were not more than frogs in the boiling pot, slowly getting warmer. This system slowly changed or adapted, until no one really realised that we were on the wrong track. There are antidotes, such as [https://www.cos.io/our-services/prereg preregistration] of studies in medicine and psychology, yet we are far way from solving this problem. <br />
<br />
Equally, many would argue that researchers claim to be inductive in their approach, when they are in fact not only biased all over the place, but also widely informed by previous study and theory. Many would claim, that this is more a weak point of qualitative methods, but I would disagree. With the wealth of data that became available over the last decades though the internet, we also have in statistics much to our disposal, and many claim to be completely open minded about their analysis, when in fact the suffer also from many types of biases, and are equally stuck in a dogmatic slumber when they claim to be free and unbiased. <br />
<br />
To this end, statistics may rise to a level where a clearer documentation and transparency enables a higher level of science, that is also aware of the fact that knowledge changes. This is a normal process in science, and does not automatically make previous results wrong. Instead, these results, even if they are changing, are part of the picture. <br />
This is why it is so important to write an outline about your research, preregister studies if possible, and have an ethical check being conducted if necessary. We compiled the [https://www.leuphana.de/forschung/transparenz-in-der-forschung/gute-wissenschaftliche-praxis.html application form for the board of ethics from Leuphana University] at the end of this Wiki.<br />
<br />
====Spatial and temporal scales====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 18.12.31.png|thumb|Network analysis can be applied if you want to know how all your actors are tied together which relationships occur between themen and who has how much influence.]]<br />
Statistics can be utilised basically across all spatial and temporal scales. Global economic dynamics are correlated, experiments are conducted on plant individuals, and surveys are conducted within systems. This showcases why statistics got established across all spatial scales, but instantly also highlights once more that statistics can only offer a part of the picture. More complex statistical analysis such as [https://www.statisticssolutions.com/structural-equation-modeling/ structural equation models] and [https://www.jessesadler.com/post/network-analysis-with-r/ network analysis] are currently emerging, allowing for a more holistic system perspective as part of a statistical analysis. The rise of big data allows us to make connections between different data sources, and hence bridge different forms of knowledge, but also different spatial scales. While much of these statistical tools were established decades ago, we only slowly start to compile datasets that allow for such analysis.<br />
<br />
Likewise, with the increasing availability of more and more data, an increasing diversity of temporal dimensions are emerging, and statistics such as panel statistics and [https://ourcodingclub.github.io/tutorials/mixed-models/#what mixed effect models] allow for an evolving understanding of change like never before. Past data is equally being explored in order to predict the future. We need to be aware that statistics offers only a predictive picture here, and is unable to implement future changes that are not implemented into the analysis. We predict the future to the best of our knowledge, but we will only know the future, once it becomes our presence, which is trivial in general, but makes predictions notoriously difficult. <br />
<br />
To this end, statistics needs to be aware of its own limitations, and needs to be critical of the knowledge it produces in order to contribute valid knowledge. '''Statistical results have a certain confidence, results can be significant, even parsimonious, yet may only offer a part of the picture.''' [https://sustainabilitymethods.org/index.php/Interactions#Unexplained_variance Unexplained variance] may be an important piece of the puzzle in a mixed method approach, as it helps us to understand how much we do not understand. Statistics may be taken more serious if it clearly highlights the limitations it has or reveals. We need to be careful to not only reveal the patterns we may understand through statistics, but also how these patterns are limited in terms of a holistic understanding. However, there is also reason for optimism when it comes to statistics. Some decades ago, statistics were exclusive to a small fraction of scientists that could afford a very expensive computer, or calculations were made by hand. Today, more and more people have access to computers, and as a consequence to powerful software that allows for statistical analysis. The rise of computers led to an incredible amount of statistical knowledge being produced, and the internet enabled the spread of this knowledge across the globe. We may be living in a world of exponential growths, and while many dangers are connected to this recognition, the rise in knowledge cannot be a bad, at least not all of it. More statistical knowledge bears hope for less ignorance, but this demands as well the responsibility of [[Glossary|communicating]] results clearly and precisely, also highlighting gaps in and limitations of our knowledge.<br />
<br />
==Possibilities of interlinkages==<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 18.16.39.png|thumb|Scenario planning is a popular method in interdiscplinary and transdisciplinary research. It combines systemic knowledge about the current state and normative target knowledge of the desired future state.]]<br />
We only start to understand how we can combine statistical methods with other forms of knowledge that are used in parralel. Sequential combination of other methods with statistics has been long known, as the example of interviews and their statistical analysis has already shown. '''However, the parallel integration of knowledge gained through statistics and other methods is still in its infancy.''' [https://www.forbes.com/sites/stratfor/2015/01/08/scenario-planning-and-strategic-forecasting/#766d057e411a Scenario planing] is a prominent example that can integrate diverse forms of knowledge; other approaches are slowly investigated. However, the integrational capability needed by a team to combine such different forms of knowledge is still rare, and research or better scientific publications are only slowly starting to combine diverse methods in parralel. Hence many papers that claim a mixed method approach often actually mean either a sequential approach or different methods that are unconnected. While this is perfectly valid and a step forward, science will have to go a long way to combine parralel methods and their knowledge more deeply. [[Glossary|Funding]] schemes in science are still widely disciplinary, and this dogma often dictates a canon of methods that may have proven its value, some may argue. However these approaches did not substantially create the normative knowledge that is needed to contribute towards a sustainable future.<br />
<br />
==Bokeh==<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.24.14.png|thumb|The picture allows us very clearly to depict a person. We can see a lot of details about this person, such as the clothes, a not too cheap umbrella, and much more. We can slo see that it is obviously in a part of the world where is rains, where you have public transportation, both tram and buses. We have high buildings, but also low building, traffic, street lights, hence a lot of information that can be depicted despite the blurriness.]]<br />
One of the nicest metaphors of interlinking methods is the japanese word Bokeh. Bokeh means basically depth of field, which is the effect when you have a really beautiful camera lens, and keep the aperture - the opening of the lens - very wide. Photographs made in this setting typically have a laser sharp foreground, and a beautifully blurry background. You have one distance level very crisp, and the other like a washed watercolour matrix. A pro photographer or tec geek will appreciate such a photo with a "Whoa, nice Bokeh". Mixed method designs can be set up in a similar way. While you have one method focussing on something in the foreground, other methods can give you a blurry understanding of the background. Negotiating and designing this role in a mixed method setting is central in order to clarify which method demands which depth and focus, to follow with the allegory of photography. Way too often we demand each method having the same importance in a mixed method design. More often than not I am not sure if this is actually possible, or even desirable. Instead, I would suggest to stick to the Bokeh design, and harmonise what is in the foreground, and what is in the background. Statistics may give you some general information about a case study setting and its background, but deep open interviews may allow for the focus and depth needed to really understand the dynamics in a case study.<br />
<br />
An example of a paper where a lot of information was analysed that is interconnected is [https://www.ecologyandsociety.org/vol19/iss4/art32/ Hanspach et al 2014], which contains scenarios, [[System Thinking & Causal Loop Diagrams|causal-loop analysis]], [[Geographical Information Systems|GIS]], and much more methodological approaches that are interlinked.<br />
<br />
<br />
==Statistics and disciplines==<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.34.30.png|thumb|Disciplines in science differentate themselves in many many subcategories. Thinking in disciplines can be seen as double-edged sword. They create specific knowledge but on the other hand not looking behind your own horizon is problematic.]]<br />
Statistics are deeply embedded in the DNA of many scientific disciplines, and strangely enough is the rejection of statistics as a valid method by many disciplines that associate themselves with critical thinking.<br />
<br />
'''I think statistics should be utilised when they provide a promising outcome.''' Due to the formation and [https://www.youtube.com/watch?v=YvtCLceNf30&list=PL8dPuuaLjXtNppY8ZHMPDH5TKK2UpU8Ng&t=0s development of scientific disciplines], this is however hardly the case. Instead, we have many disciplines that evolved around and based on statistics, such as psychology, ecology, (empirical) social science or parts of economics. All these scientific disciplines sooner or later encountered struggles with statistics. Examples are models when better statistics becoming more and more complicated, hence violating parsimony which led to the crisis questioning the value of probability driven statistics. Many disciplines evolved from deductive schools of thought, but with more and more data becoming available, this closed into a mishmash of inductive and deductive thinking, which I have mentioned before. Yet another problem is embedded into [https://sustainabilitymethods.org/index.php/Causality causality], as many studies from economics can not rely on causal links, yet inform policy and politics as if they are investigating nothing but causal links.<br />
<br />
Many scientific disciplines question the value of statistics, which is important. However, while statistics only offer a piece of the puzzle, rejecting statistics altogether is equally harsh. Instead, we ought to add precision in communicating the limitations of statistical results and evolve the utilisation of approaches to build trust between disciplines into our agenda and learning. A more fundamental question is most deeply embedded in philosophy, if I were to name a discipline. Philosophy still deals with the most fundamental questions such as "Is there an objective way to act?" or "Are there normative facts?". These questions illustrate why statistics will ultimately need to team up more deeply with philosophy to solve these questions. [https://lux.leuphana.de/vufind/Record/1696677149 "Making comparisons count"] is an example for a work from philosophy that clearly informs statistics, and more importantly, the results that are reported from statistical analysis. <br />
<br />
'''Methods are at the heart of the disciplinary dogma.''' I postulate that the method that started them all - philosophy - will be able to solve this problem, but it is not clear when this will happen. Sustainability science is an example of a solution oriented and diverse arena that tries to approach solutions to this end, yet this is why many scientists that define themselves through their discipline reject it. [[Glossary|Dialogue]] will be necessary, and we need to understand that deep focus is possible even for diverse approaches. Learning a method truly takes about as much time as learning a musical instrument, hence thousands of hours of hours at least. Yet while some researchers will be pivotal in integrating diverse approaches to research, the majority will probably commit to a deeper focus. However, appreciation and respect for other forms of knowledge should become part of the academic curriculum, or should be on the agenda even earlier. <br />
<br />
To cut a very long story short, scientific disciplines arose out of a need for a specific labour force, the need for specific types of knowledge, and the surplus in resources that came out of the colonies, among many other reasons. I hope that we may overcome our differences and the problems that arise out of disciplinary identities, and focus on knowledge and solutions instead. Time will tell how we explore this possibility.<br />
<br />
==External Links==<br />
<br />
====Articles====<br />
<br />
[https://www.thoughtco.com/critical-theory-3026623 Critical Theory]: an example of mixed methods<br />
<br />
[https://www.theguardian.com/science/2012/aug/19/thomas-kuhn-structure-scientific-revolutions Thomas Kuhn]: The way he changed science<br />
<br />
[https://blog.udemy.com/importance-of-statistics/ The Importance of Statistics]: A look into different disciplines<br />
<br />
[https://www.simplypsychology.org/interviews.html#structured Interviews]: The way statistics influenced interviews<br />
<br />
[https://ebn.bmj.com/content/22/3/67 Triangulation]: A detailed article with lots of examples<br />
<br />
[http://www.qualres.org/HomeTria-3692.html Triangulation II]: An overview<br />
<br />
[https://www.simplypsychology.org/qualitative-quantitative.html Qualitative and Quantitative Research]: A comparison<br />
<br />
[https://conjointly.com/kb/deduction-and-induction/ Deduction and Induction]: The differences<br />
<br />
[https://www.cos.io/our-services/prereg Short explanation and the possibility for further reading]: Preregistration<br />
<br />
[https://www.leuphana.de/forschung/transparenz-in-der-forschung/gute-wissenschaftliche-praxis.html What they do and application forms]: The Leuphana Board of Ethics<br />
<br />
[https://www.leuphana.de/forschung/transparenz-in-der-forschung/gute-wissenschaftliche-praxis.html Guidelines for good scientific practive]: Leuphana University<br />
<br />
[https://www.statisticssolutions.com/structural-equation-modeling/ Structural Equation Modeling]: An introduction<br />
<br />
[https://www.jessesadler.com/post/network-analysis-with-r/ Network Analysis]: An inroduction with an analysis in R<br />
<br />
[https://ourcodingclub.github.io/tutorials/mixed-models/#what Linear Mixed Models]: An introduction with R code<br />
<br />
[https://www.forbes.com/sites/stratfor/2015/01/08/scenario-planning-and-strategic-forecasting/#766d057e411a Scenario Planning]: The most important steps<br />
<br />
====Videos====<br />
<br />
[https://www.youtube.com/watch?v=YvtCLceNf30&list=PL8dPuuaLjXtNppY8ZHMPDH5TKK2UpU8Ng&t=0s The History of Science]: A very interesting YouTube series<br />
----<br />
[[Category:Statistics]]<br />
<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=Mixed_Methods&diff=5950Mixed Methods2021-06-30T19:42:41Z<p>Imi: /* Facilitation - the gap between the epistemological and the ontological */</p>
<hr />
<div>'''Note:''' The German version of this entry can be found here: [[Mixed Methods (German)]].<br/><br />
<br />
'''Note:''' This entry revolves around Mixed Methods in general. For more on mixed methods and statistics, please refer to the entry on [[Statistics and mixed methods]].<br />
<br />
__TOC__<br/><br />
"Mixed Methods refers in the broadest sense to the combination of elements of a qualitative and a quantitative research approach within one investigation or several investigations related to each other. The combination can refer to the underlying scientific theoretical position and the research question, to the methods of data collection or analysis, or to the procedures of interpretation and quality assurance" (Schreier & Odag, p.263, definition based on Johnson, Onwuegbuzie & Turner 2007, p.123).<br />
<br />
Mixed methods have become almost like a standard reply to any given problem that researchers define to be outside of the domain of normal science. These days, mixed methods are almost like a mantra, a testimony of beliefs, a confirmation of openness and the recognition of diversity. One could speak of a confusion concerning mixed methods, where researchers speak about ontology (how we make sense of what we know about the world), when they should actually speak about epistemology (what we know about the world and how we create this knowledge); the talk of mixed methods is drifting into a category mistake that then becomes a categorical mistake. Mixed methods are one of the moon shots of modern science, they are proclaimed, envisioned and continuously highlighted, but the question is now: ''How do we get to the moon of mixed methods?''<br />
<br />
== Knowledge integration - epistemological problems ==<br />
The first set of challenges when trying to bring mixed methods into reality are epistemological problems. Among the most profane yet widely unsolved questions is the integration of different data formats. While we can code data into qualitative and quantitative information into tables, this can hardly do justice to the diversity of knowledge within science. Even the integration of data within tables poses many unsolved problems. For instance, different methods can have not only a different understanding but also diverging indications of validity and plausibility. While these are pivotal in the realms of quantitative data but also in logic, validity and plausibility may be totally wrong criteria regarding much knowledge from qualitative domains where context and transferability - or the lack thereof - are more relevant. Some forms of knowledge are important to many, while other forms of knowledge are important to few. Yet, these forms of knowledge are still important, and science often ignores diversity more strongly than we should. <br />
<br />
While this is a trivial statement as such, it highlights how different form of discourse and knowledge production are historically rooted and more or less consolidated in schools of thought. '''There is an increasing tendency of research trying to create connections between diverse domains of knowledge, which is often a basis for methodological innovation'''. This does not only demand more efforts from researchers attempting this, but may also lead to researchers being rejected by both communities, because they mingle with 'the others'. This readily highlights the importance of a history of ideas within which we locate our epistemological identity, and within which we can clearly indicate and reflect about it. This further highlights the importance of bridging divides. Otherwise, [[Glossary|communication]] becomes more difficult if not impossible. We need to understand that all parts of science look at parts of the problem, but [[Agency, Complexity and Emergence|emergence]] is something that is ideally built on integration between different parts of science.<br />
<br />
== Facilitation - the gap between the epistemological and the ontological ==<br />
In order to enable successful integration and bridge the epistemological challenges with the ontological problems, facilitation becomes a key part of mixed method research. This demands first and foremost the willingness to be critical about one's own positionality and reflection concerning the critical positioning in the [[History of Methods|history of science]]. Otherwise, the limitations of the knowledge in the respective area of science is often ignored, leading to a wrong recognition of these limitations. '''Many conflicts between different disciplines and their methodological epistemologies are nothing but an unreflected rejection of the unknown.''' Consequently, it takes time and effort to not only locate yourself within the canon of knowledge production, but to also value and appreciate other forms of knowledge. A simple division into a ''better or worse'' highlights the shortcomings of our understanding concerning the [[Normativity of Methods|normativity of methods]]. <br />
<br />
An example of a tangible problem when facilitating diverse researchers that use different scientific methods is language. Misunderstanding is sometimes simply rooted in a lack of understanding, quite literally in the wording and jargon. In extreme cases, some disciplines even use the same methods but do not even realise this, because the individual methodological developments led to different wordings for the same details of the respective methodologies. Imagine how these challenges are growing exponentially if you even talk about different methodologies. This leads to the most important point in facilitation: [[Glossary|trust]]. If everyone wanted to understand every method that every branch of science utilises, this would be at a tremendous cost of resources. Consequently, a lack of understanding can alternatively be overcome by trust, which is often rooted in joint experience. There is currently an increasing recognition of the importance of facilitation, yet this also needs to recognise the ontological challenges scientists face when attempting research built on mixed methods approaches.<br />
<br />
== Interpretation and beliefs - ontological problems ==<br />
Much of current research is embedded into specific theories of science, and many scientists are not even aware to which theory of science they are counted. Despite a growing [[Bias and Critical Thinking|criticism of positivism]], most of the current knowledge production still falls into this domain, and this creates also problems of mixed methods research. Positivism does not only create a ranking where some forms of science are - at least indirectly - considered of different value. Positivism also claims to generate objective truths, which - not surprisingly - creates a problem if other domains of science also claim to create objective truths about the very same mechanisms, entities and patterns. Modern science needs to integrate an active and reflexive theory of science, and some would argue that this demands an integration of ethics as well. How else would we evaluate the knowledge that science produces if we do not try to evaluate through different ontological lenses if it actually makes sense? '''There is a pronounced disconnection between the scientific knowledge production and how we make sense of it.''' Recent claims highlighted that there are some dimensions of knowledge that may be restricted to ethics, which could be seen as an argumentation that we need active knowledge about ethics in order to claim responsibility for our research results. Empirical research is currently mostly far away from claiming ethical responsibility for its research results, let alone the consequences of these. Time will tell if the disconnection between the epistemological and the ontological may be overcome. To this end, mixed methods research may pose a vital and effective cornerstone, as it can facilitate reflection through active research. By using research as a boundary object to bridge diverse domains of science, we may overcome our differences, and focus instead on our joint goals. We will have to see how quickly this may emerge. <br />
<br />
<br />
== Concrete design problems of mixed models ==<br />
Beside the theoretical considerations highlighted above, the [[Design Criteria of Methods|design criteria of methods]] allow for a clearer identification of concrete challenges that mixed method research faces. By going through the design criteria step by step, I would like to highlight some known problems, yet have to indicate that right now, the challenges seem endless, as mixed methods research is only starting to emerge. <br />
<br />
The great divide between [[:Category:Quantitative|quantitative]] and [[:Category:Qualitative|qualitative]] research is probably the largest hurdle science faces, with a long established traditional distrust between these two domains in most branches of science. Data formats were already mentioned as a mere mechanical problem. However, there are more problems from the perspective of quantitive science. The larger challenges lie in a different direction: ''How can we translate quantitive knowledge into qualitative knowledge, or at least connect the two?'' '''The current distrust some people have in scientific results is a complex problem that highlights how quantitative knowledge exists, but how some things are probably best understood through qualitative knowledge.''' Contextualisation, perceptions and transformational knowledge are challenges that we only start to unravel, and longer conceptual boundary objects such as [[Agency, Complexity and Emergence|agency or emergence]] highlight the difficulties when we try to investigate phenomena and mechanisms that probably demand a mixed method agenda. Even the [[Glossary|analogy]] of pieces of the puzzles we look at seems insufficient, because it implies a materialistic dimension, and much knowledge we lack is in fact vague and [[Glossary|tacit]].<br />
<br />
The divide between [[:Category:Inductive|inductive]] and [[:Category:Deductive|deductive]] knowledge is equally severe, yet probably less recognised. Today, much research that claims to work deductively is however shifting towards a more abductive agenda, while still being embedded into schools of thought that claim to be deductive. This creates a deep rift in terms of the validity of knowledge, since it is exactly the positivist and their deductive approaches that claim the highest validity to the knowledge they create. One might even suggest that positivist knowledge encompasses a strong system of valuation, if not judgment, regarding individual forms of knowledge, where one might wonder what the purpose of these evaluations actually is? Despite these conflicts, is it increasingly clear that deductive knowledge faces [[Questioning the status quo in methods|severe problems (e.g. reproducibility crisis)]], and in addition, it becomes increasingly clear that many of the challenges we face cannot be solely answered through deductive knowledge production. '''The rift between deductive and inductive knowledge become deeper over time, yet the bridging between the two through abductive knowledge creates a connection that is slowly widening.''' Time will tell if both domains can get down their high horses, and value each other's strengths while acknowledging one's own weaknesses. <br />
<br />
Integration of spatial scales is an obvious problem in mixed methods research, and the examples are almost too numerous to even find any starting point that makes sense. Global supply chains may serve as an example where the needs and wishes of individuals create ripple effects on a global scale, with organisations, countries and cooperations being examples of important mediators between these two scales. These dynamics create a complexity that is only slowly unfolding, and the persisting divide between Microeconomics and Macroeconomics showcases that many forms of knowledge need to be integrated, and the relations between diverse methods are as of yet widely unclear. Another prominent example is the relation between the global biodiversity crisis and local conservation measures. While there is an emerging agenda, and even policy efforts are underway, it is still a long way from an encapsulated system towards an active knowledge exchange across spatial scales. <br />
<br />
The last design criterion mentioned here is time. For many reasons, science focuses strongly on knowledge about the present. While a stronger recognition of knowledge about the future emerged over the last decades, and there is also a long tradition to investigate knowledge about the past, all these domains are typically disconnected. This is - again - rooted in the different knowledge domains that we have, but in addition also showcases the isolation of certain disciplines that investigate either [[:Category:Past|past]], [[:Category:Present|present]] or [[:Category:Future|future]]. It is clear that a historian would not necessarily team up with a policy maker, yet is it seems necessary considering the challenges we face. There is work to do to learn how we can integrate these diverse knowledge domains and agendas.<br />
<br />
== Mixed method metaphors ==<br />
==== Bokeh ====<br />
[[File:Bildschirmfoto 2020-06-14 um 19.24.14.png|right|frameless]]<br />
The picture on the right allows us very clearly to depict a person. We can see a lot of details about this person, such as the clothes, a not too cheap umbrella, and much more. We can also see that it is obviously in a part of the world where is rains, where you have public transportation (both tram and buses), we see high buildings, but also low building, traffic, street lights - hence a lot of information that can be depicted despite the blurriness.<br />
<br />
One of the nicest metaphors of interlinking methods is the Japanese word ''Bokeh''. ''Bokeh'' means basically 'depth of field', which is the effect when you have a really beautiful camera lens, and keep the aperture - the opening of the lens - very wide. Photographs made in this setting typically have a laser sharp foreground, and a beautifully blurry background. You have one very crisp level of distance, and the other level is like a washed watercolour matrix. A pro photographer or tech geek will appreciate such a photo with a "Whoa, nice Bokeh". Mixed method designs can be set up in a similar way. '''While you have one method focusing on something in the foreground, other methods can give you a blurry understanding of the background.''' Negotiating and designing each method's role in a mixed method setting is central in order to clarify which method demands which depth and focus, to follow with the allegory of photography. Way too often, we demand each method to have the same importance in a mixed method design. More often than not, I am not sure if this is actually possible, or even desirable. Instead, I would suggest to stick to the ''Bokeh'' design, and harmonise what is in the foreground, and what is in the background. Statistics may give you some general information about a case study setting and its background, but deep open interviews may allow for the focus and depth needed to really understand the dynamics in a case study.<br />
<br />
An example of a paper where a lot of information was analysed that is interconnected is Hanspach et al 2014, which contains scenarios, causal-loop analysis, GIS, and many more methodological approaches that are interlinked (see Additional Information).<br />
<br />
==== Paintings ====<br />
Another example of a metaphor that may help to understand a mixed method approach is classical landscape painting. You try to include all the details from a landscape in a painting, leaving out uncountable details, and generalising some information into something altogether different. The setting can be quite designed, with a canvas, a certain perspective, some brushes and a pallet of colours. Yet already considering the diversity of colours showcases the different ways how the natural colours can be approximated. Before the chemical industry thrived, painters went through great efforts to get specific colours, often at a high price. Yet analyses of such paintings show us the superiority of these paints, and indeed how many of such paintings stand the test of time. Another thing to consider is the way how many painters paint, maybe sketching out ideas first, creating charcoal sketches and experimenting with perspectives. Paint was often not only mixed but also applied in layers. Brush techniques were often an essential part of the specific character of a painting. Now consider all these details when looking at scientific methods. Just as landscape painting, scientific methods can be a combination of a canvas, some brushes and a few colours. Yet consider the diversity of painting we know today, and compare this to the diversity of knowledge we may gain if we combine a slightly different methods with some other perspective. What if a specific technique to document data may lead to novel insights? And how can we alter our pallet to gain a different representation of reality? And, last but not least, how does our knowledge integrate into previous knowledge? Many painters were strongly influenced by other painters, and schools of thought can be traced in paintings quite well, and are in the focus of diverse forms of research.<br />
<br />
'''Integration, reflection and normativity are components of methodology that are slowly starting to emerge.''' While deep focus will probably remain the main strategy of most researchers, the wicked problems we currently face demand novel approaches in order to enable a transformation, and to investigate the associated mechanisms and structures. Much is still unknown, and we need to overcome the focus on resources, the claims of scientists to rank and judge knowledge of other scientists, and last but not least the deep entrenchment of scientific disciplines when it comes to their diverse methodologies. <br />
<br />
To quote Nietzsche: ''There has never been such a new dawn and clear horizon, and such an open sea.''<br />
<br />
== Additional Information ==<br />
* Hanspach et al. 2014. ''A holistic approach to studying social-ecological systems and its application to southern Transylvania''. Ecology and Society 19(4): 32.<br />
A paper that illustrates the combination of various methods (including Scenario Planning, GIS, and Causal-Loop Diagrams) in an empirical study.<br />
<br />
* Schreier, M. & Odag, Ö. ''Mixed Methods.'' In: G. Mey K. Mruck (Hrsg.). ''Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010. 263-277.<br />
A good introduction to the Mixed Methods approach.<br />
----<br />
The [[Table of Contributors|author]] of this entry is Henrik von Wehrden.<br />
[[Category:Normativity_of_Methods]]</div>Imihttps://sustainabilitymethods.org/index.php?title=How_to_write_a_thesis&diff=5949How to write a thesis2021-06-30T19:40:08Z<p>Imi: /* The science */</p>
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<div>{|class="wikitable" style="text-align: center; width: 100%"<br />
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|}<br />
<br />
The following entry shall guide you through the process of writing your Bachelor's or Master's thesis - or any bigger research endeavour, really. Reading it takes some time, but so does writing your thesis, right?<br />
<br />
__TOC__<br />
== 1) Orientation ==<br />
For most students, a thesis is the largest piece of work they ever created in their life, although there can be exceptions. '''Writing your thesis can be stressful,''' which is why it is helpful to start with a clear orientation phase that allows you to plan your timeline, get the right tools, align topic, method and theory and - last but not least - get your work mode in order. I would argue that the last point is the most important one. From my perspective, I want people to write a thesis to learn to structure themselves and overcome all barriers to create a contribution to the scientific community and ideally to society as well. In the broader context, the latter parts are very important to most students. Yet, as a teacher, I should highlight that from a purely educational perspective, the goal to catalystically learn to structure yourself and create such a thesis is more important than the content itself. As a researcher, I can however clearly state that it is not only very desirable, but also rewarding if a thesis contributes to the wider development of science, if only as a small contribution. Being a sustainability scientist, I would like to say that it is our privilege to study, and hence we should see it as our responsibility to contribute to society as well. <br />
<br />
Here are some concrete steps that may help you to orientate yourself in order to start with your thesis:<br />
<br />
==== The science ====<br />
Which topics, theories and/or methods are you interested in? Which courses got you motivated to engage deeply with something, triggered a lasting motivation and interest, and enabled you to become versatile within this branch of science? The best starting point to me is to go through your past academic life, and see which parts thrilled you or kept resonating in your head. If you ask me, it is not a particularly good idea to search for something that is not tangible within the setting and environment you are in. If you want to make a topic because you feel that this particular topic was never touched upon in your study program, you may have difficulty finding a supervisor. I think it is equally a challenge to work on something where next to no references exists. Do not misunderstand me: I think it is good to look for engaging and energising topics, ideally linked to creating an impact beyond science. Even very specific cases or settings that are white spots on the landscape of science can be looked upon in a specific sense or be approached in a specific mode, may it be as a [[Glossary|transdisciplinary]] approach, a case study setting, or through the testing of a specific theory. If however your peers and potential supervisors do not seem to resonate with this specific topic you are so eager to engage with, maybe you could find something else? Remember that no human is an island, and science depends on peer exchange, and may benefit from a supervisor who is able to give you feedback. I suggest, you do not work on a topic that you literally work on completely alone.<br />
<br />
==== The supervisor ====<br />
Can you identify a specific gap in knowledge or contribution to existing research that resonated with you, and made you return to it again and again? Who from the faculty raised this to you, or may supervise it? Since not everybody can come up with a topic by themselves, maybe a suggestion of a potential supervisor might help. The more structured you approach your potential supervisor with your request, the happier they will be to help, at least in my experience. People are often inspired by projects that potential supervisors conduct, and would like to integrate their thesis into the large project. To this end, I would give some cautionary and sobering advise: Most projects that exist are already underway, and most of the time a thesis is an add-on, and not exactly a pivotal part of the project. This should not be a reason to feel that the work is irrelevant. More often than not additional questions arise through your contribution to a project. Yet, you might need to acknowledge that the project was designed a long time ago by someone who probably was not you. Hence the demand in such a project is often quite precise and the questions are already rather specific, and I would suggest that you are clear about what is expected from you. However, this may be a good opportunity to be under the wing of a PhD or somebody else in the project, and get a closer interaction that you would get with most supervisors.<br />
<br />
==== Past experience ====<br />
Take stock of your previous work. Which setting worked best, where were you stuck? Analyse your past work systematically in order to make an informed decision to commit to a specific approach in this phase in your life. Try to understand which parts of these great things stuck with you. Sometimes it was not the topic at all, but the way it was discussed in the group. Try to analyse what specific part resonated with you. Make a mind map of the different components you see in past parts of science that resonated with you. Also, these days many people are guided by joy. I think overall, this is a good thing. However, we have to acknowledge that in science not everything is always joyful. While I enjoy writing these lines, writing my own thesis was certainly not joyful all the time. I think this is important to remember, since I would question whether we really want to maximise our joy, or whether we want to balance it. This is for each and every single one of us to decide.<br />
<br />
==== Designing the workspace ====<br />
[[File:pexels-serpstat-572056.jpg|thumb|Designing your personal Workspace. Source: pexels.com]]<br />
Finally, how do you need to adapt your life to enable a committed focus to a thesis? We are talking about hundreds of hours of your life, and you may need to harmonise this with other interests and duties in your life. The head of the lab where I did my PhD always said how nice it is to focus only on one thing, i.e. your thesis. While from her perspective I think this is very true, this singular focus is often also a curse, as you may get stuck. This is why I think her remark was so clever. Design your life that your thesis is in focus, but you also have enough distraction in order to stay continuously motivated. This may include getting a desk, or a committed workspace that was previously unnecessary. I never had a desk at home, but the COVID-19 crisis changed that. I sit on this desk right now, writing these lines. My first mentor had the slogan: ''„If a cluttered desk represents a cluttered head, what does an empty desk represent”'' written on the side of his desk. His place was a mess, but it was his mess, and he thrived in it. Design your space how you can work best.<br />
<br />
==== The peers ====<br />
Assemble a team. How did previous students orientate themselves? Ask around in your peer-group, and start to engage early with people who write their thesis. The insights and experience that they already have may allow you to orientate yourself on a different level later. You need to find people that are either complementary to or aligned with your work style and ethics. This is the most important point since you need to exchange with peers on a very regular basis. This is not so much about the goals, but more about the way. Peers can become an important reflexive space, with more time than your supervisors, and more knowledge of your specific needs. In addition, your peers can help you to think out loud on the progressive track that you are ideally on and give you emotional support. This is what friends are for. Most people we know as scientific geniuses were embedded into a larger group, and exchanged frequently and regularly with their peers. Peers often share a similar set of goals (i.e. writing a thesis), and also a comparable rhythm.<br />
<br />
== 2) Topical iteration and triangulation ==<br />
This is the time when you use the broader topical aim that you have, and try to make it concrete. Now you should contact your supervisor and also intensify iterating your topic with your peers. I sometimes get the feeling that people these days think that finding a topic is like finding your ultimate purpose in life: both are absolutely energising moments, and you have the feeling that suddenly everything falls into its place. In my experience, both is highly unlikely. Instead, '''finding your topic is a long process''' that may start with a vague idea, may be heftily trimmed into place by a potential supervisor or someone else experienced in the topic, and may ultimately require a lot of iterations. Here are some tips that helped me in the past:<br />
<br />
==== Keep on writing ====<br />
Writing is like sports, it takes training to get good at it. People often claim to be bad writers, but I would say they are untrained writers, and I can only say that I came a long way in terms of writing that will never end. What is most important hence is to practice. Write at least 500 words per day, which may sound strange at first - considering that your thesis might have a few thousand words in lengths, you would think that after a few days it is over, so all good! This is unfortunately not what I meant. You should write not to write your thesis, but to practice writing to become able to write your thesis. Start ideally with something that engages you. This might be your thesis, but this might also be something completely different. Just start with something that you cannot get out of your head. For me, it is often a thought that I keep coming back to, that can be altogether trivial, but requires more than one sentence. An example would be why I think that scientific communication is often unprecise. I could ramble on for thousands of words about this, but bringing it to the point in - say - 500-1000 words is I think really helpful. What I learned once I started writing daily is that I get way more swift and precise, and my writing enables deeper analytical thoughts. Therefore, start engaging in whatever setting works best. Some write on the computer. Others need pen an paper. I often write these few hundred words on my phone, which can be quite convenient. Find the setting that works best, and for that, try out diverse settings. Some people need to change the location to get energised. Try things out to find the setting that works best for you.<br />
<br />
==== Read enough, but not too much ====<br />
[[File:pexels-pixabay-256431.jpg|thumb|Read enough, but not too much. Source: Pexels.com]] A suitable topic should be built on scientific literature, maybe not to the really precise inner core, but at least in terms of previous studies going into a similar direction. If a topic is flooded in literature, I would stay away from it, but this is only my preference, because I like emerging topics. If so much was said before, what could you specifically contribute? If this is not clear, I would advise you to avoid the dead chewed topics where your contribution may not add anything new anyway. However, it can be equally difficult if no literature exists about a specific topic. How do you approach the topic, which theory or conceptual approach can you build upon? All this makes it very hard to engage with something totally new, no matter how appealing it may be. I have a rule of thumb: from the trilogy of science - topic, theory and method - ideally two are rather clear and the third is then in the focus. If you want to work on a specific topic that is vague, the conceptual basis and the methodological approach should be rather clear. Working on methods empirically demands a well understood topic and a good command of the conceptual foundation. Researchers often tend to hopefully become more innovative over time, which could lead them to combine a rather new method with a vague topic, but this can create problems at such an early stage of your career. <br />
<br />
People often get dragged down by all the details they read in the literature. This is why it is so important to decide on what you think would work in your specific case. I think this decision can be best taken by someone with experience, but remember that failure is an important part of science. Failure is not the opposite of success, but a steppingstone! Pragmatism is also important, since in my experience it is very easy to start a thesis, but remarkably difficult to end. Hence do not get dragged down on what could potentially work in your thesis, but instead try to focus on what will most likely work, and is also feasible.<br />
<br />
==== Create an outline that you get critiqued ====<br />
A German proverb reads "''Paper is patient''". Writing what you want to do is hence vastly different from telling someone what you want to do. While talking you can adapt to the reactions of the other person, but writings need to be clear, concise and consistent. Therefore, writing an outline is one of the most pivotal steps of any emerging research. Experienced researchers may take a shortcut after they wrote dozens of papers, but I think that anyone with less experience under their belt should start with an outline. This also has the benefit that you can approach your peers or people you trust to give you honest [[Giving Feedback|feedback]]. When writing an outline, I build on a blueprint that I have used in years. Many people used it before, and it has proven valuable over time. '''You can find this blueprint here:''' [[File:Outline blueprint - Henrik von Wehrden.pdf|thumb|This is Henrik von Wehrden's blueprint for a scientific research outline.]]. It includes some remarks on typical pitfalls for each section.<br />
<br />
==== Have a bin next to your desk ====<br />
What is sadly relevant when developing your research is having a bin readily standing next to your desk. More often than not, initial ideas do not translate into a definitive scientific result. Most ideas die even before they are even tested, or to quote Thomas Edison: "''I got a thousand ideas that did not work out."'' This is truly the case in my own research as well. I create most ideas for the bin, by a rough estimate I would say that one out of hundred ideas becomes my actual active research. Everything else is illogical, flawed, dull, impossible or gets swamped away by the tides of everything else. Research is iteration, and failure. This is probably the reason why many researchers I admire have a rather stoic attitude when it comes to failure - most of them failed at an uncountable rate. The question is now: Is this truth depressing? Some would certainly say yes, but - and I am transcending Derek Parfit here - I think it is liberating. You just need to learn this art of iteration, and not get too deeply attached to an early idea. Just like art, science often thrives as an almost never-ending pursuit, and learning to translate an initial idea into a clear outline is an art that you should practice. Do not feel bad because your pile of unused ideas is growing! I am often joyful when I see that someone had the same idea that landed in my bin, but instead made it into something wonderful. Is it not great to know that you had great ideas, and that other great people made these into a reality? It took me a while to figure this out, but I think today that this is a good thing indeed if more knowledge is out there. It is nice to know that these ideas became real contributions - though from somebody else - to the scientific community and society as a whole. We are all in this together, after all.<br />
<br />
== 3) Design ==<br />
[[File:How To Write A Thesis Outline.jpeg|thumb|Thesis Outline Source: www.thesishelper.com]] An outline gives an overview of what you want to do. Ideally you have an idea which theory you are building on or which conceptual approach you use, which methods you want to utilise, and what your thesis is all about - roughly. The design is where you want to develop all the precise details on how you want to conduct your research. This is the time when people often drown in papers and want to combine about 70 ideas and approaches from previous papers while ideally avoiding roughly 200 errors from other previous studies. Here, '''the main question is what is really important for your case''', and you need to learn to ignore what could be ''potentially'' important for your case. Remember the tree in the forest that no one is there to hear? This is the time when you should not hear this tree falling when you are not there. This is the tree right now. Can you hear it? No? Then move on!<br />
<br />
==== The prototype ====<br />
Trying things out is awesome, and in research it is almost essential to do prototyping whenever possible. Whether it is checking if interview questions work, make a test run of a workshop to see if the time would be well-balanced, or growing some seeds in a pot to see if your ecological design will be feasible. If you can prototype your design, or even better parts of it, and this can be done with a rather small effort, go for it. You can also prototype your work flow, trying different settings and check how you make progress. Your peers are the ideal reflexive space to test your prototype. Team up early with people that share a similar interest and work ethic, and exchange about each others' theses. You may find that their thesis is a welcoming distraction from your thesis, yet the feedback you can give to each other is one step forward to the joined goal of finishing your own thesis. <br />
<br />
==== The conceptual design ====<br />
Theory and the conceptual basis of the thesis are often the maelstrom that drags people down into limbo. The first and foremost rookie mistake I observe frequently - and that I made myself - is to try to combine too many concepts in one thesis. Working on ecosystem services, focusing on biodiversity, building on resilience while focusing on climate change adaptation? This is not going to work. Ideally, you build on one concept, [[Glossary|framework]] of theory. You may work on two, but then one of the two needs to be super concrete to tackle the other rather vague. I know how happy you are about all the deeper insights you gained over the last years concerning all sorts of concepts, and I know that our safe haven or bubble of sustainability science is only emerging, and hence tinkering with quite many concepts. In much of current research, theory plays a central role. There are approaches such as data science that explicitly do not focus on theory but instead on data, and this showcases that we live in exciting times. Still, I advise you to be rather conservative in your conceptual design, and to not bring yourself into a theoretical orbit from which you will never make it down to the ground on mother earth. After all, we should not forget that theory is helpful to construct a specific model of the world. Models are defined by compromises and imperfections, and we sometimes tend to forget this if we are all exited in the midst of it. <br />
<br />
Another word to all of you who consider to write a conceptual work. From my specific perspective I would say: Don't! Do not write a conceptual work. While it may be exiting and some consider it feels very scientific to write a conceptual work, you need to be sure that your education and your personality allows you to do this. If you are a philosopher, or come from the wider circle of this hemisphere, then your education may be the foundation for a conceptual work. If you then also feel that in the past you were able to conceptualise complicated thoughts into an analytical and coherent line of thinking, fine. But do not underestimate the slumber you can basically build for yourself if you get entrenched in often century old debates about this theory or that concept. Many people in the past thought a conceptual work is easy, and learned the hard way that this is not true. Also, do not underestimate the experience of a solid empirical contribution. This may be your first scientific paper, if only in a smaller journal - it can be a start. Your results may matter deeply to a specific case, and thus contribute to bridge the gap between science and society. Last but not least, I have the hypothesis that empirical work trains you to see the world through the specific sense of your work: a precise focus, a defined perspective, a compromise in your field of view. The experience of empirical work should not be underestimated, as it can teach you how to look at something through a specific theory or conceptual framework.<br />
<br />
==== The methodological design ====<br />
I often prototype my sampling designs in [[Lego Serious Play|Lego]], deciding how many samples to take on which levels, how they are connected and so on. Thinking things through with the haptic power of Lego always helps me to visualise the bigger picture and allow for interactions with iterations I attempt when revising the methodological design. A more conventional approach to visualise and iterate a sample design is a whiteboard. I urge you to get a whiteboard by all means, and use it as often as possible. Making a clear figure that summarises your sample design is essential. Apart from the overall sampling, it is also good if you have compiled your analysis methods. Be as specific as possible to this end. Lately, many people write they will use a mixed methods approach, which is not specific at all. If you use different methods, you have to be as specific for each and every single method as you would be if you would only use one method. When creating a methodological design, I would advise you to prefer exchanging with experienced people as compared to relying on textbooks and papers. While especially the latter may give you some insights into your possibilities, the diversity of approaches that you may find in papers is often overwhelming and difficult to contextualise without experience. Remember that each of these papers has a history and a context. Do not be fooled by the assumption that all this is hyper-objective and super-reproducible. Recent trends in research advice us to be careful to this end, what works in one context might not work in another context. More importantly, most empirical papers are heavily biased based on the preferences and experiences of the authors. Textbooks are a different story. Many authors go through great lengths to provide a good introduction, and this is often very valuable. But one should not confuse such an introduction with the true power of experience. Textbooks are typically schematic superficialities and simply too shallow to enable an informed and sound contextualised design, but they can be a good starting point. However, this also depends on the grade of ripening of a specific method. If you want to rely on a interview campaign, this type of knowledge is somewhat available in textbooks. If you want to statistically analyse such data, there is also a fairly long canon of knowledge available. However, I would still say that presenting your pen-ultimate methodological design to someone with experience is the best way to gain some friction. Until you have your pen-ultimate design: iteration is the key to compensate for lack of experience (write that on a teabag).<br />
<br />
==== Your work life design ====<br />
I am truly fascinated by the context, setting and design in which famous people worked. Albert Einstein managed to pull off his best work as a patent officer. Maryam Mirzakhani's impact was short but stellar in so many ways. Franz Kafka wrote while working in the insurance business. In comparison, many of us are in a really privileged position. However it is not only the societal and cultural context that thrills me when wondering how influential people work. It is also the design of their work place. People have all sorts of diverse settings, but people I admire typically have workplaces that they designed to best fit their needs. While this may sound trivial at best, it showcases that these people designed places that give the impression that these people arrived. They are in the right place. Often this may not be a real place, but more of a workplace setting. I worked for years wherever I wanted, I just flapped my computer open. Now I learned that having a desk at home can be helpful in times of Covid 19. However, sometimes I change the setting, and write about a thousand words in the garden on my phone. I am however very mindful about these settings, and use the right setting at the right time. I detest for instance all travel by train. I love trains, but I cannot work there. I either fall asleep or my mind wanders. Trains are bad working places for me. I also need to cut distractions. This is indeed a very important design principle. Distractions are not benign by design, yet being distracted may sometimes clear the mind. Sometimes the best motivation can be to finish the draft in a cafe. Many colleagues I admire do this alll the time, and I learned from them. Again I have to be conscious in how a distraction does not ripe into a full blown procrastination. Here are a few things I think a good workplace might link like:<br />
<br />
* ''A desk.'' Separate work place and the rest of your place, even if all this is in the same room. You need to get your brain into work mode as soon as you switch places. <br />
* ''End work at times.'' Find breaks, do not work into the night no matter how cool you feel (no, you are not a night owl). Structure your day, write down what you want to achieve in the morning, and review it at the end of the day.<br />
* ''Clean up after yourself''. This can be a nice ritual to end the day. Maybe you want to review all open browser windows? Maybe shut the computer down all together? Clear all the cups away? <br />
* ''[[Research Diary|Journal]] and/or write on paper''. Or better, find different ways to reflect. This is crucial as you may want to track your progress and develop some consciousness about your work procedures. While this may be the hardest part, in the long run it is more important than what you work on right now. <br />
* ''Find a peer group with whom you can exchange''. This is what friends are for, at least partly. Help others, and learn from each other. <br />
<br />
==== Ending the design phase ====<br />
Being done with the methodological design is incredibly hard for some. Letting go and deciding to start with the actual works a daring act, and many keep iterating and changing things. This is a fine line, since you naturally want to adapt if it needs to be, but you also want your planning and design to be worth something. You can always make things better, but this is about ending. You need to call it a day. I witnessed many people being admirably pragmatic to this end, yet for others it is hard. I think a good rule of thumb is the question whether you can anticipate for a fact that the necessary changes would change the patterns of your results. If the patterns do not change, then do not change anything. Too much has been lost already in our endless quest for all the ''what ifs'' in the world (write that on a teabag).<br />
<br />
== 4) Getting it done ==<br />
<br />
==== Brace yourself, reality is out there ====<br />
Now you read all this scientific literature, you had all these big BIG thoughts, and then you hit reality. Nothing works. It's complicated. '''You start worrying if this will ever end.''' And worst of all, nothing went as planned. Welcome to the reality of a researcher. From where I am standing, this is the greatest learning achievement for many. There are these few who just smoothly steer through this, but the empirical reality, or the conceptual desert for the theorists among you, hits many people the hardest. Yet this is the most important part about research, as research tries to understand parts of our reality through a constructed perspective. We are looking at a world from a certain direction, angle and through a lens, or better, looking glass. Progress is gained step by step, inching forward. Ideally you get yourself into a mindset to not exactly check every little step. While some people rely on a clear plan, other just try to get it done. I think it is in principle good to make a daily plain that is not too ambitious, and have a larger plan that can be adapted. I quit relying on deadlines in 2006, partly thanks to Douglas Adams: ''"I love deadlines! I love the whooping noise they make as they go by.''" As soon as I stopped relying on deadlines, I did not work up until the deadline and a wee bit further, but instead just developed the urge to get everything done - whenever, wherever. Many people do not work like this. This is another problem we face: Other people are different compared to us, hence other people work differently compared to us. Do not compare yourself with others, this will not help, I think. Instead try to focus solemnly on the task ahead of you. This is where you want to excel, want to get the data, finish your fieldwork, and go on. You can do it - just say no to everything else (write that on your wall). <br />
<br />
==== Finding a narrative, finding citations ====<br />
Once you have your data, you should start to develop a narrative. If your research is very hypothesis-driven, then the narrative would have been clear from the very beginning. These are, however, muddy waters, as since the availability of larger data and more complex investigation, not all hypothesis-driven papers are clearly planned. Instead, with [[Why statistics matters|the rise of statistics,]] data started becoming available for everybody to sometimes tinker with it until the best pattern emerges. This more or less inductive approach is of course different from a hypothesis driven approach, but the border between inductive and deductive became more blurry during the last decades. This poses a problem for emerging researchers, as this iterative procedure gives a less clear structure, and make the analysis - may it be inductive or deductive - less straightforward. Also, the vast availability of research makes it often confusing for many young researchers [[Staying on top of research|to decide which publications to consider]] in their own research. Often, the ambition in people almost forces them to quote all papers they ever read, and construct meandering passages of text that bring us from one shore to the next, crossing large oceans full of all sorts of things. Also, many young researchers touch upon things in their emerging narrative that got next to nothing to do with how their research should be framed. Instead you should focus on the initial hook, the main point where you want to continue. Everything else should be logically assigned around this one point, but please not too much. A good introduction can have 3-5 parts, but not 10. Make sure to pitch your story in way that is understandable to others, which is the next point.<br />
<br />
==== Build on your peers often, and on your supervisor only when necessary ====<br />
There is an almost general misconception of the role of a supervisor. Supervisors could make all the research you do probably in a blink of an eye. Any problem you might want to solve, they could solve, and much faster. If they would do that, they would deprive you however of the most important goal any thesis has: Making you an independent researcher. With a thesis you prove that you are independently able to create a scientific work. Science builds on collaboration, and yes, they are called supervisors. To me, all this is however trumped by the fact that you need to become independent in being able to conduct research. If you are not able to prove this at the end of your study program, then it would be difficult to acknowledge that you are a scientist. Therefore, I think, supervisors may give guidance and general directions, and they may even support you on a meta level as well as considering the broader embedding of your research into the wider context. What they should however not do is make the researcher with you, or make the research for you. They should not solve every second problem you have. This would - to me - be particularly bad because then you become not independent if you are pampered. It is not all about being able to conduct the research, it is - more importantly - about finding your own voice, fostering your own agency as a researcher. Otherwise, most researchers would be clones of their supervisors, something that I would consider to be altogether undesirable. <br />
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[[File:pexels-startup-stock-photos-7096.jpg|thumb|Meet with your peers. Source: pexels.com]] Since research lives through collaboration and interaction, it may however be essential to interact with your peers. Their lived reality is so much closer to yours, and they can help you with all sorts of things. They may have experiences with certain theories or methods, may know the literature about certain aspects, and they may be a good mirror to reflect on your research. They can also motivate you, give you a little push, and support you along the way. Having a small team of peers around you is I think one of the most important building blocks of the early stage of most researchers I know. It is important to find people with a similar interest, both in terms of the topics but more importantly in terms of the modus operandi. Being interactive increases the ''Serendipity space'', that is the space in which something good may happen to you. This is almost never more important than in your early career, where you might want to maximise this space. Finding peers to interact and learn together is ideal to jointly develop into independent researchers. This is especially important since this may be your first step into being a teacher and a mentor, albeit for your peers. Building tolerance, learning from others and being nevertheless ruthless in your feedback if necessary is essential, I think. I learned so much from my peers along the way, and I owe them so much. I encourage you to try the same.<br />
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==== Research is study and practice ==== <br />
Many people told me they want to become researchers over the years. This is all fine to me, but we should never forget that research is a craft, it is years of practice that make you a researcher. Instead of understanding that you better start with years of study and practice now, many believe they will have some sort of an epiphany. In my experience there will be however no shining light from heaven that will tell you that now you are a researcher. We make such things up in retrospect quite often, the famous ''and in that moment I knew I wanted to become a researcher''. When I was young I wanted to be all sorts of things, including fire fighter and train conductor. All this did not happen. Do not misunderstand me, I was always thrilled by science, our planet, how people live, but I was also thrilled by playing guitar, material arts and playing video games. Do not put too much expectations into the process of conducting active research. In my experience, it will take time to like it, and it will be a process that is also build around a lot of failures and frustration. Yet, I could not think of anything better for me. It is your own challenge to find out if it works for you as well.<br />
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== 5) Reflection and iteration ==<br />
At some point in your work you will have something written at every section that you planned from the beginning, or that subsequently developed while working on your thesis. '''Your work is done, or so you think'''. This is the starting point of your iteration. You already achieved something, no doubt. I always have trouble looking at a part of a work, because it could go on in all sorts of directions. Hence having a whole work done once is an ideal setting for an iteration. Give the work to one of your peers, and all the while start working on consistency. More often than not a typical problem of beginners in research is either inconsistency on working, or too much repetition of certain words. Be consistent in concepts and theories, but still write vividly and engaging, not overly relying on the same phrases. This is quite a challenge, which is why I suggest every writer to write 500-1000 words per day outside of the normal writing process - as long as you are not a total pro, meaning you make your money with writing. Did you ever hear of a professional dancer who never practices dancing or a musician who does not practice their instruments for hours per day? Just like them, you need to practice your skills in writing. This enables you to develop the experience to rewrite your thesis draft, and make it better. <br />
What can also be helpful is to deconstruct your thesis. How is the argumentation, what do you want to say in which section? Is the flow of arguments straightforward? Is the structure of the introduction reflected in the discussion? Do you only deal with concepts that are relevant for the thesis? Is all relevant literature quoted, but not too much? Is the style of writing readable? Do you provide clear take home messages? And most of all, did you decide? Writers take decisions. Quite often I read texts of young researchers, and you can see that they could not decide which direction to go. They wanted to put everything in, overburdening the text, and making the hook almost impossible to find. You need to decide what you want to keep in, and what is just an additional thought you may have considered necessary on the way, but coming to think of it not relevant.<br />
Allow me to say a work on time management regarding this stage. In my experience, most students writing a thesis work right up to the deadline, becoming increasingly frantic towards the end, and quite some are even extending the deadline if at all possible. All planning that was done by so many people almost never paid off. In most cases I am aware of, people just completely ripped their timeline, became exhausted, repeatedly pulled all-nighters, and would have liked to improve their work even more. What does this tell us? I think it is normal that this is a stressful and not always fulfilling time. After all, it is often the largest hurdle people faced so far. So let us be honest with ourselves. This can be stressful.<br />
As a supervisor, it is also important for me to read a thesis 1-2 weeks before it is finalised. It is just sad if a good piece of work is getting a worse grade because of some error that could have been prevented.<br />
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== 6) Finalising ==<br />
Now all the content is there, all you need to do is '''print the whole thing and be done with it for real'''. Alas, once more the warning should have been written in the beginning. Formatting and printing a text is often one of the most stressful step. There are at least 3 types of common problems:<br />
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==== Technical problems ====<br />
It is remarkable how bad Word can be, yet 99 % of us have to use it. Formatting on Word can be a real horror, and certainly took me a lot of time during my thesis. Ideally, familiarise yourself with the settings before the thesis, and make an online course. This may be the time that your geek friend becomes your life saver. However you solve the technical problems in writing a thesis, ideally try all things beforehand so you know what's coming. In addition, use a citation software. Creating citations by hand is not only a lot of work, but also bound to create errors. Go for Zotero, Citavi, whatever works for you. Last, make a pdf of your final work, so you can share it. Make sure that everything is correct in this fine pdf file. This will not only be the file you share with the printer shop, but also the file you may want to share with anyone interested in your work. Me, I prefer to read a thesis online. <br />
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==== Not being able to let go ====<br />
Yes, you put so much work into it. I understand you feel like it is not finished yet. This is perfectly normal. Any work can always still be improved; at least in research, there is hardly something perfect. Still, there are many contributions that are very good, and I invite you to become part of this. It often works to tell others when you hand in, and to have them support you. I saw it that often that people want to go on and continue, yet I advise you to not do that. Quite often people just keep iterating in the end, but not in a good way. They are just unable to take the final decisions. However, when it comes to smaller mistakes I would advice you to focus on your supervisor. Me, I do not care about one or two small errors, and I am not good at spotting these. Other supervisors are different. Out the last mile into the things that are important to your supervisor. <br />
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==== Administrative problems ====<br />
Make sure that you know early on how to hand in, considering where to give paper versions. Who needs a digital version, and which other administrative steps are necessary to bring the whole thing finally to an end? Regarding administration, it is best to ask people who went through the whole process what to do when. Also, make sure the supervisors know when you hand in, and already book a defense date early with them. Ask them whether the time in between is enough for them to read your thesis. Also, make sure how you can end so that you do not need to pay tuition fees for the next semester. Often I need to make a lot of defenses right before this. Planning ahead helps you also with letting go, because then you really have to let go, since your defense date is set.<br />
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==== Never look at it again once you printed it ==== <br />
Most people look at the thesis a day after they printed it, and find a bunch of mistakes. Again, this is perfectly normal. To this end, it is relevant that your supervisor is either not so keen to find mistakes (like me), because otherwise you need a good editor for the final check. However, I would advise you not to look at your work before the defense, at least not reading it so deeply that you find mistakes. This makes you only feel bad, and this cannot help, right? Therefore, once you have no chance of changing things, do not look at your thesis again. What is more important is to consider flanks in your argumentation, weak points to consider for the defense, which brings us to the next point.<br />
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== 7) Defense ==<br />
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==== Preparing ====<br />
The best way to prepare for a defense is to cumbersome '''anticipate which open questions arise from your work''', especially from the view of your supervisors. You typically need to give a short and concise summary of your work, focusing on the more interesting aspects, but also giving the necessary overview. Many consider the 10-15 minutes you have to be not enough. I understand this, but then again consider that most Ted talks are equally long (or short). Be brief and to the point. Also, prepare lots of additional slides that anticipate potential questions, and master your repertoire. Many people feel that practicing the presentation too often feels kind of dull, but do not worry: The adrenaline during the real thing will up your pulse, and ideally also up your game. <br />
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==== The presentation ====<br />
You need to be to the point. Do not have too many slides. No text deserts. Self explanatory figures. Do not talk too fast. Try to look at your audience. Get the essence of your work, but also be critical. There is so much things to consider. The most important one: Find your own voice. Try to get inspired by others, and tinker with the way you present things. This ideally leads you to developing your own genuine presentation mode, which should be your best in this situation.<br />
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==== The questions ====<br />
Many supervisors have a lot of questions, hence you should be prepared. Always think for a second before you answer, or best while the question you are being asked is elaborated on. There are many rhetorical tricks how to answer. The most common mistake is that people answer too long and build in too many caveats. Be brief, but to the point. Also be positive, and ideally energized. People should feel that you are confident, which you can be, but not arrogant. Most importantly, do not be thrown off balance by a super hard question. Many supervisors push the limit, including me. You need to stand by your work, but also see its limitations. There is a difference between these two things. Understanding this is at the heart of the academic agenda, and often also a good defense.<br />
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==== Accepting your grade ====<br />
Supervisors may differ in grading but are typically at least internally consistent. Hence, I would suggest to be confident that the grade you get is the one you deserve. I had counterexamples as a student, but even then, I could not do anything about it. Hence, I advise you to accept the grade you get. More often than not, you deserve it, and hopefully can be glad about it. Celebrate it. <br />
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== 8) Celebration ==<br />
I often witness peers throwing a small party after the defense right in front of my office. Such testimony of friendship is very moving, yet the person being celebrated often looks shell-shocked, even with the best grades. Quite often they do not feel like celebrating. Yet I think, having such a small party is not only a nice academic tradition, but also demarks a good starting point to move on. <br />
I would also encourage you to celebrate at graduation day, as this is an important academic tradition, and as a professor I have to say that it is quite an honor to meet the parents of the students that often grew so dear to my heart. I think having this exchange is an important commitment and opportunity for both sides, as these brief encounters seal the trust that could hopefully be built between parents and the teachers through their children. I owe so much to my parents and my academic teachers and think that a meeting of them really ended my PhD officially. The students are often slightly ashamed by what is being said, which is quite entertaining, I have to say. Endure it, these will become nice memories, I hope, and an important steppingstone in your coming-of-age.<br />
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What is most relevant is to '''look back at that experience and take stock'''. If you are done with your thesis, then you should not only celebrate with the outside world. Be cheerful, you made something remarkable for yourself, and contributed if only a wee bit to something so much larger. Personally, I remember how long ago I finished my Diploma thesis, and how many helped me along the way. Looking back at it, it seems like a small step now, but it was a big step then. As my supervisor said when I had my thesis handed in: “''A small step for you, but a big step for [hu]mankind''.”<br />
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[[Category:Skills_and_Tools]]<br />
[[Category:Personal Skills]]<br />
[[Category:Team Size 1]]<br />
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The [[Table_of_Contributors| author]] of this entry is Henrik von Wehrden.</div>Imi